Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2012, Az. II ZR 212/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4857

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZR 212/10

vom

10.
Juli 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 103 Abs. 1; GmbHG § 19 Abs. 4 nF
a)
Tritt im Laufe eines Rechtsstreits eine Gesetzesänderung in [X.], die sofor-tige Wirksamkeit entfaltet, gebieten es die Grundsätze des fairen Verfahrens und die Fürsorgepflicht des Gerichts, dass es der erstinstanzlich erfolgrei-chen [X.] rechtzeitig einen Hinweis darauf erteilt, dass es die Rechtslage anders beurteilt als das erstinstanzliche Gericht. Dies gilt auch dann, wenn der Prozessgegner der anwaltlich vertretenen [X.] auf Schlüssigkeitsbe-denken hingewiesen hat, für das Gericht aber offen zu Tage tritt, dass der Hinweis nicht richtig verstanden wurde.

b)
Zahlt der [X.]er den [X.] (hier: aus einer Kapitalerhöhung) nach Fassung des [X.] [X.] an die [X.] verbunden mit der Anweisung, die Zahlung an ihn zur Tilgung [X.] aus einem ersten, fehlgeschlagenen Erfüllungs-versuch zurück zu überweisen, liegt darin eine verdeckte Sacheinlage in Form des Hin-
und Herzahlens.

[X.], Beschluss vom 10. Juli 2012 -
II ZR 212/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 10.
Juli 2012 durch [X.]
[X.], den
Richter Dr.
Strohn,
die Richterin-nen
Caliebe
und
Dr.
Reichart
und den Richter
Sunder
beschlossen:
Auf die [X.] der Beklagten zu
1 und 2 und des Nebenintervenienten der Beklagten wird das Urteil des 12.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Oktober 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Streitwert: 926.701,38

Gründe:
I.
Die Beklagten zu 1 bis 4 sind [X.]er einer [X.] bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR), die ihrerseits ab August 2000 Alleingesellschafterin der Insolvenzschuldnerin, einer GmbH, war. Mit [X.]erbeschluss vom 11.
Oktober 2000 wurde das Stammkapital der Insolvenzschuldnerin um 969.322,49

s-sen. Die Kapitalerhöhung wurde am 6.
November 2000 beim [X.], die Eintragung erfolgte am 4.
Dezember 2000. Am 25. und 26.
September 2000 waren auf Konten der Insolvenzschuldnerin 2
Mio.
DM eingegangen mit dem 1
-
3
-

.

Gruppe -

e-herrschte T.

KG hatte der GbR insoweit ein Darlehen gewährt. Im Zeitpunkt der Fassung des [X.] waren die überwiesenen 2
Mio.
DM bis auf einen Betrag von 83.359,64
DM für das operative Geschäft der [X.] verbraucht. Am 26.
Oktober 2000 gewährte die S.

Bank eG der GbR ein [X.] in Höhe von 2
Mio.

f-

November 2000 mit Wertstellung am 15.
November 2000 über-wies die GbR die ihr von der Bank gewährte Darlehenssumme von 2
Mio.
DM an die selben Tag überwies die Insolvenzschuldnerin diesen Betrag weiter an die T.

KG, um deren Darlehensforderung gegen die GbR zu tilgen.
Mit Beschluss vom 1.
Februar 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat mit der Behauptung, die aus der Kapitalerhöhung geschuldete Einlage sei in Höhe von 926.701,38

liege insoweit keine schuldtilgende Voreinzahlung vor, im August 2007 Klage gegen die Beklagten zu
1 bis 4 erhoben. Am 25.
April 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor dem [X.] statt. Das erstinstanzliche Teilurteil gegen die Beklagten zu
1, 2 und 4 wurde nach im Mai 2009 erfolgtem Übergang ins schriftliche Verfahren am 21.
Juli 2009 verkündet. Im Hinblick auf das im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens am 1.
November 2008 in [X.] getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) hat das [X.] die Klage mit der Begründung abgewiesen, es liege eine verdeckte Sacheinlage nach §
19 Abs.
4 GmbHG nF vor, wegen des gleichwertigen und vollständigen Bereicherungsan-spruchs der Beklagten aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung, der mit dem [X.] aus der Kapitalerhöhung [X.] gewesen sei, sei die Klage aus §
19 Abs.
4 GmbHG unbegründet. Das Berufungsgericht hat auf die 2
-
4
-

Berufung des [X.] der Klage stattgegeben. Hiergegen richten sich die [X.] der Beklagten zu
1 und 2 und des Nebenintervenienten der [X.].

