Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG unter Mitwirkung eines abgelehnten Richters - maßgeblicher Zeitpunkt für die Erledigung des Ablehnungsgesuchs - Heilung durch Zustellung des Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs)
Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 15. Juli 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des [X.] gegen den bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Im Streit ist die [X.]ewährung Tagesgestaltender Leistungen als [X.]eldleistung der Eingliederungshilfe nach dem [X.] - (S[X.][X.] XII).
Der [X.]läger ist seelisch behindert ([X.]d[X.] von 100; Merkzeichen [X.] und [X.]). Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ergänzend Leistungen der [X.]rundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ([X.]rundsicherungsleistungen) nach dem Vierten [X.]apitel des S[X.][X.] XII. Er lebt allein in einer Wohnung und erhält vom beklagten überörtlichen Träger der Sozialhilfe Leistungen des ambulant [X.]etreuten Wohnens. Zudem erhielt er seit September 2012 wöchentlich 17,50 Euro als Tagesgestaltende Leistung, die er zu seiner Freizeitgestaltung einsetzte. Die [X.]eldleistung Tagesgestaltende Leistung (17,50 Euro pro Tageseinheit) hat der [X.]eklagte 2008 modellhaft eingeführt, um Menschen mit [X.]ehinderung, die selbstständig in der eigenen Wohnung leben, mehr Möglichkeiten zu einer selbstbestimmten Lebensform zu eröffnen. Dieses Modellvorhaben hat der [X.]eklagte zum Ende des Jahres 2016 beendet, weil das verfolgte Ziel auch durch die [X.]ewährung eines Persönlichen [X.]udgets oder Teilbudgets erreicht werden könne ([X.]eschluss vom 18.11.2016; [X.]. 14/1609). Der [X.]eklagte erkannte den Anspruch des [X.] auf Tagesgestaltende Leistungen bis zum 31.7.2017 an, lehnte einen darüber hinausgehenden Anspruch aber ab ([X.]escheid vom 1.2.2017; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die [X.]lage hiergegen hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts [X.]öln vom 12.10.2018; [X.]eschluss des Landessozialgerichts .
[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten [X.]eschluss wendet sich der [X.]läger mit seiner [X.]eschwerde und beantragt zugleich die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe ([X.]) unter [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts.
II. Der Antrag auf [X.]ewilligung von [X.] ist nicht begründet. [X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig [X.] (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung ; daran fehlt es hier. [X.] Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 S[X.][X.] abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zuge-lassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 S[X.][X.]) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese [X.]ründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche [X.]edeutung zu (§ 160 Abs 2 [X.] 1 S[X.][X.]). [X.]rundsätzliche [X.]edeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer [X.]lärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Fragen wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf. Eine Tagesgestaltende Leistung als pauschale [X.]eldleistung wird vom [X.]eklagten zur Deckung von [X.]edarfen zur Teilhabe am Leben in der [X.]emeinschaft zwischenzeitlich nicht mehr gewährt; das Modellvorhaben, das solche Leistungen für den Zuständigkeitsbereich des [X.]eklagten geregelt hatte, ist bereits zum 31.12.2016 beendet worden. Die entsprechenden [X.]edarfe waren zwar bis zum 31.12.2019 weiterhin mit Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem S[X.][X.] XII zu decken, allerdings stand es dem [X.]eklagten frei, dafür nicht mehr eine Tagesgestaltende Leistung zu zahlen. Ob und welche Leistungen zur Teilhabe am Leben in der [X.]emeinschaft nach dem S[X.][X.] XII dem [X.]läger wegen der von ihm geltend gemachten [X.]edarfe vom 1.8.2017 bis zum 31.12.2019 zustanden, ist aber eine Frage des Einzelfalls. Mit dem Inkrafttreten der Regelungen in Teil 2 des Sozialgesetzbuchs Neuntes [X.]uch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (S[X.][X.] IX) mit dem [X.]esetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit [X.]ehinderungen ([X.]undesteilhabegesetz <[X.]TH[X.]> vom 23.12.2016, [X.][X.][X.]l I 3234) richten sich seine Ansprüche wegen Eingliederungshilfe seit dem 1.1.2020 ohnehin nicht mehr nach dem S[X.][X.] XII, sodass auch von daher eine grundsätzliche [X.]edeutung nicht erkennbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.]) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.
Es ist auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.]) geltend machen könnte. Zwar hat das LS[X.] unter Mitwirkung der zuvor vom [X.]läger wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgelehnten Vorsitzenden Richterin [X.] und der [X.] entschieden, bevor das Ablehnungsgesuch erledigt war. Insoweit ist entscheidend für das Ende des Handlungsverbots [X.] (vgl § 60 S[X.][X.] iVm § 47 Abs 1 ZPO) nicht der Tag der [X.]eschlussfassung wegen des [X.] (hier am 14.7.2020), sondern die [X.]ekanntgabe des [X.]eschlusses (hier mit seiner Zustellung am 23.7.2020); denn erst mit seiner [X.]ekanntgabe wird der (unanfechtbare) [X.]eschluss rechtskräftig und das Ablehnungsgesuch ist erledigt (vgl etwa [X.]undesgerichtshof <[X.][X.]H> vom 15.6.2010 - XI Z[X.] 33/09 - NJW-RR 2011, 427 Rd[X.] 17 mwN). Hat ein [X.] gleichwohl an einem urteilsersetzenden [X.]eschluss nach § 153 Abs 4 S[X.][X.] mitgewirkt, wird dieser Verfahrensfehler durch die Zustellung eines zuvor gefassten [X.]eschlusses über die Verwerfung des [X.] aber geheilt ([X.]S[X.] vom [X.] - [X.] 9 S[X.] 24/00 [X.] - [X.] 3-1500 § 160a [X.]9 S 55; [X.]S[X.] vom 3.2.2020 - [X.] 14 [X.] 302/19 [X.] - juris Rd[X.]).
