Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.03.2010, Az. 29 W (pat) 502/10

29. Senat | REWIS RS 2010, 8788

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "potential² (Wort-Bild-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 040 369.4

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters Dr. [X.] und der Richterin Kortge

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.]

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2

ist am 10. Juli 2009 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 35: Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests, Personalmanagementberatung;

4

Klasse 41: Berufsberatung.

5

Durch Beschluss vom 29. Oktober 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass es sich bei dem für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlichen und sprachüblich gebildeten [X.] um einen beschreibenden und anpreisenden Hinweis auf Art und Thematik der beanspruchten Dienstleistungen handele. Denn im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Dienstleistungen aus der [X.] und Berufsberatung bezeichne "Potential" allgemein die Gesamtheit aller vorhandenen, verfügbaren Mittel, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Energien des Einzelnen bzw. des Personals eines Unternehmens. Die Anfügung der hochgestellten "2" sei ein in der Werbebranche übliches Gestaltungsmittel und werde vom angesprochenen Publikum als Hinweis auf eine Potenzierung, Steigerung oder Verstärkung im Sinne von "besonders gut, intensiv" verstanden. Auch die graphische Ausgestaltung - Kleinschreibung in grauer Farbe mit [X.] - vermöge die Schutzfähigkeit des [X.] nicht zu begründen, weil es sich um eine einfache, werbeübliche Gestaltung des Schriftzuges handele, an die der Verkehr gewöhnt sei.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

7

den Beschluss des [X.]es vom 29. Oktober 2009 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

8

Sie trägt vor, dass der Begriff "Potential", der überwiegend den Sachgebieten der Physik, Mathematik und Medizin zuzuordnen sei, vielfältige Bedeutungen habe. Der Begriff sei als "die noch nicht realisierte Möglichkeit im Allgemeinen bzw. im philosophischen Sinne" oder als "eine spezielle Funktion auf der Menge der [X.] eines Spiels" zu verstehen. Der vom [X.] zugewiesene Bedeutungsgehalt sei für den relevanten Durchschnittsverbraucher deshalb nicht ohne weiteres zu ermitteln. Da der Begriff in Alleinstellung verwendet werde, lasse er sich nicht einem bestimmten Bedeutungsgehalt zuordnen. Die Verwendung der hochgestellten "2" sei weder im Sprachgebrauch noch zu Werbezwecken üblich. Deshalb seien 2003 und 2005 zwei Wortmarken mit dem Wortbestandteil "hoch zwei" als schutzfähig angesehen worden. Auch mit dem Begriff "Potential" sei eine Vielzahl vergleichbarer Drittmarken, teilweise in jüngster [X.], eingetragen worden. Wegen der genauen Markenbezeichnungen, der Registernummern sowie der Waren- und Dienstleistungsklassen dieser Drittmarken wird auf Seite 4 der Beschwerdebegründung ([X.]. 31 GA) sowie auf die ihr beigefügten Registerausdrucke (Anlage 4, [X.]. 35 - 48 GA) Bezug genommen. Die neben dem Wortbestandteil "potential" in den bereits eingetragenen Wortmarken enthaltenen Begriffe "Human", "Development", "High", "Pro" oder "Talents" seien rein beschreibend und könnten keine Kennzeichnungskraft begründen, so dass diese Abweichungen nicht entscheidungserheblich seien. Wie ihre Google-Recherche belege, finde sich zudem kein einziger Benutzungsnachweis für das Anmeldezeichen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Abbildung

Der Eintragung des angemeldeten [X.]s als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des [X.]ses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.