II.
Die [X.] der Beklagten zu
1 und 2 (künftig: Beklagte) und des Nebenintervenienten der Beklagten sind begründet und führen zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§
544 Abs.
7 ZPO). Das Berufungsgericht hat mit seiner Entscheidung, der Vortrag der Beklagten zur Werthaltigkeit der Bereicherungsforderung aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung sei unsubstantiiert, darüber hinaus verspätet und biete keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, den [X.] auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) in entscheidungs-erheblicher Weise verletzt.
1. Die nicht näher begründete Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 28.
September 2010 und vom 7.
Oktober 2010 zu der fehlenden insolvenzrechtlichen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung sei unsubstantiiert, verletzt die [X.] in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Es entspricht ständiger Rechtspre-chung, dass Vortrag einer [X.] dann hinreichend substantiiert ist, wenn sie Tatsa-chen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der [X.] nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Be-hauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind ([X.], [X.], 492 Rn.
16; [X.], 3
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5
-

Beschluss vom 9.
Februar 2009 -
II
ZR
77/08, [X.], 1154 Rn.
4; Beschluss vom 21.
Mai 2007 -
II
ZR
266/04, [X.], 1524 Rn.
8; Urteil vom 25.
Juli
2005
-
II
ZR
199/03, [X.], 1847, 1848 m.w.N.). Überspannt das Gericht die [X.] an die Substantiierung und erhebt deshalb nicht die von der [X.] angebote-nen Beweise, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör ([X.], [X.], 492 Rn.
20 f.; [X.], Beschluss vom 9.
Februar 2009 -
II
ZR
77/08, [X.], 1154 Rn.
4). So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben ausführlich unter Vorlage von zahl-reichen Unterlagen und unter Beweisantritt vorgetragen, dass zwar eine bilanzielle, nicht jedoch eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Insolvenzschuldnerin vorge-legen habe.
2. Dieser Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art.
103 Abs.
1 GG ist ent-scheidungserheblich, weil auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts, der Vortrag der
Beklagten sei verspätet (§
531 Abs.
2 ZPO) und -
auch
-
deshalb unbe-achtlich, auf einem Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG beruht.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] darf eine -
wie hier die Beklagten
-
in erster Instanz siegreiche [X.] darauf vertrauen, vom Berufungsge-richt rechtzeitig einen Hinweis nach §
139 ZPO zu erhalten, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (st.Rspr., siehe nur [X.], Beschluss vom 4.
Mai
2011 -
XII
ZR
86/10, NJW-RR 2011, 1109 Rn.
12; Beschluss vom 15.
März 2006 -
IV
ZR
32/05, NJW-RR 2006, 937 Rn.
4; Urteil vom 27.
April
1994 -
XII
ZR
16/93, [X.], 1823, 1824; [X.], [X.], 2716 Rn.
10
ff.). Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überra-schungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der [X.]en auf [X.] Gehör ([X.]E 84, 188, 189
f.). Rechtliche Hinweise müssen danach den [X.] in ihrer
konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich 5
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-
6
-

möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das [X.] und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzei-tig ihren Sachvortrag zu ergänzen ([X.]E 84, 188, 189; 86, 133, 144).
Ein rechtlicher Hinweis ist zwar regelmäßig nicht geboten, wenn eine [X.] in erster Instanz obsiegt hat, die dem ihr günstigen Urteil zugrundeliegende Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und das Berufungsgericht sich sodann der Auffassung des [X.] anschließt. In diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgrei-che [X.] von vornherein damit rechnen, dass
das Berufungsgericht anderer [X.] ist; seine dementsprechende Entscheidung kann im Grundsatz nicht überra-schend sein. Das Berufungsgericht hat regelmäßig keinen Anlass zu der Annahme, trotz der in der Berufung zentral geführten Auseinandersetzung über den Streitpunkt bestehe noch Aufklärungsbedarf und müsse der [X.] Gelegenheit zu weiterem Vor-trag und Beweisantritt gegeben werden (siehe nur [X.], Urteil vom 19.
August
2010 -
VII
ZR
113/09, NJW 2010, 3089 Rn.
18 m.w.N.).
Andererseits befreit der Umstand, dass der Prozessgegner Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Vortrags der anderen [X.] geltend gemacht hat, das Gericht dann nicht von seiner Pflicht zu einem Hinweis, wenn es für das Gericht offenkundig ist, dass der Prozessbevollmächtigte der [X.] die Bedenken des Prozessgegners nicht zutreffend aufgenommen hat (siehe nur [X.], Urteil vom 17.
Juni
2004 -
VII
ZR
25/03, NJW-RR 2004, 1247, 1248; Urteil vom 7.
Dezember 2000 -
I
ZR
179/98, NJW 2001, 2548, 2549 [X.]. m.w.N.).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen nicht als verspätet zurück-weisen und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht ablehnen.
7
8
9
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7
-

Der Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung, dass es die Frage der Vollwertigkeit der Bereicherungsforderung anders beurteile als das [X.] und dementsprechend weiteren Vortrag der Beklagten und Beweisantrit-te für erforderlich halte, war gemessen an §
139 Abs.
4 Satz
1 ZPO ohnehin recht spät; angesichts dessen hätte das Berufungsgericht, nachdem es bei der Erörterung der Sach-
und Rechtslage erstmalig diesen Hinweis erteilt hatte, dem Antrag der [X.] auf Gewährung einer Schriftsatzfrist stattgeben müssen (§
139 Abs.
5 ZPO). Jedenfalls aber musste es den substantiierten, beweisbewehrten Vortrag der [X.] in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen zum Anlass nehmen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Dadurch, dass es dies unterlassen und den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen hat, hat es gegen Art.
103 Abs.
1 GG ver-stoßen (siehe hierzu [X.], Beschluss vom 18.
September 2006 -
II
ZR
10/05, [X.], 2328 Rn.
4
ff.; Beschluss vom 15.
Oktober 2009 -
VII
ZR 2/09, [X.], 246 Rn.
3
f. [X.]. m.w.N.).
Zwar trifft es zu, dass der Berufungskläger darauf hingewiesen hatte, dass das [X.] die Frage der Vollwertigkeit des [X.] nicht richtig beurteilt habe und die Beklagten bislang dazu den erforderlichen Vortrag nicht gehal-ten hätten. Darin lag jedoch nicht "der" zentrale Streitpunkt zwischen den [X.]en. Vielmehr ging es vorrangig um die Frage, ob ein Fall des Hin-
und Herzahlens oder ein Fall einer verdeckten Sacheinlage vorlag.
Zudem hatten die [X.]en in der ersten Instanz nur über die Frage der Zuläs-sigkeit der Voreinzahlung auf die Kapitalerhöhung gestritten. Erst nachdem während des Verfahrens in der ersten Instanz das MoMiG in [X.] getreten war, bestand für die Beklagten erstmals Anlass, sich mit der Frage der [X.] zu befassen, da die Vollwertigkeit der Verteidigung der Beklagten zuvor nicht hätte zum Erfolg verhelfen können (vgl. nur [X.], Urteil vom 7.
Juli 2003
10
11
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-
8
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-
II
ZR
235/01, [X.]Z 155, 329, 337
ff.). Vortrag zu der neuen Rechtslage findet sich dementsprechend in der ersten Instanz nur in ganz geringem Umfang -
geschweige denn sind diese Fragen in einer mündlichen Verhandlung erörtert worden
-, und auch die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung bot den Beklagten keinen Anlass zu
der Annahme, sie müssten zur Frage der Vollwertigkeit weiteren Vortrag halten. Jedenfalls musste für das Berufungsgericht aber erkennbar sein, dass die anwaltli-chen Vertreter der Beklagten die Frage der Vollwertigkeit offensichtlich fehlerhaft [X.] auf die Zahlungsfähigkeit der [X.] bezogen und den Hinweis in der Beru-fungsbegründung des [X.] nicht richtig verstanden hatten. Tritt, wie hier, im Laufe des Verfahrens eine Gesetzesänderung ein und besteht auch wegen Fehlens einer (höchstrichterlichen) Rechtsprechung bei den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Anwendbarkeit und der Voraussetzungen der neuen [X.] verständliche Unsicherheit, erfordern es die Grundsätze eines fairen Verfahrens und die Fürsorgepflicht des Gerichts in besonderem Maße, dass das Gericht [X.] Hinweise erteilt und sich nicht darauf zurückzieht, die betroffene [X.] sei schon durch Vorbringen des Gegners auf die Fragen, die nach der vom Gericht erst in der mündlichen Verhandlung dargelegten Rechtsauffassung von Bedeutung sind, hingewiesen worden.
3. Der Erfolg der Rechtsverteidigung der Beklagten hängt von der Frage ab, ob bzw. in welcher Höhe die Bereicherungsforderung aus der fehlgeschlagenen [X.] gegen die Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapital-erhöhung werthaltig war (§
19 Abs.
4 Satz
3, Satz
5, §
56 Abs.
2 GmbHG). Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht diese Frage anders beurteilt hätte, wenn es den Vortrag der Beklagten zur Kenntnis genommen hätte.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] auf die Kapitalerhöhung nicht zum Erlöschen der Einlageforderung 13
14
-
9
-

