Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2009, Az. III ZR 302/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 770

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 5. November 2009 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 675 Zur Pflicht des Anlageberaters, die Wirtschaftspresse im Hinblick auf für die von ihm vertriebenen Anlageprodukte relevante Pressemitteilungen zeitnah durchzusehen. [X.], Urteil vom 5. November 2009 - [X.]/08 - [X.] in [X.] LG Konstanz - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2009 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 13. November 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsge-richt auf die Berufung der [X.] zu 1 die Klage in Höhe des vom [X.] ausgeurteilten Betrags von 60.971,53 • nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem je-weiligen Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2005, Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs des [X.] gegen die [X.] der [X.], ,

, vertreten durch den Insolvenzverwalter [X.], , B. , abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils wird die Beru-fung der [X.] zu 1 gegen das Urteil des [X.]s Kon-stanz vom 22. September 2006 zurückgewiesen. Die [X.] Revision wird zurückgewiesen. Von den Gerichtskosten der ersten Instanz haben der Kläger 76 % und die Beklagte zu 1 24 % zu tragen. Der Kläger hat die außer-gerichtlichen Kosten des [X.] zu 2 und 53 % der außerge-richtlichen Kosten der [X.] zu 1 zu tragen. Die Beklagte zu 1 - 3 - hat 47 % der außergerichtlichen Kosten des [X.] zu tragen. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den Kosten des [X.] haben der Kläger 17 % und die Beklagte zu 1 83 % zu tragen. Von den Kosten des [X.] haben der Kläger 12 % und die Beklagte zu 1 88 % zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger macht aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau [X.] wegen einer fehlerhaften Beratung in Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einer stillen Beteiligungsgesellschaft [X.](GbR) gel-tend. 1 Mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 25. November 1998 untersagte das damalige [X.] der [X.] Gesell-schaft für Vermögensplanung und Finanzdienstleistungen mbH mit Sitz in [X.] gemäß § 37 KWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 ([X.]) das weitere Betreiben von [X.] auf der Grundlage sogenannter stiller Gesellschaftsverträge und ordnete die [X.] der [X.] an. Das [X.] gab dies in einer Pressemitteilung vom 4. Dezember 1998 bekannt. Am 7. Dezember 1998 [X.] - 4 - de im [X.] auf [X.] in einer kleinen Meldung über sieben Zeilen unter dem Titel "Bankenaufsicht geht gegen [X.] vor" über die [X.] berichtet. Die Beklagte zu 1 bezog das [X.] nicht und [X.] dies auch nicht aus. Am 10. Dezember 1998 kam es zu einem Beratungsgespräch bei der [X.] zu 1 mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Aufgrund dieses Gesprächs unterzeichnete die Ehefrau des [X.] auf Empfehlung des [X.] zu 2, des Geschäftsführers der [X.] zu 1, eine Beitrittserklärung zu der "stillen Beteiligungsgesellschaft [X.]

(GbR) [X.]" mit einem Beteiligungsbetrag von 100.000 DM. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1998 bestätigte die r.

GmbH der Ehefrau des [X.] den Eingang ihrer Beitrittserklärung und übersandte ihr gleichzeitig ein gegengezeichnetes [X.]. 3 Nachdem die Ehefrau des [X.] durch ein Schreiben der [X.] GmbH vom 13. November 2000 von der Untersagungsverfügung des [X.] für das Kreditwesen erfahren hatte und dabei gebeten worden war, zur Abwendung einer sonst drohenden Insolvenz mit dem bereits investier-ten Geld eine neue Beteiligung einzugehen, wandte sie sich an den [X.] der [X.] zu 1 mit der Bitte um Rat. Dieser empfahl ihr dringend, die Beteiligung erneut zu unterzeichnen, da das Geld sonst verloren sei. Am 17. April 2001 wurde das Insolvenzverfahren über die Firma [X.]GmbH eröffnet. 