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PDF anzeigen[X.] vom 9. Januar 2007 in dem Sicherungs- und Strafverfahren gegen wegen Diebstahls - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 9. Januar 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Beschuldigten/Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. März 2006 mit den Feststellungen, mit Ausnahme derjenigen zu den objektiven Tatgeschehen, aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-gerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat nach Verbindung zweier Sicherungsverfahren und eines Strafverfahrens gegen den im Tatzeitraum 15 und 16 Jahre alten Be-schuldigten bzw. Angeklagten (im folgenden Beschuldigten) sowohl im Siche-rungsverfahren als auch im Strafverfahren verhandelt. Es hat wegen einer bei sämtlichen Taten bestehenden Schuldunfähigkeit dessen Unterbringung in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB angeordnet. Die gegen die [X.] gerichtete Revision des Beschuldigten, mit der er die [X.] sachlichen Rechts rügt, hat im Wesentlichen Erfolg. 1 1. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus kann keinen Bestand haben, weil die Voraussetzungen des § 20 oder 21 2 - 3 - StGB nicht, wie für die Maßregel nach § 63 StGB erforderlich, rechtsfehlerfrei festgestellt sind. Der bereits im Kindesalter massiv verhaltensauffällige, in kein Umfeld in-tegrierbare und bereits strafrechtlich in Erscheinung getretene Beschuldigte beging in der [X.] zwischen März 2004 und Juni 2005 zum Teil gemeinsam mit anderen Jugendlichen eine Vielzahl von Eigentumsdelikten, zumeist Einbrüche, um mit der [X.] zu finanzieren. Das [X.] ist zu der Auffassung gelangt, der Beschuldigte leide an einer hebephre-nen oder paranoiden Schizophrenie, mithin einer krankhaften seelischen Stö-rung. Auf Grund dieser Erkrankung sei im Tatzeitraum die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten vollständig im Sinne des § 20 StGB aufgehoben gewesen, da es ihm krankheitsbedingt an [X.] und Selbstkontrolle gefehlt habe, sei-nen Impulsen zur Tatbegehung zu widerstehen. 3 Diese Wertung findet in der Beweiswürdigung keine ausreichende [X.]. Die Frage, ob beim Beschuldigten im Tatzeitraum eine die Schuldunfähig-keit begründende Erkrankung aus dem Formenkreis der Schizophrenie vorlag, ist im Urteil vielmehr unklar behandelt. Nach übereinstimmender Meinung der gehörten Sachverständigen besteht beim Beschuldigten nämlich lediglich ein "Verdacht" auf eine paranoide Schizophrenie oder eine drogeninduzierte Psy-chose ([X.]). Dass sich dieses Krankheitsbild bereits im Tatzeitraum [X.] hatte, lässt sich den Darlegungen der Sachverständigen, denen sich das [X.] ohne weitere Begründung angeschlossen hat, nicht entnehmen. Vielmehr deutet die Erwägung, es sei "mit großer Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen, dass sich beim Beschuldigten eine Schizophrenie "entwickele", da er glaubhaft von [X.] Wahrnehmungen berichte ([X.]), eher 4 - 4 - darauf hin, dass bei Begehung der Taten das Krankheitsbild einer Schizophre-nie (noch) nicht ausgeprägt war. Diese Unklarheiten werden auch nicht durch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. G. ausgeräumt. Danach steht auf Grund der wäh-rend der Behandlung in der vorläufigen Unterbringung gewonnenen Erkenntnis-se - neben einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, einer schweren Suchterkrankung und einer unterdurchschnittlichen Intelligenz - beim Beschuldigten "mittlerweile" eine paranoide bzw. eher eine hebephrene Schizophrenie "im Vordergrund". Auch diese Darlegungen lassen offen, ob das Krankheitsbild bereits während des Tatzeitraums so manifest war, dass - wie die [X.] meint - allein deswegen die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten bei Begehung sämtlicher Taten aufgehoben war. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Beschuldigte einerseits sämtliche Taten auf Grund einer konkreten Motivation (Beschaffungskriminalität) begangen, dabei eine gewisse Routine und Geschicklichkeit gezeigt und sogar Sicherungsmaßnahmen getroffen hat, um nicht entdeckt zu werden ([X.]), also rational und kontrolliert gehandelt hat, andererseits aber gleichzeitig krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sein soll, von der Begehung der Taten Abstand zu nehmen. Dies hätte der vertieften Erörterung bedurft. 5 2. Da die Voraussetzungen der vom [X.] angenommenen Schuldunfähigkeit nicht rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann das Urteil keinen Bestand haben. Ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler lässt sich nicht ausschließen, da sich angesichts der dargestellten Unklarheiten auch die Vor-aussetzungen des § 21 StGB den Urteilsgründen nicht mit hinreichender Si-cherheit entnehmen lassen. Die Feststellungen zu den äußeren Sachverhalten 6 - 5 - der rechtswidrigen Taten können jedoch aufrechterhalten werden, da sie von dem Rechtsfehler nicht berührt sind. 3. Das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) steht der Zu-rückweisung nicht entgegen. Zwar könnte, da allein der Beschuldigte [X.] gegen das Urteil eingelegt hat, auch bei Feststellung seiner - uneinge-schränkten oder erheblich verminderten - Schuldfähigkeit selbst bei Überleitung des Sicherungsverfahrens in das Strafverfahren (§ 416 StPO) durch den neuen Tatrichter eine Jugendstrafe nicht verhängt werden. Eine Anordnung der [X.] nach § 63 StGB sowie ein Schuldspruch wegen der festgestellten rechts-widrigen Taten wären aber auch dann möglich, wenn (nur) eine erhebliche Ver-minderung der Steuerungsfähigkeit auf [X.] Grundlage sicher festgestellt werden könnte (vgl. [X.], 390; [X.] in [X.]. § 416 Rdn. 8 m.N.). Hierfür sprechen nach den bisherigen Feststellungen er-hebliche Anhaltspunkte; die Feststellung obliegt dem neuen Tatrichter. Dieser wird insbesondere Gelegenheit haben zu prüfen, ob die Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Beschuldigten in ihrem Zusammenwirken zu einer Beein-trächtigung seiner Schuldfähigkeit geführt haben (vgl. BGHR StGB § 21 Ursa-chen, mehrere 5). 7 Sollte erneut bei allen Taten die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten festgestellt werden, wird, soweit auf Grund der Anklageschrift vom 6. August 2005 ein Strafverfahren durchgeführt wird (Fall [X.]), Freispruch zu erfolgen haben. 8 Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der [X.] in den [X.] bis 11, [X.] bis 18, [X.] bis 30 und [X.] 9 - 6 - und 38 (Aufbrüche mehrerer Kellerräume in dem selben Gebäude) rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. [X.], 347). Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
Meta
09.01.2007
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2007, Az. 4 StR 449/06 (REWIS RS 2007, 5894)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 5894
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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