Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2013, Az. VI ZR 320/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5910

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/12
Verkündet am:

14. Mai 2013

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 249 ([X.])

Im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten kann der Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fach-werkstatt noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die [X.], entgegenstehen.

[X.], Urteil vom 14. Mai 2013 -
VI [X.]/12 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
14. Mai
2013
durch den Vorsitzenden [X.],
[X.] und Wellner sowie
die Richterinnen
Diederichsen und von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der
6. Zivilkammer
des Landge-richts [X.]
vom 31. Mai
2012 wird auf Kosten des
[X.]
zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger macht nach einem Verkehrsunfall
den ihm entstandenen Fahrzeugschaden geltend. Der beklagte Versicherer ist unstreitig eintrittspflich-tig. Der Kläger hat eine Reparatur in Eigenregie durchgeführt. Er hat den Scha-den
gegenüber der Beklagten
fiktiv auf der Grundlage eines [X.] abgerechnet.
Die Beklagte hat den [X.] aufgrund eines eigenen Prüfgutachtens um 1.197,22

(davon entfallen 107,40

fiktive [X.]). [X.] hat sie den Kläger auf günstigere Stundenverrechnungssätze von Referenzwerkstätten verwiesen, ohne diese konkret zu benennen. In erster Instanz hat sie sodann konkrete Werkstätten benannt, die unstreitig zu den von der Beklagten angesetzten Kosten repariert hätten.
1
-

3

-

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger noch im
vorliegenden Rechtsstreit auf die preisgünstigeren Referenzwerkstätten verwiesen werden konnte, ferner über die [X.] geltend gemachten fiktiven [X.].
Das Amtsgericht hat die
Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt der
Kläger den
Klageanspruch
weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts
ist die Verweisung des [X.] bzw. seines [X.]ftpflichtversicherers auf kostengünstigere Referenzwerk-stätten im Fall der fiktiven Schadensabrechnung noch im Rechtsstreit möglich. Eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten sei weder im Allgemeinen
ersichtlich
noch im vorliegenden Fall
vorgetragen. Der Kläger trage bereits nicht vor, dass er sich bei einem Hinweis der Beklagten zu einem vor Durchführung der Reparatur gelegenen Zeitpunkt zu einem abweichenden [X.] bei der Schadensbehebung entschieden hätte.
Der Anspruch auf fiktive [X.] bestehe bereits deshalb nicht, weil der Kläger dazu weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren substantiiert vorgetragen habe.
2
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4
5
-

4

-

II.
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
1. Die
Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Schädiger den Geschä-digten, der fiktiv abrechnet, noch im Rechtsstreit auf günstigere Reparaturmög-lichkeiten in einer Referenzwerkstatt verweisen kann, ist nicht zu beanstanden.
a) Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive
Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenver-rechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteile
vom 29. April 2003 -
VI
ZR
398/02,
[X.]Z 155, 1, 4
-
Porsche-Urteil; vom 20.
Oktober 2009 -
VI
ZR
53/09, [X.]Z 183, 21
Rn.
7
f.
-
VW-Urteil; vom 22. Juni 2010 -
VI
ZR 302/08, [X.], 1096
Rn.
6
-
Audi-Quattro-Urteil; vom 22. Juni 2010 -
VI
ZR 337/09, [X.], 1097
Rn. 6
-
Mercedes-A 170-Urteil). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht grundsätzlich ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhän-gig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23. März 1976 -
VI
ZR
41/74, [X.]Z 66, 239, 241; vom 29. April 2003 -
VI
ZR
398/02, [X.]Z 155, 1, 3). Allerdings ist unter Umständen ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugängli-chen anderen markengebundenen oder "freien" Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in die-ser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebun-denen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt un-6
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-

