Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2015, Az. 29 W (pat) 507/12

29. Senat | REWIS RS 2015, 1877

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "UNITED VEHICLES" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 039 868.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 24. November 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 24. November 2011 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.] [X.]

3

ist am 21. Juli 2011 für die Dienstleistungen der

4

Klasse 35

5

Werbung, Marketing, Marktforschung, Sortiments- und Preisrecherchen; Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Durchführung von Ausschreibungen, Auktionen und Versteigerungen im [X.], auch in Form von holländischen Auktionen sowie von Reverse-/Rückwärtsauktionen; Unternehmens-, Organisations- und Verbraucherberatung; Erhebung und Bereitstellung von Daten, Informationen, Statistiken, Kosten-Preisanalysen und Preisvergleiche, insbesondere zu Produkten und Unternehmen sowie zu Preisen für Verschleißreparaturen, Wartungen, Inspektionen und Unfallreparaturen an Fahrzeugen, Ersatz-, Verschleiß-, [X.]; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken, Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken, Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Erstellung und Installation von Datenbanken, Datenbanksoftware und Webseiten, inklusive Verwaltung, Indexierung und elektronische Verarbeitung von Daten; Bereitstellung und Vermietung von Speicherplätzen in weltweiten Computernetzwerken und drahtlosen Netzen; Betrieb von elektronischen Märkten im [X.] durch Online-Vermittlung von [X.], sowohl über Anschaffung von Waren als auch über Erbringung von Dienstleistungen; Organisation von Verkaufsveranstaltungen und Messen sowie Durchführung von Auktionen; Vermittlung und Vermietung von Werbeflächen; [X.] für Dritte, d. h. der Erwerb von Waren und Dienstleistungen; Verbraucherberatung sowie Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten; verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Waren- und Dienstleistungspräsentation; organisatorische Projektplanung und organisatorisches Projektmanagement für Werbung und Präsentation von Waren, Dienstleistungen und Unternehmen mittels aller Medien, insbesondere im [X.]; Vermittlung, Bearbeitung und Abrechnung von Verträgen über Anschaffung, Veräußerung und Erbringung von Waren und Dienstleistungen aller Art, insbesondere Verschleißreparaturen, Wartungen, Inspektionen und Unfallreparaturen an Fahrzeugen sowie Ersatz-, Verschleiß-, [X.]; Vermittlung, Bearbeitung und Abrechnung von [X.] über Anschaffung, Veräußerung und Erbringung von Waren und Dienstleistungen aller Art, insbesondere Verschleißreparaturen, Wartungen, Inspektionen und Unfallreparaturen an Fahrzeugen sowie Ersatz-, Verschleiß-, [X.]; Vermittlung, Bearbeitung und Abrechnung von Verträgen in Computernetzwerken ([X.], Onlineshopping, Kleinanzeigen) und/oder anderen Vertriebskanälen über Anschaffung, Veräußerung und Erbringung von Waren und Dienstleistungen aller Art, insbesondere Verschleißreparaturen, Wartungen, Inspektionen und Unfallreparaturen an Fahrzeugen sowie Ersatz-, Verschleiß-, [X.]; [X.] in Bezug auf Fahrzeuge, Fahrzeugdienstleistungen und Fahrzeugteilen; Kundengewinnung durch Versandwerbung mittels E-Mail-Newsletter oder Mobilfunknachrichten;

6

Klasse 36

7

Abwicklung von Zahlungen zwischen [X.] über das [X.], insbesondere Treuhanddienste; Ausgabe von Gutscheinen und Wertmarken; Versicherungs- und Finanzierungsberatung; Durchführung von Factoring Dienstleistungen; Ausgabe von Kreditkarten; Dienstleistungen eines Maklers; Dienstleistungen eines Wertpapiermaklers, Erfassung, Abwicklung und Absicherung von Termingeschäften; Erteilung von Auskünften in Versicherungsangelegenheiten; Erstellung von Finanzanalysen; Erteilung von [X.]; Finanzielle Beratung insbesondere bezüglich Geldgeschäften, Geldwechselgeschäften, Kreditvermittlungen und Leasing; Schätzung von Reparaturkosten [Wertermittlung]; Vergabe von Darlehen; Vermittlung von Versicherungen und Finanzierungen;

8

[X.]

