Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2015, Az. 2 AZN 519/15

2. Senat | REWIS RS 2015, 3516

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Revision - gesetzlicher Richter


Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 30. März 2015 - 17 [X.] 1094/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. [X.] wird auf 13.200,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger eine Divergenz und eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

2

1. Der Kläger zeigt keine Divergenz iSv. § 72a Abs. 1 iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG auf (zu den Anforderungen vgl. [X.] 15. Oktober 2012 - 5 [X.] 1958/12 - Rn. 10 mwN). Er legt keinen abstrakten Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung dar, der von einem solchen Rechtssatz aus einer Entscheidung des [X.] oder eines anderen Gerichts iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abwiche. Er beanstandet vielmehr eine - vermeintlich - fehlerhafte Rechtsanwendung durch das [X.]. Das reicht nicht aus. Die angestrebte Überprüfung setzt eine zugelassene Revision voraus ([X.] 15. Oktober 2012 - 5 [X.] 1958/12 - aaO).

3

2. Der Kläger legt keine entscheidungserhebliche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör iSv. § 72a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG iVm. Art. 103 Abs. 1 GG dar.

4

a) Wird gerügt, es sei Vortrag übergangen oder ein Beweisangebot nicht beachtet worden, muss im Einzelnen dargestellt werden, wo der übergangene Vortrag oder das Beweisangebot zu finden ist. Der Beschwerdeführer muss deshalb unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang nach Seitenzahl konkret vortragen, welcher Vortrag übergangen sein soll, bzw. den Beweisantritt mit Thema und Beweismitteln sowie Fundstelle angeben (vgl. [X.] 23. September 2008 - 6 [X.] 84/08 - Rn. 19 mwN, [X.]E 128, 13). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör darzutun. Hierzu muss nachvollziehbar dargelegt werden, dass das [X.] nach seiner Argumentationslinie unter Berücksichtigung des entsprechenden Gesichtspunkts möglicherweise anders entschieden hätte ([X.] 23. September 2008 - 6 [X.] 84/08 - aaO).

5

b) Das Beschwerdevorbringen lässt bereits die erforderliche Konkretisierung der vermeintlich übergangenen Beweisantritte vermissen. Unabhängig davon hat der Kläger deren Entscheidungserheblichkeit nicht dargetan. Sie liegt auch nicht auf der Hand. Das [X.] hat das Vorbringen des [X.] betreffend eine Nutzung seiner [X.] durch andere Mitarbeiter der Beklagten als unschlüssig angesehen. Davor schützt Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Die Würdigung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen.

6

3. Die Revision ist nicht wegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 72a Abs. 1 iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 ZPO zuzulassen.

7

a) Der Kläger rügt eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung der Berufungskammer in der Sitzung vom 30. März 2015. Er meint, die ehrenamtlichen [X.]innen S und M seien unter Missachtung der Reihenfolge einer für das Geschäftsjahr 2015 - in alphabetischer Reihenfolge - erstellten Liste der ehrenamtlichen [X.]innen und [X.] zu der Verhandlung hergezogen worden. Der Vorsitzende habe [X.] von ehrenamtlichen [X.]n, die zu vorangegangenen Sitzungstagen heranzuziehen gewesen seien, nicht selbst - wie geboten - entgegen genommen und auf ihre Richtigkeit überprüft. Überdies sei bei der Ladung „nachrückender“ ehrenamtlicher [X.] die [X.] nicht eingehalten worden. Dafür verweist der Kläger auf einen - als solchen nicht beanstandeten - Beschluss des [X.] vom 23. Oktober 2014, der unter [X.] (1.) - abstrakt generell - die Ladung der ehrenamtlichen [X.] in alphabetischer Reihenfolge ihrer Nachnamen festlegt. Unter I[X.] des Beschlusses heißt es - verkürzt -: Ist ein ehrenamtlicher [X.] verhindert, der Ladung zur Sitzung zu folgen, ist der nächste in der Reihe als Vertreter hinzuzuziehen, der noch nicht zu einer Sitzung geladen ist, bei auch dessen Verhinderung der übernächste usw.. Sind alle noch nicht zu einer Sitzung geladenen ehrenamtlichen [X.] verhindert, ist der nächste in der Reihe als Vertreter hinzuzuziehen, der bereits zu einer Sitzung geladen ist, ist auch dieser verhindert, der übernächste usw.

8

b) Die [X.] ist unbegründet. Der Kläger wurde nicht seinem gesetzlichen [X.] entzogen.

