Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.01.2023, Az. 6 C 9/21

6. Senat | REWIS RS 2023, 1990

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2021 teilweise geändert:

"Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. März 2020 wie folgt geändert und neu gefasst:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines entgegenstehenden Bescheides vom 1. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019 verpflichtet, den Kläger im Zeitraum vom 20. Juli 2018 bis zum 31. Oktober 2019 von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung in [X.] zu befreien. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/6 und der Beklagte zu 5/6."

Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 1/6 und der Beklagte zu 5/6.

Tatbestand

1

Der verheiratete Kläger begehrt die Befreiung von der [X.]spflicht für seine Nebenwohnung im Zeitraum vom 20. Juli 2018 bis zum 31. Oktober 2019 vor dem Hintergrund der Übergangsregelung, die das [X.] in seinem Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - ([X.] 149, 222) zu § 2 Abs. 1 und 3 [X.] getroffen hat. Zugleich erstrebt er die Aufhebung des Bescheides, mit dem der Beklagte für die Nebenwohnung Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2018 festgesetzt hat. Er wohnt mit seiner Ehefrau in einer Wohnung in [X.], die melderechtlich ihre gemeinsame Hauptwohnung ist. Diese Wohnung war im streitigen Zeitraum unter dem Namen seiner Ehefrau als [X.] angemeldet. Der Kläger hält zudem eine Nebenwohnung in [X.], für die er sich als rundfunkbeitragspflichtig angemeldet hatte. Mit Schreiben vom 19. Juli 2018 beantragte er seine Befreiung von der [X.]spflicht für die Nebenwohnung und forderte eine Erstattung gezahlter Rundfunkbeiträge in Höhe von 420 €. Die weitere Beitragszahlung für die Nebenwohnung stellte er zunächst ein. Der Beklagte forderte den Kläger daraufhin unter dem 24. Juli 2018 vergeblich zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für die Nebenwohnung für den Zeitraum von Juli bis September 2018 auf. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 teilte der Beitragsservice von [X.], [X.] und [X.] dem Kläger mit, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung des [X.] von der Beitragspflicht für die Nebenwohnung nicht vorlägen. Der Beklagte setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 für die Nebenwohnung Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2018 in Höhe von 52,50 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8 € Euro fest.

2

Der Kläger teilte dem Beitragsservice unter dem 9. Oktober 2018 mit, dass er den [X.] für die Nebenwohnung nicht mehr bezahlen werde, und legte mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 Widerspruch gegen den Beitragsfestsetzungsbescheid vom 2. Oktober 2018 ein. Der Beklagte behandelte das Schreiben vom 9. Oktober 2018 als Widerspruch gegen sein als Bescheid gewertetes Schreiben vom 1. Oktober 2018 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2019 zurück. Der Kläger habe nach dem Urteil des [X.]s keinen Anspruch auf Befreiung von der [X.]spflicht für die Nebenwohnung, weil er nicht auch als [X.]ner für die Hauptwohnung angemeldet sei. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragsfestsetzungsbescheid vom 2. Oktober 2018 zurück. Der Festsetzungsbescheid sei rechtmäßig, da der Kläger die fälligen Beiträge nicht gezahlt habe. In der Folge zahlte der Kläger die rückständigen Rundfunkbeiträge und die Rundfunkbeiträge bis einschließlich Dezember 2019.

3

Mit der am 5. Juli 2019 erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019 gewandt und unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide die Befreiung von der [X.]spflicht für seine Nebenwohnung begehrt. Nachdem der Beklagte dem Befreiungsbegehren mit Bescheid vom 6. März 2020 im Hinblick auf die Änderung seiner Verwaltungspraxis im Vorgriff auf den 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ab dem 1. November 2019 nachgekommen ist, haben die Beteiligten insoweit übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. März 2020 das Verfahren eingestellt, soweit der Kläger die Befreiung ab November 2019 beantragt hat, die Bescheide vom 1. und 2. Oktober 2018 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Juni 2018 (gemeint: 2019) aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Kläger von der [X.]spflicht hinsichtlich der Zweitwohnung in [X.] ab dem 20. Juni (gemeint: Juli) 2018 bis Oktober 2019 zu befreien.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2021 unter Änderung und Neufassung des erstinstanzlichen Urteils das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten sei begründet.