9

Reparaturwesen; Instandsetzung, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen; Instandsetzung, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Instandsetzung, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen; Berechnung von Schäden an Fahrzeugen; Reinigen von Fahrzeugen; Auskünfte über Reparaturen; Bearbeitung und Erstellen von Expertisen über Fahrzeugschäden;

[X.]

Kommunikation und Telekommunikation, insbesondere Online-, [X.]- und Extranet-Dienste; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen von Portalen und Plattformen im [X.] zur Vermittlung von Waren- und Dienstleistungsangeboten in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit; Bereitstellen des Zugangs auf ein weltweites Computernetzwerk zum Liefern von Daten, Informationen, Texten und Bildern; elektronische Übertragung von Daten, Bildern und Dokumenten über [X.], Netzwerk- oder Mobilfunkeinrichtungen; Einstellen von Webseiten in das [X.] für Dritte; Elektronische Anzeigenvermittlung; Sammlung. Bereitstellung und Auslieferung von Informationen redaktionellen Inhalts (z. B. Testberichte) sowie kommerzieller Art (z. B. Kleinanzeigen, Inserate, Auftragsausschreibungen) in elektronischen Kommunikationsmedien, insbesondere über [X.]plattformen, E-Mail-Newsletter oder Mobilfunknachrichten;

beim [X.] ([X.]) angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 24. November 2011 hat die Markenstelle die Anmeldung insgesamt zurückgewiesen. Soweit die Anmelderin mitgeteilt habe, sie erkläre sich „ohne Präjudiz“ bereit, auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37 zu verzichten, stelle dies lediglich eine Bereitschaftserklärung dar; eine rechtlich wirksame Einschränkung der Markenanmeldung liege in dieser – unzulässigen – bedingten Erklärung nicht.

Der angemeldeten Marke stünden die absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegen. Beide Begriffe der Wortkombination seien dem Durchschnittsverbraucher bekannt. Die angemeldete Marke bezeichne einen Zusammenschluss, eine Vereinigung von Firmen im Fahrzeugbereich und stelle damit lediglich eine im Geschäftswesen übliche und rein beschreibende [X.] in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen dar. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erschließe sich den angesprochenen Abnehmern die konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar, da es sich trotz der Kombination fremdsprachiger Wörter um eine bloße Aneinanderreihung rein beschreibender Bestandteile handle. Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen seien geeignet und notwendig, um den Betrieb eines Fahrzeugherstellers und –anbieters sowie eines Anbieters von damit verbundenen Leistungen im Fahrzeugbereich reibungslos laufen zu lassen. Dazu gehörten Werbung, Verwaltungsarbeiten, Beratung, Abrechnungen und die Dienstleistung der Telekommunikation sowie alle weiteren Dienstleistungen. Der Verkehr erkenne den Bezug zu Dienstleistungen im Fahrzeugbereich daher sofort.

Der angemeldeten Marke fehle auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Die angemeldete Marke erschöpfe sich in einer reinen Sachaussage. Die beteiligten [X.]e würden der angemeldeten Marke lediglich die aufgeführte beschreibende Bedeutung entnehmen, nicht aber an die Herkunft der damit gekennzeichneten Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb denken.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass ein Freihaltebedürfnis nicht bestehe, da das angemeldete Zeichen nicht lediglich aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der von der Markenanmeldung umfassten Dienstleistungen dienen könnten. Der Hinweis, der Bestandteil „[X.]“ stelle lediglich einen Hinweis auf die Gesellschaftsform einer Fahrzeugfirma dar, sei nicht nachvollziehbar. Dem Zeichen fehle darüber hinaus auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.]s vom 24. November 2011 aufzuheben.

