Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.11.2011, Az. V R 13/11

5. Senat | REWIS RS 2011, 1137

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Gegenstand

(Steuerberechnung und Wirkung des Tabelleneintrags im Insolvenzverfahren - Aufrechnung nach § 226 Abs. 1 AO - Anfechtung durch nachträgliches Bestreiten - Anfechtbare Rechtshandlung - Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Mehrwertsteuerrecht - Aufhebung und Nachprüfung einer Ermessensentscheidung - Fehlendes Ermessen - Entstehung des Berichtigungsanspruchs für Entgelte aus durch insolventen Unternehmer erbrachten Leistungen)


Leitsatz

1. Grundlage für die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren nach §§ 174 ff. InsO ist der gemäß §§ 16 ff. UStG berechnete Steueranspruch für das Kalenderjahr. Im Jahr der Insolvenzeröffnung ist die anzumeldende Steuer für den Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung zu berechnen .

2. Die Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. UStG unterliegt weder den Beschränkungen der Insolvenzaufrechnung noch denen der Insolvenzanfechtung .

3. Werden zur Insolvenztabelle angemeldete Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ohne Widerspruch in die Tabelle eingetragen, kommt der Eintragung dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gemäß § 185 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO zu und kann wie diese unter den Voraussetzungen des § 130 AO geändert werden .

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 23. August 2006 wurde über das Vermögen des [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zum Insolvenzverwalter bestellt. Ausgehend von den Umsatzsteuer-Voranmeldungen des [X.] für die Monate Juni bis August 2006 meldete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) neben anderen Ansprüchen mit Schreiben vom 11. September 2006 eine Insolvenzforderung für Umsatzsteuer Juni bis August 2006 an. Die Forderungsanmeldung wurde vom Kläger als Insolvenzverwalter am 26. Januar 2007 "zur Tabelle anerkannt" und in [X.]öhe von 36.416,67 € in die Tabelle als festgestellt eingetragen.

2

Am 25. Mai 2007 ging beim [X.] eine Umsatzsteuererklärung für den Zeitraum 1. Januar bis 22. August 2006 ein, die eine geringere Steuerschuld als nach den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2006 auswies. Das [X.] erteilte hierzu am 19. Juli 2007 nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) seine Zustimmung gemäß § 168 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]).

3

Das [X.] behandelte die für den Zeitraum 1. Januar bis 22. August 2006 eingereichte Umsatzsteuererklärung im Übrigen als Antrag auf Änderung des Tabelleneintrags und lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 10. April 2008 ohne Ermessensausübung ab. Der Tabelleneintrag wirke gemäß § 178 Abs. 3 der Insolvenzordnung ([X.]) wie ein rechtskräftiges Urteil und sei nur unter den Voraussetzungen einer Restitutionsklage abzuändern. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Demgegenüber gab das [X.] der Klage statt. Es bestehe kein Streit darüber, dass dem Tabelleneintrag ein überhöhter Betrag zugrunde liege, da sich die Steuerschuld nur auf 27.263,45 € belaufe. Eine Korrektur des Tabelleneintrags auf die zutreffende richtige [X.]öhe sei möglich. § 178 Abs. 3 [X.] bestimme zwar, dass die Eintragung einer Forderung in die Insolvenztabelle gegenüber dem Insolvenzverwalter wie ein rechtskräftiges Urteil wirke. Dementsprechend könne der Insolvenzverwalter die Änderung eines Tabelleneintrags nur unter den Voraussetzungen einer Restitutionsklage erreichen. Würden allerdings Steuerforderungen in die Insolvenztabelle eingetragen, stehe § 178 Abs. 3 [X.] zur Disposition. Die Änderung in der Insolvenztabelle eingetragener Steuerforderungen erfordere nicht in jedem Fall die Voraussetzungen einer Restitutionsklage. Zudem habe das [X.] der Umsatzsteuerjahreserklärung zugestimmt, wodurch sich die Umsatzsteuer-Voranmeldungen, die dem Tabelleneintrag zugrunde lagen, erledigt hätten. Daher sei ein Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 [X.] zu erlassen. Ein Ermessensspielraum habe für das [X.] dabei nicht bestanden.

5

Mit seiner Revision rügt das [X.] Verletzung von § 178 Abs. 3 [X.]. Die Vorschrift enthalte entgegen dem [X.]-Urteil keine abweichende Regelung für Steuerforderungen. Die Korrekturvorschriften der [X.] seien daher nicht anwendbar.

6

Das [X.] beantragt,

das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Zwar sei eine Änderung des Tabelleneintrags grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen einer Restitutionsklage möglich, dies gelte aber nicht für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, bei denen es auf § 110 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) ankomme. Die danach bestehenden [X.] würden durch die [X.] nur eingeschränkt. Für die Umsatzsteuer 2006 liege kein Tabelleneintrag vor.

Entscheidungsgründe

9

II. Die [X.]ision des [X.] ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des [X.] aufzuheben ist und das [X.] verpflichtet wird, über den Antrag des [X.] auf Änderung der widerspruchslos in die Tabelle eingetragenen [X.] gemäß § [X.] nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden; im Übrigen wird die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 [X.]O).