4 Am 23. Oktober 2002 zahlte die Beklagte zu 1 10.000 • an den Kläger und seine Ehefrau. Hintergrund der Zahlung waren Verhandlungen über ein Darlehen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es zu einer endgültigen Einigung kam. Nach dem Wortlaut des vom Kläger und seiner Ehefrau sowie 5 - 5 - dem Geschäftsführer der [X.] zu 1 am 6. und 21. Februar 2003 unter-schriebenen Darlehensvertrags sollte mit dieser Zahlung ein zinsloses, [X.] am 31. Dezember 2005 rückzahlbares Darlehen gewährt werden. Das [X.] hat der Klage gegen die Beklagte zu 1 in Höhe von 70.971,53 • nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25. Dezember 2005, Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs des [X.] gegen die Insolvenzmasse der [X.] Gesell-schaft für Vermögensplanung und Finanzdienstleistungen mbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. D. W. stattgegeben. Des Weiteren hat es festgestellt, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, dem Kläger alle aus der fehlerhaften Anlageberatung der [X.] vom 10. Dezember 1998 hinsichtlich der Zeichnung des Anteils an der Stillen Beteiligungsgesell-schaft [X.] GbR noch entstehende Schäden zu ersetzen. Die [X.] Klage hat es abgewiesen. 6 Die von der [X.] zu 1 eingelegte Berufung hat Erfolg gehabt. Das [X.] hat die Klage insgesamt abgewiesen, ohne über die von der [X.] zu 1 im [X.] erklärte Aufrechnung hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Darlehenrückforderungsanspruchs in Höhe von 10.000 • zu entscheiden. 7 Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter. 8 - 6 - Entscheidungsgründe Die Revision hat ganz überwiegend Erfolg. 9 [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage unbegründet, da dem Kläger keine Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht im Zu-sammenhang mit dem Erwerb eines Anteils an der stillen Beteiligungsgesell-schaft [X.] GbR durch die Zedentin zustünden. Es habe zwischen der Ehefrau des [X.] und der [X.] zu 1 ein Beratungsvertrag bestanden. Eine mangelhafte Aufklärung über die Risiken der Anlage sei jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Insbesondere könne auch keine Pflichtwidrigkeit darin gesehen werden, dass der Geschäftsführer der [X.] zu 1 die Zedentin nicht über die im [X.] veröffentlichte Unter-sagungsverfügung der [X.] informiert habe. Ob es zu den Pflichten eines Anlageberaters gehöre, ganz bestimmte Tages-zeitungen, hier das [X.], zu lesen, könne dahingestellt bleiben. Eine Pflichtverletzung sei jedoch deshalb zu verneinen, weil die Lektüre der kleinen Meldung über das Vorgehen des [X.]es für das Kreditwesen auf [X.] des [X.]es durch die Beklagte zu 1 vor dem Beratungsge-spräch bzw. dem später vollzogenen Beitritt nicht habe verlangt werden [X.]. Der Abstand von drei Tagen zwischen dem Erscheinen des Artikels am 7. Dezember 1998 und der [X.] am 10. Dezember 1998 sei zu knapp, um eine Pflichtverletzung bejahen zu können. Eine Auswertung von Tageszeitungen sei auch dann noch zeitnah und damit pflichtgemäß, wenn sie nur einmal wöchentlich erfolge. Das gelte jedenfalls, soweit es sich nicht um die 10 - 7 - wichtigsten täglichen Schlagzeilen, sondern um kleinere Meldungen wie den hier auf [X.] platzierten Artikel handele. Unerheblich sei, ob der [X.] der [X.] zu 1 zehn andere Publikationen der Wirtschaftspresse gele-sen habe, da nicht erwiesen sei, dass über die Untersagungsverfügung in die-sen Publikationen berichtet worden sei. Eine Haftung des [X.] könne auch nicht auf das Vorliegen einer nach Zeichnung des Beitritts liegenden Pflichtverletzung gestützt werden. Der Beklagte habe im Dezember 1998 keine nachvertraglichen Pflichten verletzt, indem sie die Zedentin nicht noch rechtzei-tig vor Einzahlung der Einlage auf die Unterlassungsverfügung hingewiesen habe. Die Beklagte habe im Dezember noch keine positive Kenntnis von der Untersagungsverfügung erlangt. Das aber sei Voraussetzung für eine nachwir-kende Treuepflicht aus dem erfüllten Beratervertrag. Ob eine spätere [X.] hätte erfolgen müssen, könne dahingestellt bleiben, da nicht festgestellt werden könne, dass der Schadenseintritt zu dem [X.]punkt noch hätte verhin-dert werden können. I[X.] Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 60.971,53 • nach §§ 398, 280 Abs. 1 Satz 1, § 675 [X.] zu. Das Berufungsurteil hält inso-weit den Angriffen der Revision nicht stand. 11 1. Zwischen der Ehefrau des [X.] - der Zedentin - und der [X.] zu 1 bestand ein Beratungsvertrag. Diese tatrichterliche Würdigung des [X.] nimmt die Revision für sich günstig hin. Die Gegenrüge der [X.] zu 1 bleibt dagegen ohne Erfolg. 