5

-

zumutbar machen (Senatsurteile
vom 20. Oktober 2009 -
VI
ZR
53/09, aaO Rn.
12
ff. -
VW-Urteil; vom 23. Februar 2010 -
VI
ZR 91/09, [X.], 923
Rn.
9, 11
-
BMW-Urteil; vom 22. Juni 2010 -
VI
ZR 302/08, [X.], 1096
Rn.
7
-
Audi-Quattro-Urteil; vom 22. Juni 2010 -
VI
ZR 337/09, [X.], 1097
Rn.
7
-
Mercedes-A 170-Urteil; vom
13. Juli 2010 -
VI
ZR 259/09, [X.], 1380
Rn.
7
-
Mercedes-A 140-Urteil).
b) Hinsichtlich des
Zeitpunkts, zu dem der Verweis spätestens erfolgen muss, bestehen unterschiedliche Auffassungen. Vertreten wird etwa,
der Kfz-[X.]ftpflichtversicherer könne den Unfallgeschädigten bei fiktiver Abrechnung des Unfallschadens an einem fünf
Jahre alten Fahrzeug auch noch zu einem späteren Zeitpunkt, der mehrere Wochen nach dem Unfall liege, und zu dem das Fahrzeug bereits repariert worden sei, auf eine von ihm konkret benannte und dem Geschädigten zumutbare und zugängliche, technisch gleichwertige, aber kostengünstigere Reparaturmöglichkeit verweisen, es sei denn, der Ge-schädigte habe das Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt repa-rieren lassen (z.B. [X.], Urteil
vom
27.
Juli 2010 -
7 [X.], juris
Rn.
18).
Zum Teil wird es für ausreichend gehalten, dass im Fall der fikti-ven Schadensberechnung der Schädiger
auch noch erstmals im Prozess auf eine günstigere Werkstatt verweist ([X.], Urteil vom 19.
Januar 2011
-
2-16 S
121/10, juris; [X.], Urteil vom 19.
Juli 2010
-
4
S 48/10, juris
Rn.
14; [X.], Urteil
vom
8.
Januar 2013 -
62
[X.] 131/12, juris
Rn. 8
ff.; [X.], Urteil vom 19.
Juni 2012 -
3
[X.] 1596/11, juris
Rn. 28
ff.). Die Mög-lichkeit, erst im Prozess auf freie Werkstätten zu verweisen, wird von anderen abgelehnt, wobei u.a. darauf abgestellt wird, der Verweis müsse in dem Zeit-punkt bekannt sein, in dem der Geschädigte gewöhnlich seine Dispositionsent-scheidung treffe, also zeitnah nach dem Unfall (vgl. [X.], Urteil vom 25.
No-vember 2011 -
1
S 37/11, juris
Rn.
23
ff.; [X.], Urteil vom 7.
März 2012 -
2
S 180/11, juris
Rn.
7
ff.; [X.], Urteil vom 28.
Juni 2012

9
-

6

-

-
2
[X.] 416/11, juris
Rn. 16
ff.; vgl. auch [X.], Urteil vom 16.
Juni 2008 -
I-1
U 246/07, [X.]
2008, 523, 525; Nugel, [X.] 18/2008 Anm.
1).
c) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der Verweis noch im Rechtsstreit
möglich, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die [X.], entgegenstehen.
Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet,
ist es im Prinzip unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungs-maßnahmen konkret vorzutragen. Entscheidend ist, dass
in solchen Fällen der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätig-ten Aufwendungen zu ermitteln ist. Der
Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hin-weise der [X.] auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom Geschädigten vorgelegten Sachverständigengutachten vorgenomme-nen Abrechnung entgegenzutreten.
2. Die Revision greift das Berufungsurteil hinsichtlich der fiktiven [X.] nur mit grundsätzlichen Erwägungen an. Damit kann sie keinen Erfolg haben.
Sie
stellt das Berufungsurteil nicht in Frage, soweit dort ausgeführt ist, der Kläger habe zu den [X.] in den Tatsacheninstanzen nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen. Ohne Erfolg macht sie geltend, der Klä-ger habe auf die fehlende Substantiierung seines Vortrags gemäß §
139 ZPO hingewiesen werden müssen. Die Beklagte hatte bereits in der Klageerwide-rung zu den [X.] vorgetragen. Im Hinblick darauf und auf die 10
11
12
13
-

7

-

aufgrund
zahlreicher
Fundstellen ersichtliche Rechtslage
(vgl. etwa [X.], Urteil vom 16.
Juni 2008 -
1
U 246/07, [X.] 2008, 523, 526; Urteil vom 6.
März 2012 -
1
U 108/11, [X.] 2012, 324, 325; [X.], Urteil vom 15.
Februar 2010 -
1
S 107/09, [X.], 270; [X.], Urteil vom 28.
November 2008
-
17
S 68/08, [X.], 265, 266; [X.], Urteil vom 15.
Juni 2009 -
2
[X.] 1085/08, [X.] 2010, 190; [X.], Urteil vom 24.
Juli 2009 -
35
[X.] 785/09, [X.] 2010, 190; MünchKomm
BGB/[X.], 6.
Aufl., §
249 Rn.
372; [X.], Verkehrsrecht aktuell 2007, 141, 144)
waren die Vorinstanzen zu einem Hinweis nicht verpflichtet.
Galke

Zoll
Wellner

Diederichsen
von Pentz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.10.2011 -
52 [X.] 922/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 31.05.2012 -
6 S 323/11 -

Meta

VI ZR 320/12

14.05.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2013, Az. VI ZR 320/12 (REWIS RS 2013, 5910)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5910

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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