Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2017, Az. I ZR 41/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14751

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:020317UIZR41.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I ZR 41/16
Verkündet am:

2. März 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Komplettküchen
[X.] § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 1
a)
Bei Komplettküchen, die
da sie nicht frei geplant werden können

als "all-inclusive-Angebote" zu einem günstigen Festpreis angeboten werden, kann die Entscheidung über den Kauf ohne vorhergehende Beratung oder Planung durch einen Verkäufer und ohne Kenntnis sämtlicher Details des Angebots getroffen werden (Abgrenzung zu [X.], Urteil vom 21.
Juli 201
I
ZR
192/09, [X.], 402 =
[X.], 450

Treppenlift).
b)
An der Rechtsprechung des Senats, wonach eine spürbare Irreführung durch Unterlassen ohne Weiteres vorliegt, wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, kann unter der Geltung des mit Wirkung vom 20.
Dezember 2015 geänderten §
5a Abs.
2 [X.] nicht festgehalten werden.
c)
Der Verbraucher wird eine wesentliche Information regelmäßig und insbesondere dann für eine informierte Kaufentscheidung benötigen, wenn die Information wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung im Sinne von §
5a Abs.
3 Nr.
1 [X.] betrifft. Den [X.], der das Gegenteil behauptet, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.
d)
Sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, auch geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte.
[X.], Urteil vom 2. März 2017 -
I ZR 41/16 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 2.
März 2017 durch [X.]
Dr.
Koch, Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, [X.] und die Richterin Dr. Schwonke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 3.
Februar 2016 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte betreibt einen Möbelhandel. Sie warb in einem am 25.
Sep-tember 2014 als Postwurfsendung verteilten Prospekt unter anderem für zwei Einbauküchen mit Elektrogeräten zum Preis von 1.990

h-stehend wiedergegeben:
1
-
3
-

-
4
-
Der Kläger ist ein Verein zur Wahrung gewerblicher Interessen. Er hält die Werbung der [X.] für die beiden Küchen für wettbewerbswidrig, weil jeweils die Typenbezeichnungen der Geräte und bei der Werbung für die erste Küche zudem die Markenbezeichnungen der Geräte fehlten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern wie nachstehend verkleinert wiederge-geben für eine Küche
mit Elektrogeräten zu werben, ohne weitergehende An-gaben zu den im Preis inbegriffenen Elektrogeräten zu machen.
(Es folgt eine Wiedergabe der oben dargestellten Werbung für die beiden [X.].)
Darüber hinaus hat der Kläger den Ersatz pauschaler Abmahnkosten in Höhe von 196,35

