Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2003, Az. I ZB 5/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1816

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[X.] ZB 5/03vom28. August 2003in der [X.] die Markenanmeldung Nr. 399 66 451.3/29Nachschlagewerk:[X.] : [X.]: ja turkey & corn[X.] § 83 Abs. 3 Nr. 3; § 78 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1a)[X.], auf die das [X.] seine Entscheidungstützt, müssen den Verfahrensbeteiligten zuvor zur Kenntnis gegeben wordensein. Ergeht die Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung, müssen siezum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sein (im [X.] an [X.], [X.]. v. 30.1.1997 [X.] I ZB 3/95, [X.], 637 = [X.], 762 - Top [X.])Eine Entscheidung beruht auf der Versagung des rechtlichen Gehörs, wennUmstände, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten, [X.] herangezogen werden. Dabei ist unerheblich, ob die [X.], auf die sich die Entscheidung stützt, auch für sich ge-nommen das Ergebnis hätten tragen können.[X.], [X.]. v. 28. August 2003 [X.] I ZB 5/03 [X.] [X.]- 2 -Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 28. August 2003 durch [X.] [X.] Prof. Dr. Ullmann und die [X.] [X.],Prof. [X.], Pokrant und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der am 10. [X.] an [X.] Statt zugestellte [X.]uß des 28. Senats ([X.]) des [X.]s aufgehoben.Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung andas [X.] zurückverwiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 e-setzt.Gründe:[X.] Anmelderin hat die Eintragung des Zeichensturkey-cornzur Kennzeichnung der [X.] und geschlachtetes Geflügel und [X.] sowie [X.], auch Convenience-Waren, insbe-sondere in panierter, marinierter Form, sowie als Fertiggerichte, [X.] 3 -fertiggerichte und Suppen, letztere auch in Instantform, ausgenommenMais als Ingredienzie; Tierfuttermittel aus Geflügel und [X.]nbeantragt.Die Markenstelle des [X.] hat die Eintragungmit der Begründung abgelehnt, die angemeldete Wortfolge bedeute —Truthahn-fleisch mit/und Korn (i.S. von Getreide)fi und sei deshalb unmittelbar beschreibend.Die Beschwerde hatte lediglich hinsichtlich der beanspruchten Ware —leben-des Geflügelfi Erfolg.Gegen die Zurückweisung ihrer Beschwerde wendet sich die Anmelderin [X.] vom [X.] nicht zugelassenen [X.] Rechtsbeschwerde.II.Das [X.] hat angenommen, daß das angemeldete Zei-chen —turkey-[X.] [X.] soweit seine Eintragung für andere Waren als für [X.] begehrt werde [X.] wegen des absoluten Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2Nr. 2 [X.] nicht eingetragen werden könne. Hierzu hat es ausgeführt:Das angemeldete Zeichen sei bezogen auf die Waren, für die die [X.] worden sei, eine unmittelbar beschreibende Angabe, die freizuhalten sei.Die lexikalisch nicht nachgewiesene englischsprachige Wortfolge bedeute —[X.] oder —[X.] und beschreibe die damit gekennzeichnetenWaren als ein aus Truthahnstücken und Mais oder Korn bestehendes Gericht oderFutter, und zwar mit Begriffen, die [X.] wie eine [X.] in [X.] eine [X.]recherche ergeben hätten [X.] auch [X.] Verkehrskreisengeläufig seien. So werde die in Frage stehende Wortfolge beispielsweise in diver-sen Rezepten als Bezeichnung für Truthahngerichte verwendet. Soweit die [X.] -melderin im Wege eines Disclaimers im [X.] die Verwendung [X.] ausschließen wolle, führe das entweder zum Eintragungshindernis der Irre-führung oder die Eintragung scheitere daran, daß —[X.] auch —Kornfi oder —Getrei-defi bedeuten könne und daher auch in der eingeschränkten Verwendung nichtaus dem beschreibenden Bereich herausführe.Danach