Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2018, Az. 3 StR 577/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11830

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:220318B3STR577.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 577/17
vom
22.
März 2018
in der Strafsache
gegen

wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 22.
März
2018
ein-stimmig beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30.
August 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs.
2 [X.]).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Ergänzend bemerkt der [X.]:
Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Einziehung des Werts der [X.] hat nach Art.
306h EGStGB zutreffend die Vorschriften der §
73 Abs.
1, §
73c
Satz
1, §
73d Abs.
1 StGB in der Fassung des [X.] vom 13.
April 2017 ([X.]. I
S.
872) angewendet, weil sie erst nach dessen Inkrafttreten am 1.
Juli 2017 über die Abschöpfung des
durch die Taten [X.] befunden hat und in dem Verfahren zuvor keine andere Entscheidung zum früheren Verfall oder Wertersatzverfall ergangen war.
Der [X.] vermag dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, dass die Anwendung des neuen Rechts auf die im [X.] begangenen Taten Verfas-sungsrecht verletze, sei es das spezielle in Art.
103 Abs.
2 GG normierte Rückwirkungsverbot für (Kriminal-)Strafen und
strafähnliche Sanktionen, sei es -
3
-
das allgemeine im Rechtsstaatsprinzip (Art.
20 GG) verankerte [X.] für sonstige Maßnahmen (s. auch BT-Drucks. 18/11640, S.
84).
Unge-achtet der Rechtsnatur der nach §
73 StGB nF angeordneten Einziehung von Taterträgen (zum alten Recht des Verfalls vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Ja-nuar 2004 -
2
BvR 564/95, [X.]E 110, 1, 14
ff.; [X.], Urteil vom 21.
August 2002 -
1
StR 115/02, [X.]St 47, 369)
wird der Angeklagte durch die Anwen-dung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts schon nicht im Ergebnis schlechter gestellt.
Die von ihm vereinnahmten Kaufpreiszahlungen
aus seinen Drogenver-käufen wären
nach altem Recht ebenfalls abgeschöpft worden; gemäß
§
73 Abs.
1 Satz
1, §
73a Satz
1 StGB aF wäre der Wertersatzverfall nach
dem [X.], wonach sich die vom Angeklagten für das Handeltreiben getätigten Aufwendungen nicht verfallsmindernd ausgewirkt hätten, grundsätzlich zwin-gend anzuordnen gewesen (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Mai 2006 -
1
StR 46/06, [X.]St 51, 65, 68).
Dadurch, dass im Erkenntnisverfahren nach neuem Recht keine Verhält-nismäßigkeitsprüfung mehr entsprechend der Härtevorschrift des §
73c StGB aF vorgesehen ist, ist ebenso wenig eine derartige Schlechterstellung eingetre-ten. Denn eine solche
Prüfung findet
nunmehr nach §
459g Abs.
5 Satz
1 [X.] nF im Vollstreckungsverfahren statt. Die
Neuregelung ist für den Angeklagten insofern vorteilhaft, als nach §
459g Abs.
5 Satz
1 Alternative
1 [X.] nF die Vollstreckung obligatorisch zu unterbleiben
hat, soweit der Wert des [X.] nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, während §
73c Abs.
1 Satz
2 Alternative
1 StGB aF für diesen
Fall lediglich ein fakultatives Absehen von der Verfallsanordnung nach tatrichterlichem Ermessen regelte. Daneben ist über den Einzelfall hinaus zu bedenken, dass nach früherem Recht ein
Ange-klagter, wenn er im Hinblick auf die Härtevorschrift Angaben zu seinem Vermö--
4
-
gen machen wollte, gegebenenfalls auf seine Verteidigung gegen den Tatvor-wurf Bedacht
nehmen
musste. So können
Verfahrenskonstellationen
bestehen, in denen die positive Darstellung der eigenen Vermögenslage einem [X.] zuwiderläuft. Zu denken ist insbesondere an Wirtschaftsstraftaten, aber auch an Betäubungsmitteldelikte, falls
etwa ein Angeklagter, der im Besitz einer erheblichen Menge Rauschgift angetroffen worden war, erklärt, er sei für die Finanzierung des Eigenkonsums nicht auf die gewinnbringende Veräußerung einer Teilmenge angewiesen. Derartige -
ein rein interessengeleitetes Vorgehen erschwerende -
faktische
Einschränkungen für das Vorbringen zur [X.] bestehen für den rechtskräftig Verurteilten nicht.
Der durch §
459g Abs.
5 Satz
1 [X.] nF gewährte Schutz vor unverhält-nismäßigen Eingriffen stellt sich aus Sicht des Verurteilten als wirkungsvoll
dar. Die Vorschrift bestimmt, dass die Prüfung der Härteklausel von einem Gericht (zur Zuständigkeit s. §
462 Abs.
1 Satz
1, §
462a Abs.
1 und §
462a Abs.
2 Satz
1 [X.])
vorzunehmen ist. Der rechtskräftig Verurteilte kann diese
gericht-liche Prüfung
selbst
herbeiführen, ohne dass er eine vollstreckungsrechtliche Entscheidung der Vollstreckungsbehörde abzuwarten hätte. Zwar erweist sich das neue Vermögensabschöpfungsrecht insoweit als lückenhaft, als es im [X.] auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht regelt, unter welchen Voraus-setzungen der jeweilige Vorgang von der Vollstreckungsbehörde zum Gericht gelangt. §
459g Abs.
5 Satz
1 [X.] nF ist jedoch dahin auszulegen, dass nicht nur die Vollstreckungsbehörde
die gerichtliche Entscheidung anregen kann, sondern auch der Einziehungsadressat antragsberechtigt ist, das Gericht
aber auch amtswegig vorgehen darf
(ebenso [X.] [X.]/[X.], §
459g Rn.
20). Dieses Verständnis entspricht der herrschenden Meinung zu der Vorschrift des §
459d [X.] (vgl. [X.],
Beschluss vom 28.
Dezember 1984
-
1
Ws 568/84, [X.], 575; [X.]/Graalmann-Scheerer, [X.], 26.
Aufl., §
459d Rn.
12; [X.]/[X.], [X.], 60.
Aufl., §
459d Rn.
2), die
ein -
5
-
gerichtliches Absehen von der Geldstrafenvollstreckung zum Zweck der Reso-zialisierung ermöglicht,
ohne Fragen eines Antragsrechts oder einer Prüfung
von Amts wegen zu normieren. Sollte die Vollstreckungsbehörde indes bereits
eine anderweitige vollstreckungsrechtliche Entscheidung nach den §§
459g bis 459n [X.] nF getroffen haben, so hat der Betroffene außerdem die [X.],
hiergegen Einwendungen gemäß §
459o [X.] nF zu erheben, um so eine gerichtliche Entscheidung zu
§
459g Abs.
5 Satz
1 [X.] nF herbeizuführen.
Nach alledem macht allein der Umstand, dass -
anders als nach der
al-ten Rechtslage -
nunmehr nach §
459g Abs.
5 Satz
2 [X.] nF die Vollstre-ckung wieder aufgenommen werden kann, wenn sich die für die [X.]sprüfung maßgebenden Tatsachen oder Erkenntnisse nachträglich ändern, die neue Rechtslage nicht für den Angeklagten
insgesamt ungünstiger.
[X.] Tiemann

Berg Leplow

Meta

3 StR 577/17

22.03.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2018, Az. 3 StR 577/17 (REWIS RS 2018, 11830)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11830

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3 StR 577/17

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