12 - 8 - Ein Anleger wird einen Anlageberater im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genü-genden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren [X.] Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung ([X.]surteil vom 13. Mai 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 1114). Zum Vertragsschluss reicht es aus, wenn der Anleger die Dienste des Beraters in Anspruch nimmt und dieser mit seiner Tä-tigkeit beginnt ([X.]surteil vom 19. April 2007 - [X.]/06 - NJW-RR 2007, 1271, 1272 Rn. 10). 13 Ausgehend von der Einlassung des Geschäftsführers der [X.] zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ist die Würdigung des Be-rufungsgerichts, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt weder gegen Denk- oder Erfahrungssätze, noch beruht sie auf einer unzureichenden Berücksichti-gung der vorgetragenen Tatsachen. Der Geschäftsführer hat selbst den Begriff "Beratungsgespräch" für die Gespräche mit dem Kläger und seiner Ehefrau verwandt und geschildert, dass sie sich Rat suchend an die Beklagte zu 1 [X.] haben, in welche Anlageformen ihr Geld investiert werden sollte. Der Geschäftsführer der [X.] zu 1 hat dann die verschiedenen in Frage kom-menden Anlageformen wie Renten- und Aktienfonds mit dem Kläger und seiner Ehefrau erörtert und damit die Beratungstätigkeit aufgenommen. 14 2. Die Beklagte zu 1 hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Zedentin, verletzt, weil sie diese nicht auf die Untersagungsverfügung des [X.] hingewiesen hat. 15 - 9 - a) Bei einem Beratungsvertrag ist der Anlageberater zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben [X.]. Ein Anlageberater ist deshalb gehalten, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen, oder den Anleger auf ein dies-bezügliches Unterlassen hinzuweisen. Ein Anlageberater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen, das er empfehlen will. [X.] gehört auch die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der [X.]. Bei einer privaten Anleihe muss danach über zeitnahe und [X.] negative Berichte in der [X.], der [X.], dem [X.] und der [X.] unterrichtet werden ([X.]surteil vom 5. März 2009 - [X.]/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 13 f m.w.N.). Zur Erfüllung der Informationspflichten des [X.] von ihm empfohlene Anlage gehört es grundsätzlich nicht, sämtli-che Publikationsorgane vorzuhalten, in denen Artikel über die angebotene An-lage erscheinen können. Vielmehr kann der Anlageberater selbst entscheiden, welche Auswahl er trifft, solange er nur über ausreichende Informationsquellen verfügt ([X.]surteil vom 5. März 2009 aaO. Rn. 15; [X.], Urteil vom 7. Okto-ber 2008 - [X.] - NJW 2008, 3700, 3702 Rn. 26). Nicht beeinflusst wird die Frage der Pflichtverletzung durch eine unterlassene Aufklärung über mittei-lungspflichtige Pressemitteilungen dadurch, ob sie auf einem Organisations-mangel beruht, weil z.B. das auszuwertende [X.] gar nicht bezo-gen wird, oder die Weitergabe der Information an den Anleger schlicht verges-sen wurde (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 1993 - [X.] - NJW 1993, 2433, 2434 insoweit in [X.] 123, 126 nicht abgedruckt). 16 - 10 - b) Die Beklagte zu 1 hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Ehefrau des [X.] verletzt, denn sie hat sie weder darauf hingewiesen, dass nach einer Meldung im [X.] vom 7. Dezember 1998 eine Anlage in den Fonds [X.]nicht mehr möglich war, weil diesem die Entgegennahme von [X.] untersagt worden war, noch, dass sie die gebotene Auswertung der Wirtschaftspresse und hier insbesondere des [X.]s im Hinblick auf den Fonds [X.] nicht vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat zwar offen gelassen, ob die Beklagte zu 1 die Pflicht zur Auswertung des Handels-blatts hatte. Diese Frage ist jedoch zu bejahen. Wie ausgeführt gehört das [X.] zu den von der Rechtsprechung besonders hervorgehobenen vier führenden Organen der Wirtschaftspresse, die bei der gebotenen Auswertung von Presseberichten vorrangig zu berücksichtigen sind (vgl. [X.]surteil vom 5. März 2009 aaO Rn. 14; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2008 aaO Rn. 25). Ob das bedeutet, dass jedes dieser Organe zum "minimalen Pflichtenprogramm" gehört (so [X.], [X.], S. 37; [X.], Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen, [X.] f; einschränkend [X.] - 7.95 S. 608: sicherlich [X.] und [X.]), mag dahinstehen. Aber jedenfalls die Lektüre des [X.]s ist für jeden Anlageberater unverzichtbar. Denn das [X.] bietet als werktäglich [X.] [X.]ung mit spezieller Ausrichtung auf Wirtschaftsfragen und einem diesbezüglich breiten Informationsspektrum in ganz besonderem Maße die Ge-währ, aktuell über wichtige und für die Anlageberatung relevante Nachrichten informiert zu werden. 