1. Der insolvenzrechtliche Tabelleneintrag betrifft Insolvenzforderungen; diese sind der Streitgegenstand, auf den sich die [X.] des § 178 Abs. 3 [X.] bezieht. Insolvenzgläubiger können gemäß § 87 [X.] nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Insolvenzforderungen [X.] von § 38 [X.] und damit ihre zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner "begründeten" [X.] nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Dementsprechend sind nach § 251 Abs. 3 [X.] Insolvenzforderungen während eines Insolvenzverfahrens --anders als bei sog. Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 [X.] (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 9. Dezember 2010 [X.], [X.], 301, [X.], 952, unter [X.] nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern nur erforderlichenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Dem geht die Anmeldung der Insolvenzforderung (§ 38 [X.]) gemäß § 174 [X.] beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle (§ 175 [X.]) und zur Prüfung (§ 176 [X.]) mit dem Ziel der Feststellung (§ 178 [X.]) voraus.

Da zur Insolvenztabelle nur Insolvenzforderungen, nicht aber auch Masseverbindlichkeiten anzumelden sind, ist bei der Forderungsanmeldung zu berücksichtigen, dass, wie der [X.] in seinem Urteil in [X.], 301, [X.], 952, unter [X.] unter Bezugnahme auf die [X.]-Urteile vom 1. September 2010 [X.]/08 ([X.], 490, [X.], 336) und vom 28. Juni 2000 [X.]/99 ([X.], 132, [X.], 639) entschieden hat, zwar auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Grundsatz der Unternehmereinheit gilt. Bedingt durch die Erfordernisse des Insolvenzrechts besteht das Unternehmen nach Verfahrenseröffnung jedoch aus mehreren Unternehmensteilen, zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden können. Zu unterscheiden sind der vorinsolvenzrechtliche Unternehmensteil, gegen den Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden sind (§§ 174 ff. [X.]), der die Insolvenzmasse betreffende Unternehmensteil, gegen den Masseverbindlichkeiten geltend zu machen sind, sowie ggf. das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen, bei dem [X.] gegen den Insolvenzschuldner persönlich ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen geltend gemacht werden können. Diese Teilbereiche sind bei allen Umsatzsteuersachverhalten und damit auch bei der Zuordnung der dem Gesamtunternehmen zustehenden Berechtigungen --wie z.B. dem Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes ([X.])-- zu beachten.

2. Bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. [X.]) ist der gegen den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil bestehende Umsatzsteueranspruch für jedes Kalenderjahr gesondert zu berechnen und nach Abzug der vom Unternehmer jeweils geleisteten Zahlungen anzumelden. Für das Kalenderjahr der Insolvenzeröffnung ist die für den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil entstandene Umsatzsteuer grundsätzlich für den [X.]raum bis zur Insolvenzeröffnung zu berechnen und anzumelden.

a) Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die Steuer, soweit nicht § 20 [X.] gilt, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umsätze nach § 1 Abs. 1 [X.] auszugehen, soweit für sie die Steuer in dem [X.] entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist (§ 16 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Von der so berechneten Steuer sind die in den [X.] fallenden, nach § 15 [X.] abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen und die Berichtigungen gemäß §§ 15a, 17 [X.] zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.], § 18 Abs. 3 Satz 1 [X.]).

b) [X.] ist auch für den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil nach § 16 Abs. 1 Satz 2 [X.] das Kalenderjahr, so dass Grundlage der Forderungsanmeldung nach § 174 [X.] die Steuer für das Kalenderjahr ist. [X.] ist die Steuerberechnung demgegenüber grundsätzlich für den [X.]raum bis zur Insolvenzeröffnung vorzunehmen. Denn hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, tritt gemäß § 16 Abs. 3 [X.] dieser Teil an die Stelle des Kalenderjahres. Dies ist auch in Bezug auf den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zu beachten und entspricht der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s. Denn nach dem [X.]-Urteil vom 26. November 1987 [X.] ([X.], 349, [X.] 1988, 124, unter II.3.) ist erforderlich aber auch ausreichend, dass --nicht anders als bei einem Umsatzsteuerjahresbescheid-- der Inhalt der Forderungsanmeldung die Individualisierung der Besteuerungssachverhalte ermöglicht.

Anzumelden ist die Steuer für das Kalenderjahr oder die Steuer für den abgekürzten [X.] bis zur Insolvenzeröffnung. Eine gesonderte Forderungsanmeldung [X.] von § 174 [X.] für einzelne Voranmeldungszeiträume ist jedenfalls nicht erforderlich, da diesen im Verhältnis zur [X.] in verfahrens- und in materiell-rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nur vorläufiger Charakter zukommt ([X.]-Urteil vom 7. Juli 2011 [X.]/09, juris, unter [X.]) und es sich bei der für einzelne Voranmeldungszeiträume entstandenen Steuer daher nur um eine unselbständige Berechnungsgrundlage für den sich für das Kalenderjahr oder den kürzeren [X.] im Jahr der Insolvenzeröffnung ergebenden Steueranspruch handelt.

c) Bei der Steuerberechnung für den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil sind die sich für die einzelnen Umsätze ergebenden [X.] und die damit zusammenhängenden Vorsteuerbeträge und Berichtigungen (s. oben [X.]) nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich bei diesen jeweils um "einen zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner" [X.] von § 38 [X.] handelt und insoweit keine Masseverbindlichkeit --z.B. gemäß § 55 Abs. 2 [X.]-- vorliegt.