nebst Zinsen begehrt.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben.
Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.] 2016, 351 =
[X.], 1158).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht
hat angenommen,
die Klage sei sowohl nach dem im Zeitpunkt des Erscheinens der beanstandeten Werbung geltenden Recht als auch nach dem im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltenden Recht unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen [X.]. Dazu hat es ausgeführt:
2
3
4
5
6
-
5
-
Die Neufassung des [X.] zum 10.
Dezember 2015 habe auf den vorliegenden Fall keinen entscheidenden Ein-fluss, da bereits die frühere Fassung der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken gedient und die Rechtsanwendung sich stets an den Vorgaben dieser Richtlinie orientiert habe. Die neue Fassung sei ledig-lich für die Verbraucher stärker an die Terminologie der Richtlinie angepasst und durch in der früheren Fassung nicht ausdrücklich genannte weitere [X.] ergänzt worden.
Die beiden Werbeangebote seien so gefasst, dass sie einen durch-schnittlichen Verbraucher in die Lage versetzten, das Geschäft abzuschließen. Aufgrund der Fotos und der ergänzenden Angaben zum Dekor, zu den im Preis enthaltenen Geräten und zur Breite der abgebildeten Küchenzeilen
wisse der Verbraucher im Wesentlichen, was er für den angegebenen Preis erhalten [X.].
Für die zu treffende Kaufentscheidung als solche bedürfe es keiner Kennt-nis der Details der Elektrogeräte.
Dass der Erwerb einer vorgegebenen Einbau-küche im Gesamtpaket meist nicht zu einer individuell-idealen Raumausnut-zung führe und
möglicherweise sogar überflüssige Teile miterworben würden, liege auf der Hand und könne als zwangsläufiger Nachteil eines preisgünstigen Gesamtpakets in die Gesamtabwägung mit einbezogen werden. Ebenso [X.] die Frage, ob die abgebildete Küche tatsächlich in die vorhandenen Räume passe, den Risikobereich des Erwerbers. Anhand der Angaben im Prospekt
sei der Platzbedarf zumindest in etwa abschätzbar und die Anordnung der Geräte und des Spülbeckens zumindest ansatzweise erkennbar. Beide Anzeigen seien zudem aufgrund des plakativen [X.] bei der Preisangabe mit dem Zu-satz "Inklusive Lieferung"
erkennbar darauf angelegt, dass Verbraucher die [X.] unmittelbar wie beworben kauften.
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-
6
-
Zu den danach in den beiden Werbeanzeigen mitzuteilenden wesentli-chen Merkmalen der angebotenen Einbauküchen gehörten sowohl die Herstel-ler oder Marken der Elektrogeräte als auch die Typenbezeichnungen unter Hinweis auf deren Energieeffizienzklasse. Die in einer Küche eingebauten Ge-räte seien ein für die Werthaltigkeit des Gesamtprodukts gerade bei einem Pauschalangebot im Niedrigpreissegment entscheidendes Produktmerkmal. Die entsprechenden Informationen seien bei einem Angebot stets erforderlich, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.
Das
Vorenthalten dieser Informationen sei per se geeignet, den Verbraucher zu einer von ihm [X.] nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Mit der Er-füllung des [X.] seien
auch die nach dem früheren Recht bestehende Spürbarkeitsschwelle überschritten und
das nach neuem Recht geltende Erfordernis der Eignung der Werbung erfüllt, das wirtschaftliche [X.] des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht
hat die Klage im Ergebnis zutreffend als aus §
8 Abs.
1 Satz
1, Abs.
3 Nr.
2 [X.], §
3 Abs.
1, §
5a Abs.
2 und 3 Nr.
1 [X.] in der Fassung, in der dieses Gesetz bis zum 9.
Dezember 2015 gegolten hat ([X.]
aF), §
3 Abs.
1, §
5a Abs.
2 Satz
1, Abs.
3 Nr.
1 [X.] sowie aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] begründet angesehen. Es hat
ohne
Rechtsfehler
an-genommen, dass die beanstandete Werbung der [X.] Angebote
von Wa-ren im Sinne von §
5a Abs.
3 [X.] enthält, bei denen die Angabe der Hersteller oder Marken und
die Angabe der Typenbezeichnungen der gezeigten Elektro-geräte wesentliche Merkmale der Ware im Sinne von §
5a Abs.
3 Nr.
1
[X.] darstellen. Nach
den
vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist
auch
davon auszugehen, dass
der Verbraucher diese Informationen nach den [X.] benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§
5a Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 [X.]), und das Vorenthalten dieser Informationen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veran-9
10
-
7
-
lassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§
5a Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 [X.]).
Aus dem bis zum 9.
Dezember 2015 geltenden Recht ergab sich nichts ande-res.
1. Der vom Kläger gestellte Unterlassungsantrag ist hinreichend be-stimmt im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO. Aus dem Vorbringen des [X.], das zur Auslegung dieses Antrags heranzuziehen
ist (st.
Rspr.; vgl. nur
[X.], Urteil vom 6.
Oktober 2016 -
I
ZR
25/15, [X.], 266 Rn.
32 =
[X.], 320 -
World of Warcraft
I, [X.]), ergibt sich, dass mit den "weitergehenden An-gaben zu den im Preis inbegriffenen Elektrogeräte"
die Angabe der Marke oder des Herstellers und des Typs der Elektrogeräte gemeint ist.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Kläger für den von ihm geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §
8 Abs.
3 Nr. 2 [X.] klage-
und anspruchsbefugt ist. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler er-kennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
3. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch
auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn
das be-anstandete Verhalten der [X.] sowohl nach dem zur
Zeit
seiner Vornah-me
rechtswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Revisionsentscheidung geltenden Recht rechtswidrig ist (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 10.
November
2016
I
ZR
29/15, [X.], 286
Rn.
8
=
[X.], 296