dränge sich der Eindruck auf, daß die beanspruchte Wortfolge vonden beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf ein Truthahngericht verwendetund benötigt werde. Auch wenn es sich regelmäßig verbiete, fremdsprachige [X.] mit der [X.] Übersetzung gleichzustellen, gelte doch etwas anderes,wenn ein Begriff von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkanntoder von den Mitbewerbern benötigt werde. Beides sei vorliegend der Fall. [X.] erkenne der Verkehr bei —turkey [X.] unschwer die Bedeutung —[X.] oder —[X.] Zum anderen dürfe es Mitbewerbern nicht ver-wehrt werden, die Wortfolge unmittelbar beschreibend einzusetzen, und zwarauch für —Tierfuttermittel aus Geflügel und [X.]nfi, zumal im [X.] be-reits —Turkey Bitesfi für Hunde angeboten würden.II[X.] Rechtsbeschwerde der Anmelderin hat Erfolg.1.Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft. Das[X.] hat sie zwar nicht zugelassen. Ihre Statthaftigkeit folgt jedochdaraus, daß im Gesetz aufgeführte, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröff-nende Verfahrensmängel gerügt werden (vgl. [X.], [X.]. v. 2.10.2002[X.] I ZB 27/00, [X.], 546 = [X.], 655 [X.] [X.], m.w.[X.]). [X.] sich die Rechtsbeschwerde auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs so-wie darauf, daß der angefochtene [X.]uß nicht mit Gründen versehen sei (§ 83Abs. 3 Nr. 3 und 6 [X.]). Dies hat sie im einzelnen begründet. Darauf, ob die- 5 -Rügen durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde [X.] Rechtsbeschwerde ist [X.])Die Rüge der Anmelderin, der angefochtene [X.]uß sei nicht mit Grün-den versehen (§ 83 Abs. 3 Nr. 6 [X.]), greift allerdings nicht durch.Die Rechtsbeschwerde steht auf dem Standpunkt, es mangele dem [X.] [X.]uß insofern an einer Begründung, als das Verständnis des [X.] von —turkey-[X.] als einer beschreibenden Angabe auch durch eine Um-schau in Lebensmittelgeschäften begründet wird. Der [X.]uß sei insoweit nichtnachvollziehbar, weil die bei der [X.] gewonnenen Erkenntnisse nicht [X.] würden.Mit diesem Vorbringen hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die Vor-schrift des § 83 Abs. 3 Nr. 6 [X.] soll allein den [X.] sichern.Es kommt deshalb darauf an, ob erkennbar ist, welcher Grund [X.] mag dieser tat-sächlich vorgelegen haben oder nicht, mag er rechtsfehlerhaft beurteilt wordensein oder nicht [X.] für die Entscheidung über die einzelnen Ansprüche und [X.] maßgebend gewesen ist; dies kann auch bei lückenhafter und un-vollständiger Begründung der Fall sein. Dem Erfordernis einer Begründung istdeshalb schon dann genügt, wenn die Entscheidung zu jedem selbständigen An-griffs- und Verteidigungsmittel Stellung nimmt, das ein Verfahrensbeteiligter vorge-tragen hat (vgl. [X.] [X.], 546, 548 [X.] [X.], m.w.[X.]). Diesen An-forderungen an den [X.] genügt der angefochtene [X.]uß. [X.] sich insbesondere entnehmen, daß der Verkehr nach der Beurteilung des[X.]s —turkey-[X.] als beschreibenden Begriff versteht und daßsich diese Beurteilung auf entsprechende Kennzeichnungspraktiken stützt. [X.] 6 -der angefochtene [X.]uß nicht im einzelnen aufführt, welche Beobachtungendieser Beurteilung zugrunde liegen, ist vorliegend ohne [X.])Das Verfahren vor dem [X.] verletzt die Anmelderin [X.] in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG,§ 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]).aa)Mit Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde dagegen, daß der Anmel-derin keine Gelegenheit gegeben worden ist, zu den Beobachtungen Stellung zunehmen, die die [X.] des [X.]s in Lebensmittelgeschäften [X.] haben. Das Gericht kann seine Entscheidung auf derartige offenkundigeTatsachen stützen. Handelt es sich dabei nicht um Umstände, die allen [X.] weiteres gegenwärtig sind, ist Voraussetzung aber stets, daß die Beteiligtenerfahren, welche Erkenntnisse die [X.] außerhalb des Verfahrens gewonnenhaben und ins Verfahren einführen möchten ([X.], [X.]