Für die Begründetheit des sich für den [X.] (s. oben [X.]) ergebenden [X.] kommt es dabei nicht auf den [X.]punkt der Entstehung der Steuer für diesen [X.] an. Maßgeblich ist vielmehr, ob bei Insolvenzeröffnung der Tatbestand für die in diesem [X.] vorliegenden [X.], Vorsteuerbeträge und Berichtigungen (s. oben [X.]) bereits vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist ([X.]-Urteile vom 29. Januar 2009 [X.], [X.], 24, [X.] 2009, 682, unter [X.]; vom 30. April 2009 [X.], [X.], 130, [X.] 2010, 138, unter [X.], und vom 9. Februar 2011 [X.], [X.], 86, [X.], 1445, unter II.2.).

Dies widerspricht entgegen [X.] ([X.] --DStR-- 2011, 1973 ff., 1978) nicht insolvenzrechtlichen Wertungen. Denn unter welchen Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall von der "Begründetheit" [X.] von § 38 [X.] auszugehen ist, kann nur unter Berücksichtigung des Rechtsverhältnisses entschieden werden, auf dem der jeweilige Anspruch beruht --hier der sich aus dem [X.] ergebende Anspruch--. Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.]-Urteil in [X.], 24, [X.] 2009, 682, unter II.4.), besteht --entgegen [X.] in [X.], 1973 ff., 1979 [X.] bei der Beurteilung der Begründetheit [X.] von § 38 [X.] auch keine Bindung an die insolvenzrechtlichen [X.] der §§ 94 ff. [X.]. So ist über das Vorliegen einer Insolvenzforderung unabhängig von der Zulässigkeit der Aufrechnung nach diesen Vorschriften zu entscheiden. Dementsprechend kann z.B. nach dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 19. Juli 2007 [X.] ([X.], 742, Neue Juristische [X.] Zivilrecht --NJW-RR-- 2008, 206, unter [X.]) eine Aufrechnung auch dann an den §§ 94 ff. [X.] scheitern, wenn der Insolvenzgläubiger mit der ihm zustehenden "Insolvenzforderung" aufrechnen will. Stehen die insolvenzrechtlichen [X.] sogar einer Aufrechnung durch den Insolvenzgläubiger mit seiner Insolvenzforderung entgegen, kommt den [X.]n für die Definition der Insolvenzforderung aufgrund "Begründetheit" [X.] von § 38 [X.] keine Bindungswirkung zu.

d) Von der für das jeweilige Kalenderjahr und im Kalenderjahr der Insolvenzeröffnung bis zur Insolvenzeröffnung entstandenen Steuer sind bei der Forderungsanmeldung nach §§ 174 ff. [X.] die Steuerzahlungen abzusetzen, die der Unternehmer z.B. für einzelne Voranmeldungszeiträume des jeweiligen [X.]s entrichtet hat. Soweit derartige Zahlungen vorliegen, liegt im Hinblick auf die insoweit eingetretene Tilgungswirkung keine Insolvenzforderung vor.

3. Bei der Anmeldung der Umsatzsteuerforderung für den jeweiligen [X.] zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. [X.]) sind die insolvenzrechtlichen Aufrechnungs- und Anfechtungsregelungen nicht zu beachten (offen gelassen in [X.]-Urteil vom 2. November 2010 [X.], [X.], 488, [X.], 374, unter [X.]).

a) Die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] ist keine Aufrechnung, so dass sie auch nicht den Beschränkungen der §§ 94 ff. [X.] unterliegt.

aa) Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, kann gemäß § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Nach § 226 Abs. 1 [X.] gelten für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind dabei die Ansprüche [X.] von § 37 [X.] ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 226 [X.] Rz 13).

bb) Gemäß § 38 [X.] entsteht der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Die Umsatzsteuer entsteht [X.] des § 38 [X.] in dem [X.]punkt, in dem sie nach § 16 Abs. 1 und 2 [X.] berechenbar ist (vgl. [X.]-Urteil vom 9. Mai 1996 [X.]/94, [X.], 188, [X.] 1996, 662, unter [X.]). Bei den sich aus dem [X.] ergebenden Ansprüchen liegt danach ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erst aufgrund der Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] (s. oben [X.]) für einen Voranmeldungs- oder [X.] vor. Daher kann nur mit oder gegen den Anspruch aufgerechnet werden, der sich aus der Steuerberechnung für einen derartigen [X.]raum ergibt.

cc) Bei der Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] selbst handelt es sich demgegenüber --entgegen dem Urteil des [X.] Baden-Württemberg vom 6. April 2011  1 K 808/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2011, 1407, [X.]. [X.]/11)-- nicht um eine Aufrechnung nach § 226 Abs. 1 [X.] i.V.m. §§ 387 ff. [X.].