5

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Befreiung von der [X.]spflicht für seine Nebenwohnung für den genannten Zeitraum zu und die Ablehnung der Befreiung sowie der Festsetzungsbescheid verletzten ihn nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage einzig in Betracht kommenden Überleitungsregelung im Tenor des Urteils des [X.]s vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - lägen nicht vor. Aus deren Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck folge, dass ein Ehegatte die Befreiung von dem [X.] für eine von ihm gehaltene Nebenwohnung nicht verlangen könne, wenn nicht er, sondern der andere Ehepartner den [X.] für die gemeinsame Hauptwohnung entrichte.

6

Der dem Urteil des [X.]s zugrundeliegende Fall habe einen abweichenden Sachverhalt betroffen. Dort sei das Beitragskonto für die Hauptwohnung auf den Namen der die Nebenwohnung bewohnenden Person geführt worden. Aus dem Wortlaut des Urteilstenors zu 1 ergäbe sich, dass derjenige seiner [X.]spflicht nachkomme, der "zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen", mithin auf Zahlung in Anspruch genommen werde. Wer herangezogen werde, bestimmten die Inhaber der Wohnung durch ihre Anmeldung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] selbst. Erst nach erfolgloser Inanspruchnahme des angemeldeten [X.] dürfe die Rundfunkanstalt die Daten weiterer Inhaber erheben und jene heranziehen. Bei Mehrpersonenhaushalten werde daher nur diejenige Person herangezogen, auf deren Namen das Beitragskonto geführt werde. Dem Urteil lasse sich weiter entnehmen, dass "[X.]" gleichbedeutend sei mit "Nachkommen" und es sich hierbei um das perspektivische Gegenstück zur "Heranziehung" handele. Dabei sei nicht erforderlich, dass die herangezogene Person den Beitrag selbst entrichte. Ausreichend sei die Zahlung durch Dritte auf Rechnung der herangezogenen Person ("Fürzahler"), wobei es sich dann nach dem objektiven [X.] um die Tilgung der [X.] der herangezogenen Person handele.

7

Auf das Rechtsverhältnis der in Mehrpersonenhaushalten lebenden Personen untereinander komme es nicht an. Es sei unerheblich, ob im Innenverhältnis Ausgleichsansprüche gemäß § 426 Abs. 1 BGB bestünden. Diese wirkten sich nicht auf die Frage aus, wer der Beitragspflicht nachkomme. Die gegenteilige Ansicht übersehe die Bedeutungsgleichheit von "nachkommen", "entrichten" und "herangezogen werden". Die Bezugnahme in der Überleitungsregelung auf § 2 Abs. 3 [X.] müsse so verstanden werden, dass sie sich nur auf einen gesamtschuldnerisch haftenden [X.]ner beziehe, auf dessen Rechnung der [X.] für die angemeldete Hauptwohnung entrichtet werde.

8

Hierfür sprächen auch Sinn und Zweck der Überleitungsregelung, die eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Belastung von [X.] mit einem weiteren [X.] abzuwenden suche. Der dem [X.] und der Kostendeckung für eine Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen dienende Beitrag werde für die Möglichkeit erhoben, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen. Wenn der [X.] auf Rechnung des einen Ehegatten für die Hauptwohnung entrichtet werde, schöpfe dies allein bei ihm den Vorteil der [X.] in jener Wohnung ab. Entrichte der andere Ehepartner den Beitrag für die Nebenwohnung auf seine Rechnung, werde wiederum nur bei diesem der Vorteil abgeschöpft, dort öffentlichen Rundfunk zu empfangen. Deswegen fehle es an einer - verfassungswidrigen - mehrfachen Abschöpfung desselben Vorteils.

9

Zwar führe die Entrichtung eines [X.]s durch einen Beitragspflichtigen eines Mehrpersonenhaushalts im Außenverhältnis zur Rundfunkanstalt zum Erlöschen der Beitragspflicht der übrigen gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] i. V. m. § [X.] gesamtschuldnerisch haftenden Haushaltsmitglieder (§ 44 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Es sei unerheblich, welcher Bewohner als [X.]ner angemeldet sei, weil jeder bis zur vollständigen Bezahlung den Beitrag schulde. Da aber die Rundfunkanstalt erst nach erfolgloser Inanspruchnahme des angemeldeten [X.]ners weitere Inhaber heranziehen dürfe, hätten die nicht leistenden Gesamtschuldner den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit im Außenverhältnis unentgeltlich. Dieses Verständnis werde im Übrigen von § 4a [X.] [X.] bestätigt und sei mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Ferner sei der Beitragsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019 rechtmäßig. Der Kläger habe für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2018 die für diesen Zeitraum fälligen Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 € sowie - mangels rechtzeitiger Zahlung - auch den Säumniszuschlag in Höhe von 8 € geschuldet. Er sei nicht von der [X.]spflicht befreit gewesen, ihm habe auch kein Anspruch auf Befreiung von der [X.]spflicht zugestanden.

