Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.05.2011, Az. 29 W (pat) 58/11

29. Senat | REWIS RS 2011, 6308

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "FULLMEX (Wort-Bild-Marke)" – Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren – Beseitigung formeller Mängel - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 021 974.5

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 25. Mai 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und der Richterin Dorn

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 16. Februar 2011 und 2. September 2010 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 14. April 2009 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden (nach Beanstandung geändertes Verzeichnis vom 25. Januar 2010 bzw. 13. März 2010, vgl. [X.]. 13/14, 20/21, 23/24, 27/28 VA):

3

Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Aktualisierung von Werbematerial, Verbreitung von Werbeanzeigen und Verteilung von Werbematerial, Herausgabe von Werbetexten, Marketing und Marktforschung, [X.] in einem Computernetzwerk, Erstellen von Statistiken, Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbung, Verwaltung von Werbeartikeln; Präsentation von Waren im Rahmen eines [X.]; Bestellannahme und [X.] über ein Online-Portal im Rahmen von e-commerce;

4

Klasse 38: Bereitstellung eines [X.] zur Vorstellung von Waren sowie zu deren Bestellung und Versendung;

5

Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; physische Lagerung von elektronisch gespeicherten Daten und Dokumenten; Einlagerung, Einpacken, Transport, Versand und Zustellung (Auslieferung) von Waren, Dienstleistungen einer Spedition, nämlich Kommissionierung, Lagerung, Verpacken, Ent- und Umpacken und Transport und Auslieferung und Aufbau von Gütern; kundenbezogene Zusammenstellung von Waren (Kommissionierung) im Bereich der Transportlogistik, Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor;

6

Klasse 42: Dienstleistungen im Bereich der Wissenschaft und der Technologie, diesbezügliche Forschungsarbeiten und Entwicklungsdienstleistungen; industrielle Analyse und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und  Entwicklung von Computersoftware; Design von Computersystemen, Dienstleistungen eines Designers.

7

Nachdem das zuletzt mit Schreiben des Anmeldevertreters vom 13. März 2010 geänderte [X.] noch nicht abschließend geklärt worden war, hat das [X.] mit Bescheid vom 23. April 2010 ([X.]. 30/31 VA) erneut die angemeldeten Dienstleistungen „Verwaltung von Werbeartikeln“ in Klasse 35 und „Dienstleistungen einer Spedition, nämlich … Aufbau von Gütern“ in Klasse 39 als zu unbestimmt bzw. verschiedene Klassen betreffend beanstandet und dem Anmelder eine Frist von einem Monat zur Beseitigung der [X.] gesetzt. Innerhalb der antragsgemäß mehrfach, zuletzt bis 27. Juli 2010 verlängerten Frist - und auch im anschließenden Erinnerungsverfahren (s. u.) - ging keine Stellungnahme des Anmelders zum Beanstandungsbescheid des [X.] vom 23. April 2010 ein.

8

Mit Beschlüssen vom 2. September 2010 und 16. Februar 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung teilweise wegen Nichterfüllung formeller Erfordernisse gemäß §§ 36 Abs. 4, Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 [X.], § 20 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen, nämlich für „Verwaltung von Werbeartikeln“ und „Dienstleistungen einer Spedition, nämlich Aufbau von Gütern“. Sie hat ausgeführt, dass der Anmelder innerhalb der gesetzten Frist das formelle Erfordernis des hinreichend präzisierten [X.]ses im Umfang der Zurückweisung nicht erfüllt habe.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss des [X.] vom 16. Februar 2011 aufzuheben.