geführt hat (st.Rspr., siehe nur [X.], Urteil vom 26.
Juni 2006 -
II
ZR
43/05, [X.]Z 168, 201
ff.).
b) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht -
im [X.] an die wegen der aus §
19 Abs.
5 Satz
1 GmbHG folgenden Subsidiarität rechtsfehlerhaften Prü-fung des Eingreifens von §
19 Abs.
5 GmbHG
-
weiter erkannt, dass hier ein Fall der
verdeckten Sacheinlage nach §
19 Abs.
4 GmbHG in der Form des Hin-
und Herzah-lens vorliegt. Die GbR hat mit der zweiten, an sie zurückgeflossenen Einzahlung auf ihre Einlageverpflichtung aus der beschlossenen Kapitalerhöhung zu verdecken [X.], dass sie ihre Bereicherungsforderung gegen die Insolvenzschuldnerin aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung als Sacheinlage auf die Kapitalerhöhung einge-bracht hat.
c) Hat der [X.]er auf eine geplante Kapitalerhöhung gezahlt, ist aber eine Tilgung seiner Einlageschuld dadurch nicht eingetreten, kann er seinen daraus resultierenden Bereicherungsanspruch als (offene) Sacheinlage einbringen. [X.] das nicht, liegt eine verdeckte Sacheinlage im Sinne des §
19 Abs.
4 Satz
1 GmbHG vor. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung wird die Einlage nicht durch Geld-leistung, sondern durch Einbringung der Bereicherungsforderung des Gesellschaf-ters erfüllt (siehe hierzu [X.], Festschrift Priester, 2007, [X.], 98). Eine entspre-chende Abrede wird zwar -
so auch hier
-
förmlich in der Regel nicht getroffen wer-den. Das ist aber auch nicht erforderlich, da sie bei einem -
wie hier gegebenen
-
en-gen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang vermutet wird (st.Rspr., siehe nur [X.], Urteil vom 22.
März 2010 -
II
ZR
12/08, [X.]Z 185, 44 Rn.
14 m.w.N.
-
ADCOCOM).
Die (nochmalige) Zahlung des [X.]es hat die Einlageforderung der Insolvenzschuldnerin ebenfalls nicht zum Erlöschen gebracht. Dieser Betrag ist auf 15
16
17
-
10
-

Anweisung der [X.] am selben Tag an sie zurückgeflossen,
um ihren Bereiche-rungsanspruch gegen die Insolvenzschuldnerin zu erfüllen. An der Rückzahlung an die GbR ändert der Umstand nichts, dass die [X.] den Betrag nicht unmittel-bar an die GbR, sondern auf deren Anweisung an die von den Beklagten beherrschte T.