(1) Anders als bei einer Aufrechnung, die selbständige Forderungen voraussetzt ([X.] in [X.], [X.], 13. Aufl. 2011, vor § 387 Rz 6), sind die im Rahmen der Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] miteinander zu saldierenden [X.], Vorsteuerbeträge und Berichtigungen (s. oben [X.]) lediglich unselbständige Besteuerungsgrundlagen innerhalb einer Steuerberechnung und -festsetzung, nicht aber Ansprüche mit verfahrensrechtlichem Eigenleben; erst wenn sich bei der Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. [X.] als Saldo eine Steuerschuld oder --als [X.] ein rechnerischer Überschuss und damit eine "negative Steuerschuld" zugunsten des Unternehmers ergibt, besteht ein selbständiger und damit abtretbarer oder aufrechenbarer Steuer- oder Vergütungsanspruch ([X.]-Urteil vom 24. März 1983 [X.], [X.], 498, [X.] 1983, 612, unter 1.a, m.w.N. zur [X.]-Rechtsprechung). Ebenso ist es entgegen den [X.]surteilen vom 26. Februar 1987 [X.] ([X.], 98, [X.] 1987, 471, unter II.2.) und vom 26. November 1987 [X.] ([X.], 345, [X.] 1988, 199, unter [X.]b) auch im Feststellungsverfahren nach § 251 Abs. 3 [X.]. Als insolvenzrechtliche Einschränkung ist entsprechend dem [X.]surteil in [X.], 98, [X.] 1987, 471, unter II.2. nur zu berücksichtigen, dass ein Forderungsaustausch im Feststellungsverfahren nicht zulässig ist.

Die Auffassung, Umsatzsteuer und Vorsteuer seien selbständige Ansprüche, lässt sich darüber hinaus auch nicht mit der dem nationalen Recht zugrunde liegenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) vereinbaren. Nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie ist der Vorsteuerabzug vom Steuerbetrag "abzusetzen". Übersteigt der Betrag der zulässigen Abzüge und damit der Betrag des Vorsteuerabzugs den Betrag der für den [X.] geschuldeten Steuer, können die Mitgliedstaaten nach Art. 18 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/[X.] den Überschuss entweder auf den folgenden [X.]raum vortragen lassen oder ihn nach den von ihnen festgelegten Einzelheiten erstatten. Dies schließt eine isolierte Geltendmachung der einzelnen Berechnungsgrundlagen für die Umsatzsteuer aus. Denn es besteht unter Berücksichtigung der Richtlinie 77/388/[X.] für den Unternehmer keine Rechtsgrundlage dafür, sich den Betrag seines Vorsteuerabzugs voll auszahlen zu lassen und die ohne Saldierung mit dem Vorsteuerabzug geschuldete Steuer an das [X.] zu entrichten oder z.B. diese Zahlung schuldig zu bleiben. Dementsprechend kann weder das [X.] noch der Unternehmer mit oder gegen einzelnen Ansprüchen auf Umsatzsteuer aus Ausgangsleistungen oder mit oder gegen [X.] aus einzelnen Leistungsbezügen aufrechnen.

(2) Zum anderen ist die Aufrechnung ein Gestaltungsrecht und setzt als einseitiges Rechtsgeschäft eine Aufrechnungserklärung voraus ([X.], in [X.] Kommentar, [X.], 5. Aufl. 2007, § 388 Rz 1; [X.], a.a.[X.], § 388 Rz 1). Die Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. [X.] ist demgegenüber weder ein "einseitiges Rechtsgeschäft" noch ein "Gestaltungsrecht". Denn die Rechtsfolgen der nach diesen Vorschriften vorzunehmenden Steuerberechnung treten kraft Gesetzes und damit unabhängig von den darüber hinaus abzugebenden Erklärungen, wie z.B. Steuer- oder Voranmeldungen, ein. Deshalb lässt sich die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] entgegen [X.] (Festschrift für [X.], 2004, [X.] ff., 736 f.) nicht mit einer rechtsgeschäftlich vereinbarten [X.] im Kontokorrent vergleichen.

b) Die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] ist auch keine anfechtbare Rechtshandlung [X.] der §§ 129 ff. [X.].

aa) Gemäß § 129 Abs. 1 [X.] kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 [X.] anfechten.

bb) Für die Ausübung des Anfechtungsrechts genügt jede erkennbare --auch konkludente-- Willensäußerung, dass der Insolvenzverwalter eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnehme, sondern diese zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des [X.] wieder auszugleichen suche ([X.]-Urteil vom 21. Februar 2008 [X.] ZR 209/06, [X.]/[X.]schrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 2008, 935, Leitsatz; unter Bezugnahme auf Kirchhof in [X.] Kommentar, [X.], 2. Aufl. 2008, § 129 Rz 194; ebenso de Bra, in [X.], [X.], 4. Aufl. 2010, § 129 Rz 45). Dementsprechend stellt auch das (nachträgliche) Bestreiten der vom [X.] gemäß §§ 174 ff. [X.] zur Tabelle angemeldeten Forderung eine Ausübung des Anfechtungsrechts dar.