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das berufungsgerichtliche Verständnis der Übergangsregelung im Tenor des Urteils des [X.]s vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - sei fehlerhaft. Er, der Kläger, komme seiner [X.]spflicht über seine Ehefrau nach und entrichte so den [X.] für die Hauptwohnung. Darauf, wer die Wohnung bei dem Beklagten angemeldet habe, komme es nicht an. Er sei als Wohnungsinhaber für die Hauptwohnung zusammen mit seiner Ehefrau [X.]ner in Gesamtschuld und werde deshalb mit einem vollen [X.] für die Hauptwohnung sowie einem weiteren Beitrag für die Nebenwohnung "belastet". Zum [X.] werde er somit mehrfach herangezogen. Das [X.] differenziere nicht, welcher der Bewohner den Beitrag entrichte. Der [X.] werde wohnungsbezogen erhoben und sei als abstrakt zu bestimmender personenbezogener Vorteil für alle Wohnungsinhaber als Adressaten des [X.] gleich. Das Innehaben einer Nebenwohnung erhöhe diesen Vorteil nicht, und zwar unabhängig von der Zahl der in der Wohnung lebenden Personen. Das Berufungsurteil verletze Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG. Es sei Eheleuten überlassen, wer den [X.] entrichte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2021 abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. März 2020 zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das Berufungsurteil und führt ergänzend aus: Nach den Entscheidungsgründen des Urteils des [X.]s vom 18. Juli 2018 liege eine doppelte Inanspruchnahme nur vor, wenn dieselbe Person mehrfach zur Zahlung des [X.]s herangezogen werde. Dem stehe der vom Kläger verwendete Begriff der Belastung gleich. Die Ehefrau des [X.] sei [X.]nerin für die Hauptwohnung. Ihre Zahlung wirke nur als Erfüllung der gegen sie gerichteten Forderung und habe für den Kläger lediglich schuldbefreiende Wirkung. Da der Kläger für die Wohnung in [X.] keinen [X.] leiste, führe § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] in Bezug auf die vom Kläger genutzte Zweitwohnung in [X.] zu keiner weiteren Entlastung. Soweit das [X.] von einer wohnungsbezogenen Erhebung des [X.]s spreche, meine dies nur, dass der [X.] nicht "pro Kopf" erhoben werde, sondern die typisierende Erfassung des mit dem [X.] abzugeltenden Vorteils an das Innehaben einer Wohnung anknüpfe. Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, weil der Kläger und seine Ehefrau auch getrennt voneinander jeweils in der Haupt- und der Nebenwohnung öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen könnten. Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG liege nicht vor, Eheleute würden gegenüber anderen Mehrpersonenhaushalten nicht benachteiligt. § 4a [X.] [X.] diene nicht der Beseitigung von Benachteiligungen von Ehepartnern, sondern setze das Fördergebot aus Art. 6 Abs. 1 GG um.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist überwiegend begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht die auf [X.] von der [X.]spflicht gerichtete Verpflichtungsklage sowie die gegen den Festsetzungsbescheid erhobene Anfechtungsklage als zulässig angesehen (1.). Das angefochtene Urteil beruht jedoch auf einer Verletzung revisiblen Rechts im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO, soweit es die Verpflichtungsklage als unbegründet erachtet hat (2.). Demgegenüber hat das Anfechtungsbegehren des [X.] in der Sache keinen Erfolg. Insoweit ist die Revision unbegründet und nach § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen (3.).

