Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2011, Az. 2 StR 72/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7899

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 72/11 vom 6. April 2011 in dem Sicherungsverfahren gegen - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 6. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung angeordnet (§§ 224 Abs. 1 Nr. 1, 241, 52 StGB). Die hiergegen ge-richtete Revision des Beschuldigten hat mit der Sachrüge Erfolg. 1 1. Nach den Feststellungen bedrohte der Beschuldigte den Zeugen E. M. mit einem ausklappbaren Taschenmesser, das eine Länge von ca. 8 cm hatte, mit den Worten: "Ich stech dich ab!", weil dieser sich geweigert hatte, dem Beschuldigten auf dessen Verlangen ein Bier und eine Zigarette zu geben. Sodann stach der Beschuldigte mit dem Messer in Richtung des Geschädigten, 2 - 3 - dem es jedoch gelang, den Stich mit der linken Hand abzuwehren. Dabei [X.] der Beschuldigte: "Mit [X.] spielt man nicht, mach das nie wieder mit [X.]!" Anschließend entfernte er sich. Der Geschädigte erlitt eine ca. 1,5 cm lange Wunde am linken Handrücken, die mit zwei Stichen genäht werden musste. Das [X.] hält die Voraussetzungen des § 63 StGB für erfüllt, da die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen worden sei und krankheits-bedingt mit großer Wahrscheinlichkeit immer wieder mit schwerwiegenden Straftaten des Beschuldigten zu rechnen sei. Es hat - sachverständig beraten - eine krankhafte seelische Störung in Form einer "undifferenzierten Schizophre-nie" bejaht, aufgrund derer die Einsichtsfähigkeit ([X.] bzw. die [X.] ([X.]) bzw. die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ([X.]) des Beschuldigten zur Tatzeit vollständig aufgehoben gewesen sei. 3 2. Der [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 4 a) Die Voraussetzungen der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus sind bereits deshalb nicht rechtsfehlerfrei darge-tan, weil das [X.], das sich ohne eigene Erwägungen dem "medizini-schen Sachverständigen" angeschlossen hat, im Urteil die wesentlichen An-knüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen bei der Beurtei-lung der Schuldfähigkeit nicht so wiedergegeben hat, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (vgl. [X.], 232 mwN). In den Urteilsgründen werden weder die "bis-herigen Behandlungsmaßnahmen", noch die "Vorgeschichte" und die "aktuelle Diagnosestellung in der Klinik [X.]" näher erläutert, die der Sachverständige bei seinem Gutachten wesentlich berücksichtigt hat. Unklar bleibt auch, worin die "bizarren Auffälligkeiten und Verhaltensweisen" bestanden, die der Be-schuldigte zwar gegenüber dem Sachverständigen geschildert haben soll, be-5 - 4 - züglich deren er aber "keine näheren Auskünfte und Erläuterungen abgegeben" habe. Die Erwägung, dass sich das "auffällig-ungewöhnliche Verhalten" des Beschuldigten auch in der "Art der Deliktsbegehung in den Vorverfahren" zeige, ist durch die mitgeteilten Tatumstände der Vorstrafen, bei denen offenbar eine Verminderung oder Aufhebung der Schuldfähigkeit nicht erwogen wurde, nicht ausreichend belegt. Insofern fehlt es insgesamt an einer nachvollziehbaren und eindeutigen Bewertung des Zustandes des Beschuldigten. b) Darüber hinaus lässt das Urteil nähere Feststellungen dazu vermis-sen, wie sich die Krankheit des Beschuldigten auf seine Schuldfähigkeit bei der Begehung der Tat tatsächlich ausgewirkt hat. Der Tatrichter ist aber gehalten, sich - in revisionsrechtlich nachvollziehbarer Weise - mit dieser Frage ausei-nanderzusetzen ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 [X.]; Senat, Beschluss vom 21. November 2007 - 2 StR 548/07). Den Urteilsgründen lässt sich hierzu lediglich entnehmen, dass der Beschuldigte dem [X.] bei der Exploration geschildert hat, er habe sich vor dem Messerstich von dem Zeugen E. M. aufgrund "non-verbaler Kommunikation" angegriffen ge-fühlt. Daraus kann der Senat im Rahmen der ihm obliegenden rechtlichen Überprüfung des Urteils, auch vor dem Hintergrund der unzureichenden Aus-führungen zum Krankheitsbild des Beschuldigten (oben a)), nicht ausreichend erkennen, ob und inwieweit die festgestellte rechtswidrige Tat in dem nach § 20 StGB erforderlichen inneren Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung stand. 6 c) Schließlich sind die Ausführungen des [X.] zur Gefährlichkeit des Beschuldigten für die Allgemeinheit nicht bedenkenfrei. Die Erwägung, das Aggressionspotential der Straftaten des Beschuldigten habe sich in der [X.] "deutlich gesteigert" ([X.]), findet in den zu den Vorstrafen getrof-fenen Feststellungen keine hinreichende Stütze. Dies gilt gleichermaßen für die 7 - 5 - Behauptung, der Beschuldigte habe sich vor der Tat - bewusst - "bewaffnet" ([X.]), indem er das ausklappbare Taschenmesser mit sich führte. [X.] Herr Ri[X.] Dr. Appl ist wegen Urlaubs [X.] an der Unterschriftsleistung gehindert.

[X.]
[X.] Frau Rin[X.] [X.] ist wegen Urlaubs

an der Unterschriftsleistung gehindert

[X.]

Meta

2 StR 72/11

06.04.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2011, Az. 2 StR 72/11 (REWIS RS 2011, 7899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7899

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 72/11 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Anforderungen an die Wiedergabe des Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit


1 StR 62/16 (Bundesgerichtshof)

Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Feststellung der Schuldunfähigkeit wegen wahnhafter Störung


4 StR 140/08 (Bundesgerichtshof)


4 StR 193/17 (Bundesgerichtshof)

Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Straf- und Sicherungsverfahren: Maßgeblicher Zeitpunkt für die …


4 StR 449/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 72/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.