cc) Für die Entscheidung über das Bestehen des Anfechtungsrechts ist, wenn sich die Anfechtung auf einen Anspruch auf Abgaben bezieht, die der Gesetzgebung des [X.] unterliegen, gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O der [X.] eröffnet. Dies trifft auf die im vorliegenden Fall streitige Umsatzsteuer zu. Maßgeblich für die Bestimmung der Rechtswegzuständigkeit ist insoweit nicht der insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch als solcher, sondern das Rechtsverhältnis, das der angefochtenen Rechtshandlung zugrunde liegt (Beschluss des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des [X.] vom 27. September 2010 GmS-OGB 1/09, [X.]Z 187, 105, Neue Juristische Wochenschrift 2011, 1211, unter III.2.).

dd) Der [X.] kann im Streitfall offen lassen, ob er sich der Auffassung des [X.]. [X.]s des [X.] und des [X.]. [X.]s des [X.] anschließt, nach der bei "Geschäften des Schuldners und Steuerpflichtigen", die als "umsatzsteuerpflichtige Leistungen an Kunden … zum Entstehen der Steuerforderung des Finanzamts [führen]", von einer anfechtbaren Rechtshandlung auszugehen ist ([X.]-Urteil vom 22. Oktober 2009 [X.] ZR 147/06, [X.], 2394, [X.] --HFR-- 2010, 413, unter [X.] cc; ebenso [X.]-Urteil in [X.], 488, [X.], 374, unter [X.] aa zur "Leistungserbringung" als Rechtshandlung). Denn die Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. [X.] hat keine gläubigerbenachteiligende Wirkung und führt daher nicht zu einer anfechtbaren Rechtshandlung [X.] von § 129 [X.] (unzutreffend daher auch insoweit Urteil des [X.] Baden-Württemberg in E[X.] 2011, 1407).

(1) Da es anfechtungsrechtlich auf die jeweilige, durch die Rechtshandlung ausgelöste Rechtswirkung, die gläubigerbenachteiligend ist, ankommt ([X.]-Urteil vom 9. Juli 2009 [X.] ZR 86/08, NJW-RR 2010, 118, [X.], 1750, unter [X.] bb (2)), ist für die Beurteilung, ob die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. [X.] der Insolvenzanfechtung unterliegt, die Rechtsprechung zur [X.] bei [X.] einer Aufrechnungslage mit einem aufgrund dieser Steuerberechnung entstandenen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (vgl. hierzu [X.]-Urteil in [X.], 2394, [X.], 413, und [X.]-Urteil in [X.], 488, [X.], 374) nicht entscheidungserheblich.

(2) Nach dem [X.]-Urteil in NJW-RR 2010, 118, [X.], 1750, unter [X.] ist das Herstellen von Bier --ohne Erlaubnis zur Herstellung unter [X.] nicht nur eine Rechtshandlung, sondern auch gläubigerbenachteiligend, da die dadurch entstehende [X.] für Biersteuer das Schuldnervermögen mit einer dinglichen Haftung für eine Insolvenzforderung belastet.

(3) Selbst wenn das Erbringen entgeltlicher Leistungen als anfechtbare Rechtshandlung anzusehen ist, wirkt die Umsatzsteuer --anders als die Biersteuer, die einen Steueranspruch unabhängig vom Vorliegen eines korrespondierenden Zahlungsanspruchs des Steuerschuldners gegen Kunden begründet-- aufgrund des dem Umsatzsteuerrecht immanenten Neutralitätsgrundsatzes nicht gläubigerbenachteiligend.

(a) Nach dem im Streitjahr zu beachtenden Art. 2 der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (Richtlinie 67/227/[X.]), der inhaltlich Art. 1 Abs. 2 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie entspricht, beruht das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist. Dabei wird bei allen Umsätzen die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des [X.] geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ergibt sich aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass der Steuerpflichtige (Unternehmer) weder ganz noch teilweise durch die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) belastet werden darf. Der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, unter angemessenen Bedingungen den gesamten aus einem Mehrwertsteuerüberschuss resultierenden Forderungsbetrag zu erlangen. Dem Steuerpflichtigen darf somit durch die Steuererhebung kein finanzielles Risiko entstehen (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 28. Juli 2011 [X.]/10, [X.]/[X.], [X.] 2011, 755 Rdnr. 45, m.w.N. zur [X.]-Rechtsprechung). In Bezug auf das vom Steuerpflichtigen zu vereinnahmende Entgelt folgt aus dem Grundsatz steuerlicher Neutralität insbesondere, dass der Betrag, der als Bemessungsgrundlage für die vom Steuerpflichtigen geschuldete Mehrwertsteuer dient, nicht höher sein darf als der Betrag, den er letztlich erhält ([X.]-Urteil vom 24. Oktober 1996 [X.]/94, [X.], Slg. 1996, [X.]. 28).