1. Der Kläger macht in gemäß § 44 VwGO zulässiger objektiver Klagehäufung zwei Begehren gegen die beklagte Rundfunkanstalt geltend: Soweit es ihm auf die [X.] von der [X.]spflicht für seine Zweitwohnung ankommt, handelt es sich um eine statthafte und auch sonst zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO). Die [X.] ist ihm gegenüber mit Schreiben des Beitragsservice von [X.], [X.] und [X.] vom 1. Oktober 2018 abgelehnt worden. Infolge des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 17. Juni 2019 ist jenes Schreiben als Verwaltungsakt anzusehen, weil es darin mehrfach als "Bescheid" bezeichnet und überdies der Widerspruch nicht als unstatthaft, sondern als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Der Beklagte hat das Schreiben damit selbst als Bescheid aufgefasst. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann ein Widerspruchsbescheid eine schlichte Willenserklärung in einen Verwaltungsakt umgestalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1987 - 8 [X.] - BVerwGE 78, 3 <4 f.>, vom 15. Dezember 1993 - 10 A 1.91 - [X.] 232 § 87 [X.] Nr. 65 S. 6, vom 19. Dezember 1995 - 10 A 1.94 - BVerwGE 100, 206 <207 f.> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Daneben begehrt der Kläger die Aufhebung des [X.] vom 2. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019. Insoweit ist die Anfechtungsklage zulässig (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Verpflichtungsklage des [X.] als unbegründet angesehen. Die Ablehnung der [X.] durch den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf [X.] von der [X.]spflicht für seine Zweitwohnung in [X.] im Zeitraum vom 20. Juli 2018 bis zum 31. Oktober 2019. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Der gegenteiligen Würdigung des [X.] liegt ein zu enges Verständnis der - nach § 13 [X.] revisibles Recht betreffenden - Übergangsregelung im Urteil des [X.] vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - zugrunde. Hierauf beruht das angefochtene Urteil (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s bestimmen Beginn und Ende der Beitragspflicht gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] den maßgeblichen Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage bei [X.] (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - BVerwGE 167, 20 Rn. 10 m. w. N.). Das ist hier der Zeitraum vom 20. Juli 2018 bis zum 31. Oktober 2019. Entscheidend sind danach die Vorschriften des [X.] vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. 2011 S. 640 ff. und 2012 S. 62) in der Fassung des 21. [X.] (SächsGVBl. 2018 S. 159 ff. und [X.]), die vom 25. Mai 2018 bis zum 30. April 2019 galten, sowie des 22. [X.] (SächsGVBl. 2019 S. 211 ff. und [X.]), die zum 1. Mai 2019 in [X.] getreten sind - [X.]. Die danach anzu[X.]denden Bestimmungen des [X.] enthalten keinen [X.] für Inhaber von Zweitwohnungen. Zutreffend hat das Berufungsgericht deshalb in der Übergangsregelung im Urteil des [X.] vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - ([X.] 149, 222) die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte [X.] gesehen.

Das [X.] hat in diesem Urteil entschieden, dass die [X.] und Zustimmungsbeschlüsse der Länder zu Art. 1 des [X.] zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. Dezember 2010, soweit sie § 2 Abs. 1 [X.] in Landesrecht überführen, mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar sind, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden. Der [X.], der den Vorteil der individuellen Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abgelte, werde zwar in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise anknüpfend an die [X.] erhoben. Die dabei entstehenden Ungleichheiten erreichten nicht eine solche Qualität oder ein solches Ausmaß, dass sie verfassungsrechtlich zu beanstanden wären. Allerdings verstoße die Beitragsbemessung insoweit gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit, als ein [X.] auch für die Inhaberschaft von Zweitwohnungen erhoben werde. Soweit Wohnungsinhaber nach dem zur Prüfung gestellten Regelungsgefüge für eine Wohnung schon zur Leistung eines [X.]s herangezogen worden seien, sei der Vorteil bereits abgegolten. Dieselbe Person dürfe für die Möglichkeit der privaten Rundfunknutzung nicht zu insgesamt mehr als einem vollen Beitrag herangezogen werden ([X.], Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - [X.] 149, 222 Rn. 73 ff.).

Gleichwohl hat das [X.] angeordnet, dass das geltende [X.]srecht vorübergehend fortgelten soll, allerdings in modifizierter Weise: Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe weiter an[X.]dbar, dass ab dem Tag der Verkündung jenes Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer [X.]spflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 [X.] nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien sind. Ist über Rechtsbehelfe noch nicht abschließend entschieden, kann ein solcher Antrag rückwirkend für den Zeitraum gestellt werden, der Gegenstand des jeweils angegriffenen [X.] ist. Die Gesetzgeber hat es verpflichtet, spätestens zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen ([X.], Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - [X.] 149, 222 <224 im Tenor zu 2 und 3>).