Die Markenanmeldung ist von der vormaligen Inhaberin, der [X.], im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die jetzige Inhaberin und Beschwerdeführerin, die [X.], mit Sitz in [X.], übergegangen. Der Inhaberwechsel ist zwischenzeitlich in den Akten der Anmeldung vermerkt (§ 34 [X.]). Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 haben die anwaltlichen Vertreter im Beschwerdeverfahren erklärt, dass die Rechtsnachfolgerin das vorliegende Beschwerdeverfahren übernimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 S. 1 [X.] zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Der Eintragung des Zeichens „[X.] [X.]“ stehen für die beanspruchten Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 228 Rn.  33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 872 Rn. 12 – [X.]; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 778 Rn. 11 – [X.]). Insbesondere ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes – zusammengesetztes – Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 – [X.] [Henkel]; [X.] a. a. [X.] Rn. 13 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord AG/[X.] SA [Matratzen Concord/[X.]]; [X.] a. a. [X.] Rn. 11 – [X.]).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung ([X.] GRUR 2015, 1012 Rn. 8 – [X.]; GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.], [X.], 674 Rn. 86 – [X.] [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.] a. a. [X.] Rn. 11 – Link economy). Gleiches gilt, wenn die Wortzeichen aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. [X.] Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.], 569 Rn. 14 – [X.]; [X.], 1100 Rn. 23 – [X.]!; [X.], 850 Rn. 28f. – FUSSBALL WM 2006).

Im Allgemeinen bleibt die Kombination von beschreibenden Teilen eines zusammengesetzten Zeichens für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend ([X.] a. a. [X.] Rn. 98 – [X.] [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.] [X.], 949 Rn. 13 – [X.]). Der Charakter einer [X.] entfällt bei zusammengesetzten Zeichen beschreibender Begriffe aufgrund des maßgeblichen Gesamteindrucks allerdings dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] a. a. [X.] Rn. 100 – [X.] [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.], 1204 Rn. 16 - [X.]). Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen als Herkunftshinweis zu verstehen, können die Kürze, eine gewisse Originalität, die Prägnanz und die Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge sein ([X.] a. a. [X.] Rn. 11 – Link economy). Insoweit ist anerkannt, dass ein beschreibender Sinngehalt eines Markenwortes im Einzelfall durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung insoweit überlagert werden kann, dass der Marke in der Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden kann (vgl. [X.] GRUR 1995, 408, 408 – [X.]; [X.] 37, 190, 192 – [X.]; [X.], Beschluss vom 26.01.2012, 30 W (pat) 16/11 – dierechtler).

2. Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Zeichen, denn es weist weder einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu den beanspruchten Dienstleistungen auf.

a) Die um Schutz nachsuchende Angabe setzt sich grammatikalisch aus zwei zum [X.] Grundwortschatz gehörenden und dem inländischen [X.] geläufigen Wortelementen zusammen. Der [X.] Begriff „united“ bedeutet in der [X.] „vereint, gemeinschaftlich, verbunden, einig“ ([X.], Großwörterbuch [X.], [X.], 1990, Stichwort „united“; http://dict.leo.org/).; „Vehicles“ steht für „Fahrzeuge; Wagen; Fuhrwerke; Gefährte“ ([X.], a. a. [X.], Stichwort „vehicles“; http://dict.leo.org/). „[X.]“ in Verbindung mit einem Substantiv bedeutet „vereinigt, vereint“ (vgl. http://dict.leo.org/: [X.] Kingdom = [X.]; [X.] States = [X.]; [X.] Arab Emirates = [X.]; [X.] Nations = Vereinte Nationen).

