Bundessozialgericht, Urteil vom 17.07.2014, Az. B 14 AS 25/13 R

14. Senat | REWIS RS 2014, 3969

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung und -berechnung - Zufluss der Arbeitsentgeltzahlung für mehrere Monate in einem Monat - Mehrfachabsetzung des Grundfreibetrags und des Erwerbstätigenfreibetrages


Leitsatz

Fließt einem Leistungsberechtigten mit nur einem Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Monats in mehreren Monaten erarbeitetes Arbeitsentgelt zu, so ist auch das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag für jeden dieser Monate gesondert zu bereinigen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des [X.] vom 27. März 2013 und der Gerichtsbescheid des [X.] vom 2. August 2011 aufgehoben.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2011 wird aufgehoben, soweit der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag 26,40 Euro übersteigt.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Streitig sind die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]) für Januar 2011 und eine entsprechende Erstattungsforderung wegen der Höhe von [X.] bei "doppeltem" Zufluss von Arbeitsentgelt.

2

Die 1959 geborene, alleinstehende Klägerin bezog seit November 2006 von dem Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]. Im November 2010 nahm sie eine Tätigkeit als Raumpflegerin zu einem Stundenlohn von 7 Euro im Umfang von monatlich 19 Stunden auf, deren Vergütung sie anfangs jeweils zu Beginn des Folgemonats erhielt. Darauf bewilligte der Beklagte ihr für den [X.]raum vom 1.1. bis 31.1.2011 zunächst unter Anrechnung geschätzter Einkünfte von 400 Euro Arbeitslosengeld II ([X.]) in Höhe von 320,68 Euro (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts 119 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 201,68 Euro; Bescheid vom [X.]) und setzte die Leistung nach Erhalt der Bescheinigung über den Eingang des [X.] von 133 Euro am 5.1.2011 für diesen [X.]raum auf 534,28 Euro fest (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts 332,60 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 201,68 Euro; Bescheid vom 11.1.2011). Diese Bewilligung hob er nach Anhörung der Klägerin für die [X.] vom 1. bis 31.1.2011 in Höhe von 106,40 Euro teilweise wieder auf und setzte eine Erstattungsforderung in gleicher Höhe fest, nachdem der Arbeitgeber der Klägerin dazu übergegangen war, das laufende Arbeitsentgelt bereits zum Monatsende auszuzahlen und deshalb das Entgelt für Januar 2011 in Höhe von 133 Euro bereits am 31.1.2011 auf ihrem Konto eingegangen war (Bescheid vom 3.3.2011).

3

Widerspruch, Klage und Berufung mit dem Ziel, bei der Anrechnung des [X.] [X.] den Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] (idF des [X.] für erwerbsfähige Hilfebedürftige vom 14.8.2005, [X.] 2407; im Folgenden: § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF; seit dem 1.4.2011 nunmehr: § 11b Abs 2 Satz 1 [X.] idF des [X.]/[X.]/[X.], im Folgenden § 11b Abs 2 Satz 1 [X.] nF) zu berücksichtigen, sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 14.4.2011, Gerichtsbescheid des [X.], Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> vom [X.]). Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, die (Teil-)Aufhebung der [X.]-Bewilligung für den [X.]raum vom 1. bis 31.1.2011 in Höhe von 106,40 Euro sei nicht zu beanstanden, denn der Grundfreibetrag für Januar 2011 gemäß § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF von 100 Euro stehe der Klägerin nur einmal zu und es gebe keinen Anlass, den Zahlungseingang auf ihrem Konto am 31.1.2011 in Abweichung vom Zuflussprinzip für die Bedarfsberechnung im Januar 2011 außer Betracht zu lassen.

4

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF. Bei Zufluss von zwei Monatslöhnen aus demselben Arbeitsverhältnis innerhalb eines Kalendermonats seien die hiernach zustehenden Freibeträge jeweils für jeden Monatslohn in Abzug zu bringen. Zwar müssten die Einnahmen, die in einem Monat zugeflossen sind, auch grundsätzlich in diesem Monat angerechnet werden. Sofern Freibeträge betroffen seien, sei dieses Zuflussprinzip jedoch zu modifizieren. Nach ihrem Sinn und Zweck könne die Berücksichtigung nicht davon abhängen, wann das Arbeitsentgelt zur Auszahlung gelangt sei.

