Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.12.2011, Az. B 13 SF 3/11 S

13. Senat | REWIS RS 2011, 7

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Erinnerung - Absehen von der Kostenerhebung - unrichtige Sachbehandlung iS des § 21 Abs 1 S 1 GKG)


Tenor

Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des [X.] vom 30. März 2011 - [X.] [X.]/10 B - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I. Das [X.] hat den Anspruch des [X.], der als Zahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung in [X.] teilnimmt, gegen die beklagte [X.] ([X.]) auf höheres Honorar für das [X.] verneint (Urteil vom [X.] - L 3 KA 280/04). Mit [X.]eschluss vom 9.2.2011 ([X.] [X.]/10 [X.]) hat der 6. Senat des [X.][X.] die [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil des [X.] zurückgewiesen und dem Kläger (Erinnerungsführer) die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens auferlegt (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 [X.]G iVm entsprechender Anwendung von §§ 154 ff VwGO). Den Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der 6. Senat im vorbezeichneten [X.]eschluss auf 72 818 Euro festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts entsprach der [X.]eschwer des [X.] (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG). Die gegen diesen [X.]eschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde ist mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen worden ([X.]VerfG [X.]eschluss vom 18.5.2011 - 1 [X.]vR 1177/11 ua).

2

Der [X.] der Geschäftsstelle hat am 30.3.2011 ([X.] [X.]/10 [X.]) die auf den Erinnerungsführer als Kostenschuldner entfallende Verfahrensgebühr nach [X.] 7502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG in Höhe von 1312 Euro festgesetzt. Mit Schreiben der Geschäftsstelle des 6. Senats des [X.][X.] vom [X.] ist der Erinnerungsführer aufgefordert worden, die Verfahrensgebühr bis zum 5.9.2011 an die Gerichtskasse ([X.]undeskasse Trier) zu überweisen.

3

Mit Schriftsatz, der am [X.] beim [X.][X.] eingegangen ist, hat der Erinnerungsführer beantragt, die festgesetzten Kosten nicht zu erheben und die Vollstreckung der Sache bis zur Entscheidung seiner Erinnerung auszusetzen. Er hat auf § 8 GKG aF (= § 21 GKG nF) [X.]ezug genommen, wonach Kosten, die bei richtiger [X.]ehandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben werden. Hierfür hat er sich auf das Urteil des [X.] vom 16.12.2010 (Individualbeschwerden [X.] 39778/07 ua - Juris) berufen, das ihm die Summe von 30 000 Euro nebst Zinsen in [X.]ezug auf den immateriellen Schaden zugesprochen habe, der ihm wegen überlanger Verfahrensdauer unter Verletzung von Art 6 Abs 1 [X.] in den gegen die [X.] geführten Rechtsstreitigkeiten wegen seiner Honorare im Zeitraum von 1998 bis 2005 entstanden sei. Da die [X.] seinen Widerspruch gegen die Vergütungskürzung des Jahres 2000 bis zum Frühjahr 2002 nicht bearbeitet habe, habe er die Klage erst ab jenem Zeitpunkt erheben können, ab dem Gerichtskostenpflicht bestanden habe. [X.]ei richtiger Sachbehandlung hätte er die Klage spätestens noch im Jahre 2001 erhoben, sodass auch für ihn als Zahnarzt Gerichtskostenfreiheit nach alter Rechtslage bestanden hätte.

4

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung gegen den Kostenansatz am 7.9.2011 nicht abgeholfen. Die Kostenprüfungsbeamtin ist dieser Entscheidung am 13.9.2011 beigetreten.

5

II. Der Antrag, in dem Verfahren [X.] [X.]/10 [X.] gemäß § 21 Abs 1 Satz 1 GKG von der Kostenerhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung abzusehen, ist als Erinnerung iS von § 66 Abs 1 GKG auszulegen, weil er nach Zugang der Kostenrechnung gestellt worden ist (vgl [X.]VerwG [X.]eschluss vom 25.1.2006 - 10 KSt 5/05 ua - NVwZ 2006, 479 - Juris Rd[X.] 1; [X.]GH [X.]eschluss vom 15.8.2002 - [X.] - NJW 2002, 3410; [X.], Kostengesetze, 41. Aufl 2011, § 21 GKG Rd[X.] 54).

6

Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter berufen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 66 Abs 6 Satz 1 GKG. Nach dem [X.]eschluss des Senats vom 28.12.2010 über die senatsinterne Geschäftsverteilung für das [X.] ist zuständiger Einzelrichter in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen der [X.]erichterstatter bzw die [X.]erichterstatterin. Dies gilt im Falle des § 66 Abs 6 Satz 1 GKG auch für Erinnerungsverfahren vor dem [X.][X.].

7

Die Erinnerung bleibt erfolglos, weil die Festsetzung der Verfahrensgebühr gegenüber dem Erinnerungsführer als Kostenschuldner weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden ist.