Hörgeräteausstellung; Urteil vom 15.
Dezember
2016
I
ZR
213/15, [X.],
288
Rn.
17
= [X.], 309

Energieverbrauchskennzeichnung; Urteil vom 12.
Januar
2017

I
ZR
258/15, [X.], 409
Rn.
12
=
[X.], 418

Motivkontaktlinsen, jeweils [X.]).
Für den Anspruch auf Erstattung von [X.] kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an
(st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 30.
Juli 2015 -
I
ZR
29/12, [X.], 392 Rn.
25 =
[X.], 467

Buchungssystem
II, [X.]).
Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
11
12
13
-
8
-
4.
Das Berufungsgericht hat
den Unterlassungsantrag nach geltendem Recht im Ergebnis zutreffend als aus §
8 Abs.
1 Satz
1, Abs.
3 Nr.
2, §
3 Abs.
1, §
5a Abs.
2 Satz
1, Abs.
3 Nr.
1 [X.] begründet angesehen.
a) Nach dem seit 10.
Dezember 2015 geltenden §
5a Abs.
2
Satz
1 [X.] handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr.
1), und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn
zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte
(Nr.
2). Als Vorenthalten gilt nach §
5a Abs.
2 Satz
2 [X.] auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr.
1), die Bereitstellung wesentlicher Informatio-nen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr.
2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr.
3). Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten nach §
5a Abs.
3 Nr.
1 [X.] die Informationen über alle wesentlichen Merkma-le der Ware oder Dienstleistung in dem dieser und dem verwendeten Kommu-nikationsmittel angemessenen Umfang als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 [X.], sofern sie
sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.
b)
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die vom Kläger
beanstandete Werbung für die beiden Küchen keine bloße Aufmerksam-keitswerbung
darstellte, sondern es sich um Angebote im Sinne des
§
5a Abs.
3 [X.] handelte.
aa) Die Bestimmung des §
5a Abs.
3 [X.] setzt
Art.
7 Abs.
4 der [X.] 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken in [X.] Recht um
und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Unter
einer "Aufforderung zum Kauf"
im Sinne von Art.
7 Abs.
4 der Richtlinie 2005/29/[X.]
und damit unter einem 14
15
16
17
-
9
-
Angebot im Sinne von §
5a Abs.
3 [X.]
-
ist
nach
Art.
2 Buchst.
i dieser Richt-linie jede
kommerzielle Kommunikation
zu verstehen, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Dafür
ist
eine Werbung erforderlich, durch die der Verbraucher
so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf erlangt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben ha-ben muss (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Mai 2011
122/10, Slg. 2011, 3903 =
[X.], 930 Rn.
33
Ving Sverige; Urteil vom 26.
Oktober 2016

