Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 21/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13888

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 21/13
Verkündet am:

18. März 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 Nr. 1 Bb
Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist, soweit sie dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht in Einzelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Unwirksamkeit der einen Einzelaspekt dieser einheitlichen Rechtspflicht betreffenden Formularbestimmung in der gebotenen [X.] der Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten [X.] führt. Dies gilt auch, wenn die inhaltliche Ausgestaltung der einheitlichen Rechtspflicht in verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen Klauseln des Mietvertrags ge-regelt ist (Bestätigung von [X.], Urteil vom 13. Januar 2010 -
VIII ZR 48/09, NJW 2010, 674 Rn. 14).
[X.], Urteil vom 18. März 2015 -
VIII ZR 21/13 -
LG [X.]

AG [X.]-Mitte

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18.
März
2015
durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie [X.] [X.], [X.] und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision
der Klägerin gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 14.
Dezember 2012 wird [X.].
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte
zu 1
war seit Juni
2003 Mieterin einer Wohnung der Kläge-rin in [X.]. Im Februar 2006 trat der
Beklagte
zu 2
in das Mietverhältnis ein. Das Mietverhältnis mit beiden [X.] endete am 31. August 2010.
Der Mietvertrag vom 13./16. Juni 2003
enthält in §
10 Nr.
4 und Nr.
5 [X.] vorformulierte Klauseln:
"4.
Da in der Miete hierfür keine Kosten kalkuliert sind, ist der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Malerarbei-ten an Wänden und Decken, in Küche, Bad und Duschräumen alle 3 Jahre, in Wohn-
und Schlafzimmern, Flur,
Dielen und Toiletten al-le 5 Jahre sowie in sonstigen Räumen alle 7 Jahre, jeweils [X.] vom Beginn des Mietverhältnisses (bzw. soweit Schönheitsrepa-raturen nach diesem Zeitpunkt vom Mieter fachgerecht durchgeführt wurden, von diesem Zeitpunkt an), fac

1
2
-
3
-
5.
Da in der Miete hierfür keine Kosten kalkuliert sind, ist der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in Bezug auf das Lackieren der Fenster und der [X.] von Innen, der Woh-nungstüren sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre alle 5
Jahre, jeweils gerechnet vom Beginn des Mietverhältnisses (bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt vom Mieter fachgerecht durchgeführt wurden, von diesem Zeitpunkt an), fach-gerecht durchzuführen, es sei denn, sie sind nicht erforderlich, da keine Lackabplatzungen, kein [X.] etc. vorhanden sind. Dieselbe Durchführungsverpflichtung und Ausführungsfrist gilt für "
Die Klägerin nimmt die [X.],
nach erfolgloser Aufforderung,
auf Er-satz der für die Lackierarbeiten an den Innenseiten der Fenster und Türen an-fallenden
Kosten in Höhe von 2.758,27

[X.] halten die Abwälzung
der Schönheitsreparaturen auf sie für unwirksam und meinen, die Arbeiten
seien im Übrigen nicht fällig.
Das Amtsgericht hat die Klage -
bis auf ein geringfügiges Teilanerkennt-nis der [X.] -
abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag im streitigen Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
3
4
5
6
-
4
-
Der Klägerin stehe gegenüber den [X.] kein Anspruch auf [X.] wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gemäß §
280 Abs.
1, 3, § 281 [X.] zu. Die Klausel in §
10 Nr.
5 des Mietvertrags, mit der die Vor-nahme der
Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen werde, sei gemäß §
307 [X.] unwirksam.
Die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Durch-führungsverpflichtung betreffend die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter dürfe nicht vom konkreten Bedarf gelöst werden. Der [X.] habe daher starre Fristen für die Ausführung der Schönheitsreparatu-ren als unwirksam angesehen. Nach dieser Rechtsprechung komme es darauf an, ob ein angegebener Zeitraum durch Formulierungen wie "in der Regel", "im Allgemeinen"
oder ähnliche Wendungen -
für den Mieter erkennbar
-
so flexibel vereinbart sei, dass nach dem Wortlaut der Klausel im Einzelfall eine Anpas-sung der [X.] an den tatsächlichen Renovierungsbedarf möglich sei.
Vorliegend enthalte zwar §
10 Nr.
5 des Mietvertrags, der die Lackierar-beiten an Fenstern, Türen und Heizkörpern regele, die an sich in diesem Sinne zur "Aufweichung"
führende Einschränkung
"

