Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2004, Az. 2 StR 187/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2801

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 16. [X.]uni 2004 in der Strafsache gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 16. [X.]uni 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. [X.]anuar 2004 mit den [X.] aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Han-deltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheits-strafe von fünf [X.]ahren und sechs Monaten verurteilt sowie Flugscheine, zwei Mobiltelefone, einen beim Angeklagten sichergestellten Geldbetrag sowie si-chergestelltes Kokain eingezogen. Während die mit der Revision des Ange-klagten erhobenen Verfahrensrügen aus den vom [X.] her-vorgehobenen Gründen unzulässig bzw. unbegründet sind, führt die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. 1. Die Feststellungen des [X.] tragen die Verurteilung wegen vollendeter Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht. - 3 - a) Nach den - insoweit [X.] - Feststellungen wollte der An-geklagte im Auftrag nicht bekannter Hintermänner für eine ihm versprochene Entlohnung von 10.000 Euro 2.269 g Kokain mit 2.189 g Wirkstoff auf dem Luftweg von [X.]/[X.] über [X.] nach [X.] transportieren. Das Rauschgift befand sich in zwei Beuteln in seinem Koffer. Der Angeklagte kam mit dem Flugzeug aus [X.] am 21. [X.]uli 2003 um 14.44 Uhr in [X.] an; der Weiterflug nach [X.] sollte um 16.20 Uhr erfolgen. Bei einer Kontrolle des Gepäcks im Transitbereich wurde das Kokain aufgefunden. Einen Versuch, sich das Gepäckstück während des [X.] in [X.] aushändigen zu lassen, unternahm der Angeklagte nicht. Insoweit hat das [X.] festgestellt: "Während des [X.] bestand für den Angeklagten die Gelegenheit, an das Gepäckstück mit dem Kokain he-ranzukommen. Auf Wunsch wäre – das Gepäck binnen einer ¾ Stunde aus-geschleust worden. Da die Kontrolle und das Auffinden des Kokains erst kurz vor dem Abflug nach [X.] erfolgte, hätte der Angeklagte das Gepäck-stück vorher auch ausgehändigt erhalten" ([X.]). Aufgrund seiner [X.] habe der Angeklagte dies auch billigend in Kauf genommen ([X.]). b) Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt in Fällen der Zwischenlandung eines [X.] im Inland die Verurteilung wegen vollendeter Einfuhr voraus, daß der Täter während der Dauer des [X.] im Inland eine tatsächliche Verfügungsmacht an dem [X.] oder ohne Schwierigkeiten erlangen kann (vgl. BGHSt 31, 374, 376 m.w.N.; st. Rspr.). Im Unterschied zur früheren Rechtsprechung hat der Senat dies bei [X.] des Gepäcks bei einer Zwischenlandung nicht als regelmäßig gegeben angesehen (vgl. [X.], 273, 274); vielmehr muß der Tat-- 4 - richter die Verfügungsmöglichkeit des Kuriers in jedem Einzelfall aufgrund ei-ner fehlerfreien Beweiswürdigung konkret feststellen (Senatsbeschluß vom 25. [X.]uli 2002 - 2 [X.] = NStZ 2003, 92; vgl. dazu auch [X.] in [X.]/[X.], BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 91 f.). [X.] sich eine konkrete Verfügungsmöglichkeit im Einzelfall nicht feststellen, hat der Täter sie jedoch irrtümlich angenommen, so kommt Versuch der Einfuhr in Betracht; andernfalls kann, wenn das Rauschgift im Inland sichergestellt wird, Versuch der Durchfuhr gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 BtMG in Betracht kommen. c) Dies hat das [X.] im Grundsatz nicht verkannt; anders als in dem der Senatsentscheidung vom 25. [X.]uli 2002 (NStZ 2003, 92) zugrunde lie-genden Fall fehlen daher hier Feststellungen zur Verfügungsmöglichkeit des Angeklagten nicht. Zutreffend wendet aber die Revision ein, daß diese Fest-stellungen, soweit sich dies aus den Urteilsgründen ergibt, im wesentlichen nur auf die abstrakte Möglichkeit des Angeklagten abstellen, das Gepäckstück mit dem Rauschgift während des [X.] ausgehändigt zu