611/14, [X.], 1307 Rn.
52 = [X.], 31
[X.]; [X.], Urteil vom 12.
September 2013
I
ZR
123/12, [X.], 403 Rn.
8 =
[X.], 435
[X.]R NEUE).
[X.]) Das Berufungsgericht, das von diesen Grundsätzen ausgegangen ist, hat angenommen,
die streitgegenständlichen Werbeangebote seien so ge-fasst, dass es sich bei ihnen nicht um eine bloße Aufmerksamkeitswerbung handele, sondern ein durchschnittlicher Verbraucher sich für den Kauf [X.] könne. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
(1) Die Revision macht geltend, ein abschlussfähiges Angebot liege nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nur vor, wenn die Werbung zu einem Produkt, das in unterschiedlichen Ausführungsvarianten erhältlich sei, so viel an
Informationen enthalte, dass der Verbraucher das Pro-dukt identifizieren und von anderen abgrenzen könne. Die durch die streitge-genständlichen Werbeanzeigen gelieferten Informationen ermöglichten es dem Verbraucher noch nicht, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob, wie und un-ter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen wolle. Sie veranlassten den Verbraucher vielmehr allenfalls dazu, sich mit dem von der [X.] beworbe-18
19
-
10
-
nen Angebot an Einbauküchen näher zu befassen.
Darin liege nach der Recht-sprechung des [X.] noch keine geschäftliche Entscheidung.
Wegen der in den beanstandeten Werbeangeboten fehlenden
Angaben zur Typen-
und Markenbezeichnung der Elektrogeräte, zur
Tiefe der Schränke,
zur Art und Größe des Kochfeldes und insbesondere zur Art der Dunstabzugs-haube, des Backofens, des Geschirrspülers, der Innenausstattung der Ober-
und Unterschränke, der Spüle und Armatur sowie
zur Art der Arbeitsplatte fehl-ten sämtliche für einen Kauf einer Einbauküche entscheidenden
Details. Die bloße A[X.]ildung einer beispielhaften Einbauküche ersetze die für eine Kaufent-scheidung erforderlichen Informationen über diese preisbildenden Faktoren nicht. Da die streitgegenständlichen Werbeanzeigen die Maße der Möbel jeden-falls nicht genau auswiesen, sei zwingend noch eine dem Kauf vorangehende Beratung und Planung durch den Verkäufer erforderlich.
Dem Verbraucher sei bekannt, dass bei Einbauküchen vor Vertragsschluss grundsätzlich ein Bera-tungsgespräch stattfinde, in dem der zu zahlende Preis für das individuell anzu-fertigende oder anzupassende Produkt erst festgelegt werde; ein fundierter Preisvergleich sei bei einer individuellen Ausgestaltung des beworbenen [X.] erst nach Einholung eines Einzelangebots möglich, da erst nach einer Leistungskonkretisierung
ein konkreter Preis genannt werden könne.
(2) Damit dringt die Revision nicht durch. Die vom Berufungsgericht vor-genommene Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und widerspricht insbesondere nicht der Lebenserfahrung
(vgl. auch [X.], [X.] 2016, 664, 667).
Der Streitfall betrifft entgegen der Darstellung der Revision kein in unter-schiedlichen Ausführungen angebotenes Produkt (vgl. dazu [X.], [X.], 930 Rn.
49
Ving Sverige), sondern Komplettküchen, die
da sie nicht frei geplant werden können
als "all-inclusive-Angebote"
zu einem günstigen Festpreis zum Verkauf gestellt werden.
Über den Erwerb
einer solchen Küche kann der durchschnittliche Verbraucher ohne vorhergehende Beratung oder 20
21
-
11
-
Planung durch einen Verkäufer und ohne Kenntnis sämtlicher Details des [X.] entscheiden.
Der Streitfall lässt sich in dieser Hinsicht auch nicht
wie die Revision meint
mit dem Fall vergleichen, der der Senatsentscheidung "Treppenlift"
([X.], Urteil vom 21.
Juli 2011