es sei denn, sie sind nicht er-"; auch würden
von der Klägerin ausschließlich die in §
10 Nr.
5 des Mietvertrags geregelten Lackierarbeiten geltend gemacht. Da jedoch die Rege-lung in §
10 Nr.
4 des Mietvertrags, der die Malerarbeiten an Wänden und [X.] betreffe, mangels Einschränkung der Erforderlichkeit eine starre Frist ent-halte und damit unwirksam sei, führe dies auch zur Unwirksamkeit der hier maßgeblichen Regelung in §
10 Nr.
5 des Mietvertrags.
Zwar stellten §
10 Nr.
4 und Nr.
5 des Mietvertrags jeweils an sich sprachlich voneinander unabhängige Regelungen dar, die unterschiedliche Ar-7
8
9
10
-
5
-
beiten beträfen. Jedoch handele es sich bei einer dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen oder Einzelaspekte aufspalten lasse und deren Ausgestaltung durch den Mietvertrag insgesamt zu bewerten sei. Stelle sich diese Verpflichtung aufgrund unzulässiger Ausgestaltung -
sei es hinsicht-lich der zeitlichen Modalitäten, der Ausführungsart oder des gegenständlichen Umfangs
-
in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, habe dies die Unwirksamkeit der [X.] insgesamt zur Folge, und zwar unabhängig davon, ob die Verpflichtung als solche und ihre unzulässige inhaltliche Ausgestaltung in einer oder in zwei sprachlich voneinander unabhängigen Klauseln enthalten sei.
Ob daneben auch ein Verstoß gegen §
309 Nr.
12
a [X.] wegen einer unzulässigen Beweislastumkehr vorliege, könne dahinstehen.

II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 280
Abs. 1,
3,
§ 281
Abs. 1 Satz 1 [X.] wegen unterlassener Lackierarbeiten an den Innenseiten von Fenstern und Türen zu Recht verneint. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, hält die [X.] in § 10 Nr. 5 des Mietvertrags, die im Kontext mit der unmittelbar vorange-henden Bestimmung des § 10 Nr. 4 beurteilt werden muss, der Inhaltskontrolle nach den §§
307
ff.
[X.] nicht stand; die Regelungen in § 10 Nr. 4 und Nr. 5 benachteiligen
die [X.] in der gebotenen Gesamtbetrachtung unange-messen
im
Sinne
des
§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1
[X.] und sind
deshalb 11
12
13
-
6
-
unwirksam, weil das nicht in einzelne Bestandteile trennbare Klauselwerk in seiner Gesamtheit keine bedarfsorientierte, flexible Vornahmepflicht des [X.] vorsieht. Auf die zwischen den Parteien streitige Tatsache, ob die Woh-nung der [X.] zu 1 bei Mietbeginn in unrenoviertem Zustand übergeben wurde und die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgerungen für den Be-stand der [X.] (vgl. hierzu: Senatsurteil vom 18. März 2015
-
VIII ZR 185/14, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt) kommt es mithin im Streitfall nicht an.
2. Nach der seit dem Urteil vom 23. Juni 2004 ([X.], NJW 2004, 2568 unter [X.]) ständigen Rechtsprechung des Senats halten als Allge-meine Geschäftsbedingungen anzusehende vorformulierte Vertragsklauseln
-
wie hier § 10 Nr. 4 und Nr. 5 des Mietvertrags der Parteien -, die dem Mieter die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen übertragen, der [X.] nach den §§ 307
ff. [X.] nur stand, wenn und soweit die in der [X.] enthaltenen Renovierungsfristen nicht unveränderbar sind, sondern durch ihre flexible Gestaltung Raum lassen, den konkreten Renovie-rungsbedarf der angesprochenen Mieträume zu berücksichtigen, so dass die genannten Fristen letztlich nur
den Charakter einer Richtlinie oder unverbindli-chen Orientierungshilfe haben (Senatsurteile
vom 18.
Februar 2009 -
VIII
ZR 210/08, [X.], 1408 Rn.
13; vom 13.
Juli 2005 -
VIII
ZR 351/04, NJW 2005, 3416 unter [X.]; Senatsbeschluss vom 20. März 2012 -
VIII ZR 192/11, [X.], 527 Rn. 3 f.; jeweils mwN).
a) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat,
wird die die Anstrich-
und Lackierarbeiten an Fenstern, Türen und Heizkörpern regelnde Klausel in
§ 10 Nr. 5 des Mietvertrags, auf den allein die Klägerin ihren Anspruch stützt, den oben genannten
rechtlichen Vorgaben
-
für sich genommen -
gerecht. Denn durch die Formulierung, die Schönheitsreparaturen seien "alle fünf Jahre 14
15
-
7
-