17 c) Die Pflichtverletzung der [X.] zu 1 kann im Gegensatz zur Auf-fassung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb verneint werden, weil sie zum [X.]punkt des Beratungsgesprächs am 10. Dezember 1998 noch keine Kenntnis vom hier maßgeblichen Artikel im [X.] vom 7. Dezember 18 - 11 - 1998 hätte haben müssen. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsge-richts reicht eine Kenntnisnahme der Informationen des [X.]s erst nach einer Woche nicht aus. Ob die Durchsicht dieser [X.]ung noch am [X.] erforderlich ist, kann hier dahinstehen. Jedenfalls nach Ablauf von drei Tagen war hier eine solche geboten. Im Allgemeinen kann der Anleger er-warten, dass sich sein Berater aktuelle Informationen über das Anlageprodukt beschafft und zeitnah Berichte in der Wirtschaftspresse zur Kenntnis nimmt (vgl. [X.]surteil 5. März 2009 aaO Rn. 14; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2008 aaO Rn. 25). Dabei ist weiter im Blick zu behalten, dass gerade die Finanz-märkte auf relevante Informationen unmittelbar reagieren und deshalb der [X.] der Informationen besondere Bedeutung zukommt. Darüber hinaus ist, wovon das Berufungsgericht ebenfalls ausgeht, die Erscheinungsweise des je-weiligen [X.] mit in die Beurteilung einzubeziehen. Regelmäßig darf davon ausgegangen werden, dass ein Presseorgan seinen Informationsgehalt in einer Ausgabe auf sein Erscheinungsintervall abgestimmt hat, so dass es grundsätzlich zumutbar ist, innerhalb des [X.] die jeweilige [X.]schrift bzw. [X.]ung zu lesen. Dabei sammeln sich, was nicht außer [X.] gelassen werden darf, bei Tageszeitungen schon nach wenigen Tagen eine solche Fülle von Informationen an, dass diese nur noch eingeschränkt zur Kenntnis genommen werden können. Deshalb ist für werktäglich erscheinende [X.]se unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des An-legers im Hinblick auf eine Beratung aufgrund aktueller Informationen jedenfalls eine Kenntnisnahme nach Ablauf von drei Tagen nicht mehr pflichtgemäß. Dem Anlageberater wird durch diese engen zeitlichen Vorgaben nicht Unzumutbares abverlangt. Es versteht sich, dass er die jeweiligen Presseorgane nicht [X.] muss. Es reicht vielmehr aus, diese auf relevante Artikel zu den von ihm angebotenen Anlageprodukten durchzusehen und nur diese Nachrich-ten vollständig auszuwerten - 12 - Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte zu 1 das [X.] vom 7. Dezember 1998 (Montag) spätestens am 9. Dezember 1998 hätte durchsehen müssen. Dann hätte sie am 10. Dezember 1998 die [X.] über die Untersagungsverfügung des [X.]es für das Kreditwesen gehabt und hätte von der Anlage in den Fonds [X.]abraten müssen. Diese Unterlassung hat sie zu vertreten. 19 d) Entgegen der Auffassung der [X.] zu 1 ist eine Pflichtverletzung wegen unzureichender Auswertung der Wirtschaftspresse auch nicht deshalb zu verneinen, weil - was revisionsrechtlich zu ihren Gunsten zu unterstellen ist - die Pressemitteilung des [X.]es für das Kreditwesen nur im [X.] veröffentlicht worden ist. Vergeblich verweist die Beklagte zu 1 auf die Rechtsprechung des [X.], wonach nur "gehäufte negative Berichte" in allgemein anerkannten Publikationen der Wirtschaftspresse zu ent-sprechenden Hinweispflichten führen (vgl. [X.]surteil vom 5. März 2009 aaO [X.] Rn. 14 und [X.], Urteil vom 7. Oktober 2008 aaO [X.] Rn. 26). Den genannten Entscheidungen lagen Fallgestaltungen zu Grunde, in denen in den Presseberichten im Wesentlichen Werturteile über die Renditeaussicht und Ri-siken der jeweiligen Anlage abgegeben wurden. Wenn es - wie hier - darum geht, dass der [X.] durch die zuständige Aufsichtsbehörde ihr "Kerngeschäft" untersagt worden ist, ist eine Aufklärung in jedem Fall geboten, auch wenn die betreffende Mitteilung nur in einem der führenden Presseorgane erscheint. 