Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2014, Az. II ZR 34/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5131

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZR 34/13

vom

3. Juni 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 3. Juni 2014
durch den
Vorsitzenden [X.]
[X.], die
Richterin
Caliebe
sowie die
Richter Dr.
Drescher, Born und
Sunder
einstimmig beschlossen:

Die [X.]en werden darauf hingewiesen, dass der Senat beab-sichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9.
Zivilsenats des [X.]-Holsteinischen Oberlandesgerichts in [X.] vom 16.
Januar 2013 gemäß §
552a ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 331.941,47

festgesetzt.

Gründe:

Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zu-lassung nicht vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
I.
Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Weder erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des Revisionsgerichts noch stellen sich Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in entscheidungserheblicher Weise.

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3
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1.
Es ist nicht entscheidungserheblich, ob die vom Kläger als Insolvenz-verwalter über das Vermögen einer GmbH mit Sitz in [X.] gegen die [X.], in [X.] lebende Geschäftsführerin der GmbH geltend gemachten Ansprüche aus §
64 Satz 1 GmbHG und § 43 Abs. 3 GmbHG die internationale Zuständigkeit des [X.]s [X.] nach Art.
5 Nr.
3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 30.
Oktober 2007 ([X.], [X.]) begründen oder nach Art. 5 Nr.
1 a [X.], wie das [X.] in dem vom Berufungsgericht bestätigten Zwischenurteil ausge-sprochen hat, oder ob die Anwendung des [X.]s auf die genannten Ansprüche nach Art. 1 Abs. 2 b [X.] ausgeschlossen ist, weil der Kläger mit seiner Klage den gleichen Zweck verfolge wie mit einer Insolvenzan-fechtungsklage, wie die Revision meint. Seit der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 16.
Januar 2014 ([X.], 181) ist klargestellt, dass auch in diesem Fall das [X.] [X.] für die Klage international zuständig wäre, so dass die Urteile der Vorinstanzen jedenfalls im Ergebnis richtig sind und die dargestellte Streitfrage sich nicht (mehr) als entscheidungs-erheblich und damit klärungsfähig erweist.
2.
Geht man entgegen der Ansicht der Vorinstanzen mit der Revision da-von aus, dass es sich vorliegend um eine Konkurs-
bzw. Insolvenzsache han-delt, so dass das [X.] nach Art. 1 Abs. 2 b [X.] nicht an-wendbar wäre, ergibt sich dennoch eine internationale Zuständigkeit der deut-schen Gerichte aus Art.
3 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
1346/2000 des Rates vom 29.
Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Für die Anwendbarkeit der Verordnung genügt es entgegen der Ansicht der Revision, dass die Insol-venzschuldnerin ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat. Nicht erforderlich ist ein Binnenbezug in dem Sinn, dass sich eine Klage gegen eine [X.] richtet, die ihren Wohnort oder Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.
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4
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a)
Der Gerichtshof der [X.] hat auf eine Vorlage des IX.
Zivilsenats des [X.] (Beschluss vom 21.
Juni 2012 -
IX
ZR
2/12, [X.], 1467) mit Urteil vom 16.
Januar 2014 ([X.], 181) für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen [X.], der sei-nen Wohnsitz ebenfalls in [X.] hatte, entschieden, dass das [X.] nach Art.
3 Abs. 1 EuInsVO zuständig ist. Der Wortlaut des Art.
3 Abs.
1 EuInsVO verlange nicht, dass der zu entscheidende Sachverhalt Anknüpfungspunkte zu zwei oder mehreren Mitgliedstaaten aufweise, und auch der Sinn und Zweck der Verordnung, die Verbesserung der Effizienz und Wirk-samkeit der Insolvenzverfahren mit grenzüberschreitender Wirkung, und spezi-ell das Ziel des Art.
3 EuInsVO, die Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zustän-digkeit und damit die Rechtssicherheit
