Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2004, Az. VII ZR 337/02

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2784

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 337/02 Verkündet am: 17. Juni 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.]/B § 14 Nr. 1

a) Ist es dem Auftragnehmer nicht mehr möglich, den Stand der von ihm bis zur Kündigung erbrachten Leistung durch ein Aufmaß zu ermitteln, weil der Auftrag-geber das Aufmaß dadurch vereitelt hat, daß er das Bauvorhaben durch einen Drittunternehmer hat fertigstellen lassen, genügt der Auftragnehmer seiner Ver-pflichtung zur prüfbaren Abrechnung, wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände mitteilt, die Rückschlüsse auf den Stand der erbrachten Leistung er-möglichen.
b) Unter dieser Voraussetzung genügt der Auftragnehmer seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, die dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen den Mindestaufwand des Auftragnehmers zu schätzen, der für die Errichtung des Bauvorhabens erforderlich war.
[X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.] OLG Brandenburg

LG Cottbus - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004 durch [X.] für Recht erkannt: Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 27. August 2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger verlangt als Konkursverwalter über das Vermögen der [X.] (Gemeinschuldnerin) restlichen Werklohn. Die Beklagte hat die Gemeinschuldnerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung einer Wohnanlage zum Pauschalpreis von 2,5 Mio. DM netto beauftragt ([X.]-Vertrag). Nachdem die Gemeinschuldnerin wegen [X.] gestellt hatte, kündigte die Beklagte am 16. Dezember 1997 den Vertrag und führte das Bauvorhaben direkt mit den Nachunternehmern der Gemeinschuldnerin zu Ende. Nach Eröffnung des [X.] hat der Kläger am 5. Februar 1998 eine Schlußrechnung über die bis zum 16. Dezember 1997 - 3 - erbrachten Leistungen erstellt. Zu dieser Schlußrechnung fand am 30. März 1998 eine Besprechung über den erreichten Leistungsstand statt. Für die Ge-meinschuldnerin nahmen die Zeugen [X.] und M., für die Beklagte nahm deren Bauleiter, der Zeuge [X.], teil. Als Ergebnis ist für jedes der vierundzwanzig im [X.] ausgewiesenen Gewerke ein Leistungsstand, ausge-drückt in Prozent, festgehalten worden. Auf der Grundlage des von der Ge-meinschuldnerin offengelegten Kalkulationsansatzes für ein jedes Gewerk so-wie der jeweiligen Prozentangabe wurden im Protokoll Rechnungsteilbeträge sowie eine Gesamtsumme von 1.068.100,00 DM aufgeführt. Der Kläger hat von dieser Gesamtsumme die von der [X.] an die Gemeinschuldnerin geleisteten Abschlagszahlungen abgezogen und verblei-bende 383.065,00 DM geltend gemacht. Das [X.] ist diesem Vortrag des [X.] gefolgt und hat ihm unter Berücksichtigung eines [X.] zugesprochen. Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger eine weitere [X.] vom 21. Juni 1999 nach [X.] vorgelegt. Das Berufungsge-richt hat auf der Grundlage nicht dieser, sondern der ersten Schlußrechnung den restlichen Werklohn ermittelt und die Beklagte verurteilt, 44.727,16 • (= 87.478,72 DM) zu zahlen. In Höhe weiterer 22.935,59 • (= Sicherheits-einbehalt) hat das Berufungsgericht die Klage als derzeit unbegründet und im übrigen ohne Einschränkung abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.] strebt die uneingeschränkte Abweisung der Klage insgesamt an. - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Das angefochtene Urteil hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 gel-tenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat der Klage mit folgenden Erwägungen statt-gegeben: a) Nach einer wirksamen Kündigung eines [X.]