Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2013, Az. VI ZR 24/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 644

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

3. Dezember 2013

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 ([X.])
Lässt der Geschädigte einen Kraftfahrzeugsachschaden sach-
und fachgerecht in dem Umfang reparieren, den der eingeschaltete Sachverständige für [X.] gehalten hat, und unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kos-ten, so beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstel-lung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen [X.]. Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sach-verständigen angesetzten [X.] zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten [X.] übersteigt.
[X.], Urteil vom 3. Dezember 2013 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]
-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
3. Dezember
2013
durch den Vorsitzenden
Richter Galke und
die
Richter Zoll, [X.], [X.] und Offenloch
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten
werden
das Urteil der
21. Zivil-kammer des Landgerichts [X.]
vom 13. Dezember 2012
aufgehoben
und das Urteil des [X.] vom 28.
Juli 2011 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten
des
Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der
beklagte Haftpflichtversicherer hat
dem
Kläger
unstreitig
den
bei ei-nem Verkehrsunfall im
Oktober
2010
entstandenen Fahrzeugschaden zu [X.].

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, in dem die Repara-ä-ger sein Fahrzeug auf der Grundlage des Gutachtens bei der Firma O. nach Maßgabe des Gutachtens sach-
und fachgerecht instand setzen. Die Firma O. stellte dem Kläger Reparatur
Beklagten auf der Grundlage des Gutachtens ab. Diese regulierte den Schaden 1
2
-

3

-

unter Zugrundelegung der tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten in Höhe

Mit der Klage hat der Kläger weiteren Schadensersatz in Höhe von
und der von ihm tatsächlich für die Instandsetzung gezahlten Mehrwertsteuer in Höhe von 1.196,24

s-

Das Amtsgericht hat
der
Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der
Beklagten
zurückgewiesen. Dagegen wendet
sich die
Beklag-te
mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen
aus:
Der Kläger könne neben den [X.] gemäß §
249 Abs.
2 Satz 2 BGB auch die für die tatsächliche Reparatur aufgewendete [X.] in Höhe des eingeklagten Betrages ersetzt verlangen. Vorliegend sei die geltend gemachte Umsatzsteuer tatsächlich und für die Wiederherstellung des beschädigten
Klägerfahrzeugs angefallen. Einer Kumulierung der fiktiven [X.] mit tatsächlich angefallener Umsatzsteuer einer [X.] stün-den
weder eine etwaige Bindungswirkung an die
ursprünglich gewählte [X.]sart noch das
Verbot der Vermischung fiktiver und konkreter Abrech-nungen entgegen. Nach Auffassung der Kammer könne der Geschädigte dann, wenn er die Unfallschäden an seinem Fahrzeug durch Teil-, Billig-
oder Behelfs-reparatur nur zum Teil beseitigen lasse, die hierfür aufgewendete Umsatzsteuer ungekürzt neben den durch ein Sachverständigengutachten ermittelten [X.] als Kosten der Schadensbeseitigung geltend machen. Es sei 3
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5
6
-

4

-

nicht erkennbar, weshalb im Falle einer Teil-
bzw. [X.] die konkret angefallene Mehrwertsteuer neben den von einem Sachverständigen ermittel-ten [X.] ersatzfähig sein solle, dies aber bei einer billigeren vollständigen und fachgerechten Reparatur zu günstigeren Konditionen, als vom Sachverständigen errechnet, nicht gelten solle.

II.
Die
dagegen gerichtete
Revision ist begründet
und führt zur Abweisung der Klage. Das Klagevorbringen ist unschlüssig.
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist bei der fiktiven Abrechnung eines Kraftfahrzeugsachschadens von folgenden Grundsätzen auszugehen.
Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Scha-densberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrech-nungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter
Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht grundsätzlich ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer marken-gebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig da-von, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder über-haupt nicht reparieren lässt. Allerdings ist unter Umständen -
auch noch im Rechtsstreit
-
ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere [X.] in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markenge-bundenen oder "freien" Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom [X.] her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt ent-spricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Se-7
8
9
-