können ([X.] GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 - [X.]; a. a. [X.]. 38 - [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. [X.]. 32 - [X.]; a. a. [X.]. 38, 39 - [X.]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die angemeldete Marke setzt sich aus den Bestandteilen "potential" und einer hochgestellten "2" zusammen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Potential ) verstanden, aber die von den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus der [X.] und Berufsberatung angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise werden ihn mühelos im Sinne von "Leistungsfähigkeit" oder "Gesamtheit aller vorhandenen, verfügbaren Mittel, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Energien" des Einzelnen bzw. des Personals eines Unternehmens verstehen ([X.] - Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.; Etymologisches Wörterbuch des [X.]; Brockhaus Enzyklopädie, Band 22 [X.], 21. Aufl. 2006, [X.]; [X.] - Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, S. 1083). Denn der Sinngehalt einer Marke ist ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Zur Beschreibung der Stärke und Talente von Mitarbeitern und Führungskräften wird der Begriff "Potential" in der [X.] auch benutzt, wie einer Internetrecherche des [X.], welche der Beschwerdeführerin zusammen mit der gerichtlichen Hinweisverfügung vom 10. Februar 2010 übermittelt wurde, zu entnehmen ist ([X.]. 8 - 12 d. Anmeldeakte).

Das zweite Zeichenelement, das aus der [X.] "2" besteht, wird vom Verkehr als Hinweis auf eine Potenzierung, Steigerung oder Verstärkung im Sinne von "besonders gut, nämlich zweifach oder mehrfach gut" verstanden, wie die sich aus der Internetrecherche des Senats ergebende Verwendung von "Wirkung

Mit ihrer Gesamtbedeutung "potential

Auch die grafische Ausgestaltung in Form der Kleinschreibung in grauer Farbe mit einem Exponenten vermag das [X.] nicht auszuräumen, weil es sich um eine einfache, im Verkehr häufig anzutreffende werbeübliche Schriftzuggestaltung handelt, so dass das Anmeldezeichen auch als sprachliche Neuschöpfung nicht so ungewöhnlich ist, dass sie in Bezug auf die genannten Dienstleistungen einen über die bloße Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehenden individualisierenden Herkunftshinweis darstellen kann (vgl. [X.] a. a. [X.]. 37 - [X.]). Die Neuschöpfung hat vielmehr selbst ausschließlich beschreibenden Charakter und wird auch im inländischen Sprachgebrauch als reine Sachbezeichnung aufgefasst. Dies zeigt sich auch daran, dass der Gesamtbegriff "potential

Da die angemeldete Marke

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kann und somit nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) vorliegt.

Der Umstand, dass der Begriff "potential" Bestandteil einer Vielzahl von eingetragenen Wortmarken in der Zusammensetzung mit "Talents", " [X.][X.]", "HIGH" "Right", "Kunst-", "Video ... Coaching", Pro ...!", " ...3", "talents", " TALENTVIEW OF ..." und "[X.]..." ist, welche teilweise in den Jahren 2007, 2008 und 2009 eingetragen wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden [X.]. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des [X.], die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige [X.] als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren ([X.] (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - [X.]). Ferner wird verlangt, dass die Beschwerdeführerin ihrer - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass sie substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, - wie hier - ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien durch Vorlage von Registerauszügen schlicht aufzuzählen ([X.], 1173, 1175 - [X.]). Dabei ist zudem auf den ersten [X.]ick erkennbar, dass es bereits an vergleichbaren Sachverhalten fehlt, weil die eingetragenen Wortmarken bis auf die [X.] "[X.]" schon vom Wortlaut her ganz wesentlich von dem Anmeldezeichen abweichen. Da die Kennzeichnungskraft dieser Marken ausgehend vom Gesamtbegriff in Bezug zu den konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht pauschal angenommen werden, die jeweiligen Zusatzbestandteile hätten nur rein beschreibenden Charakter. So kann z. B. die Wortmarke "Pro Potential" im Zusammenhang mit vergleichbar angemeldeten Dienstleistungen aus der [X.] nicht in einen sinnvollen Fließtext eingebaut werden. Soweit in Bezug auf die [X.] "[X.]" eine Vergleichbarkeit vorliegen sollte, ist zum einen anzuführen, dass über die Eintragungsfähigkeit dieser Marke im Jahre 2001 die [X.] Behörde und nicht das [X.] entschieden hat. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten lässt, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 -Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]).

Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.

Meta

29 W (pat) 502/10

03.03.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.03.2010, Az. 29 W (pat) 502/10 (REWIS RS 2010, 8788)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8788

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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