20 3. Die Pflichtverletzung der [X.] zu 1 ist für den Schaden kausal ge-worden, da eine Anlage in den Fonds bei Kenntnis von dem Artikel unterblieben wäre. Dafür besteht eine auf die Lebenserfahrung gegründete Vermutung 21 - 13 - (st. Rspr. vgl. zuletzt [X.]sbeschluss vom 9. April 2009 - [X.]/08 - juris Rn. 8 m.w.N.). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Ehefrau des [X.] später - nach Bekanntwerden der Untersagungsverfügung des [X.] für das Kreditwesen - die Zeichnung der Anlage wiederholt hat. Zu dem [X.]punkt war dies dadurch motiviert, den drohenden Kapitalverlust durch Insolvenz der [X.] GmbH zu vermeiden, und auf diese Weise den [X.] zu retten. Daraus kann daher nicht der Schluss gezogen werden, die Ehefrau des [X.] hätte sich auch im Dezember 1998 durch die Pressemittei-lung nicht von einer Anlage in den Fonds abhalten lassen. 4. Der Ehefrau des [X.] ist ein Schaden in Höhe von 70.971,53 • ent-standen, der sich aus dem Anlagebetrag von 51.129,19 • und entgangenen anderweitig erzielbaren Gewinn von 19.842,34 • zusammensetzt. Den [X.] hätte sie nach den Feststellungen des [X.]s zu durchschnittlich 5 % p.a. anlegen können in der [X.] vom 10. Dezember 1998 bis zum 12. Sep-tember 2006. Diese Feststellung ist von der [X.] zu 1 im Berufungsver-fahren nicht angegriffen worden. Ihre nunmehrige Gegenrüge, mit der sie gel-tend macht, eine Rendite von (ursprünglich vom Kläger mit der Klageschrift gel-tend gemachten) 6,75 % p.a. sei nicht mit einer sicheren Anlage zu erzielen, stellt die Feststellung des [X.]s nicht in Frage. 22 5. Der Anspruch des [X.] ist jedoch in Höhe von 10.000 • untergegan-gen aufgrund der Aufrechnung der [X.] zu 1 mit einem gegen den Kläger und dessen Ehefrau als Gesamtschuldner bestehenden Rückzahlungsanspruch in dieser Höhe. [X.] bleiben kann hier, ob dieser Betrag als Darlehens-rückzahlung geschuldet war - was die Beklagte zu 1 geltend macht - oder aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. [X.], weil eine 23 - 14 - Einigung über ein Darlehen nicht zustande gekommen ist - was der Kläger [X.]. Im letzteren Fall steht dem Anspruch entgegen der Auffassung des [X.] nicht § 814 1. Alt. [X.] entgegen, weil die Beklagte zu 1 in Kenntnis der Nichtschuld gezahlt habe. Nach eigenem Vortrag des [X.] standen die [X.] über die Gewährung eines Darlehens in Verhandlung. In diesem Zusam-menhang erfolgte die Zahlung. § 814 1. Alt. [X.] greift nicht ein, wenn die Leis-tung - wie hier - zwar in Kenntnis des Umstandes, dass noch kein wirksamer Vertrag geschlossen worden ist, aber in der beiderseitigen Erwartung erbracht wird, er werde zukünftig zustandekommen (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juli 1999 - [X.] - NJW 1999, 2892, 2893; Urteil vom 26. Oktober 1979 - [X.] - NJW 1980, 451; [X.] 72, 202, 205; [X.]/[X.], [X.], Neube-arbeitung 2007, § 814 Rn. 9). 24 Unerheblich ist auch der vom Kläger erhobene Verjährungseinwand, da selbst bei inzwischen eingetretener Verjährung die Aufrechnung der [X.] zu 1 nach § 215 [X.] nicht ausgeschlossen ist, weil die Aufrechnungslage be-reits mit Fälligkeit der Rückforderung der [X.] zu 1 und damit in unverjähr-ter [X.] eingetreten war. 25 Der Berücksichtung der erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Aufrechnung steht nicht § 533 ZPO entgegen, da der Kläger sich [X.] und damit seine Einwilligung erklärt hat (vgl. [X.] 21, 13, 18), und die der Prüfung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig sind, so dass sie bei der Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen sind. 26 - 15 - 6. Das Berufungsurteil ist nach allem gemäß § 562 ZPO teilweise aufzuhe-ben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur End-entscheidung reif ist. Eine weitere Sachaufklärung ist durch das Berufungsge-richt nicht zu erwarten. 27 [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.12.2006 - 2 O 83/06 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 13.11.2008 - 9 U 137/08 -

Meta

III ZR 302/08

05.11.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2009, Az. III ZR 302/08 (REWIS RS 2009, 770)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 770

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