zu fördern, erfassten jeden grenzüber-schreitenden Sachverhalt ([X.], [X.], 181 Rn. 25 ff.). Dass der [X.], in dem der Beklagte seinen Wohnsitz habe, eine Entscheidung des nach den oben genannten Grundsätzen zuständigen Gerichts mangels Bindungswirkung der Verordnung unter Umständen nicht anerkenne und vollstrecke, stehe nicht entgegen, da zumindest die anderen Mitgliedstaaten das Urteil anerkennen und vollstrecken könnten, insbesondere wenn sich ein Teil des Vermögens des [X.] im Gebiet eines dieser [X.] befinde ([X.], [X.], 181 Rn. 36 ff.). Der [X.] ist dem mit Urteil vom 27.
März 2014 (IX
ZR
2/12, juris Rn. 6 f.) gefolgt.
Ordnet man die Geltendmachung von Ansprüchen aus §
64 Satz 1 und §
43 Abs. 3 GmbHG mit der Revision als Konkurs-
bzw. Insolvenzsachen ein, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass für diese etwas anderes gelten könnte. Denn die Entscheidung des Gerichtshofs stützt sich nicht auf Besonderheiten der Insolvenzanfechtung, sondern legt Art.
3 Abs.
1 EuInsVO für alle Verfahren aus, die unter den Begriff der Insolvenz nach Art.
1 Abs.
1 EuInsVO fallen.
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6
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5
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b)
Die gegebene internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte läuft auch nicht deshalb leer, weil es an einer örtlichen Zuständigkeit eines [X.] Gerichts fehlen könnte (vgl. zu der deshalb bestehenden aus-nahmsweisen Prüfungskompetenz in der Revisionsinstanz: [X.], Urteil vom 21.
November 1996 -
IX ZR 264/95, [X.]Z 134, 127, 129 f.). Die örtliche [X.] des [X.]s [X.] würde sich nicht aus der EuInsVO erge-ben, da diese nur die internationale Zuständigkeit regelt. Es kann dahinstehen, ob sich aus der Zivilprozessordnung direkt die örtliche Zuständigkeit des Land-gerichts [X.] ableiten lässt. Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, folgt die örtliche Zuständigkeit des [X.]s [X.] aus einer analogen Anwendung von §
19a ZPO i.V.m. §
3 [X.], Art.
102 §
1 [X.][X.].
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat mit Urteil vom 19.
Mai 2009 ([X.], [X.], 1287 Rn. 11 ff.) aus den genannten Vorschriften eine örtliche Zuständigkeit [X.] Gerichte für Insolvenzanfechtungsklagen hergeleitet, wenn nach [X.] Recht für Anfechtungsklagen die interna-tionale Zuständigkeit [X.] Gerichte gegeben ist. Müssten [X.] trotz bestehender internationaler Zuständigkeit der [X.] Gerichte we-gen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen werden, würde das in europarechtswidriger Weise gegen Sinn und Zweck des Art.
3 Abs.
1 EuInsVO verstoßen. Nimmt man mit
der Revision an, dass die Geltendmachung von Ansprüchen aus §
64 Satz 1 und § 43 Abs. 3 GmbHG ebenso wie eine In-solvenzanfechtungsklage als Konkurs-
bzw. Insolvenzsache einzuordnen ist, führt dies vorliegend zur internationalen Zuständigkeit [X.] Gerichte und in analoger Anwendung von §
19a ZPO i.V.m. §
3 [X.], Art. 102 § 1 [X.][X.] zur örtlichen Zuständigkeit des [X.]s [X.] als am Ort des für das Ver-fahren zuständigen Insolvenzgerichts belegenen sachlich zuständigen Landge-richts (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2014 -
IX ZR 2/12, juris Rn. 8).
7
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6
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II.
Da auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision das [X.] [X.] örtlich und international zuständig ist, hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.

Bergmann

Caliebe

Drescher

Born

Sunder
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 12.09.2012 -
16 O 44/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.01.2013 -
9 [X.] -

9

Meta

II ZR 34/13

03.06.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2014, Az. II ZR 34/13 (REWIS RS 2014, 5131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5131

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IX ZR 2/12

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