5

-

natsurteile vom 23. März 1976 -
VI
ZR 41/74, [X.]Z 66, 239, 241; vom 29. April 2003 -
VI
ZR 398/02, [X.]Z 155, 1, 3
f. -
Porsche-Urteil; vom 20. Oktober 2009 -
VI
ZR 53/09, [X.]Z 183, 21 Rn.
7 ff. -
VW-Urteil; vom 23. Februar 2010 -
VI
ZR 91/09, [X.], 923 Rn.
9, 11 -
BMW-Urteil; vom 22. Juni 2010 -
VI
ZR 302/08, [X.], 1096 Rn.
6
f. -
Audi-Quattro-Urteil; vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZR 337/09, [X.], 1097 Rn.
6
f. -
Mercedes-A 170-Urteil; vom 13. Juli 2010 -
VI
ZR 259/09, [X.], 1380 Rn.
5
ff.
-
Mercedes-A 140-Urteil; vom 14. Mai 2013 -
VI
ZR 320/12, VersR
2013, 876 Rn.
8).
2. Die
Verweisung des Schädigers auf eine günstigere [X.] lässt der erkennende Senat deshalb zu, weil
die Angaben des Sachver-ständigen in seinem Gutachten zur Höhe der voraussichtlich anfallenden
Repa-raturkosten keinesfalls stets verbindlich den Geldbetrag bestimmen, der im [X.] des §
249 Abs.
2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich ist. Bei fiktiver [X.] ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte, der nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veran-lassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen,
disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hinweise der [X.] auf Referenzwerkstätten dienen dazu, der Behauptung des
Geschädigten entgegenzutreten, der vom
Sachverständigen ermittelte Betrag gebe den zur Herstellung erforderlichen Betrag zutreffend wieder
(vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 -
VI
ZR 320/12, VersR
2013, 876 Rn.
11).
Kann die [X.] die zumutbare Möglichkeit der Inanspruch-nahme einer preiswerteren Werkstatt ausreichend darlegen und notfalls bewei-sen, ist auf der Grundlage der preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurech-nen.
3. Angesichts dieser Rechtslage versteht es sich von selbst, dass auf der Grundlage einer preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen ist, wenn ein Verweis der [X.] darauf nicht einmal erforderlich ist, weil der Ge-schädigte die Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswer-teren Reparatur selbst darlegt und sogar wahrgenommen hat. Der Vortrag des 10
11
-

6

-

Geschädigten, trotzdem sei der vom Sachverständigen angegebene Betrag zur Herstellung erforderlich,
ist dann unschlüssig.
Eine abweichende Betrachtung würde dazu führen, dass der Geschädigte an dem Schadensfall verdient, was dem Verbot
widerspräche, sich durch Schadensersatz zu bereichern (vgl. dazu Senatsurteile vom
29. April 2003
-
VI
ZR
393/02
, [X.]Z 154, 395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 -
VI
ZR
70/04,
[X.]Z 162, 161, 164 f.; vom 7. Juni 2005
-
VI
ZR
192/04,
[X.]Z 163, 180, 184; vom 6. März 2007
-
VI
ZR
120/06, [X.]Z 171, 287 Rn.
6; vom 22. September 2009 -
VI
ZR 312/08, VersR
2009, 1554
Rn. 7; vom 18. Oktober 2011 -
VI
ZR 17/11, [X.], 1582
Rn. 6, 8; vom 5. Februar 2013 -
VI
ZR 363/11, VersR
2013, 471
Rn. 11
= r
+
s 2013, 203 m. [X.]. [X.], dazu auch [X.], [X.] 6/2013 [X.]. 1).
Deshalb beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokos-ten, wenn der Geschädigte seinen Kraftfahrzeugsachschaden sach-
und fach-gerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der eingeschaltete Sachverständi-ge für notwendig gehalten hat, und die von der beauftragten
Werkstatt berech-neten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten [X.]. Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten [X.] zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Brutto-reparaturkosten übersteigt.
4. Auf
die
vom Berufungsgericht erörterte umstrittene Frage, ob
bei [X.] unter Umständen tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuer ne-ben den vom Sachverständigen ermittelten [X.] ersetzt [X.] werden kann, wenn der Geschädigte sich mit einer Eigen-, Teil-
oder Bil-ligreparatur zufrieden gibt, kommt es für die vorliegende Fallgestaltung nicht an (vgl. zur Problematik
z.[X.], Urteil vom 24. Mai 2012 -
7
S 277/11, juris Rn.
20; [X.], Urteil vom 29. September 2011 -
1
O 86/11,
juris Rn.
33; [X.], Urteil vom 2. Juli 2009 -
10
O 24/09,
juris Rn.
6 ff.; [X.], Urteil vom 6. Januar 2007 -
49
[X.] 118/06, juris Rn.
16 ff.; [X.] BGB/[X.], §
249 Rn.
220
[Stand: 1. März 2011]; [X.]/[X.], Der 12
13
-

7

-

Haftpflichtprozess, 26.
Aufl., Kap.
5 Rn.
13; [X.]/Knerr, aaO, Kap.
3 Rn.
39; [X.] in
Burmann/[X.]/[X.]/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22.
Aufl., §
249 Rn.
266; [X.] in van Bühren/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., Teil 3, Rn.
98 ff.; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
249 Rn.
467; [X.]/[X.], 72.
Aufl., §
249 Rn.
27; [X.], [X.], 1, 4).
Denn unstreitig ist der Schaden am Fahrzeug des
Klägers vollständig und fach-gerecht nach den Vorgaben des Sachverständigen beseitigt worden.

5. Auch auf den von der Revision angesprochenen Gesichtspunkt, dass eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis unter Berücksichtigung der [X.] und des [X.] ohnehin nicht möglich gewesen sei, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an. Die Beklagte hat auf Re-paraturkostenbasis abgerechnet und die Klage ist hinsichtlich des damit geltend gemachten noch streitigen Betrages abzuweisen.
Insoweit kann der [X.] selbst entscheiden, da
tatsächliche Feststellungen nicht mehr zu tref-fen sind und die Sache deshalb zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).
Galke
Zoll
[X.]

[X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2011 -
54 [X.] 2372/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.12.2012 -
21 [X.]/11 -

14

Meta

VI ZR 24/13

03.12.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2013, Az. VI ZR 24/13 (REWIS RS 2013, 644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 644

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 24/13

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