Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.09.2022, Az. 1 StR 63/22

1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5821

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Gegenstand

Haupthandlung in Strafsachen: Fehlerhafte Wiederholung einer Zeugenvernehmung


Tenor

1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. September 2021 werden als unbegründet verworfen.

2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]     wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen vorsätzlichen Bankrotts in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen den Angeklagten [X.]hat es wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Insolvenzverschleppung und wegen Beihilfe zu zwei Fällen des Bankrotts eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Im Übrigen hat das [X.] die beiden Angeklagten freigesprochen. Gegen die Verurteilungen richten sich ihre auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 [X.]).

2

Zu der Verfahrensrüge der Angeklagten, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 338 Nr. 1 [X.]), da einer der Schöffen während der Vernehmung der Zeugin S.    mehrfach eingeschlafen und die Beweisaufnahme nicht entsprechend den Regeln des § 69 [X.] wiederholt worden sei, ist ergänzend zu den [X.] anzumerken:

3

Die Revisionen zielen darauf ab, dass eine wirksame Wiederholung der Zeugenvernehmung nicht stattgefunden habe, sodass eine Verletzung des § 338 Nr. 1 [X.] nicht geheilt worden sei. Damit beanstanden sie jedoch nicht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts, sondern rügen vielmehr eine Verletzung des § 69 [X.]. Denn unabhängig davon, ob die wiederholte Vernehmung der Zeugin ordnungsgemäß durchgeführt wurde, war das Gericht währenddessen – das bestreiten auch die Revisionen nicht – vorschriftsmäßig besetzt. Da die Zeugin nach der Anordnung der Wiederholung der Beweisaufnahme durch die Vorsitzende jedoch nicht zunächst im Zusammenhang berichtete, sondern lediglich die ihr vorgehaltenen Angaben, die sie zuvor im Rahmen der Hauptverhandlung gemacht hatte, bestätigte, entsprach die wiederholte Vernehmung allerdings nicht den Vorgaben des § 69 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 17. März 1981 – 1 [X.] Rn. 5 ff., [X.]/[X.] in [X.]/[X.], 27. Aufl., § 69 Rn. 6; [X.] in [X.], 8. Aufl., § 69 Rn. 4; [X.], [X.], 9. Aufl., Rn. 283a).

4

Unabhängig davon, ob mit der Rüge einer Verletzung dieser Vorschrift gleichzeitig ein Verstoß gegen § 244 Abs. 2 [X.] geltend zu machen ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 1951 – 3 [X.], [X.] 1951, 658 bei [X.]; [X.], Beschluss vom 30. Oktober 1996 – 2 Ss ([X.]) 323/96 –([X.]) 111/96 II,[X.], 210; [X.] in [X.], 1. Aufl., § 69 Rn. 36; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 69 Rn. 13; a.A. [X.] in [X.], 8. Aufl., § 69 Rn. 8), schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf der (in Teilen) fehlerhaften Vernehmung der Zeugin S.    aus. Die in der Revisionsbegründung genannten Einzelheiten, zu denen die Zeugin S.    während der knapp 25 Minuten dauernden Phase des wiederholten Einschlafens des Schöffen Angaben machte und die sie entgegen § 69 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Vorhalt bestätigte, hat das [X.], soweit es diese im Urteil verwertet hat, auf eine Vielzahl weiterer aussagekräftiger Beweismittel gestützt, zum Beispiel Mietverträge, E-Mails, Kontoauswertungen, sonstige schriftliche Unterlagen und Zeugenaussagen.

Jäger     

      

Bellay     

      

Fischer

      

Pernice     

      

Munk     

      

Meta

1 StR 63/22

06.09.2022

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Landshut, 28. September 2021, Az: 3 KLs 205 Js 1348/15

§ 69 Abs 1 S 1 StPO, § 338 Nr 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.09.2022, Az. 1 StR 63/22 (REWIS RS 2022, 5821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5821

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