Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.08.2022, Az. 4 ARs 14/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2022, 7137

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Gegenstand

Zulässigkeit einer Vorlagefrage bei Erledigung des zugrunde liegenden Rechtshilfeverfahrens


Tenor

Die Sache wird an das [X.] zurückgegeben.

Gründe

I.

1

Mit seit 24. September 2015 rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 13. August 2015 hat das [X.] [X.] Justitieel [X.] wegen eines in [X.] begangenen Geschwindigkeitsverstoßes eine [X.] in Höhe von 92 € gegen die in [X.] ansässige [X.] verhängt. Im Juli 2017 haben die [X.]n Behörden in dieser Sache um Vollstreckungshilfe ersucht.

2

Auf Antrag des [X.] hat das [X.] den [X.]n Bußgeldbescheid mit Beschluss vom 31. Mai 2019 für vollstreckbar erklärt und die verhängte [X.] gemäß § 87i Abs. 1 Nr. 2 [X.] in der bis zum 26. November 2020 geltenden Fassung in eine Geldbuße in Höhe von 92 € umgewandelt. Hiergegen hat die Betroffene Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Das [X.] hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 23. September 2020 zugelassen und das Verfahren gemäß § 77 Abs. 1 [X.], § 79 Abs. 3 OWiG, § 206a Abs. 1 StPO wegen Eintritts der Vollstreckungsverjährung eingestellt und zur Begründung ausgeführt, dass für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist des § 87n Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 OWiG der Eintritt der Rechtskraft der ausländischen Entscheidung und nicht derjenige der [X.] Bewilligungsentscheidung maßgeblich sei.

3

Die zuständige [X.] Stelle hat das Rechtshilfeersuchen am 24. September 2020 zurückgenommen, da nach [X.]m Recht inzwischen Vollstreckungsverjährung eingetreten war.

4

Unter dem 28. April 2021 hat die [X.] gemäß § 42 Abs. 2 [X.] eine Entscheidung des [X.] zu der Frage beantragt, ob hinsichtlich des Beginns der [X.] des § 87n Abs. 2 [X.] i.V.m. § 34 OWiG auf die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung oder diejenige der [X.] Exequaturentscheidung abzustellen sei. Das [X.] hat die Sache daher dem [X.] mit Beschluss vom 27. Mai 2021 zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

5

„Ist hinsichtlich des Beginns der Vollstreckungsverjährung des § 87n Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 34 OWiG auf die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung oder die Rechtskraft der [X.] Exequaturentscheidung abzustellen?“

6

Der [X.] hat beantragt, die Sache an das [X.] zurückzugeben.

II.

7

Die Sache ist an das [X.] zurückzugeben, da die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 [X.] nicht gegeben sind.

8

Eine Vorlegung nach § 42 Abs. 2 [X.] ist nur zulässig, wenn die Rechtsfrage für das anhängige Rechtshilfeverfahren von Bedeutung ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 11. März 1981 – 4 [X.], [X.]St 30, 55, 58 zu § 27 Abs. 2 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 6. Aufl., § 42 [X.] Rn. 6). Dies ist in der Regel zu verneinen, wenn es auf diese Frage nicht mehr ankommen kann, weil die Voraussetzungen, die zu ihrer Vorlegung geführt haben, im Zeitpunkt der Entscheidung durch den [X.] prozessual überholt sind ([X.], Beschluss vom 21. Juli 1988 – 4 ARs 18/88, [X.], 505). So liegt der Fall hier.

9

1. Das [X.] Ersuchen um Vollstreckungshilfe hat sich bereits vor Stellung des Antrags nach § 42 Abs. 2 [X.] erledigt. Denn das vorlegende [X.] hat das zugrundeliegende Rechtshilfeverfahren mit Beschluss vom 23. September 2020 wegen Vorliegens eines dauerhaften Verfahrenshindernisses gemäß § 77 Abs. 1 [X.], § 79 Abs. 3 OWiG, § 206a Abs. 1 StPO eingestellt. Überdies haben die [X.]n Justizbehörden das Rechtshilfeersuchen am 24. September 2020 zurückgenommen, sodass das zur Entscheidung vorgelegte Vollstreckungshilfeverfahren auch aus diesem Grund seine Erledigung gefunden hat (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juli 1988 – 4 ARs 18/88, [X.], 505).

2. Ein Ausnahmefall, in dem die Zulässigkeit der Vorlage ungeachtet der Erledigung des zugrunde liegenden [X.] zu bejahen wäre, liegt nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des [X.] können die Voraussetzungen des § 42 [X.] in eng umgrenzten Ausnahmefällen auch dann gegeben sein, wenn die Rechtsfrage aufgrund prozessualer Überholung nicht (mehr) für das zugrunde liegende Auslieferungsverfahren von Bedeutung ist. Ein solcher Ausnahmefall wurde angenommen, wenn damit zu rechnen ist, dass sich die [X.] jederzeit wieder stellen kann, jedoch auch in den künftigen Fällen eine rechtzeitige Entscheidung durch den [X.] voraussichtlich nicht möglich sein wird (vgl. [X.], Beschluss vom 10. September 1985 – 4 [X.], [X.]St 33, 310, 314; Beschluss vom 21. Juli 1988 – 4 ARs 18/88, [X.], 505).

Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze für den Fall der prozessualen Überholung auch dann Anwendung finden, wenn der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft (§ 42 Abs. 2 [X.]) – wie vorliegend – erst nach Erledigung des [X.] gestellt wurde. Denn die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls liegen nicht vor.

Auch wenn sich die vorgelegte Rechtsfrage künftig wieder stellen sollte, ist nicht ersichtlich, dass sie einer rechtzeitigen Entscheidung durch den [X.] im Rahmen eines [X.] entzogen wäre. Nach Auskunft des [X.] erfolgt die Übermittlung [X.]r [X.] bei (geringfügigen) Straßenverkehrsdelikten in der Regel fünf bis sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft. Selbst wenn für den Beginn der Vollstreckungsverjährung gemäß § 87n Abs. 2 [X.] i.V.m. § 34 OWiG die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung für maßgeblich erachtet würde, kann künftig in ähnlich gelagerten Fällen innerhalb der mindestens drei Jahre dauernden [X.], von der nach der Übermittlung nach [X.] noch etwa zweieinhalb Jahre verbleiben würden, eine Entscheidung des [X.] gemäß § 42 [X.] eingeholt werden.

[X.]     

      

Bartel     

      

Rommel

      

Maatsch     

      

Messing     

      

Meta

4 ARs 14/21

18.08.2022

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 42 Abs 2 IRG, § 77 Abs 1 IRG, § 206a StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.08.2022, Az. 4 ARs 14/21 (REWIS RS 2022, 7137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7137

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