9

aa) Nach § 39 Satz 1 ArbGG sollen die ehrenamtlichen [X.] zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Vorsitzende vor Beginn des Geschäftsjahres oder vor Beginn der Amtszeit neu berufener ehrenamtlicher [X.] aufstellt. Damit soll erreicht werden, dass bestimmte allgemeingültige, nicht auf die Parteien des einzelnen Rechtsstreits abgestellte Grundsätze angewendet werden, nach denen die einzelnen ehrenamtlichen [X.] zu den Sitzungen des [X.]s herangezogen werden ([X.] 20. August 2002 - 3 [X.] - zu III der Gründe, [X.]E 102, 242; 16. September 1982 - 2 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 41, 54). Das Gericht ist an die Liste gebunden; ein Übergehen des als nächsten in der Liste aufgeführten ehrenamtlichen [X.]s ist nur dann zulässig, wenn dieser aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen ([X.]/[X.]/[X.] ArbGG 4. Aufl. § 31 Rn. 20). Allerdings liegt eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht schon dann vor, wenn der auf der Liste Nächstaufgeführte versehentlich oder irrtümlich übergangen wird, sondern nur dann, wenn die [X.] willkürlich nicht eingehalten wird ([X.] 6. Februar 1998 - 1 BvR 1788/97 - zu II 2 b der Gründe; GMP/[X.]. § 31 Rn. 12 mwN).

bb) Danach sind die an der anzufechtenden Entscheidung beteiligten ehrenamtlichen [X.]innen nicht unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG herangezogen worden. Dem Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen [X.] ist kein zwingender Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die erkennende Kammer am 30. März 2015 nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen wäre. Auf der - vom Kläger nicht beanstandeten - Liste der ehrenamtlichen [X.] sind die zu der Sitzung vom 30. März 2015 hinzugezogenen ehrenamtlichen [X.]innen jeweils, entsprechend ihrer Zuordnung zum Kreis der Arbeitnehmervertreter bzw. dem der Arbeitgebervertreter, unter der laufenden Nr. 10 aufgeführt. Beide ehrenamtlichen [X.]innen wurden am 8. Dezember 2014 für den 30. März 2015 geladen und haben ihre Zusage erteilt. In einer vom Kläger beigebrachten Übersicht sind vor dem 30. März 2015 - für das [X.] - neun weitere planmäßige „Terminstage“ vermerkt, darunter ein durchgestrichener, mit dem Zusatz: „aufgehoben“ versehener Termin vom 12. Januar 2015. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass einer der unter den Nr. 1 bis 9 der Liste aufgeführten ehrenamtlichen [X.] bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 8. Dezember 2014 seine Verhinderung für einen Verhandlungstag angezeigt hätte, der vor dem 30. März 2015 liegt. Das gilt insbesondere für die Besetzung der Berufungskammer am 2. März 2015. Soweit anstelle des für diesen Verhandlungstag planmäßig vorgesehenen ehrenamtlichen [X.]s L auf Arbeitgeberseite die ehrenamtliche [X.]in S geladen worden ist, erfolgte dies laut entsprechendem Vermerk der Geschäftsstelle am 15. Dezember 2014 und demzufolge nach der Ladung der ehrenamtlichen [X.]in M zur Sitzung am 30. März 2015. Ob es für die Annahme eines Verhinderungsfalls ausreicht, wenn ein gemäß § 39 Satz 1 ArbGG heranzuziehender [X.] gegenüber einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle fernmündlich erklärt, er sei an dem vorgesehenen Sitzungstag voraussichtlich wegen Urlaubs oder anderer Termine verhindert, bedarf hier keiner Entscheidung. Selbst wenn aufgrund solcher Umstände - was bei objektiv gegebener Verhinderung fernliegt - von einer fehlerhaften Besetzung der [X.]bank bei den am 26. Januar 2015 und am 2. März 2015 durchgeführten Verhandlungen auszugehen wäre, ergäbe sich daraus kein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Hinblick auf die vorliegende, am 30. März 2015 verhandelte Sache. Einmalige Verstöße gegen Besetzungsvorschriften werden, auch wenn sich durch sie die Reihenfolge der in anderen Verfahren zu ladenden ehrenamtlichen [X.] verschiebt, nicht im Sinne eines Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen [X.]s perpetuiert, wenn für die nachfolgenden Sitzungen in anderen Verfahren die ehrenamtlichen [X.] nicht willkürlich, sondern ordnungsgemäß geladen worden sind. Ein „Domino-Effekt“ tritt nicht ein (vgl. [X.] 7. Mai 1998 - 2 [X.] - zu II 5 c bb der Gründe mwN, [X.]E 88, 344).

4. Im Übrigen wird nach § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG von einer Begründung abgesehen.

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglos gebliebenen Beschwerde zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Krichel    

        

    Jan Eulen    

                 

Meta

2 AZN 519/15

22.10.2015

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Frankfurt, 13. Juni 2013, Az: 21 Ca 1094/13, Urteil

§ 72 ArbGG, § 72a ArbGG, § 39 S 1 ArbGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2015, Az. 2 AZN 519/15 (REWIS RS 2015, 3516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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