I
ZR
192/09, [X.], 402 = [X.], 450) zugrunde gelegen hat. In jener Entscheidung ging es um Treppenlifte, die als Einzelanfertigungen an die baulichen Gegebenheiten angepasst wurden und deren Preis daher von ihrer konkreten Ausführung auf der Grundlage der beim Erwerber vorhandenen Örtlichkeit abhing (vgl. [X.], [X.], 402 Rn.
24
und 32
-
Treppenlift).
Für die Frage, ob eine "Aufforderung zum Kauf"
im Sinne von Art.
2 Buchst.
i und Art.
7 Abs.
4 der Richtlinie 2005/29/[X.] vorliegt, kommt es im Üb-rigen nicht darauf an, ob bereits eine "geschäftliche Entscheidung"
im Sinne von Art.
2 Buchst.
k und Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie 2005/29/[X.]
vorliegt. Es ist
daher im vorliegenden Zusammenhang unerheblich, dass die Entscheidung eines Verbrauchers, sich mit einem beworbenen Angebot in einer Werbeanzei-ge näher zu befassen, für sich gesehen mangels eines unmittelbaren Zusam-menhangs mit einem Erwerbsvorgang noch keine geschäftliche Entscheidung darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 2014
I
ZR
129/13, [X.], 698 Rn.
20 =
[X.], 851
Schlafzimmer komplett).
Das Berufungsgericht konnte bei seiner Beurteilung des Sachverhalts entgegen der Ansicht der Revision auch den mit einem Lkw-Symbol plakativ aufgemachten Zusatz bei den Preisangaben "Inklusive Lieferung"
berücksichti-gen. Dieser Zusatz enthielt nicht lediglich
wie die Revision geltend macht
die Information, dass der verlangte Preis die Lieferkosten enthält. Die in dieser Weise gestaltete Werbung war nach der [X.] Beurteilung des Be-rufungsgerichts geeignet, beim Verbraucher den Eindruck zu verstärken, er könne die beiden Küchen unmittelbar wie beworben käuflich erwerben.
22
23
24
-
12
-
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gehören die Herstel-ler oder Marken der im Angebot der ersten Küche gezeigten Elektrogeräte und
die Typenbezeichnung der bei den beiden
angebotenen Küchen gezeigten Ge-räte zu den wesentlichen Merkmalen dieser Küchen im Sinne von §
5a Abs.
3 Nr.
1 [X.]. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
d) Die Beklagte hat dem Verbraucher diese gemäß §
5a Abs.
3 Nr.
1 [X.] als wesentlich anzusehenden Informationen zu den Elektrogeräten in den Küchen im Sinne von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] vorenthalten.
aa) Eine Information wird dem Verbraucher im Sinne von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] vorenthalten, wenn sie zum Geschäfts-
und Verantwortungsbe-reich des Unternehmers gehört oder dieser sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann ([X.], Urteil vom 21. Juli 2016 -
I [X.], [X.], 1076 Rn.
27 = [X.], 1221
[X.], [X.]).
[X.]) Die hier in Rede stehenden Informationen gehören zum Geschäfts-
und Verantwortungsbereich der [X.]. Der Verbraucher erhält sie ferner nicht so, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann. Die Entscheidung des Verbrauchers, sich mit einem beworbenen Ange-bot in einer Werbeanzeige näher zu befassen, stellt zwar für sich gesehen mangels eines unmittelbaren Zusammenhangs mit einem Erwerbsvorgang noch keine geschäftliche Entscheidung dar ([X.], [X.], 698 Rn.
20

Schlafzimmer komplett). Der Begriff "geschäftliche Entscheidung"
erfasst [X.] außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines [X.] auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbe-sondere das Betreten eines Geschäfts ([X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