erlangen; konkrete, auf den Einzelfall bezogene Feststellungen fehlen oder sind [X.] lückenhaft. Vorliegend war die [X.]spanne zwischen Ankunft und geplantem Weiter-flug mit 95 Minuten wesentlich kürzer als im Fall [X.], 92. Auch wenn die Untersuchung des Gepäcks erst "kurz vor dem Einborden zum Flug nach [X.]" erfolgte ([X.]), so muß dies doch jedenfalls einige [X.] vor der geplanten Abflugzeit geschehen sein. Da die Überprüfung von [X.] durch Beamte des [X.] nicht regellos und spontan "kurz vor dem Einborden" erfolgt, muß sie, worauf die Revision zutreffend hinweist, zu-vor angeordnet und das Gepäck bereitgestellt worden sein. [X.]edenfalls vom [X.]punkt dieser Anordnung an, zu welchem Feststellungen nicht getroffen - 5 - sind, liegt die Annahme eher fern, zur Überprüfung vorgesehene Gepäckstücke würden auf Anforderung von Transitreisenden ohne weiteres herausgegeben. Auch zu den sonstigen konkreten Umständen des Einzelfalls - zum Beispiel [X.]punkt des Entladens aus dem aus [X.] kommenden Flugzeug; Art, Dauer und Ort der Zwischenlagerung und Weiterverteilung; Ort und Dauer der Überprüfung - enthält das Urteil keine Feststellungen. Diese wären jedoch er-forderlich gewesen; eine allein [X.] Möglichkeit reicht nicht aus. Zu den zu berücksichtigenden Umständen zählen insbesondere auch mögliche Dienstvorschriften sowie praktische Abläufe hinsichtlich der Aushän-digung von [X.]. Es kann, gerade auch im Zusammenhang mit einer veränderten Beurteilung von Sicherheitsfragen und den Erfahrungen bei der Verfolgung namentlich von Rauschgiftschmuggel, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß eine frühere Praxis unverändert fortgilt. Dem Senat ist dienstlich das abschließende Urteil des [X.] [X.] vom 25. Oktober 2002 - 5/4 KLs ([X.] 1/2002) 5150 [X.]s 202564/02 in dem dem [X.] vom 25. [X.]uli 2002 - 2 [X.] zugrundeliegenden Verfahren - bekannt, in welchem als Ergebnis der Vernehmung von Bediensteten der [X.] insoweit festgestellt ist: "Fluggesellschaften lassen offenbar nur aus-nahmsweise - etwa bei erforderlichem Zugriff auf Medikamente - den Zugriff auf das Gepäck zu, wobei freilich nicht notwendig der gesamte Koffer ausgehän-digt wird." Diesen Fragen hätte der Tatrichter hier genauer nachgehen müssen. Überdies belegt eine bloße Erfahrung des Angeklagten mit [X.] unter Mitführung von Sportausrüstungen entgegen der Annahme des [X.] ([X.], 7) nicht schon ohne weiteres, daß er Erfahrungen mit der Herausgabe von [X.] - und dies gerade in [X.] - und daher die Annahme von Vorsatz tragende konkrete Vorstellungen über seine Verfü-gungsmöglichkeit hatte. - 6 - d) Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil, denn das [X.] hat die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen. 2. Dies führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt und damit auch der an sich [X.] Verurteilung wegen tateinheitlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Damit entfällt auch die Grundlage für die Einziehungsanordnung. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, daß sich aus der bloßen Feststellung, der Angeklagte habe zwei Mobiltelefone, 582 US-Dollar und 92 [X.] Reais mitgeführt, für keinen dieser Gegenstände schon ohne weiteres die Vor-aussetzungen einer Einziehung ergeben. [X.] Detter

Bode

Rothfuß

Fischer

Meta

2 StR 187/04

16.06.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2004, Az. 2 StR 187/04 (REWIS RS 2004, 2801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2801

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 259/02 (Bundesgerichtshof)


3 StR 634/14 (Bundesgerichtshof)


2 StR 631/10 (Bundesgerichtshof)


3 StR 634/14 (Bundesgerichtshof)

Konkurrenzen bei Betäubungsmitteldelikten: Zusammentreffen vorsätzlicher Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen mit …


2 StR 4/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.