Ein § 202 S[X.][X.] iVm § 547 [X.] ZPO (Mitwirkung eines abgelehnten Richters bei erfolgreichem Ablehnungsgesuch) entsprechender Fall könnte deshalb nur angenommen werden, wenn das LS[X.] über das Ablehnungsgesuch des [X.] nicht entschieden oder es für begründet erklärt hätte oder die Verwerfung des [X.] auf willkürlichen Erwägungen beruhte (vgl [X.]S[X.] vom [X.] - [X.] 9 S[X.] 24/00 [X.] - [X.] 3-1500 § 160a [X.]9 S 55). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor; denn es ist nicht erkennbar, dass die Zurückweisung des [X.], die ohne die [X.]eteiligung der abgelehnten Richterinnen erfolgt ist und sich im Einzelnen mit den vorgebrachten Einwänden auseinandersetzt, auf willkürlichen Erwägungen beruhte.
Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Verstoß gegen § 153 Abs 4 S[X.][X.] mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Nach § 153 Abs 4 Satz 1 S[X.][X.] kann das LS[X.], außer in den Fällen, in denen das S[X.] durch [X.]erichtsbescheid (§ 105 Abs 2 Satz 1 S[X.][X.]) entschieden hat, die [X.]erufung durch [X.]eschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die [X.]eteiligten sind gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 S[X.][X.] vorher zu hören. Die Entscheidung, die [X.]erufung ohne mündliche Verhandlung durch [X.]eschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 S[X.][X.] zurückzuweisen, steht in pflichtgemäßem Ermessen des [X.]erufungsgerichts und kann nur auf fehlerhaften [X.]ebrauch, dh sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzung, überprüft werden ([X.]S[X.] vom [X.] - [X.] 2 U 29/00 R - [X.] 3-1500 § 153 [X.] 13; [X.]S[X.] vom [X.] - [X.] 5 R 386/07 [X.] - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7). Für einen Ermessensfehlgebrauch ist hier nach Lage der Akten aber nichts erkennbar.
Nach Ablehnung der Richterinnen durch den [X.]läger war auch die vorgeschriebene Anhörungsmitteilung nicht verbraucht. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]S[X.] ist eine erneute Anhörung gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 S[X.][X.] erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert. Eine solche Änderung liegt nicht für sich genommen in der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch; selbst bei einer Änderung der [X.]esetzung des [X.]erichts müsste nicht erneut nach § 153 Abs 4 S[X.][X.] angehört werden ([X.]S[X.] vom 15.7.2009 - [X.] 13 RS 46/09 [X.] - juris Rd[X.] 8). Eine neue Anhörung ist ferner erforderlich, wenn ein [X.]eteiligter nach der Anhörungsmitteilung substantiiert neue Tatsachen vorträgt, die eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen erfordern (vgl etwa [X.]S[X.] vom 10.10.2017 - [X.] 12 [X.]R 37/17 [X.] - juris Rd[X.] 9). Dass sich aus dem Vortrag im Ablehnungsgesuch, das der [X.]läger damit begründet hatte, in einer für ihn so wichtigen Angelegenheit dürfe nicht durch [X.]eschluss ohne [X.] entschieden werden, ein [X.]rund für eine erneute Anhörung ergibt, ist aber nicht erkennbar. Inhaltlich hat der [X.]läger seine Auffassung lediglich wiederholt.
Mit der Ablehnung der [X.] entfällt auch die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 S[X.][X.] iVm § 121 ZPO).
Die vom [X.]läger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte [X.]eschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der [X.]läger muss sich vor dem [X.]S[X.] gemäß § 73 Abs 4 S[X.][X.] durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst [X.]eschwerde einlegen. Schon die [X.]eschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 Satz 2 S[X.][X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Die nicht formgerecht eingelegte [X.]eschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 S[X.][X.] ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen.
Die [X.]ostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 S[X.][X.].
Meta
30.03.2021
Beschluss
Sachgebiet: SO
vorgehend SG Köln, 12. Oktober 2018, Az: S 27 SO 346/17, Urteil
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 153 Abs 4 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 202 S 1 SGG, § 47 Abs 1 ZPO, § 547 Nr 3 ZPO
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.03.2021, Az. B 8 SO 73/20 B (REWIS RS 2021, 7337)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 7337
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
B 8 SO 28/17 BH (Bundessozialgericht)
Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung des rechtlichen Gehörs - mündliche Verhandlung - …
B 4 AS 176/21 B (Bundessozialgericht)
Revisionszulassung - Verfahrensfehler - Mitwirkung eines wegen Befangenheit abgelehnten Richters - Heilung durch Zustellung eines …
B 13 R 19/10 BH (Bundessozialgericht)
(Nichtzulassungsbeschwerde - Gewährung rechtlichen Gehörs - Fehler bei der Anhörung nach § 153 Abs 4 …
B 14 AS 149/16 B (Bundessozialgericht)
Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung trotz des …
B 14 AS 150/16 B (Bundessozialgericht)
Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung trotz des …