5

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des [X.] vom [X.] sowie des Gerichtsbescheids des [X.] vom [X.] den Bescheid vom 3.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.4.2011 aufzuheben, soweit der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag über 26,40 Euro hinausreicht.

6

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das [X.] entschieden, dass das neben dem Dezembergehalt auf den [X.]-Anspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. bis 31.1.2011 anzurechnende Gehalt für Januar 2011 nur um den Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 Satz 2 [X.] (in der bis zum 31.12.2010 unveränderten und gemäß § 77 Abs 3 [X.] idF des [X.]/[X.]/[X.] hier weiter anwendbaren Fassung des [X.]; im Folgenden: § 30 Satz 2 [X.] aF) und nicht auch um den Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF zu bereinigen ist; das wird dem Zweck dieses Freibetrags nicht gerecht.

8

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 3.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.4.2011, durch den der Beklagte seine mit Bescheid vom [X.] geänderte [X.]-Bewilligung für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.1.2011 wegen des Zuflusses des [X.] am 31.1.2011 in Höhe von 106,40 Euro teilweise aufgehoben hat und Erstattung in gleicher Höhe verlangt. Zur Überprüfung gestellt ist damit diese Änderung durch die Teilaufhebung so, wie sie sich auf die Bewilligung durch den - der Sache nach auf § 44 [X.] ([X.]) gestützten - Änderungsbescheid vom [X.] auswirkt. Das betrifft - anders als das [X.] angenommen hat - diese Entscheidung nicht als Ganzes. Regelnde Wirkung hat die Teilaufhebung vielmehr nur für den Regelbedarf gemäß § 20 [X.] (hier in der insoweit am 1.1.2011 in [X.] getretenen Fassung des [X.]/[X.]/[X.]). Hat der Grundsicherungsträger die Leistung für den Regelbedarf - wie im Bescheid vom [X.] hier auch - neben der für Unterkunft und Heizung durch gesonderte Verfügung als abtrennbaren Teil des [X.] bewilligt (vgl [X.] vom 13.4.2011 - B 14 [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 11; zur neuen Rechtslage [X.] vom [X.] - B 14 [X.]/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen), dann beschränken sich die Regelungswirkungen späterer Änderungsbescheide - von vollständigen Aufhebungen abgesehen - auf den [X.], auf den sich die Änderung bezieht. Das ist nach den Umständen hier die Verfügung über die Leistung für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts - ggf einschließlich hiervon nicht weiter abtrennbarer, vorliegend nach den nicht angegriffenen und daher bindenden (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ) Feststellungen des [X.] indes nicht bestehender Mehrbedarfe (vgl etwa [X.] vom 22.11.2011 - [X.] AS 138/10 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] RdNr 12) -, nachdem durch den Gehaltszufluss vom 31.1.2011 über 133 Euro nur der Regelbedarf teilweise gedeckt und dieser daher gemäß § 19 Abs 3 Satz 2 [X.] (hier in der insoweit am 1.1.2011 in [X.] getretenen Fassung des [X.]/[X.]/[X.]) nur dort zu berücksichtigen war (ebenso BSG vom 5.6.2014 - [X.] [X.]/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Gegen diese nachträgliche Änderung wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ).

9

2. Rechtsgrundlage des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides ist § 40 [X.] iVm § 330 Abs 3 [X.] ([X.]I), § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] und § 50 Abs 1 Satz 1 Zehntes [X.] ([X.]) sowie § 19 Abs 3 Satz 1 [X.] und § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] (in der bis zum [X.] unveränderten Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954; im Folgenden: § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] aF). Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist - ohne Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Eine solche wesentliche Änderung ist bezogen auf die bei Erlass des hier maßgeblichen [X.] vom [X.] vorliegenden tatsächlichen Umstände mit Zufluss des [X.] am 31.1.2011 zwar eingetreten. Zur Deckung des Regelbedarfs von 364 Euro - nicht wie vom [X.] angenommen von 359 Euro (§ 20 Abs 2 Satz 1 [X.] idF des insoweit rückwirkend zum 1.1.2011 in [X.] getretenen [X.]/[X.]/[X.]) - als Einkommen zu berücksichtigen davon waren jedoch nur weitere 26,40 Euro und damit von dem im Januar zugeflossenen Arbeitsentgelt insgesamt nur 52,80 Euro, und nicht 132,80 Euro wie vom Beklagten in Ansatz gebracht (dazu unter 4.).

