Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2017, Az. 4 StR 218/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9214

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Gegenstand

Unerlaubter Betäubungsmittelbesitz und -handel: Nicht geringe Menge bei in sog. Ecstasy-Tabletten enthaltenem Wirkstoff MDMA; Unterbringung eines ausreisepflichtigen Ausländers in einer Entziehungsanstalt


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2017 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben, weil die [X.] den Grenzwert zur nicht geringen Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG unrichtig bestimmt und deshalb von einem zu großen Schuldumfang ausgegangen ist.

3

Nach den Feststellungen war der Angeklagte im Besitz von 9.997 Tabletten mit einem MDMA-Anteil von 801,62 Gramm und 994,7 Gramm einer „kristallinen bräunlichen Substanz“, in der 698,28 Gramm MDMA enthalten waren. Er beabsichtigte, die Betäubungsmittel für einen Kurierlohn von 1.000 Euro nach B.    zu transportieren, wo sie von [X.] gewinnbringend verkauft werden sollten. Das [X.] ist bei der Bestimmung der nicht geringen Menge von dem Grenzwert für Amphetamin (10 Gramm Amphetaminbase) ausgegangen ([X.]) und hat dem Angeklagten bei der Strafzumessung die „besonders hohe Wirkstoffmenge der Betäubungsmittel“ angelastet, die mit 1.499,9 Gramm „rund das 149-fache der nicht geringen Menge“ betrage ([X.] 14).

4

Dies ist rechtsfehlerhaft. Der [X.] hat den Grenzwert zur nicht geringen Menge bei MDMA auf 30 Gramm Base festgesetzt (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 2004 - 3 [X.]; Beschluss vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01, NJW 2001, 1805; Urteil vom 9. Oktober 1996 - 3 StR 220/96, [X.]St 42, 255, 262, 267; [X.] in: Körner/[X.]/[X.], BtMG, 8. Aufl., § 29a Rn. 92). Zwar hat der 2. Strafsenat eine Herabsetzung der [X.] auf 10 Gramm Base anlässlich der Bestimmung der [X.] für Metamphetamin in einem obiter dictum für gerechtfertigt gehalten (Urteil vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, [X.]St 53, 89, 97 f.); die bisherige [X.]nbestimmung auf 30 Gramm in einer späteren Entscheidung (Beschluss vom 5. August 2010 - 2 StR 296/10, StraFo 2010, 472) aber wieder bestätigt. Danach hätte die [X.] dem Angeklagten nicht anlasten dürfen, dass die Grenze zur nicht geringen Menge um „rund das 149-fache“ überschritten gewesen sei. Der [X.] vermag nicht auszuschließen, dass die [X.] bei zutreffender Bestimmung des Schuldumfangs die Strafe milder bemessen hätte.

5

2. Die Ablehnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Zwar hat das [X.] das Vorliegen eines Hangs mit bedenklichen Erwägungen (Selbstreflektion erhalten, keine Anzeichen für eine persönlichkeitsbezogene oder [X.] Depravation) verneint, jedoch ergeben die Feststellungen keinen greifbaren Hinweis auf eine hangbedingte Gefährlichkeit. Zudem gehört der ausreisepflichtige Angeklagte als durchreisender Rauschgiftkurier mit Lebensmittelpunkt in [X.]    , bei dem eine spätere Integration in [X.] kaum zu erwarten ist, zu dem Personenkreis, bei der eine negative Ermessensentscheidung getroffen werden konnte (vgl. BT-Drucks. 16/1344, S. 12 f. und 16/5137, [X.]; [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 5 [X.], [X.], 204, 205; [X.] in: [X.] Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 159).

Sost-Scheible     

       

Cierniak     

       

[X.]

       

Bender     

       

Quentin     

       

Meta

4 StR 218/17

22.06.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kaiserslautern, 24. Februar 2017, Az: 6014 Js 17044/16 - 4 KLs

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 64 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2017, Az. 4 StR 218/17 (REWIS RS 2017, 9214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9214

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