/[X.]es setze eine prüfbare Schlußrechnung grundsätzlich voraus, daß die in der Schlußrechnung berechneten Massen durch ein beigefügtes Aufmaß dokumentiert seien. Das gelte auch für einen gekündigten Pauschalpreisvertrag. b) Das Aufmaß sei nicht in jedem Fall Voraussetzung dafür, daß die Schlußrechnung prüfbar sei. Es sei ausreichend, wenn der Auftraggeber auf-grund einer aufgegliederten gewerkebezogenen Kalkulation in der Lage sei, sich sachgerecht zu verteidigen. Der Auftraggeber könne nicht pauschal den Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Schlußrechnung erheben, wenn sein Planungsbüro die Schlußrechnung als prüfbar bezeichnet habe. Bestätige der bauleitende Architekt des Auftraggebers anläßlich einer Besprechung über die Schlußrechnung die Leistung, dann gelte diese Leistung als prüfbar abgerech-net, auch wenn der Architekt keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht [X.] habe. - 5 - c) Die erforderlichen Voraussetzungen dafür, daß der Kläger kein Auf-maß habe vorlegen müssen, seien gegeben. Der Kläger könne den [X.] auf der Grundlage der in der Besprechung vom 30. März 1998 festgelegten erreichten [X.] berechnen. Den Informationsinteressen der an der Abrechnung beteiligten Parteien sei damit genügt. d) [X.], der für die Beklagte und auch für die Gemeinschuldne-rin als Bauleiter tätig gewesen sei, habe in jedem Stadium über umfangreiche Detailkenntnisse hinsichtlich des gesamten Bauvorhabens verfügt. Folglich sei der Zeuge [X.] zum Zeitpunkt der Kündigung auch ohne Aufmaß in der Lage ge-wesen, den [X.] hinreichend zuverlässig zu ermitteln. e) Als umfassend tätiger Bauleiter habe der Zeuge [X.] die gleichen Befug-nisse gehabt wie ein bauleitender Architekt. Ein bauleitender Architekt sei [X.], mit Bindungswirkung auch für die Bauherren die geleisteten Massen als Grundlage für die Abrechnung des Bauvorhabens aufzunehmen. Zumindest habe die gemeinsame Feststellung der erbrachten Leistung die Wirkung einer Beweiserleichterung, vergleichbar der Bestätigung eines Unfallhergangs durch einen Beteiligten. f) Wenn der Auftragnehmer aufgrund einvernehmlich festgestellter [X.] der Parteien berechtigt sei, seine Forderung nach [X.] der einzelnen Gewerke abzurechnen, genüge der Auftragnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast durch den Nachweis der vorgetragenen Abrech-nungsgrundlagen gegebenenfalls durch Zeugen. 2. Diese Erwägungen sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu [X.]. Die Begründungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrecht-lichen Überprüfung nur teilweise stand. - 6 - a) Unbegründet ist die Ansicht der Revision, die Schlußrechnung vom 5. Februar 1998 sei mit Erteilung der zweiten Schlußrechnung "gegenstandslos und hinfällig" geworden. Beim [X.]/[X.] besteht grundsätzlich keine [X.] an eine erteilte Schlußrechnung ([X.], Urteil vom 17. Dezember 1987 - [X.] ZR 16/87, [X.] 102, 392). Das gilt nicht nur für eine erste Rechnung, sondern auch für eine später erteilte weitere Rechnung. Auch an dieser, im Laufe des Rechtsstreits zur Ausräumung etwa bestehender Bedenken nur vor-sorglich gestellten Rechnung, mußte das Berufungsgericht den Kläger nicht festhalten, es konnte vielmehr ohne Rechtsfehler auf die früher erteilte Rech-nung zurückgreifen, wenn es die Bedenken gegen diese Rechnung nicht für durchschlagend erachtete. b) Nach der Kündigung eines Pauschalpreisvertrages ist der Auftrag-nehmer, der restlichen Werklohn verlangt, grundsätzlich verpflichtet, seine er-brachte Leistung in der Weise abzurechnen, daß er die erbrachte von der nicht erbrachten Leistung abgrenzt und das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung sowie den Preisansatz für die erbrachte Leistung und nicht erbrachte Leistung zum Pauschalpreis so darlegt, daß der [X.] in die Lage versetzt wird, sich sachgerecht zu verteidigen ([X.], Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.] ZR 103/01, [X.], 1588 = NZBau 2002, 614 = [X.] 2002, 787; Urteil vom 11. Februar 1999 - [X.] ZR 399/97, [X.] 140, 365 m.w.N.). Die für die Prüfbarkeit der Schlußrechnung notwendige Abgrenzung zwischen der erbrachten und nicht erbrachten Leistung erfordert nicht in jedem Fall ein Aufmaß. Die Abgrenzung kann sich aus den Umständen ergeben, die anderweitig ermittelt oder den Parteien bereits bekannt sind ([X.], Urteil vom 11. Februar 1999 - [X.] ZR 91/98, [X.], 631 = [X.] 1999, 194). c) Diese vertraglich begründeten Anforderungen an die Prüfbarkeit der Rechnung haben die Gemeinschuldnerin und die Beklagte nicht nachträglich - 7 - durch eine Vertragsänderung oder ein kausales Schuldanerkenntnis in der [X.] geändert, daß die Beklagte eine Vergütung schulde, die dem in der [X.] am 30. März 1998 ermittelten Leistungsstand entspricht. Soweit das