Bei dieser Übergangsregelung handelt es sich um eine modifizierte Fortgeltungsanordnung, die das [X.] - obschon im Urteil nicht ausdrücklich so bezeichnet - auf der Grundlage von § 35 [X.]G getroffen hat. Ihr kommt gemäß § 31 [X.]G Bindungswirkung zu (a.). Der Inhalt der übergangsweise geltenden Regelung ist aus dem Urteil selbst zu bestimmen (b.). Ausgehend hiervon erweist sich die Annahme des [X.], die Anordnung gewähre einem Ehepartner, der eine Nebenwohnung innehat, keinen Anspruch auf [X.] von der [X.]spflicht, [X.]n der andere Ehegatte den [X.] für die gemeinsam bewohnte Hauptwohnung entrichte, als fehlerhaft. Vielmehr sind Inhaber weiterer Wohnungen auf Antrag von der [X.]spflicht zu befreien, ohne dass es darauf ankommt, auf welchen Namen das Beitragskonto einer von mehreren Wohnungsinhabern bewohnten Hauptwohnung bei der Rundfunkanstalt geführt wird (c.).

a. Das [X.] hat auf der Grundlage von § 35 [X.]G die Befugnis, für eine Übergangszeit die Weitergeltung einer für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärten Norm - auch mit inhaltlichen Modifizierungen - anzuordnen. Es trifft von Amts wegen, somit unabhängig von Anträgen oder Anregungen, alle Anordnungen, die erforderlich sind, um seinen ein Verfahren abschließenden Sachentscheidungen Geltung zu verschaffen ([X.], Beschluss vom 21. März 1957 - 1 BvB 2/51 - [X.] 6, 300 <303>). Das Gericht ist insbesondere befugt, über die bloße Anordnung der Fortgeltung eines als verfassungswidrig erkannten Rechts hinaus die materielle Rechtslage jenseits einer kassatorischen Entscheidung übergangsweise positiv gestaltend zu regeln (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. März 1991 - 1 [X.], 24/88 - [X.] 84, 9 <21 ff.> und vom 24. Mai 1995 - 2 [X.] - [X.] 93, 37 <85>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u. a. - [X.] 121, 317 <376 ff.>; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 2. Aufl. 2022, § 31 Rn. 82; [X.], in: ebd., § 35 Rn. 18 m. w. N.). Hiervon hat das [X.] in seinem Urteil vom 18. Juli 2018 Gebrauch gemacht, indem es die um einen [X.] ergänzte befristete Fortgeltung der rundfunkbeitragsrechtlichen Regelungen angeordnet hat. Die bundesverfassungsgerichtliche Übergangsregelung entfaltet gemäß § 31 [X.]G eine über den Einzelfall hinausgehende Bindungswirkung für alle Behörden und Gerichte (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2006 - 6 A 3.05 - [X.] 452.00 § 14 [X.] Nr. 5 Rn. 26).

b. Der Inhalt einer Übergangsregelung ist aus dem bundesverfassungsgerichtlichen Urteil selbst zu bestimmen. Denn eine Vollstreckungsanordnung nach § 35 [X.]G bleibt ein Akt der Rechtsprechung und wird nicht selbst zu einem Gesetz (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 2. Aufl. 2022, § 31 Rn. 73). Die Heranziehung der für Rechtsnormen geltenden Auslegungsregeln kommt deswegen nicht in Betracht. Vielmehr sind Art, Maß und Inhalt einer Vollstreckungsanordnung abhängig vom Inhalt der zu vollstreckenden

Sachentscheidung sowie von den konkreten Verhältnissen, unter denen diese umzusetzen ist ([X.], Beschlüsse vom 21. März 1957 - 1 BvB 2/51 - [X.] 6, 300 <303 f.> und vom 29. April 2021 - 2 BvR 1651/15, 2006/15 - [X.] 158, 89 Rn. 76).