8

Es liegt kein Fall der unrichtigen Sachbehandlung gemäß § 21 Abs 1 Satz 1 GKG vor. Danach werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger [X.]ehandlung der Sache nicht entstanden wären. Von der Kostenerhebung ist nach dieser Vorschrift nur dann abzusehen, wenn ein schwerer Mangel im Sinne einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht vorliegt (vgl [X.]VerwG aaO - Juris Rd[X.] 6; [X.]GH [X.]eschluss vom 10.3.2003 - [X.]/00 - NJW-RR 2003, 1294; [X.]FH [X.]eschluss vom 13.11.2002 - [X.]/02 - [X.]FH/NV 2003, 333). Es ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen könnten. Denn der Erinnerungsführer zeigt nicht ansatzweise auf, inwiefern in dem vor dem [X.][X.] geführten Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde eine eindeutige und offenkundig unrichtige Sachbehandlung durch den 6. Senat geschehen sein sollte.

9

Soweit sich der Erinnerungsführer darauf beruft, dass ihm die gegenständlichen Kosten nicht entstanden wären, wenn er seine Klage vor dem [X.] bei "richtiger Sachbehandlung" spätestens noch im Jahr 2001 erhoben und somit von der bis dahin noch bestehenden Gerichtskostenfreiheit profitiert hätte, übersieht er, dass die "unrichtige Sachbehandlung" bis zur Klageerhebung nicht der Sozialgerichtsbarkeit und schon gar nicht dem [X.][X.] zur Last gelegt werden kann.

Aus dem erwähnten Urteil des [X.] vom 16.12.2010 (Individualbeschwerden [X.] 39778/07 ua - Juris), mit dem dem Erinnerungsführer eine immaterielle Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer (Art 6 Abs 1 [X.]) in seinen Rechtsstreitigkeiten gegen die [X.] zugesprochen worden ist, folgt keine Kostenfreiheit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.

Zum einen ist in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde keine Verfahrensverzögerung eingetreten. Der Erinnerungsführer hat die am 30.9.2010 beim [X.][X.] eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde - nachdem die Frist zur [X.]egründung der [X.]eschwerde auf seinen Antrag bis zum 2.12.2010 verlängert worden war - mit Schriftsatz vom 8.11.2010, beim [X.][X.] am 10.11.2010 eingegangen, begründet. Die [X.]eklagte hat auf die [X.]eschwerde am [X.] erwidert. Der 6. Senat des [X.][X.] hat die [X.]eschwerde durch [X.]eschluss am 9.2.2011 zurückgewiesen, weil die behaupteten absoluten Revisionsgründe und weiteren Verfahrensmängel nicht festgestellt werden konnten. Die [X.]earbeitungsdauer des [X.][X.] von nur wenigen Monaten ist angesichts der Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens sowie des Umfangs der auf 56 Seiten vorgetragenen [X.] in der [X.]eschwerdebegründung keinesfalls unangemessen.

Der [X.] hat in seinem Urteil vom 16.12.2010 (aaO) auch nicht festgestellt, dass das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde verfahrensverzögernd behandelt worden ist; die Verurteilung der [X.]undesrepublik Deutschland im erwähnten Urteil des [X.] erstreckt sich nicht auf dieses Verfahren. Der [X.] hat die verfahrensverzögerten Zeiträume in den vom Erinnerungsführer geführten Verfahren wegen seiner Honoraransprüche auf den Endzeitpunkt bis spätestens [X.] festgesetzt (vgl Urteil des [X.] vom 16.12.2010 - Juris Rd[X.] 71 ff). Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat aber erst danach begonnen und betrifft die ausgeurteilten Zeiträume daher nicht.

Zum anderen hat auch der [X.] (aaO, Rd[X.] 109) ausdrücklich entschieden, dass die von den Sozialgerichten erhobenen Gebühren ihren Grund nicht in der verzögerten Sachbehandlung hatten, sondern unabhängig davon zu erheben waren; er hat deshalb den Antrag des [X.] auf Erstattung der verauslagten Gerichtskosten zurückgewiesen (aaO, Rd[X.] 111).

Die Höhe der festgesetzten Gerichtskosten ergibt sich aus dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu § 3 Abs 2 GKG. Entsprechend der [X.] 7502 des Kostenverzeichnisses beträgt die Gebühr für das Verfahren der [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, soweit über die [X.]eschwerde - wie hier - entschieden worden ist, das Zweifache des Gebührensatzes nach § 34 GKG. [X.]ei einem Streitwert von 72 818 Euro errechnet sich aus der Gebührentabelle für Gerichtskosten gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 GKG iVm Anlage 2 der [X.]etrag von 1312 Euro.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs 8 GKG.

Meta

B 13 SF 3/11 S

29.12.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 12. Mai 2010, Az: L 3 KA 280/04, Urteil

§ 21 Abs 1 S 1 GKG, § 66 Abs 6 S 1 GKG, § 178 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.12.2011, Az. B 13 SF 3/11 S (REWIS RS 2011, 7)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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