Das Zeichen insgesamt wird daher auch von dem inländischen [X.] ohne weiteres mit „Vereinigte Fahrzeuge“ übersetzt und verstanden werden. Es handelt sich dabei weder in der [X.] noch in der [X.] um eine gängige Formulierung. Vielmehr werden die beiden Wörter sprachlich gesehen für den Verkehr ungewöhnlich in einen sinnfremden inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Durch die ungewöhnliche Verbindung der Worte „[X.]“ und „vehicles“ entsteht eine neuartige Wortkombination, die aus sich heraus zum Nachdenken anregt und insoweit ohne Weiteres individualisierend wirkt. In der sprachlichen Verbindung von „vereinigt“ und „Fahrzeugen/Wagen“ erkennt der [X.] zwar den den Einzelworten innewohnenden Bedeutungsinhalt, kann sich aber keine hinreichend konkrete Gesamtbedeutung erschließen. Denn „Fahrzeuge“ können sich – im Gegensatz zu Personen, [X.] oder Organisationen (z. [X.], [X.], terroristische Vereinigung, Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Vereinigung der Opfer des Stalinismus etc.) – nicht „vereinigen“, indem sie sich zusammenschließen und eine Vereinigung gründen. Im weitesten Sinne könnte allenfalls ein Verkehrsunfall zu einer „Vereinigung“ von Fahrzeugen führen. Sprachlich würde man insoweit eher von einem Zusammenstoß, einer Kollision oder einem Unfall sprechen.

Das vom [X.] unterstellte Verständnis der [X.]e im Sinne von „Zusammenschluss im Fachbereich Fahrzeuge“ setzt eine unzulässige analytische Betrachtungsweise sowie mehrere analysierende Zwischenschritte voraus (vgl. [X.] a. a. [X.] Rn. 12 – Link economy). Es unterstellt, dass nicht die Fahrzeuge selbst sich vereinigen, sondern Menschen, die sich mit Fahrzeugen beschäftigen, einen solchen Zusammenschluss gegründet haben.

Bei der Recherche des Senats konnte ferner eine beschreibende Verwendung des angemeldeten Zeichens im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 2011 nicht festgestellt werden. Vielmehr wurde das Zeichen „[X.] vehicles“ von der Markenanmelderin als Herkunftshinweis auf ihrer Homepage zur Kennzeichnung des Unternehmens verwendet. Der Hinweis auf ein Unternehmen liegt für die angesprochenen [X.]e im Übrigen auch deshalb nahe, weil [X.] wie „[X.] Nations“, „[X.] States of America“ oder „Manchester [X.]“ ein Verständnis nahelegen, das auf ganz bestimmte Organisationen, [X.] oder Sportvereine Bezug nimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 04.04.2001, 32 W (pat) 456/99 – [X.] Promoters). Diese Begriffsbeispiele prägen somit maßgeblich das Verständnis des angesprochenen [X.]es. Dies gilt auch für die Verwendung der Begriffspaare „[X.] Airlines“, „[X.] Automobiles Services“ oder „[X.] Technologies Corporation“, „[X.] British Caravans“, „[X.] Communications“, „[X.] Domains“, „[X.] Mobile“ und „[X.] Initiators“ (vgl. www.slogans.de). All diese Begriffe werden kennzeichnungsmäßig als Hinweis auf das entsprechende Unternehmen benutzt (vgl. [X.] a. a. [X.] Rn. 18f. – [X.]).

b) In der Bedeutung „Vereinigte Fahrzeuge“ eignet sich das Zeichen weder unmittelbar zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen in [X.], noch lässt sich ein enger sachlicher oder funktionaler und damit beschreibender Bezug zu diesen herstellen.