Nachdem er im Beschwerdeverfahren vom Senat auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hingewiesen worden ist, hat der Anmelder das [X.] hinsichtlich der beanstandeten Dienstleistungen mit Schreiben vom 23. Mai 2001, eingegangen per Fax am selben Tag, wie folgt beschränkt/konkretisiert (Änderungen wurden ge- bzw. unterstrichen):

nämlich diesbezügliche Büroarbeiten, Zusammenstellung von Werbeartikeln für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, Verteilung von Werbemitteln; Präsentation von Waren im Rahmen eines [X.]; Bestellannahme und [X.] über ein Online-Portal im Rahmen von e-commerce;

Klasse 37: Dienstleistungen einer Spedition, nämlich Montage (Aufbau) von Gütern;

Klasse 38: (unverändert)

und Aufbau von Gütern; kundenbezogene Zusammenstellung von Waren (Kommissionierung) im Bereich der Transportlogistik, Logistikdienstleistungen auf dem Transportsektor;

Klasse 42: (unverändert).

Mit ergänzendem Schreiben des Beschwerdeführervertreters vom 24. Mai 2011 wurde die zunächst hilfsweise erklärte Änderung des [X.]ses unbedingt erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist begründet.

1. Durch die im Beschwerdeverfahren erfolgte Beschränkung bzw. Konkretisierung des [X.]ses hinsichtlich der im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Dienstleistungen hat der Beschwerdeführer die vom [X.] mit Bescheid vom 23. April 2010 beanstandeten formellen Mängel - unter Wahrung des ursprünglichen Anmeldetags - beseitigt. Unzulässige Erweiterungen wurden dabei nicht vorgenommen. Damit ist das sonstige Anmeldungserfordernis eines hinreichend bestimmten [X.]ses nach §§ 32 Abs. 3 [X.] i. V. m. §§ 19, 20 [X.] erfüllt. Die Erhebung einer zusätzlichen Klassengebühr für die hinzugekommene Klasse 37 bleibt dem [X.] vorbehalten.

2. Der Eintragung des angemeldeten [X.] als Marke steht in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], entgegen.

a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 850, 854 Rdnr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 411 Rdnr. 8 - [X.]; 778, 779 Rdnr. 11 - [X.]; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; a. a. [X.] Rdnr. 19 - [X.]; [X.], 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.], 1043, 1044 - [X.]; [X.] GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 855 Rdnr. 28 f. - [X.]).

b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das angemeldete Zeichen. Denn es weist für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Verwaltung von Werbeartikeln, nämlich diesbezügliche Büroarbeiten, Zusammenstellung von Werbeartikeln für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, Verteilung von Werbemitteln“ und „Dienstleistungen einer Spedition, nämlich Montage (Aufbau) von Gütern“ weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.

http://www.abkuerzungen.de; [X.]). Auch in dem aus dem [X.] stammenden Wort „Texmex“ weist das Element „mex“ auf [X.] hin (vgl. [X.] - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]).

http://wortschatz.uni-leipzig.de) nicht nachweisbar und stellt daher eine sprachliche Neuschöpfung dar. Wie eine Recherche des Senats, auch unter [X.], ergeben hat, wird dieser Begriff nur kennzeichenmäßig bzw. in Verbindung mit dem Anmelder verwendet.

Ausgehend von den obigen Feststellungen kann die Wortverbindung „[X.]“ in ihrer Gesamtbedeutung allenfalls als „volles [X.]“ verstanden werden. Ein sinnvoller Aussagegehalt des [X.] in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ist jedoch noch nicht einmal ansatzweise feststellbar, so dass ihm nur die Bedeutung eines betrieblichen [X.] zukommen kann.

2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.

Meta

29 W (pat) 58/11

25.05.2011

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.05.2011, Az. 29 W (pat) 58/11 (REWIS RS 2011, 6308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6308

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 W (pat) 57/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "FULLMEX" – Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren – Beseitigung formeller Mängel - Unterscheidungskraft …


28 W (pat) 66/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Premiumliner" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


29 W (pat) 24/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "GIG (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis


29 W (pat) 544/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "starbutton" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


29 W (pat) 503/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Gartenarche" – keine Unterscheidungskraft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.