. v. 30.1.1997[X.] I ZB 3/95, [X.], 637, 638 = [X.], 762 [X.] Top Selection). Da [X.] über die mündliche Verhandlung in der Beschwerdeinstanz ebensowie die Gründe des angefochtenen [X.]usses insoweit schweigen, muß für [X.] davon ausgegangen werden, daß ein entsprechen-der Hinweis im Streitfall unterblieben ist.bb)Das [X.] hat sich ferner zur Begründung und zum [X.], daß die Begriffe —[X.] und —[X.] auch [X.] Verkehrskreisen [X.] auf Truthahn und Mais oder Getreide geläufig sind, auf die aus dem[X.] gezogene Speisekarte von —[X.] in [X.] fi gestützt.Auch hinsichtlich dieser Belegstelle muß [X.] wie die Rechtsbeschwerde ebenfallsrügt [X.] davon ausgegangen werden, daß sie der Anmelderin nicht zur Kenntnis ge-geben worden ist. Sie findet sich nicht unter den [X.]n aus dem[X.]n Sprachraum, die das [X.] der Anmelderin rechtzeitig- 7 -vor der mündlichen Verhandlung in Kopie überlassen hat, sondern in einer Hülle,in der sich in erster Linie zwei von der Anmelderin im Verhandlungstermin vorge-legte Unterlagen befinden, mit denen für die Anmelderin günstige Tatsachen be-legt werden sollten (—turkey [X.] als [X.] Bezeichnung von [X.] der Eintragung von —turkey-[X.] als Gemeinschaftsmarke). Allein [X.], daß sich die fragliche Speisekarte in einer mit —Anlagen zum [X.] 18.09.2002fi gekennzeichneten Hülle befindet, besagt nicht, daß sie Gegen-stand der mündlichen Verhandlung war. Denn es ist kaum anzunehmen, daß [X.] dem Gericht diese für sie ungünstige Belegstelle vorgelegt hat. [X.] nicht zuletzt für den hier in Rede stehenden Beleg aus —[X.]fi,der [X.] nach dem Datum in der Fußzeile zu urteilen [X.] erst am 2. Dezember 2002,also zweieinhalb Monate nach dem Verhandlungstermin, ausgedruckt worden [X.])Die angefochtene Entscheidung beruht auf der Versagung des [X.] Gehörs (vgl. dazu [X.] [X.], 637, 638 f. [X.] Top Selection). Das [X.] hat sich gerade auch auf Beobachtungen in [X.] berufen, zu denen sich die Anmelderin nicht äußern konnte. Auch die[X.] aus dem [X.], die nach dem im [X.] zu unterstellenden Verfahrensablauf nicht Gegenstand der mündlichen Ver-handlung waren und auf die daher die Entscheidung nicht hätte gestützt werdendürfen (§ 78 Abs. 2 [X.]), sind vom [X.] ausdrücklich zur [X.] herangezogen worden. Ob die gegebene Begründungdas Ergebnis auch ohne diese Hinweise auf das Verkehrsverständnis tragenkönnte, bedarf unter diesen Umständen keiner Erörterung.[X.] Begründetheit der Rüge nach § 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.] führt zurAufhebung des angefochtenen [X.]usses und zur Zurückverweisung der Sachezur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.](§ 89 Abs. 4 [X.]).- 8 -Eine Nachprüfung des angefochtenen [X.]usses auf sonstige Verstößegegen das formelle oder gegen das materielle Recht findet [X.] anders als bei derzugelassenen Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 [X.]) [X.] bei Begründetheit [X.] zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht statt (vgl. [X.] [X.], 637,639 [X.] Top Selection, m.w.[X.]).Ullmannv. [X.]

Meta

I ZB 5/03

28.08.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2003, Az. I ZB 5/03 (REWIS RS 2003, 1816)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1816

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