Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. VI ZR 313/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4068

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 313/13

Verkündet am:

15. Juli 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 16.
Mai 2014
durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin von [X.] und den Richter Offenloch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der 11.
Zivilkammer des [X.] vom 4.
Juni 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsun-fall am 27.
November 2011, bei dem der Fahrer des bei der [X.] haft-pflichtversicherten Fahrzeugs die Fahrerseite des parkenden Fahrzeugs der Klägerin beschädigte. Die volle Einstandspflicht der [X.]
ist unstreitig.
Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige U. gelangte in seinem Gutachten vom 29.
November 2011 zu [X.] in Höhe von 6.579,97

-
und Lackierarbeiten einen Nettostun-densatz von 96,96

erem Kosten für Fahrzeug-1
2
-

3

-

verbringung in Höhe von 96,96

einen Preisaufschlag auf die unverbind-lich empfohlenen Preise für Ersatzteile ([X.]) von 10
% in Ansatz brachte. Mit Schreiben vom 5.
Dezember 2011 machte der [X.] der Klägerin unter Übersendung des Gutachtens gegenüber der [X.] unter anderem die [X.] geltend, wobei er darauf verwies, dass die Klägerin vorerst auf Gutachtenbasis [X.]. Diese reparierte das Fahr-zeug nachfolgend in Eigenregie.
Mit Schreiben vom 30.
Dezember 2011 rechnete die Beklagte den Scha-den ab. Auf die Reparaturkosten kündigte sie eine Zahlung von 5.686,37

unter Hinweis auf ihren beigefügten Prüfbericht vom 13.
Dezember 2011, in dem die im Gutachten ausgewiesenen Stundenverrechnungssätze als nicht erforderlich bezeichnet wurden. Zudem verwies sie
auf den Meisterbetrieb [X.] GmbH, dessen [X.] für Karosseriearbeiten 89

,
für Lackierung 93

be-trage. Darüber hinaus wurden zwei weitere Reparaturbetriebe als gleichwertig bezeichnet und benannt.
Die Klägerin
verlangt
den Differenzbetrag zwischen den vom Sachver-ständigen U. kalkulierten [X.] gemäß Gutachten und den im Prüfbericht zugestandenen in Höhe von 893,60

hat sie Ansprüche
auf Zahlung bzw. Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend
gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des [X.] abgewiesen und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechts-anwaltskosten in Höhe von 155,29

hat das [X.] unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte auch [X.], an die Klägerin 893,60

Mit der vom Berufungsgericht zugelas-3
4
-

4

-

senen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Berufung der Klä-gerin gegen das Urteil des Amtsgerichts
in vollem Umfang zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin nach [X.] des Gutachtens des Sachverständigen U. gemäß §
7
Abs. 1, § 17 Abs. 1 StVG, § 115
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VVG ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 893,60

Dabei
könne
es
dahinstehen, ob es sich bei den von der [X.] benannten Werkstätten um Partnerwerkstätten der [X.] [X.] und sich diese
deshalb nicht auf deren Stundenverrechnungssätze berufen dürfe. Denn die Klägerin sei zur fiktiven Abrechnung nach den im Gutachten U. wiedergegebenen Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt schon deshalb berechtigt, weil ihr der Prüfbericht der [X.] nicht rechtzeitig übermittelt worden sei.

II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die Klägerin sei zur fikti-ven Abrechnung nach den im Gutachten U. wiedergegebenen Stundenverrech-nungssätzen berechtigt, damit begründet, dass ihr der Prüfbericht der [X.] nicht rechtzeitig übermittelt worden sei. Dies steht im Widerspruch zur -
zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung noch nicht veröffentlichten
-
Entschei-5
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7
-

5

-

dung des erkennenden Senats vom 14.
Mai 2013 (VI
ZR 320/12, [X.], 876). Danach darf der Schädiger den
Geschädigten, der -
wie hier
-
fiktiv [X.], unter Umständen noch im Rechtsstreit auf günstigere Reparaturmög-lichkeiten in einer
Referenzwerkstatt verweisen.

a) Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenver-rechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteile vom 29.
April 2003 -
VI
ZR 398/02, [X.], 1, 4 -
Porsche-Urteil; vom 20.
Oktober 2009 -
VI
ZR 53/09, [X.], 21 Rn.
7
f. -
VW-Urteil; vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZR 302/08, [X.], 1096 Rn.
6 -
Audi-Quattro-Urteil; vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZR 337/09, [X.], 1097 Rn.
6 -
Mercedes-A 170-Urteil). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten un-abhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23.
März 1976 -
VI
ZR 41/74, [X.], 239, 241;
vom 29.
April 2003 -
VI
ZR 398/02, [X.], 1, 3). Allerdings ist unter Umständen ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder "freien" Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumut-bar machen (Senatsurteile vom 20.
Oktober 2009 -
VI
ZR 53/09, aaO Rn.
12
ff. -
VW-Urteil; vom 23.
Februar 2010 -
VI
ZR 91/09, [X.], 923 Rn.
9, 11 -
BMW-Urteil; vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZR 302/08, [X.], 1096 Rn.
7
8
-

6

-

-
Audi-Quattro-Urteil; vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZR 337/09, [X.], 1097 Rn.
7 -
Mercedes-A 170-Urteil; vom 13.
Juli 2010 -
VI
ZR 259/09, [X.], 1380 Rn.
7 -
Mercedes-A 140-Urteil).

b) Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem der Verweis spätestens erfolgen muss, bestanden zum Zeitpunkt des Erlasses des Berufungsurteils unterschied-liche Auffassungen. Der erkennende Senat hat inzwischen entschieden, dass der Verweis
auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten
noch im Rechtsstreit erfolgen kann, soweit dem
nicht prozessuale Gründe, wie die [X.], entge-genstehen (Senatsurteil vom 14.
Mai 2013 -
VI
ZR 320/12, [X.], 876 Rn.
10
f.; zustimmend [X.], r+s 2013, 359, 360; [X.], NJW 2013, 2818). Für den Geschädigten, der fiktiv [X.]t, ist es unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist. Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsäch-lich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konk-ret vorzutragen. Entscheidend ist, dass in solchen Fällen der objektiv zur Her-stellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendun-gen zu ermitteln ist. Der Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hinweise des
Schädigers auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom [X.] vorgelegten Sachverständigengutachten vorgenommenen [X.] entgegenzutreten. Im Hinblick darauf muss auch der Geschädigte, der den Fahrzeugschaden bereits behoben hat, ihn aber weiterhin fiktiv auf [X.] [X.]t, mit der Möglichkeit rechnen, dass die Erforderlichkeit des vom Gutachter ermittelten Geldbetrages noch im Prozess von der [X.] bestritten wird und sich bei der Überzeugungsbildung des Gerichts, ob der verlangte
Geldbetrag der erforderliche Geldbetrag im Sinne des §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB ist, ein geringerer zu ersetzender Betrag ergibt (vgl. [X.], aaO).
9
-

7

-

2. Die Sache ist
nach
den vorstehenden Ausführungen
gemäß
§
563 Abs.
1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dieses
nicht geprüft
hat, ob
die Voraussetzungen für einen
Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit erfüllt sind.
Galke
[X.]
[X.]

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.08.2012 -
272 [X.] 29/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.06.2013 -
11 [X.]/12 -

10

Meta

VI ZR 313/13

15.07.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. VI ZR 313/13 (REWIS RS 2014, 4068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4068

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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7 S 109/19

Zitiert

VI ZR 313/13

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