(b) Aufgrund des Neutralitätsprinzips ist die Umsatzsteuer nicht gläubigerbenachteiligend [X.] von § 129 [X.]. Denn sowohl bei den vom Unternehmer erbrachten Ausgangsleistungen wie auch bei den vom Unternehmer bezogenen [X.] besteht eine umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung oder Berechtigung gegenüber dem Fiskus als [X.] grundsätzlich nur insoweit, als der Unternehmer das Entgelt für eine von ihm erbrachte Ausgangsleistung vereinnahmt oder das Entgelt für die von ihm bezogene Eingangsleistung entrichtet. Selbst wenn die Entgeltvereinnahmung oder -entrichtung zunächst unterbleibt (vgl. zur sog. [X.] von Ausgangsleistungen § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.]), wirkt die Umsatzsteuer im Insolvenzfall nicht gläubigerbenachteiligend. Denn nach der Rechtsprechung des [X.]s sind alle noch nicht vereinnahmten oder entrichteten Entgelte mit der Insolvenzeröffnung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf null zu berichtigen ([X.], 301, [X.], 952, unter [X.] und c; s. hierzu auch unten [X.]). Damit ist gewährleistet, dass der Unternehmer im [X.]punkt der Insolvenzeröffnung Ausgangsleistungen nur in dem Umfang zu versteuern hat, als er Entgelte auch vereinnahmen konnte und er den Vorsteuerabzug nur in dem Umfang in Anspruch nimmt, als er Entgelte für [X.] entrichtet hat.

Dem steht nicht entgegen, dass nach dem [X.]-Urteil in NJW-RR 2010, 118, [X.], 1750, unter [X.] bb (1) der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder der Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen ist und daher bei der [X.] für Biersteuer die durch den Brauvorgang einhergehende Wertschöpfung kein saldierungsfähiger Vorteil ist. Denn die Berichtigung der zuvor erfolgten Besteuerung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 [X.] lässt den zuvor begründeten Steueranspruch in vollem Umfang wieder entfallen und schließt damit --anders als bei einer bloßen Saldierung mit einem unbestimmten "Vorteil"-- eine Gläubigerbenachteiligung aus.

4. Im Streitfall hat das [X.] zwar einen sich aus dem [X.] ergebenden Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zur Insolvenztabelle angemeldet. Die unwidersprochene Anmeldung zur [X.] kann jedoch --entgegen der Auffassung des [X.]-- nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 [X.] geändert werden. Die Feststellungen des [X.] erlauben keine abschließende Entscheidung, denn das [X.] hat von dem ihm insoweit zustehenden Ermessen aufgrund seiner anderen Rechtsauffassung keinen Gebrauch gemacht. Das [X.] durfte diese nicht ersetzen (§ 102 [X.]O). Das Urteil des [X.] war daher aufzuheben und das [X.] zur erneuten Bescheidung zu verpflichten.

a) Erhebt --wie im [X.] weder der Insolvenzverwalter noch ein Insolvenzgläubiger gegen die angemeldete Forderung Widerspruch, gilt sie gemäß § 178 Abs. 1 [X.] als festgestellt. Für die festgestellte Forderung wirkt die Eintragung in die Tabelle nach § 178 Abs. 3 [X.] wie ein rechtskräftiges Urteil. Die Urteilswirkung des § 178 Abs. 3 [X.] entfällt aber bei der Eintragung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 2 [X.]) wie beim Erlass eines Feststellungsbescheids nach Bestreiten gemäß § 185 [X.] i.V.m. § 251 Abs. 3 [X.] unter den Voraussetzungen des § [X.].

aa) Bei Forderungen, die dem ordentlichen Verfahren gemäß § 180 [X.] unterliegen, macht es nach der Rechtsprechung des [X.] für die [X.] und den Rechtskraftumfang keinen Unterschied, ob die Forderung widerspruchslos eingetragen wird oder ob sie vom Insolvenzverwalter oder von einem anderen Insolvenzgläubiger bestritten und für sie die Feststellung gemäß § 179 [X.] betrieben wird. Während im ersten Fall die Forderung nach § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.] kraft Gesetzes als festgestellt gilt, erfolgt im zweiten Fall die Feststellung durch das Urteil im ordentlichen Verfahren gemäß § 180 Abs. 1 [X.] und die sich hieran anschließende Berichtigung der Tabelle nach § 183 Abs. 2 [X.]. [X.] liegt damit in der Beseitigung des Widerspruchs. Die Sachlage ist dieselbe, als wäre im Prüfungstermin gar kein Widerspruch erhoben und die Forderung als unstreitig festgestellt worden. In beiden Fallgruppen wirkt erst die Eintragung durch das Insolvenzgericht in die Tabelle gemäß § 178 Abs. 3 [X.] für die festgestellte Forderung nach Betrag und Rang wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern ([X.]-Urteil vom 13. Juni 2006 [X.] ZR 15/04, [X.]Z 168, 112, unter I[X.]).

bb) Auch für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind [X.] und Rechtskraftumfang von Eintragung und Feststellung identisch.