3. Zutreffend im Ausgangspunkt ist allerdings, dass das nach der [X.] und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellung des [X.] am 31.1.2011 auf einem Konto der Klägerin eingegangene Gehalt für Januar 2011 nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] aF und § 2 Abs 2 Satz 1 Arbeitslosengeld II/[X.] ([X.]-V; hier in der insoweit bis zum [X.] unverändert gebliebenen Fassung vom 17.12.2007, [X.] 2942; im Folgenden: [X.]-V aF) bei der Berechnung der Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum vom 1. bis 31.1.2011 zu berücksichtigen ist. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs 1 und 2 [X.] erbracht, soweit diese nicht ua durch zu berücksichtigendes Einkommen gedeckt sind (§ 19 Abs 3 Satz 1 [X.]). Zu berücksichtigendes Einkommen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem [X.], der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem [X.] (§ 11 Abs 1 Satz 1 [X.] aF). Dabei sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 2 Abs 2 Satz 1 [X.]-V aF bzw nunmehr § 11 Abs 2 Satz 1 [X.]). Trotz Zuflusses erst am letzten [X.] war danach neben dem Anfang Januar 2011 gezahlten Gehalt für Dezember 2010 - von den gebotenen Absetzungen abgesehen - auch das Ende Januar 2011 gutgeschriebene [X.] im Januar zur Deckung des Lebensunterhalts der Klägerin einzusetzen.

4. Zu Unrecht aber hat das [X.] entschieden, dass von dem Ende Januar 2011 zusätzlich zugeflossenen Arbeitsentgelt nur der Freibetrag nach § 30 Satz 2 [X.] aF [X.] abzusetzen ist: Fließt einem Leistungsberechtigten mit nur einem Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Monats in mehreren Monaten erarbeitetes Arbeitsentgelt zu, so ist auch das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF für jeden dieser Monate gesondert zu bereinigen.

a) Nach der durch das Freibetragsneuregelungsgesetz begründeten Regelung des § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF ist bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 [X.] bis 5 [X.] aF - Versicherungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben - "ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen". Liegen die Ausgaben für diese Beträge über 100 Euro monatlich, sind sie im tatsächlichen Umfang abzusetzen, wenn das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro beträgt und die Ausgaben nachgewiesen werden (§ 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF bzw § 11b Abs 2 Satz 2 [X.] nF).

b) Motiv für die Einführung dieser Grundfreibetragsregelung kurz nach Inkrafttreten des [X.] war wesentlich das Ziel, den Anreiz für die Aufnahme oder Aufrechterhaltung nicht bedarfsdeckender Erwerbstätigkeit spürbar zu verstärken (ebenso bereits [X.] vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 19). [X.] dafür war die Einschätzung, dass sich die Integration erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgrund der Lage auf dem Arbeitsmarkt schwierig gestalte und insbesondere [X.] häufig nur die Möglichkeit offen stehe, im [X.] bis 400 Euro ([X.]) eine Beschäftigung aufzunehmen. Deshalb sei das mit der bisherigen [X.] verfolgte Ziel, insbesondere die Aufnahme bedarfsdeckender Erwerbstätigkeiten dadurch zu fördern, dass die Einnahmen oberhalb von 400 Euro besonders privilegiert werden, zu modifizieren. Anstelle der Besserstellung von Einnahmen oberhalb von 400 Euro (vgl bis dahin § 30 Nr 2 [X.] in der bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954) sollten stärkere Anreize zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch für [X.]s geboten werden. Dazu werde ein Grundfreibetrag von 100 Euro eingeführt, bis zu dem das Einkommen ohne Anrechnung auf die Leistungen bleibe; das bewirke eine deutliche Erhöhung der [X.] im Niedriglohnbereich (vgl BT-Drucks 15/5446, [X.]).