KG gezahlt hat, um die Darlehensverbindlichkeit der GbR gegenüber der T.

KG zu erfüllen (§
267 Abs.
1 Satz 1, §
362 Abs.
2 BGB).
Diese Art der gegenläufigen Überweisungen stellt keinen Fall des Hin-
und Herzahlens nach §
19 Abs.
5 GmbHG, sondern eine verdeckte Sacheinlage in der Form des Hin-
und Herzahlens nach §
19 Abs.
4 GmbHG dar (so zutreffend Priester, [X.], 454, 500). Die Bestimmung des §
19 Abs.
5 GmbHG
betrifft nicht alle Fälle gegenläufiger Zahlungen, sondern nur solche, bei denen die [X.] mit der Rücküberweisung einen -
dazu noch vollwertigen und liquiden
-
Anspruch gegen den [X.]er erwirbt (siehe hierzu [X.], Urteil vom 20.
Juli 2009 -
II
ZR 273/07, [X.]Z 182, 103 Rn.
11, 26
ff. -
Cash-Pool II). Genau das war hier aber nicht der Fall: Die Insolvenzschuldnerin tilgte durch die Zahlung an die T.

KG eine bereits [X.]) und erwarb gerade keine neue Forderung gegen die [X.]erin. Die GbR wollte ihrerseits mit der (erneuten) Zahlung keine neue Verbindlichkeit gegen-über der Insolvenzschuldnerin eingehen; sie wollte vielmehr von ihrer Einlagever-pflichtung frei werden.
Die Erfüllung der fortbestehenden Geldeinlagepflicht des [X.] kann bei

19 Abs.
4 Satz
3, Satz
5, §
56 Abs.
2 GmbHG gelingen, d.h. wenn der Inferent nach-weist, dass seine Bereicherungsforderung gegen die [X.] im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung vollwertig, nämlich
durch entsprechendes Vermö-gen der [X.] vollständig abgedeckt war (siehe nur [X.], Urteil vom 18
19
-
11
-

21.
Februar
1994 -
II
ZR
60/93, [X.]Z 125, 141, 145 f. m.w.N.). Daran fehlt es, so-weit eine
Überschuldung der [X.] vorgelegen hat. Eine Unterbilanz schadet dagegen im Grundsatz nicht. Bei der Ermittlung des Vermögensstands dürfen stille Reserven berücksichtigt werden, denn es geht nicht um eine Ausschüttungsbegren-zung wie im Falle des §
30 GmbHG, sondern allein um eine hinreichende Vermö-gensdeckung. Die Erfüllung eines Anspruchs kann eine Unterbilanz oder Überschul-dung weder herbeiführen noch vertiefen, weil der Verminderung der Aktivseite eine entsprechende Verringerung der Verbindlichkeiten gegenübersteht, die Erfüllung also bilanzneutral ist (siehe nur MünchKommGmbHG/Ekkenga, §
30 Rn.
227).
-
12
-

4. In der wiedereröffneten Berufungsverhandlung wird das Berufungsgericht dem beweisbewehrten Vortrag der Beklagten zur Vollwertigkeit des [X.] im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung (siehe hierzu [X.], Ur-teil vom 22.
März 2010 -
II
ZR 12/08, [X.]Z 185, 44 Rn.
19 -
ADCOCOM) nachzuge-hen haben.

Bergmann
Strohn
Caliebe

Reichart
Sunder

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.07.2009 -
2 HKO 7227/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.10.2010 -
12 U 1528/09 -

20

Meta

II ZR 212/10

10.07.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2012, Az. II ZR 212/10 (REWIS RS 2012, 4857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4857

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

II ZR 303/14

Zitiert

II ZR 212/10

Zitieren mit Quelle:
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