"
durchzuführen, "

es sei denn, sie sind
nicht erforderlich

", wird der [X.] lediglich verpflichtet, die Schönheitsreparaturen nur dann alle [X.], wenn ein entsprechender Renovierungsbedarf tatsächlich zu
dieser Zeit besteht. Die Klausel sagt mit für jeden
durchschnittlichen und verständigen Mieter hinreichender Klarheit aus, dass bei normaler Abnutzung der Räume die Schönheitsreparaturen in dem
genannten Zeitabstand
vorzunehmen sind, der Mieter jedoch bei
einem geringeren Grad der Abnutzung eine längere Renovie-rungsfrist in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsurteil vom 13.
Juli 2005 -
VIII
ZR 351/04, aaO). Damit hat § 10 Nr. 5 des Mietvertrags für sich genom-men lediglich den Charakter einer unverbindlichen Orientierungshilfe zur Be-stimmung des im konkreten Fall maßgebenden [X.].
b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht die unmittelbar voranstehende
Bestimmung in § 10 Nr. 4 des Mietvertrags, der die Abwälzung der Malerarbeiten an Wänden und Decken
auf den Mieter betrifft,
als eine den Mieter unangemessen benachteiligende Regelung im Sinne des § 307 Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] an, da diese Klausel eine bedarfsorientierte Ein-schränkung der Renovierungsverpflichtung
nicht
enthält, sondern sich in einer starren Fristenregelung erschöpft.
c) In der gebotenen Gesamtbetrachtung führt dies dazu, dass die Abwäl-zung der Schönheitsreparaturverpflichtung auf den Mieter insgesamt nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1
[X.] unangemessen und damit unwirksam ist. Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist, soweit sie dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht
in
Einzelmaßnahmen auf-spaltbare
Rechtspflicht
mit der Folge, dass die Unwirksamkeit der einen Einzel-aspekt dieser einheitlichen Pflicht betreffenden
Bestimmung
in der gebotenen Gesamtschau der Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten [X.] führt
(Senatsurteil vom 13. Januar 2010 -
VIII ZR 48/09, NJW 2010, 674 16
17
-
8
-
Rn.
14). Denn Konkretisierungen der Schönheitsreparaturverpflichtung hinsicht-lich ihres gegenständlichen und zeitlichen Umfangs sowie ihrer Ausführungsart sind inhaltlich derart eng mit der Verpflichtung selbst verknüpft, dass diese bei einer Beschränkung der Unwirksamkeit auf die unzulässige Ausführungsmodali-tät inhaltlich umgestaltet und mit einem anderen Inhalt aufrechterhalten würde (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 -
VIII ZR 48/09, aaO); eine solche inhaltliche Umgestaltung der Vornahmepflicht
widerspräche dem Verbot der geltungserhal-tenden Reduktion unangemessener formularvertraglicher Regelungen
(Senats-urteil vom 28. März 2007 -
VIII ZR 199/06, [X.], 1743 Rn. 11 mwN). Dies gilt auch, wenn die inhaltliche Ausgestaltung der einheitlichen Pflicht -
wie im Streitfall -
in verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen Klauseln geregelt ist (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 -
VIII ZR 48/09,
aaO).
[X.]
Dr. Hessel
Dr. [X.]

[X.]
Kosziol

Vorinstanzen:
AG [X.]-Mitte, Entscheidung vom 10.01.2012 -
14 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 14.12.2012 -
63 [X.]/12 -

Meta

VIII ZR 21/13

18.03.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 21/13 (REWIS RS 2015, 13888)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13888

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 21/13 (Bundesgerichtshof)

Formularmäßiger Wohnraummietvertrag: Inhaltskontrolle für eine Klauselkombination über die Vornahmepflicht für Schönheitsreparaturen


VIII ZR 210/08 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 222/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Wirksamkeit der Schönheitsreparaturenklausel mit der Verpflichtung des Mieters zum Streichen der Wohnungseingangstür und der …


VIII ZR 222/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 48/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Inhaltskontrolle einer Schönheitsreparaturklausel; Gesamtunwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VIII ZR 21/13

VIII ZR 48/09

VIII ZR 185/14

VIII ZR 192/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.