c) Der von diesen Erwägungen getragenen Umgestaltung der [X.] durch das Freibetragsneuregelungsgesetz wird die Einkommensbereinigung beim Zufluss von mehr als einem Monatsgehalt innerhalb eines Monats jedenfalls bei [X.] aus nur einem Beschäftigungsverhältnis nur gerecht, wenn sie den Zeitraum berücksichtigt, in dem das zu bereinigende Einkommen erarbeitet und für das es bezahlt worden ist. Diese Umgestaltung hat - anders als es das [X.] gesehen hat - keine isoliert zu betrachtenden Regularien der Einkommensfreistellung hervorgebracht. Ungeachtet des anfänglich unterschiedlichen [X.] sind § 11 Abs 2 Satz 2 aF einerseits und § 30 [X.] aF andererseits vielmehr Teil einer einheitlichen und aufeinander bezogenen [X.]. Das ist systematisch zwischenzeitlich bereits durch die Überführung des § 30 [X.] aF in die nunmehr einheitlich gefasste "[X.]" des § 11b [X.] deutlich geworden. Ebenso kam der Zusammenhang dem Wortlaut nach schon anfänglich darin zum Ausdruck, dass der Freibetrag nach § 30 [X.] aF als "weiterer Betrag" abzusetzen ist (§ 30 Satz 1 [X.] aF; inhaltlich ebenso nunmehr § 11 Abs 3 Satz 1 [X.] nF), er den Grundfreibetrag also ergänzt (ebenso [X.] vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 19). Demzufolge ist das von der Anrechnung auf die Leistungen nach dem [X.] schlechterdings freigestellte Erwerbseinkommen zwar nicht mehr ausschließlich nach festen Vomhundertsätzen bemessen (bis 30.9.2005: 15 vH für den Bruttolohn bis 400 Euro, zusätzliche 30 vH für den Bruttolohn zwischen 400 Euro und 900 Euro und [X.] für den Bruttolohn zwischen 900 Euro und 1500 Euro, vgl § 30 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt), sondern zusammengesetzt aus dem festen Sockel nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF und dem prozentual bemessenen Zusatzfreibetrag nach § 30 [X.] aF für Einkünfte oberhalb von 100 Euro (zu dieser gesamthaften Betrachtung vgl auch BT-Drucks 15/5446, [X.]). Das lässt indes nicht den Schluss zu, dass der volle Freibetrag nach der gesetzlichen Konzeption nunmehr nur noch für Monate absetzbar sein soll, in denen Erwerbseinkommen tatsächlich zufließt. Darauf zielt die Umgestaltung der Freibetragsregelung ersichtlich nicht; im Gegenteil soll sie mit Blick gerade auf den Niedriglohnbereich gewährleisten, dass für jeden Monat entlohnter Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 100 Euro frei von der Anrechnung auf das [X.] bleibt. Deshalb wird die für die Einführung des Grundfreibetrags zentrale Anreizfunktion evident verfehlt, wenn beim Zufluss eines über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten Erwerbseinkommens innerhalb eines Monats anstelle der vom Gesetzgeber intendierten Freistellung von [X.] in Höhe von jedenfalls 100 Euro der Grundfreibetrag nur einmal zur Absetzung kommt (im Ergebnis ebenso [X.] Baden-Württemberg vom [X.] - L 7 A[X.]695/06 - juris RdNr 27 f; [X.] in LPK-[X.], 5. Aufl 2013, § 11b RdNr 28).

d) Dazu besteht grundsicherungsrechtlich auch sonst kein Anlass. Zwar ist der [X.]-Anspruch auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt (vgl zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 9.4.2014 - B 14 [X.]/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 27 ff mwN). Dies zwingt indes nicht dazu, auch bei [X.] ausschließlich auf die im [X.] angefallenen Absetzbeträge abzustellen. Im Gegenteil hat das BSG bei der Absetzung der mit der Erzielung des Einkommens getätigten Aufwendungen schon in der Vergangenheit auf den Zeitraum abgehoben, in dem sie entstanden sind (vgl BSG vom 13.5.2009 - [X.] AS 29/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 19 - Insolvenzgeld). Ähnlich hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Vorschrift zur Bereinigung einmaliger Einnahmen in § 11b Abs 1 Satz 2 [X.] (idF des [X.]/[X.]/[X.]) vorgesehen, dass bei der Verteilung der - um die Absetzbeträge im [X.] bereinigten - Einnahmen monatlich weitere Absetzbeträge zu berücksichtigen sind, soweit sie in den einzelnen Monaten des [X.] (vgl BT-Drucks 17/3404 [X.]; ebenso BSG vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]3 - Krankengeld). Anderes verlangt schließlich auch der Monatsbegriff selbst nicht, weil es bei der hier in Rede stehenden Einkommensbereinigung im Unterschied zum Zuflussprinzip nicht um die Frage geht, in welchem Zeitraum Einkommen bedarfsdeckend einzusetzen ist, sondern darum, wann zu berücksichtigende Aufwendungen angefallen sind (vgl [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl 2013, § 11b RdNr 9: Aufwendungen sind abzusetzen, wenn sie abfließen). Entsprechend ist der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF beim Zufluss eines über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten Erwerbseinkommens innerhalb eines Monats jedenfalls dann für jeden dieser Monate gesondert abzusetzen, wenn der Grundfreibetrag andernfalls jedenfalls bei Erwerbseinkommen aus nur einem Beschäftigungsverhältnis - wie hier - mangels Zahlungseingangs in einzelnen Monaten überhaupt nicht abgesetzt werden könnte.

