Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.02.2022, Az. 4 StR 503/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2022, 2526

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Gegenstand

Unterbrechung der Hauptverhandlung: Anforderungen an einen rechtzeitigen Fortsetzungstermin


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. August 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeanstandung und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg; auf die Sachrüge kommt es danach nicht mehr an.

2

Der Angeklagte beanstandet zu Recht einen Verstoß gegen § 229 Abs. 1 StPO. Die Hauptverhandlung wurde nach vier Verhandlungstagen länger als drei Wochen unterbrochen. Am 14. Juni 2021, dem letzten Tag der [X.], wurde sie nicht im Sinne von § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO fortgesetzt.

3

Der [X.] hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Hauptverhandlung dann als fortgesetzt, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert wird. Dies ist stets der Fall, wenn es zu Verfahrensvorgängen kommt, die die zur Urteilsfindung führende Sachverhaltsaufklärung betreffen. Auch die alleinige Befassung mit Verfahrensfragen kann ausreichend sein, sofern es dabei um den Fortgang der Sachverhaltsaufklärung geht (Senat, Urteil vom 16. Januar 2014 – 4 [X.], [X.], 220; [X.], Beschlüsse vom 30. Juni 2015 – 3 [X.], [X.], 171, und vom 19. Januar 2021 – 5 StR 496/20, [X.], 381).

Nach dieser Maßgabe hat am 14. Juni 2021 eine Verhandlung im Sinne des § 229 Abs. 1 StPO nicht stattgefunden. Die Prüfung und Erörterung, ob der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wegen Verstoßes des Angeklagten gegen die Auflage, dem Gericht unverzüglich seine neue Anschrift mitzuteilen, wieder in Vollzug zu setzen war, betraf nicht den Fortgang der Aufklärung des Sachverhalts. Auch war, wie die Revision zutreffend ausführt (…), wegen der Anordnung der Vorführung des Angeklagten die Durchführung der Beweisaufnahme möglich, da dessen Anwesenheit in der Hauptverhandlung vom 14. Juni 2021 sichergestellt war. Mithin lag kein Umstand vor, dass die möglicherweise für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene weitere Förderung des Verfahrens in der Sache infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden konnte (vgl. insoweit [X.], Beschluss vom 5. November 2008 – 1 [X.], [X.], 384).

Das Beruhen des Urteils im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO auf einem Verstoß gegen § 229 StPO kann regelmäßig – wie auch hier – nicht ausgeschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 4 StR 106/13, [X.], 2 m.w.N.). Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, in dem die Fristüberschreitung ersichtlich weder den Eindruck von der Hauptverhandlung abgeschwächt noch die Zuverlässigkeit der Erinnerung beeinträchtigt hat, liegt hier nicht vor.“

4

Dem tritt der Senat bei und bemerkt ergänzend, dass auch die im [X.] am 14. Juni 2021 vorgenommene [X.] keine Verhandlung zur Sache darstellte. Denn hiermit wurden erst die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit an diesem Termin die Verhandlung überhaupt fortgesetzt werden konnte, das Verfahren mithin noch nicht sachlich gefördert (vgl. zu einer Pflichtverteidigerbestellung [X.], Beschluss vom 16. Oktober 2007 – 3 [X.], [X.], 115 mwN).

Quentin     

      

Bender     

      

Bartel

      

Maatsch     

      

Scheuß     

      

Meta

4 StR 503/21

15.02.2022

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 10. August 2021, Az: 55 KLs 24/20

§ 229 Abs 1 StPO, § 229 Abs 4 S 1 StPO, § 337 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.02.2022, Az. 4 StR 503/21 (REWIS RS 2022, 2526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2526

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