Berufungsurteil dahin zu verstehen sein sollte, daß eine [X.] Bindungswirkung der Erklärungen des Zeugen [X.] zu Lasten der [X.] eingetreten ist, kann dem deshalb nicht gefolgt werden, weil es an einer Vollmacht des Zeugen [X.] zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen fehlt. Eine Vollmacht, die den bauleitenden Architekt berechtigt, die üblicherweise zur Erfüllung der Bauausführung erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen für den Auftraggeber abzugeben, wäre nicht ausreichend, weil sie nicht die [X.] umfaßt, den Vertrag in wesentlichen Punkten zu ändern ([X.], Urteil vom 7. März 2002 - [X.] ZR 1/00, [X.], 1536 = [X.] 2002, 767 = NZBau 2002, 571; [X.] in: [X.]/[X.]/Kuffer, [X.]. [X.]. Architektenrecht, § 6 Rdn. 4-8). Ebenso liegen die Voraussetzungen für ein kausales Schuldaner-kenntnis nicht vor. Dieses würde voraussetzen, daß die Parteien mit der [X.] das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder der Ungewißheit entziehen wollen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 24. Januar 2002 - [X.] ZR 206/00, [X.], 786 = [X.] 2002, 479; [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl. (2004), 5. Teil, Rdn. 53 ff, [X.] m.w.N.). Auch eine Beweiserleichterung zugunsten des [X.] kommt nicht in Betracht. Abgesehen davon sind die Grundsätze zum Schuldbekenntnis am Unfallort im Bauvertragsrecht nicht anwendbar ([X.], Urteil vom 24. Januar 2002 - [X.] ZR 206/00, [X.], 786 = [X.] 2002, 478). d) Die Abrechnung auf der Grundlage des in der Besprechung am 30. März 1998 festgelegten Leistungsstandes und der den einzelnen Gewerken zugeordneten Rechnungsbeträge genügt aufgrund der besonderen Umstände der Vertragsabwicklung den Anforderungen an die Prüfbarkeit der Rechnung. - 8 - (1) Ist es dem Auftragnehmer nicht mehr möglich, den Stand der von ihm bis zur Kündigung erbrachten Leistung durch ein Aufmaß zu ermitteln, weil der Auftraggeber das Aufmaß dadurch vereitelt hat, daß er das Bauvorhaben durch einen Drittunternehmer hat fertigstellen lassen, genügt der Auftragnehmer sei-ner Verpflichtung zur prüfbaren Abrechnung, wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände mitteilt, die Rückschlüsse auf den Stand der erbrachten Leistung ermöglichen. (2) Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat das Ergebnis der Besprechung am 30. März 1998 und die vereinbarte Leistung, die er zu erbrin-gen hatte, seiner Abrechnung zugrunde gelegt. Damit hat er seine Werklohn-forderung prüfbar abgerechnet, die Forderung war fällig. e) Von dem hinreichenden Vortrag des Auftragnehmers für die Prüfbar-keit der Schlußrechnung ist die Frage zu unterscheiden, ob der Vortrag den Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag bezüglich der [X.]. Das Berufungsgericht hat den Sachvortrag zur Begründung der Klagforde-rung durch den Kläger zu Recht als ausreichend gewürdigt und Beweis erho-ben. (1) Unter der Voraussetzung, daß die Ermittlung der erbrachten Leistung am Bau nicht mehr möglich ist, genügt der Auftragnehmer seiner Darlegungs-last, wenn er Tatsachen vorträgt, die dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, ge-gebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen den Mindestaufwand des [X.] zu schätzen, der für die Errichtung des Bauvorhabens erforderlich war (vgl. [X.], Urteil vom 13. Mai 2004 - [X.] ZR 424/02, zur [X.] bestimmt). Erfüllt der Sachvortrag des Auftragnehmers diese Voraussetzung, dann obliegt ihm grundsätzlich der Beweis für seinen anspruchsbegründenden Sachvortrag. - 9 - (2) Das Berufungsgericht hat den in der Besprechung vom 30. März 1998 festgestellten [X.] im Ergebnis zu Recht als hinreichend substan-tiierten Sachvortrag des [X.] gewürdigt und die angebotenen Beweise erho-ben. (3) Das Berufungsgericht hat den Kläger rechtsfehlerfrei als darlegungs- und beweisbelastet und den Beweis für den Grund und die Höhe des [X.] aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen [X.], M. und [X.] als erbracht angesehen. [X.]

[X.] [X.]

Wiebel

Kuffer

Meta

VII ZR 337/02

17.06.2004

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2004, Az. VII ZR 337/02 (REWIS RS 2004, 2784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2784

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