Auch [X.]n eine Vollstreckungsanordnung ausschließlich auf die Durchsetzung der Sachentscheidung ausgerichtet ist und dadurch begrenzt wird ([X.], Beschlüsse vom 21. März 1957 - 1 BvB 2/51 - [X.] 6, 300 <303 f.> und vom 29. April 2021 - 2 BvR 1651/15, 2006/15 - [X.] 158, 89 Rn. 77 m. w. N.), schließt dies Pauschalierungen des [X.] bei der Schaffung von Übergangsregelungen nicht aus. Eine typisierende Betrachtung ist dem [X.] im Rahmen des § 35 [X.]G nicht verwehrt (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u. a. - [X.] 121, 317 <376 f.>). Dem [X.] ist auch unbenommen, bei der Schaffung einer Übergangsregelung an maßstabsbildende Entscheidungen des Gesetzgebers in ähnlichen Fallgestaltungen anzuknüpfen (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u. a. - [X.] 99, 300 <304, 321 f., 331 f.> m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 - 2 C 20.16 - BVerwGE 161, 297 Rn. 23 ff.). Eine pauschalierende Übergangsregelung gewährleistet umfassend, den festgestellten Verfassungsverstoß zu vermeiden. Hinzu kommt weiter, dass [X.] in dem Zeitraum bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber Rechnung getragen werden kann, [X.]n eine Zwischenregelung mit geringerem Verwaltungsaufwand umzusetzen ist. Überdies reduziert eine für die Verwaltung handhabbare und für die Bürger überschaubare Übergangslösung auch die Wahrscheinlichkeit, dass es in dem [X.] zu Fehlentscheidungen kommt, die den Anlass für neue Rechtsstreitigkeiten bieten könnten. Der daraus resultierende Übergriff auf den Kompetenzbereich des Gesetzgebers ist hinnehmbar, [X.]n die Übergangsregelungen - dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgend - erforderlich sind, namentlich um einen sonst drohenden noch verfassungswidrigeren Zustand abzu[X.]den (Burmeister, in: [X.], [X.]G, 2018, § 35 Rn. 13). Zudem wird der Übergriff dadurch abgemildert, dass das [X.] die Vollstreckungsanordnung unter größtmöglicher Schonung des aktuellen gesetzgeberischen Willens trifft und dessen Regelungskonzept so weit als möglich erhält (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 [X.] - [X.] 93, 37 <85> und Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u. a. - [X.] 121, 317 <376> m. w. N.).

c. In An[X.]dung dieses Maßstabs zur Bestimmung des Inhalts einer vom [X.] getroffenen Anordnung erweist sich das berufungsgerichtliche Verständnis des [X.]es im Urteil des [X.] vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - als zu eng. Inhaber mehrerer Wohnungen sind aufgrund dieser Übergangsregelung auf Antrag von der [X.]spflicht zu befreien. Unerheblich ist hierfür, auf welchen Namen das Beitragskonto einer von mehreren Wohnungsinhabern bewohnten Hauptwohnung bei der Rundfunkanstalt geführt wird. Die verfassungsgerichtliche Übergangsregelung ist wegen ihres Wortlauts (aa.) und aus Gründen der [X.] (bb.) weit zu verstehen. Darüber hinaus hängt es oftmals vom Zufall ab, wer bei mehreren Wohnungsinhabern der Anzeigepflicht des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nachkommt, deren Erfüllung durch einen [X.]ner gemäß § 8 Abs. 3 [X.] auch für die übrigen [X.]ner der Wohnung wirkt ([X.]). Wird ein weites Verständnis zugrundegelegt, gewährleistet die Übergangsregelung umfassend, dass Inhaber mehrerer Wohnungen nicht über einen vollen Beitrag hinaus in Anspruch genommen werden und damit der vom [X.] festgestellte Verstoß gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit vermieden wird.

Hiervon unberührt bleibt der Gestaltungsspielraum der Gesetzgeber bei einer Neuregelung, die diese mit den Änderungen des 23. [X.] zum 1. Juni 2020 in § 4a [X.] [X.] getroffen haben (SächsGVBl. 2020 S. 195 ff. und S. 329).

aa. Nach dem Wortlaut der Übergangsregelung sind diejenigen Personen auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer [X.]spflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 [X.] nachkommen. Das Verb "nachkommen" wird in der Entscheidung des [X.] nicht näher erläutert. Nach seinem Wortsinn beschreibt "nachkommen" die Erfüllung oder Vollziehung desjenigen, was ein anderer von einem wünscht oder verlangt ([X.], [X.], 9. Aufl. 2019). Das Gewünschte oder Verlangte wird in der übergangsweise geltenden Regelung klar bezeichnet: Es ist die "[X.]spflicht nach § 2 Absatz 1 und 3 des [X.]", der nachweislich nachgekommen werden muss. Das Verb "nachkommen" wird allein auf die in § 2 Abs. 1 und 3 [X.] normierte Beitragspflicht bezogen.

Nach § 2 Abs. 1 [X.] ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ([X.]ner) ein [X.] zu entrichten. § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] bestimmt, dass mehrere [X.]ner als Gesamtschuldner entsprechend § 44 der Abgabenordnung - [X.] - haften. Jeder schuldet den [X.] in voller Höhe. Dieser ist insgesamt aber nur einmal zu bezahlen, weil jede Zahlung auch für die übrigen [X.]ner wirkt (sogenannte Erfüllungswirkung, § 44 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 [X.]). Mit diesem Regelungssystem hat das [X.] die von ihm statuierte [X.] verknüpft. Dagegen lassen seine Ausführungen nicht erkennen, dass es für die Inanspruchnahme der [X.] für weitere Wohnungen auf die Frage ankommt, welcher [X.]ner sich in einer von mehreren gemeinsam bewohnten Hauptwohnung bei der Rundfunkanstalt nach § 8 [X.] angemeldet hat.