[X.]/12, [X.], 196 Rn.
36 bis 38 =
[X.], 161 -
Trento
Svi-25
26
27
28
-
13
-
luppo; [X.], [X.], 1076 Rn.
29
[X.], [X.]). Es ist weder vorge-tragen noch sonst ersichtlich, dass der Verbraucher die hier in Rede stehende Information über die Marke oder den Hersteller und den Typ der Elektrogeräte erhält, bevor er eine geschäftliche Entscheidung in diesem Sinne trifft.
e) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Voraussetzungen von § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.] erfüllt sind.
aa) Das Berufungsgericht hat gemeint, wesentliche Informationen benö-tige der Verbraucher stets, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen; deren Vorenthalten sei per se geeignet, den Verbraucher zu einer ge-schäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dem kann zwar nicht zugestimmt werden. Die vom Berufungsgericht vor-genommene Beurteilung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar.
[X.]) Der Senat hat allerdings unter der Geltung des §
5a Abs.
2 [X.]
aF in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass das Erfordernis der [X.] nach §
3 Abs.
1 und 2 Satz 1 [X.]
aF ohne weiteres erfüllt ist, wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als we-sentlich einstuft (vgl. [X.], Urteil vom 18.
April 2013
I
ZR
180/12, [X.], 1169
Rn.
19 =
[X.], 1459
Brandneu von der [X.]; Urteil vom 19.
Februar 2014
I
ZR
17/13, [X.], 584 Rn.
23 =
[X.], 686
Typenbe-zeichnung; Urteil vom 7.
Mai 2015
I
ZR
158/14, [X.], 1240 Rn.
46 =
[X.], 1464
[X.], jeweils [X.]). Daran kann [X.] unter der Geltung des mit Wirkung vom 20.
Dezember 2015 geänder-ten §
5a Abs.
2 [X.] nicht festgehalten werden (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Februar 2016
I
ZR
194/14, [X.], 403 Rn.
25 =
[X.], 450

Fressnapf). Die Voraussetzungen des in §
5a Abs.
2 [X.] geregelten [X.], dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche [X.] "je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen"
und "deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer ge-29
30
31
-
14
-
schäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte", stellen nach §
5a Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 und 2 [X.] zusätzliche Tatbe-standsmerkmale dar, die deshalb selbständig zu prüfen sind (vgl. [X.], [X.], 1, 4
f. [X.]).
[X.]) Jedoch trifft den Unternehmer, der geltend macht, dass -
abweichend vom Regelfall -
der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Informati-on den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, insoweit eine sekundäre Darlegungslast (vgl.
[X.] in
[X.]/[X.], [X.], 35.
Aufl., § 5a Rn. 3.44; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 7.
Aufl., § 5a Rn. 66; [X.], [X.], 139, 143).

Der Verbraucher wird eine wesentliche Information schon im Allgemei-nen und insbesondere in Fällen, in denen sie wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung im Sinne von §
5a Abs.
3 Nr.
1 [X.] betrifft, für eine infor-mierte Kaufentscheidung benötigen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO §
5a Rn.
66; [X.], [X.], 1, 4). Das gilt in besonderem Maße für [X.], weil die durch sie bewirkte Individualisie-rung es dem Verbraucher ermöglicht, die Geräte genau zu identifizieren und

darauf aufbauend
deren Eigenschaften und Preis mit den Eigenschaften und dem Preis konkurrierender Produkte und Angebote zu vergleichen (zu §
5a Abs.
2 und 3 Nr.
1 [X.]
aF vgl. [X.], [X.], 584 Rn.
17