(1) Bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis tritt beim Bestreiten einer angemeldeten Forderung an die Stelle des [X.] gemäß § 185 [X.] i.V.m. § 251 Abs. 3 [X.] der Erlass eines behördlichen Feststellungsbescheids. Dieser ist nach § 130 Abs. 1 [X.] änderbar (vgl. z.B. [X.] in Tipke/ [X.], a.a.[X.], § 251 [X.] Rz 68). Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ebenso wie im ordentlichen Verfahren (s. oben [X.]) sind auch bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis [X.] und Rechtskraftumfang von Eintragung und Feststellung identisch. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, der Eintragung aufgrund bloßer Feststellung ohne Bestreiten weiter gehende Rechtsfolgen als einer Feststellung nach Bestreiten zuzubilligen. Bei der Eintragung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist § 178 Abs. 3 [X.] daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass dieser Eintragung lediglich die Wirkung einer behördlichen Feststellung nach Bestreiten gemäß § 185 [X.] i.V.m. § 251 Abs. 3 [X.] zukommt und wie diese unter den Voraussetzungen des § [X.] geändert werden kann, wobei die Entscheidung hierüber wie beim rechtzeitigen Bestreiten von der Verwaltungsbehörde zu treffen ist. Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des [X.]. [X.]s des [X.], der davon ausgeht, dass die Eintragung in die Tabelle bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis die gleichen Rechtswirkungen wie ein entsprechender "Steuerbescheid" ([X.]-Urteil vom 19. August 2008 [X.] R 36/07, [X.]E 222, 205, [X.] 2009, 90, unter [X.]b dd) und damit wie ein Feststellungsbescheid hat.

b) Im Streitfall ist das Urteil der Vorinstanz aufzuheben. Zwar hat das [X.] zu Recht den angefochtenen Bescheid aufgehoben (vgl. § 102 [X.]O). Im Hinblick auf das Fehlen jeglicher Ermessensausübung durch das [X.] war das [X.] aber nicht berechtigt, anstelle des [X.] zu entscheiden. Vielmehr war das [X.] zu verpflichten, das ihm zustehende Ermessen erstmals auszuüben und den Kläger unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu bescheiden.

Das [X.] hat in seinem Ablehnungsbescheid vom 10. April 2008 die für den [X.]raum 1. Januar bis 22. August 2006 eingereichte Umsatzsteuererklärung als Antrag auf Änderung des Tabelleneintrags behandelt und, anstatt über den Antrag nach Maßgabe des § 130 Abs. 1 [X.] eine Ermessensentscheidung zu treffen, diesen in der unzutreffenden Annahme, die Änderung sei nur unter den nicht vorliegenden Voraussetzungen einer Restitutionsklage zulässig, abgelehnt.

5. Das [X.] wird bei seiner Ermessensentscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben:

a) Dass der Gesetzgeber in § 130 Abs. 1 [X.] die Rücknahme des Verwaltungsakts ungeachtet des Ablaufs der Rechtsbehelfsfrist in das Ermessen der Finanzbehörden gestellt hat, zeigt, dass einerseits nicht jeder als rechtswidrig erkannte belastende Verwaltungsakt zurückzunehmen ist, während es andererseits auch nicht dem Zweck der Ermächtigung zur Ermessensausübung entspricht, das Ermessen grundsätzlich nicht zugunsten der Steuerpflichtigen auszuüben. Bei der Entscheidung, ob einem Begehren auf Rücknahme eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entsprechen ist, hat die Verwaltung daher im konkreten Fall abzuwägen, ob dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gerechtigkeit im Einzelfall oder dem Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit der Vorzug zu geben ist. Dabei kommt es auf die Schwere und Offensichtlichkeit des Rechtsverstoßes sowie darauf an, weshalb die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist vom Steuerpflichtigen geltend gemacht wird ([X.]-Urteil vom 9. März 1989 VI R 101/84, [X.]E 157, 1, [X.] 1989, 749, unter [X.]; [X.]-Beschluss vom 4. Juni 2008 [X.], [X.]/NV 2008, 1647). Deshalb ist das Ermessen durch das [X.] in der Regel ermessensfehlerfrei ausgeübt, wenn der Adressat die Gründe, die seiner Auffassung nach eine Rücknahme rechtfertigen, mit einem fristgerecht eingelegten Einspruch gegen den Bescheid hätte vorbringen können und keine besonderen Umstände vorliegen, nach denen vom Adressaten die Rechtsverfolgung im Einspruchsverfahren unter Berücksichtigung aller Umstände billigerweise nicht erwartet werden konnte.

b) Bei der Entscheidung, ob das Festhalten am Tabelleneintrag ermessensgerecht ist, hat das [X.] grundsätzlich auch zu berücksichtigen, ob es seine Forderung entsprechend den Grundsätzen der [X.]-Rechtsprechung (s. oben II.2. und 3.) berechnet und dabei insbesondere beachtet hat, dass bei Insolvenzeröffnung nicht nur die bis dahin noch nicht entrichteten Entgelte für bezogene Leistungen, sondern auch die bis dahin noch nicht vereinnahmten Entgelte für erbrachte Leistungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 [X.] uneinbringlich werden ([X.]-Urteil in [X.], 301, [X.], 952, unter [X.] und b).

aa) Der sich aus dem [X.]surteil in [X.], 301, [X.], 952, unter [X.] und b ergebende Berichtigungsanspruch für Entgelte aus durch den insolventen Unternehmer erbrachten Leistungen entsteht dabei "mit" und damit eine juristische Sekunde vor der Insolvenzeröffnung, so dass es sich sowohl bei dem [X.] für bezogene Leistungen wie auch bei dem [X.] für erbrachte Leistungen um vor der Verfahrenseröffnung begründete Ansprüche und damit um bei der Forderungsanmeldung nach § 174 [X.] zu berücksichtigende Insolvenzforderungen handelt (Wäger, [X.], 1925 ff., 1926, 1929).