(aa) Die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 37 sind noch Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren. Die Markenstelle hat zu Recht den im Schriftsatz vom 22. November 2011 erklärten „Verzicht“ als nicht hinreichende Beschränkung des [X.] im Sinne von § 39 Abs. 1 [X.] ausgelegt. Die Anmelderin hat lediglich erklärt, „ohne Präjudiz auf die Dienstleistungen der [X.] zu verzichten“. Darin liegt keine wirksame unbedingte Teilbeschränkung der beanspruchten Dienstleistungen, sondern lediglich eine Bereitschaftserklärung im weiteren Anmeldeverfahren auf diese Dienstleistungsklasse zu verzichten (vgl. insoweit zu § 48 Abs. 1 [X.]: [X.], Beschluss vom 09.04.2008, 32 W (pat) 33/05 - arte). Davon ist auch deshalb auszugehen, weil die Anmelderin kein neues Dienstleistungsverzeichnis, welches sie zum Gegenstand des Anmeldeverfahrens hätte machen können, vorgelegt hat. Mit der Vorlage eines neuen [X.] hätte die Anmelderin unzweideutig zum Ausdruck bringen können, dass nur das neue (und eingeschränkte) Dienstleistungsverzeichnis Prüfungsgegenstand sein soll. Dass die Anmelderin dies, so wie die Markenstelle verstanden haben wollte, zeigt sich ferner daran, dass sie im Beschwerdeverfahren der Auffassung der Markenstelle nicht entgegen getreten ist und in der Beschwerdebegründung eine mögliche Beschränkung des beanspruchten [X.] nicht zum Ausdruck gebracht hat.

([X.]) Für die in [X.] beanspruchten Dienstleistungen „

c) Bezüglich der in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen fehlt dem angemeldeten Zeichen die Eignung auf eine bestimmte Branche oder ein bestimmtes Medium hinzuweisen. Das angemeldete Zeichen wird vom [X.] nicht als eine Werbeaussage über Inhalt und Qualität der angebotenen Dienstleistung verstanden, da es dem [X.] bereits an einem hinreichend konkreten Begriffsverständnis fehlt. Es entspricht im Übrigen nicht den Branchengewohnheiten, [X.] durch das beworbene Thema bzw. Produkt zu charakterisieren.Üblich ist etwa eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branche, auf die die [X.] bezogen sind. Eine Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet erfolgt dagegen wegen der damit verbundenen Beschränkung nicht (vgl. [X.] [X.], 949 Rn. 24 – [X.]; [X.], Beschluss vom 27.11.2013, 29 W (pat) 523/12 – myJobs; Beschluss vom [X.], 29 W (pat) 569/12 - Betriebskultur).

Für die Dienstleistungen „

d) Den in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen kann der angesprochene Verkehr in Bezug auf die streitgegenständliche [X.] keinen sachlichen Hinweis entnehmen. Auch eine bereits beschreibende Verwendung ist nicht nachgewiesen.

e) Schließlich gibt das angemeldete Zeichen im Umfang der beanspruchten Dienstleistungen der [X.] „

Es ist daher davon auszugehen, dass der ungewöhnliche sprachliche Gesamteindruck der angemeldeten Bezeichnung hinreichende Unterscheidungskraft verleiht.

3. Im Hinblick auf ihre fantasievolle Wortbildung unterliegt die angemeldete Marke ungeachtet etwaiger beschreibender Anklänge auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Zwar ist bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu berücksichtigen ([X.] [X.], 723 - [X.]; [X.] [X.], 994, Nr. 15 – [X.]; GRUR 2003, 882, 883 - [X.]; [X.], 771 - [X.] HOME DEPOT; [X.], 988 - [X.] [X.]). Ein solches kann jedoch aufgrund fehlender Anhaltspunkte nicht angenommen werden.

4. Dem [X.] bleibt die weitere Überprüfung der Anmeldung, insbesondere im Hinblick auf die formellen Erfordernisse des [X.], vorbehalten.

Meta

29 W (pat) 507/12

24.11.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2015, Az. 29 W (pat) 507/12 (REWIS RS 2015, 1877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1877

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Wird zitiert von

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