Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.01.2011, Az. V B 144/09

5. Senat | REWIS RS 2011, 10163

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Gegenstand

Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung


Leitsatz

NV: Die ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne von § 4 Nr. 26 UStG erfordert den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung. Darunter fallen nicht nur Einrichtungen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, sondern auch Selbsthilfeeinrichtungen im genossenschaftlichen Bereich sowie im Verbands- oder Vereinsbereich.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --[X.]--) hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gebotenen Weise dargelegt.

2

Nach § 115 Abs. 2 [X.]O ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] ([X.]) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.]O). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 [X.]O). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O).

3

1. Mit der Rechtsfrage, ob die Vergütung für eine Vorstandstätigkeit beim [X.] gemäß § 4 Nr. 26 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) als ehrenamtliche Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit ist, wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt.

4

a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O erfordert substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich [X.] ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 14. September 2007 [X.], [X.]/NV 2008, 25, und vom 7. September 2006 [X.], [X.]/NV 2007, 27). Daran fehlt es, wenn eine Rechtsfrage nur anhand von einzelfallbezogenen Umständen beantwortet werden kann (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 15. Februar 2006 [X.], [X.]/NV 2006, 1121; vom 27. März 2007 [X.]/05, [X.]/NV 2007, 1335, und vom 27. Mai 2009 [X.], nicht amtlich veröffentlicht).

5

So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Die vom [X.] aufgeworfene Rechtsfrage nach der [X.] einer Vorstandstätigkeit beim [X.] lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG sieht die Steuerfreiheit einer ehrenamtlichen Tätigkeit vor, wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für [X.] besteht. Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören alle Tätigkeiten, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden (vgl. [X.]-Urteil vom 20. August 2009 [X.], [X.]E 227, 207, [X.], 88, m.w.N.). Der materielle Begriff der Ehrenamtlichkeit setzt das Fehlen eines eigennützigen [X.] und die fehlende Hauptberuflichkeit des jeweils Tätigen sowie dessen Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus. Letztgenanntes ist z.B. bei Tätigkeiten für Selbsthilfeeinrichtungen anzutreffen, wie etwa im genossenschaftlichen Bereich, oder auch im [X.]. Es ist daher nicht erforderlich, dass die Einrichtung gemeinnützige Zwecke i.S. der §§ 52 ff. der Abgabenordnung verfolgt (vgl. [X.]-Urteil vom 4. Mai 1994 [X.], [X.]E 174, 573, [X.] 1994, 773). Dem entspricht, dass nach dem durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen eingefügten § 31a des Bürgerlichen Gesetzbuches ([X.], 3161) eine ehrenamtliche Tätigkeit auch gegenüber Vereinen erbracht werden kann. Eine entgeltliche Vorstandstätigkeit wird danach ehrenamtlich erbracht, wenn die Vergütung 500 € jährlich nicht übersteigt. Dieses Gesetz ist zwar erst am 3. Oktober 2009 in [X.] getreten, die darin zum Ausdruck kommende Gleichstellung kann jedoch als Bestätigung dafür gelten, dass eine nur gering vergütete Vorstandstätigkeit für einen Verein im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich angesehen wird.

6

b) Der Vortrag des [X.], dass es in [X.] etwa 500 Kreisbauernverbände gibt und eine Entscheidung des [X.] eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle beträfe, ersetzt nicht die Darlegung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 18. Mai 2009 [X.], [X.]/NV 2009, 1473, und vom 24. April 2009 [X.]/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, [X.]). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird auch nicht mit dem Vorbringen dargelegt, der [X.] habe über einen vergleichbaren Sachverhalt noch nicht entschieden (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2007, 1335, und in [X.]/NV 2006, 1121).

7

2. Soweit das [X.] vorbringt, das Finanzgericht ([X.]) sei durch den Rechtssatz "Die Tätigkeit des Klägers für den [X.] ist grundsätzlich geeignet, als ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 26b UStG von der Umsatzsteuer befreit zu werden" von den [X.]-Urteilen vom 16. Dezember 1987 [X.] ([X.]E 152, 182, [X.] 1988, 384), in [X.]E 174, 573, [X.] 1994, 773 und vom 14. Mai 2008 [X.] ([X.]E 221, 517, [X.] 2008, 912) abgewichen, hat es damit keine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.]O dargelegt.

8

a) Die Darlegung einer Divergenz erfordert, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] einerseits und aus der behaupteten [X.] andererseits herausarbeitet und einander gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen ([X.]-Beschlüsse vom 22. Juli 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 1846, und vom 24. August 2006 [X.], [X.]/NV 2007, 69). Daran fehlt es vorliegend, denn das [X.] hat abstrakte Rechtssätze weder aus dem [X.]-Urteil noch aus den Entscheidungen herausgearbeitet, zu denen die Abweichung bestehen soll. Bei der vom [X.] angeführten Äußerung des [X.] handelt es sich um keinen abstrakten Rechtssatz, sondern um das Ergebnis einer rechtlichen Würdigung des Einzelfalls durch das [X.].

9

b) Indem das [X.] ausführt, das [X.] habe in seiner Entscheidung die Grundsätze der angeführten [X.]- sowie der Urteile des Gerichtshofs der [X.] vom 19. April 2007 [X.]/05, [X.] Immobilien (Slg. 2007, [X.]) und vom 21. Juni 2007 [X.]/05, [X.] (Slg. 2007, [X.]) nicht angewandt, rügt es in der Art einer Revisionsbegründung die unzutreffende Rechtsanwendung durch das [X.]. Selbst wenn dem [X.] bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler unterlaufen sein sollten, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 [X.]O (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 1. Juni 2010 [X.], [X.]/NV 2010, 2084; vom 14. Oktober 2009 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 443, und in [X.]/NV 2007, 69).

c) Der vom [X.] gerügte [X.] kann erst dann zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 [X.]O führen, wenn er von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung ist (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 3. März 2010 VIII B 216/09, [X.]/NV 2010, 1110; vom 8. Februar 2006 [X.]/04, [X.]/NV 2006, 1116; vom 14. Februar 2002 [X.]/01, [X.]/NV 2002, 798). Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich in diesem Sinne, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2006, 1116). [X.] ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2006, 1116). Ein derartig schwerwiegender [X.] ist weder in der Beschwerdebegründung dargelegt noch für das Gericht ersichtlich.

Meta

V B 144/09

25.01.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 28. Oktober 2009, Az: 1 K 1218/07, Urteil

§ 155 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 1 FGO, § 116 Abs 3 FGO, § 4 Nr 26 Buchst b UStG 1999, § 31a BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.01.2011, Az. V B 144/09 (REWIS RS 2011, 10163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10163

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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