Die Inbezugnahme des § 2 Abs. 3 [X.] lässt - anders als das Berufungsgericht meint - erkennen, dass das [X.] seine Übergangsregelung auch für Mehrpersonenhaushalte getroffen hat. Der konkrete Fall einer Einzelperson, die Inhaber einer Haupt- und einer Nebenwohnung ist, bot für die Nennung des § 2 Abs. 3 [X.] keinen Anlass. Die Verweisung auf § 2 Abs. 3 [X.] in der Übergangsregelung ist daher so zu verstehen, dass es dem [X.] insbesondere auch auf die Erfüllungswirkung im Gesamtschuldverhältnis ankam. Sie tritt unmittelbar mit der Erfüllung der [X.] durch einen Schuldner ein (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 [X.]). In Mehrpersonenhaushalten kommen die verschiedenen [X.]ner ihrer jeweils bestehenden Beitragspflicht schon dadurch nach, indem sie dafür Sorge tragen, dass einer von ihnen die für die Wohnung geschuldete [X.] erfüllt. Mehr verlangt das Regelungsregime des § 2 Abs. 1 und 3 [X.] nicht von ihnen.

bb. Das nach dem Wortlaut der von dem [X.] getroffenen Anordnung naheliegende Verständnis wird durch Gründe der [X.] gestützt.

Das [X.] hat ausgeführt, die Gesetzgeber könnten bei einer Neuregelung die gleichheitswidrige Beitragsbelastung von Inhabern mehrerer Wohnungen dadurch beseitigen, dass sie eine antragsgebundene [X.] von der Beitragspflicht vorsähen oder auf andere Weise sicherstellten, dass [X.] nicht mit insgesamt mehr als einem vollen [X.] belastet würden, etwa durch eine Beschränkung der Beitragspflicht auf [X.]. In der erstgenannten Hinsicht stünden den Gesetzgebern zwei Modelle zur Verfügung. Sie könnten die [X.] von einem Nachweis der Anmeldung von Erst- und Zweitwohnung als solche abhängig machen, um Verwaltungsschwierigkeiten zu vermeiden. Sie könnten sich aber auch im Sinne einer engeren Lösung dahingehend verständigen, für solche Zweitwohnungsinhaber von einer [X.] abzusehen, die die Entrichtung eines vollen [X.]s für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachwiesen. Für die von ihm getroffene Anordnung ist das [X.] von einer antragsgebundenen [X.] ausgegangen ([X.], Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - [X.] 149, 222 Rn. 111, 155). Es drängt sich auf, dass es dabei dasjenige Modell im Blick gehabt hat, das in der Übergangszeit Verwaltungsschwierigkeiten vermeidet, weil nicht geprüft werden muss, durch [X.] der Beitrag für die Hauptwohnung gezahlt wird.

[X.] Darüber hinaus kommt für das Verständnis der vom [X.] geschaffenen Übergangsregelung auch dem Umstand Bedeutung zu, dass es oftmals vom Zufall abhängt, wer bei mehreren Wohnungsinhabern der Anzeigepflicht des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nachkommt, deren Erfüllung durch einen [X.]ner gemäß § 8 Abs. 3 [X.] auch für die übrigen [X.]ner der Wohnung wirkt. Denn es war bislang - abgesehen von [X.]en und Ermäßigungen nach § 4 Abs. 1 und 2 [X.], die sich auf bestimmte weitere Wohnungsinhaber erstrecken (§ 4 Abs. 3 [X.]) - rechtlich unerheblich, auf welchen Namen das Beitragskonto bei der Rundfunkanstalt geführt wird. Im Zusammenhang mit der Umstellung des [X.] auf das [X.]srecht im Jahre 2013 sind in großem Umfang frühere Gebührenkonten der Gebühreneinzugszentrale ohne inhaltliche Änderungen als Beitragskonten fortgeführt worden (vgl. § 14 Abs. 3 [X.]). In dem Massengeschäft des [X.]srechts kam dem Umstand, wer von mehreren Bewohnern einer Wohnung nach außen gegenüber der Rundfunkanstalt auftritt, keine Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund wäre anzunehmen gewesen, dass das [X.] deutlich zu erkennen gegeben hätte, [X.]n diesem formalen Umstand bei der Übergangsregelung ausschlaggebendes Gewicht beizumessen wäre. Hierfür gibt es im Urteil keine Anhaltspunkte.