Der Gegenauffassung von Heinze ([X.] [X.]schrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht --DZWiR-- 2011, 276 ff., 279) und [X.] ([X.], 353 ff., 355), nach der der [X.] erst nach der Verfahrenseröffnung als Anspruch der Masse entstehen soll, schließt sich der [X.] nicht an, da für den [X.] nichts anderes gilt als für den [X.], den der [X.] bereits in seinem Urteil vom 13. November 1986 [X.] ([X.]E 148, 346, [X.] 1987, 226, Leitsatz) als Konkursforderung angesehen hat. Soweit es der [X.] in diesem Zusammenhang für unzutreffend hält, dass "eine Forderung, die mit Insolvenzeröffnung entstehe, … so zu behandeln [sei], als sei sie vor diesem [X.]punkt entstanden" ([X.]-Urteil in [X.] 2007, 742, NJW-RR 2008, 206, unter [X.] aa), betrifft dies nur die Zulässigkeit der Aufrechnung im Insolvenzfall nach §§ 94 ff. [X.], der bei der Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten aber keine entscheidende Bedeutung zukommt (s. oben [X.]). Im Übrigen geht auch der [X.] in diesem Urteil trotz der von ihm angenommenen Unzulässigkeit der Aufrechnung von einer "bloßen Insolvenzforderung" aus und verneint dabei ausdrücklich das Vorliegen einer Masseverbindlichkeit ([X.]-Urteil in [X.] 2007, 742, NJW-RR 2008, 206, unter [X.] bb).

bb) Im Übrigen hält der [X.] an seinem Urteil in [X.], 301, [X.], 952 trotz der hieran geäußerten Kritik fest. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (vgl. § 1 [X.]) vor (a.M. [X.], [X.], 921 ff., 925 f., und [X.], 1973 ff., 1978 f.). Zwar rechtfertigt der Umstand, dass der [X.] nicht freiwillig zum Gläubiger geworden ist, nach dem zur Einkommensteuer ergangenen [X.]-Urteil vom 24. Februar 2011 [X.] ([X.], 318, [X.], 520, unter [X.]) keine Besserstellung gegenüber anderen Gläubigern. Bei der Umsatzsteuer besteht aber die Besonderheit, dass die bei Insolvenzeröffnung noch offenen Ansprüche auf Gegenleistungen aus zuvor erbrachten Leistungen neben dem Entgelt einen Umsatzsteueranteil aufweisen, der zusammen mit dem Entgelt vom Insolvenzverwalter im Rahmen der Verwaltung der Masse gemäß §§ 148 ff. [X.] einzuziehen ist. Die für den Insolvenzverwalter auch für den Umsatzsteueranteil bestehende Einziehungsbefugnis rechtfertigt die Annahme, dass im Umfang der durch den Insolvenzverwalter vereinnahmten Umsatzsteuer --unter Berücksichtigung der zuvor eingetretenen Uneinbringlichkeit-- keine Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit vorliegt.

c) Im Hinblick auf die vom [X.] zu treffende Ermessensentscheidung weist der [X.] im Übrigen vorsorglich darauf hin, dass es für die weitere Beurteilung unerheblich ist, ob die vom Kläger abgegebene Steuererklärung --ggf. nach Zustimmung durch das [X.]-- gemäß § 168 [X.] als Steuerfestsetzung anzusehen ist. Denn können gemäß § 251 Abs. 3 [X.] Insolvenzforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr durch Steuerbescheid festgesetzt werden ([X.]-Urteil in [X.], 24, [X.] 2009, 682, unter [X.]), steht dies auch einer sich aus § 168 [X.] ergebenden Annahme einer Steuerfestsetzung nach Verfahrenseröffnung entgegen. Schließlich wird bei der Ermessensausübung auch zu berücksichtigen sein, dass der Forderungsanmeldung im Streitfall nicht --wie erforderlich (s. oben [X.])-- eine Steuerberechnung für den abgekürzten [X.] vom Beginn des Kalenderjahres bis zum [X.]punkt der Insolvenzeröffnung zugrunde lag.

Meta

V R 13/11

24.11.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 9. Juni 2010, Az: 8 K 1573/09, Urteil

§ 16 UStG 2005, § 16ff UStG 2005, Art 18 Abs 4 EWGRL 388/77, Art 2 EWGRL 227/67, § 174 InsO, § 178 InsO, § 185 InsO, § 130 AO, § 251 AO, § 226 Abs 1 AO, § 387 BGB, § 102 FGO, § 168 AO, §§ 387ff BGB, § 129 InsO, §§ 129ff InsO, §§ 174ff InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.11.2011, Az. V R 13/11 (REWIS RS 2011, 1137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1137

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Wird zitiert von

12 W 1/18

Zitiert

VII R 30/11

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