e) Dem steht nicht entgegen, dass mit der Neugestaltung der [X.] durch das Freibetragsneuregelungsgesetz auch Zwecke der Verwaltungsvereinfachung verfolgt worden sind. Das trifft zwar insoweit zu, als seither die Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 [X.] bis 5 [X.] aF (bzw seit dem 1.4.2011: § 11b Abs 1 Satz 1 [X.] bis 5 [X.] nF) im Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF aufgehen, solange sie bei Einkünften aus Erwerbstätigkeit in Höhe von mindestens 400 Euro einen Betrag von 100 Euro nicht übersteigen; das sollte die Ermittlung des Selbstbehalts für Verwaltung und Leistungsbezieher transparenter machen (vgl BT-Drucks 15/5446, [X.]). Schon die Höhe des Grundfreibetrags zeigt aber, dass darin nicht der Schwerpunkt der Regelung liegt, wie das [X.] angenommen hat: Beschäftigungen mit monatlichen [X.] von - wie hier - knapp über 100 Euro würden schwerlich aufgenommen, wenn zugleich die vom Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] aF verdrängten Beträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 [X.] bis 5 [X.] aF - vor allem also: die bei Ausübung der Tätigkeit anfallenden Werbungskosten - an 100 Euro heranreichen würden. Zu der vom Gesetzgeber intendierten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch in nicht bedarfsdeckendem Umfang wird es vielmehr nur kommen, wenn auch unter Berücksichtigung der Absetzbeträge des § 11 Abs 2 Satz 1 [X.] bis 5 [X.] aF ein hinreichender Anteil des [X.] zur eigenen zusätzlichen Verwendung der Leistungsbezieher verbleibt. Dem widerspräche es, den Grundfreibetrag in Fällen wie dem vorliegenden nur einmal abzusetzen.

5. Hiervon ausgehend beschränkt sich der zusätzlich zu berücksichtigende Anteil des am 31.1.2011 zugeflossenen Gehalts für Januar 2011 und damit die hierdurch bedingte rechtlich wesentliche Änderung bezogen auf die Verhältnisse bei Erlass des Änderungsbescheids vom [X.] auf eine Minderung des [X.]-Anspruchs der Klägerin für Januar 2011 um 26,40 Euro (133 Euro - 100 Euro = 33 Euro, davon 20 vH = 6,60 Euro; 33 Euro - 6,60 Euro = 26,40 Euro). Ohne Bedeutung für das prozessuale Begehren der Klägerin bleibt hingegen die rückwirkende Erhöhung des Regelbedarfes zum 1.1.2011 um 5 Euro (vgl § 20 Abs 2 Satz 1 [X.] idF des [X.]/[X.]/[X.]), nachdem sie eine den Betrag von 26,40 Euro übersteigende Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht beantragt hat.

6. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 14 AS 25/13 R

17.07.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Nürnberg, 2. August 2011, Az: S 17 AS 570/11, Gerichtsbescheid

§ 19 Abs 3 S 1 SGB 2 vom 24.03.2011, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 09.12.2010, § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 vom 09.12.2010, § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB 2 vom 09.12.2010, § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2 vom 09.12.2010, § 30 S 1 SGB 2 vom 14.08.2005, § 30 S 2 Nr 1 SGB 2 vom 14.08.2005, § 2 Abs 2 S 1 AlgIIV 2008 vom 17.12.2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.07.2014, Az. B 14 AS 25/13 R (REWIS RS 2014, 3969)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3969

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