Soweit die Vertreter des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt haben, (auch) denjenigen [X.] die [X.] gewährt zu haben, die zumindest nach Erlass des Urteils des [X.] eine Ummeldung des [X.] der gemeinsam mit anderen bewohnten Hauptwohnung auf ihren Namen veranlasst hätten, führt auch dies nicht zu einer anderen Bewertung. Vielmehr verstärken sich die aufgezeigten Bedenken, weil ein solches Verständnis der Übergangsregelung dazu führen würde, dass die Gewährung der [X.] allein davon abhängig gemacht würde, ob zumindest nach Erlass des Urteils von dieser formalen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht worden ist. Es erscheint ausgeschlossen, dass das [X.] ein solches Verständnis seiner Übergangsregelung beabsichtigt hat.

Der inzwischen geltende [X.] in § 4a [X.] [X.], mit dem der Gesetzgeber für die Rechtslage ab dem 1. Juni 2020 von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, gibt für die Deutung der zuvor geltenden bundesverfassungsgerichtlichen [X.] nichts her.

Das Urteil kann insoweit auch nicht nach § 144 Abs. 4 VwGO auf Grund anderer Erwägungen aufrecht erhalten bleiben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden (vgl. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des [X.] ist die Ehefrau des [X.] im streitgegenständlichen Zeitraum vom 20. Juli 2018 bis zum 31. Oktober 2019 der [X.]spflicht für die gemeinsame Hauptwohnung in [X.] nachgekommen. Der Kläger erfüllt daher in Bezug auf seine Nebenwohnung in [X.] für diesen Zeitraum die tatbestandlichen Voraussetzungen der richterrechtlichen [X.]. Er ist vom Beklagten insoweit von der [X.]spflicht zu befreien.

3. Hingegen ist die Anfechtungsklage unbegründet. Der Beitragsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung des [X.]s im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2018 sind § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 i. V. m. § 10 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 [X.]. Nach § 2 Abs. 1 [X.] ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ([X.]ner) ein [X.] zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist Inhaber einer Wohnung jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Nach Satz 2 wird als Inhaber jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist. Der [X.] ist monatlich geschuldet und für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.]). Rückständige Beiträge werden durch die zuständige [X.] festgesetzt; die Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 [X.]). Der Beklagte hat Änderungen der maßgeblichen Sach- und Rechtslage (nur) bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für [X.]en von der [X.]spflicht, die auf Antrag des [X.]ners nach Erlass des [X.] und vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens erteilt werden (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - BVerwGE 167, 20 Rn. 10).

Die Voraussetzungen für die Beitragspflicht des [X.] im Zeitraum von 1. Juli bis zum 30. September 2018 lagen vor. Er war als Inhaber seiner Nebenwohnung [X.]ner (§ 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.]). Der [X.] betrug im maßgeblichen Zeitraum monatlich 17,50 €. Die festgesetzten Beiträge für die drei Monate i. H. v. insgesamt 52,50 € waren rückständig (§ 10 Abs. 5 Satz 1 [X.]). Der Kläger war auch nicht aufgrund eines von dem Beklagten vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens erlassenen Bescheides von der Beitragspflicht befreit.

Unerheblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung ist, ob dem Kläger nach der letzten Verwaltungsentscheidung über die Festsetzung ein Anspruch auf [X.] von der [X.]spflicht zuerkannt wird. Erstreckt sich in diesem Fall die [X.] rückwirkend ganz oder teilweise auf den Zeitraum des [X.], wird die ursprünglich rechtmäßige Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge unrichtig, weil eine [X.] die Beitragspflicht für den von ihr erfassten Zeitraum entfallen lässt. Der Festsetzungsbescheid wird im Umfang der zeitlichen Übereinstimmung von Festsetzung und [X.] rechtswidrig, so dass er insoweit von der Rundfunkanstalt aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - BVerwGE 167, 20 Rn. 13 m. w. N.). Mit der Erteilung der [X.] ist der Beklagte deshalb verpflichtet, den Festsetzungsbescheid des [X.] aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Meta

6 C 9/21

25.01.2023

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 27. Mai 2021, Az: 5 A 370/20, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.01.2023, Az. 6 C 9/21 (REWIS RS 2023, 1990)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1990

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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