Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2015, Az. 2 StR 278/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 15335

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 278/14

vom
18. Februar 2015
in der Strafsache
gegen

wegen
sexuellen Missbrauchs eines Kindes

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.]
und des
Beschwerdeführers am 18.
Februar 2015
gemäß §
349 Abs.
4
[X.] beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. März 2014
mit den zugehörigen Fest-stellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des
Rechtsmittels
und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere
als Jugendschutzkammer zuständige [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten
wegen "sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen"
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
und vier Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verlet-zung formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg,
so dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen, denen aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] in der Sache kein Erfolg beschieden wäre, nicht ankommt.
1.
a)
Nach den Feststellungen leckte der Angeklagte an der Scheide der zum Tatzeitpunkt (16. September 2011) vier Jahre und neun Monate alten Ne-benklägerin (Fall 1). Im [X.] daran zeigte er ihr auf seinem [X.] u.a. eine Bilddatei, die eine Frau bei der Durchführung von Oralverkehr an [X.] 1
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abbildete. Sodann entblößte sich der Angeklagte und forderte die Nebenkläge-rin auf, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Da sie sich weigerte, nahm er "von seinem Vorhaben, an sich den Oralverkehr durchführen zu lassen, Ab-stand"
(Fall 2).
b) Der Angeklagte hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Das [X.] hat seine Überzeugung "insbesondere"
auf die durch [X.] "glaubhaften Angaben der Nebenklägerin"
gestützt. Da es "aufgrund der vergangenen [X.] und der Entwicklung, die das inzwischen siebenjährige Kind genommen hat"
aus sachverständiger Sicht "keinen Sinn mehr"
gemacht habe, die aussagetüchtige Nebenklägerin zu explorieren, bestand für die [X.] "kein Anlass", die Nebenklägerin selbst als Zeugin zu hören.
2. Gegen die Beweiswürdigung des [X.] bestehen durchgrei-fende Bedenken.
a)
Die
Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Der revisionsge-richtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die
Beweiswürdi-gung
widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder
gegen
Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl.
[X.], Urteile vom 30.
März 2004 -
1 StR 354/03,
NStZ-RR 2004, 238 f.;
vom 2.
Dezember 2005 -
5 StR 119/05,
NJW 2006, 925, 928;
Senat, Urteil vom 22.
Oktober 2014 -
2
StR 92/14, [X.], 52).
b) Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die Beweiswürdigung hier als lückenhaft
und widersprüchlich.

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-
Die von der [X.] geteilte Einschätzung der Sachverständigen, wonach die Vernehmung eines Kindes, von dem eine verständliche Aussage zu erwarten ist, etwa drei Jahre nach dem Tatgeschehen nicht sinnvoll
ist, ist we-der belegt
noch im Übrigen nachvollziehbar; einen
entsprechenden Erfahrungs-satz
gibt es nicht (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 57. Aufl., Vor §
48 Rn.
13; [X.] in [X.], [X.] im Strafprozess, 6.
Aufl., Rn.
306 mwN).
Damit hat die [X.] nicht nur fehlerhaft
von der möglich gewesenen Vernehmung der originären Zeugin abgesehen; sie hat sich auch insoweit mit der Vernehmung von Zeugen von "[X.]"
begnügt, was für sich bereits in die Beweiswürdigung einzustellen wäre (vgl. [X.], Urteile vom 1.
August 1962 -
3 StR 28/62, [X.]St 17, 382, 384; vom 30.
Oktober 1968
-
4
StR 281/68, [X.]St 22, 268, 271), ohne dass die [X.] dieses hin-reichend berücksichtigt hat.
Das [X.] hat zudem den Fall 1 als das für die Nebenklägerin "einschneidendere Ereignis"
bewertet, obwohl es angesichts des [X.]ablaufs zwischen Tat und Hauptverhandlung andererseits davon
aus-gegangen ist, sie werde sich an die Taten nicht erinnern können.
7
-
5
-
Auf dieser Grundlage erweist sich die Beweiswürdigung trotz gewichti-ger, den Angeklagten belastender Indizien als durchgreifend rechtsfehlerhaft.
[X.] Appl Eschelbach

Ott

Zeng

8

Meta

2 StR 278/14

18.02.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2015, Az. 2 StR 278/14 (REWIS RS 2015, 15335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15335

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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