Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.02.2013, Az. X B 110/11

10. Senat | REWIS RS 2013, 7938

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Gegenstand

Kirchensteuererstattung als rückwirkendes Ereignis


Leitsatz

NV: Führt eine Kirchensteuererstattung zu einem Erstattungsüberhang, dann ist die ursprüngliche Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren. Dies gilt auch dann, wenn der Erstattungsüberhang auf einem Kirchensteuererlass beruht, den das FA ausgesprochen hat, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser Erlass von der Kirchenbehörde ausgelöst worden ist.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) liegen jedenfalls nicht vor.

2

1. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) nach Bestandskraft eines Steuerbescheids ausgesprochener Erlass von Kirchensteuer im Fall des Entstehens eines [X.]s auch dann zur rückwirkenden Änderung dieses Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) führt, wenn der den Erlass betreffende Verwaltungsakt keinen Hinweis darauf enthält, dass hierdurch lediglich eine Erlassentscheidung der Kirchenbehörde umgesetzt wird, somit ein durch die Finanzbehörde ausgesprochener Erlass ist, bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung.

3

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des [X.] ([X.]), dass erstattete Kirchensteuer, in dem Umfang, in dem sie nicht mit gezahlter Kirchensteuer im Jahr der Erstattung verrechnet werden kann (sog. [X.]), zur nachträglichen Kürzung der im [X.] als Sonderausgabe berücksichtigten Kirchensteuer führt ([X.]-Urteile vom 8. September 2004 XI R 28/04, [X.]/NV 2005, 321, und vom 23. Februar 2005 XI R 68/03, [X.]/NV 2005, 1304; Senatsurteile vom 2. September 2008 [X.], [X.]E 222, 215, [X.], 229; vom 26. November 2008 [X.], [X.]/NV 2009, 568; Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2009 [X.], [X.]/NV 2010, 596). Rechtsgrundlage für die Änderung des ursprünglichen (bestandskräftigen) Bescheids ist nach den genannten Entscheidungen § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.].

4

Dies gilt unabhängig davon, aus welchem Grund es zu einem solchem [X.] kommt. Insbesondere kann auch ein durch einen Kirchensteuererlass ausgelöster [X.] eine Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung zur Folge haben (Senatsurteil in [X.]/NV 2009, 568). Wer den Erlass ausgesprochen hat, ist unerheblich. Die Behandlung erstatteter Kirchensteuer ist mithin in der Rechtsprechung des [X.] in grundsätzlicher Hinsicht geklärt (Senatsbeschlüsse vom 16. September 2008 X B 267/07, [X.]/NV 2009, 5, und vom 19. Januar 2010 [X.], [X.]/NV 2010, 1250). Demgemäß machen die Kläger mit ihrem Vorbringen keine grundsätzliche Bedeutung, sondern lediglich geltend, angesichts der Besonderheiten ihres Streitfalls habe das Finanzgericht ([X.]) diesen unzutreffend entschieden. Eine unzutreffende Entscheidung ist aber nur bei Vorliegen eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) ein Revisionszulassungsgrund.

5

2. Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler liegt nur vor, wenn die Entscheidung des [X.] derart fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Davon ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann auszugehen, wenn das [X.] eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Rechtsnorm übersehen hat oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht ([X.]-Beschluss vom 11. März 2011 V B 45/10, [X.]/NV 2011, 999).

6

Ein solcher qualifizierter Rechtsanwendungsfehler ist im Streitfall ersichtlich nicht gegeben. Dass ein [X.] dazu führt, dass die im [X.] als Sonderausgabe berücksichtigte Kirchensteuer nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] zu korrigieren ist, entspricht vielmehr der oben unter 1. dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ein solcher [X.] ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne der vorstehend genannten Korrekturvorschrift, weil nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig belastet ist. Werden Ausgaben nachträglich erstattet, stellt sich nachträglich heraus, dass es daran fehlt.

7

Dabei gelten keine Besonderheiten, wenn ein solcher [X.] durch den Erlass von Kirchensteuer ausgelöst wird. Dies gilt auch, wenn dieser durch die Finanzbehörde ausgesprochen wird und diese nicht auf einen von der Kirchenbehörde ausgelösten Erlass hinweist. Dem steht nicht entgegen, dass ein Erlass gemäß § 47 [X.] zum Erlöschen der Steuerschuld führt, denn das rückwirkende Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist nicht der ausgesprochene Erlass, sondern dessen Folge, der [X.]. Demgemäß entsteht der hierdurch ausgelöste Steueranspruch nicht gemäß § 38 [X.] mit Ablauf des betroffenen Veranlagungszeitraums (hier mit Ablauf des Jahres 2006) oder dem Zeitpunkt des Erlasses, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem feststeht, in welchem Umfang die erstattete Kirchensteuer nicht mit im [X.] gezahlter Kirchensteuer verrechnet werden kann (Senatsbeschluss in [X.]/NV 2010, 596). Demgemäß schließt ein auch durch die Finanzbehörde ausgesprochener Erlass eine nachfolgende Korrektur des [X.] wegen eines [X.]s nicht aus. Das von den Klägern zitierte [X.]-Urteil vom 12. Mai 2009 VII R 5/08 ([X.]/NV 2009, 1602) ist zu § 171 Abs. 3 [X.] ergangen und nicht einschlägig.

Meta

X B 110/11

21.02.2013

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 16. Juni 2011, Az: 11 K 1985/10, Urteil

§ 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 10 Abs 1 Nr 4 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.02.2013, Az. X B 110/11 (REWIS RS 2013, 7938)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7938

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