[X.]).
Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände [X.], grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer [X.], die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte (vgl. [X.], [X.], 403 Rn.
25
Fress-32
33
34
-
15
-
napf; [X.], 1076 Rn.
55
[X.]; [X.], [X.] 2016, 537, 542
f.; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
5a Rn.
3.44; ders., [X.], 1, 5 [X.]). Zum einen kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher in einer solchen Situation von einer geschäftlichen Entscheidung absieht und deshalb nicht Gefahr
läuft, eine andere Entscheidung zu treffen als dann, wenn er in der nach den Umständen gebotenen Weise informiert worden wäre. Zum anderen kann eine geschäftliche Entscheidung auch darin bestehen, dass der Verbraucher ein Tätigwerden unterlässt (§
2 Abs.
1 Nr.
9 [X.]; Art.
2 Buchst.
k der Richtlinie 2005/29/[X.]; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
2 Rn.
150; jurisPK-[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
2 Rn.
55).
dd) Die Beklagte hat dieser sekundären Darlegungslast nicht entspro-chen.
Die Revision macht unter Bezugnahme auf von der [X.] in der Be-rufungsbegründung gehaltenen Sachvortrag geltend, die Angabe der Typen-
oder Markenbezeichnung der Elektrogeräte sei im Streitfall anders als in dem der Senatsentscheidung "Typenbezeichnung"
zugrundeliegenden Fall gerade nicht geeignet, einen Vergleich der Einbauküchen zu ermöglichen, da sämtliche weiteren für einen Küchenkauf relevanten Parameter fehlten. Da die Küchen ausschließlich in Kombination mit den Elektrogeräten angeboten würden, wäre ein zuverlässiger Preisvergleich auch bei zusätzlicher Angabe der Marken-
und Typenbezeichnung der Elektrogeräte nicht möglich. Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
Die von der Revision hervorgehobenen Umstände ändern nichts daran, dass der Verbraucher die beiden ihm angebotenen Küchen besser bewerten und mit anderen Küchen vergleichen kann, wenn er die Marken-
und Typenbe-zeichnung der dabei mit angebotenen Elektrogeräte kennt (vgl. [X.], [X.], 1396, 1399; [X.], [X.] 2016, 1094, 1098). Zwar mag die Nichtangabe dieser Bezeichnungen bei im Angebot einer gesamten Küche 35
36
37
-
16
-
enthaltenen Geräten relativ gesehen weniger ins Gewicht fallen als bei -
wie in dem der Senatsentscheidung "Typenbezeichnung"
zugrundeliegenden Fall
-
einzeln angebotenen Geräten. Diese Tatsache rechtfertigt es aber nicht, bei einem solchen Gesamtangebot
ausnahmsweise
davon auszugehen, dass der Verbraucher nach den Umständen die ihm vorenthaltenen wesentlichen Informationen nicht benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, oder das Vorenthalten nicht geeignet ist, den Verbraucher zu einer [X.] nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen.
f) Die gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1, Abs.
3 Nr.
1 [X.] unlautere Werbung der [X.] ist
nach §
3 Abs.
1 [X.] unzulässig.
5. Die Werbeangebote der [X.] waren nach dem im Zeitpunkt ihres Erscheinens geltenden Recht gemäß §
5a Abs.
2 und 3 Nr.
1, §
3 Abs.
1 [X.]
aF ebenfalls unlauter und unzulässig. Die frühere gesetzliche Regelung stimmte bei [X.] Auslegung mit
der
seit dem 10.
Dezember 2015 geltenden
Regelung in §
5a Abs.
2 und 3 Nr.
1 §
3 Abs.
1 [X.]
überein.
6. Danach war auch die vom Kläger ausgesprochene Abmahnung [X.]. Der Kläger kann daher seine der Höhe nach unstreitigen Abmahnkos-ten nach §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] ersetzt verlangen.
7. Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] ist nicht ver-anlasst. Die Beurteilung, ob kommerzielle Mitteilungen unter Beachtung der vom Gerichtshof der [X.] aufgestellten Maßstäbe im Einzelfall als Aufforderung zum Kauf einzustufen sind, obliegt dem nationalen Gericht ([X.], [X.], 1307 Rn.
52
[X.]).
Dasselbe gilt für die Beurtei-lung, ob der Unternehmer seiner
in einem solchen Fall bestehenden Informati-onspflicht unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts, des für die Aufforderung zum Kauf verwendeten Kommunikationsme-diums und der gegebenenfalls bereitgestellten Zusatzinformationen genügt hat 38
39
40
41
-
17
-
([X.], [X.], 930 Rn.
59

Ving Sverige; [X.], 1307 Rn.
72

[X.]).
II[X.] Nach allem ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Koch
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.03.2015 -
33 O 222/14 -

[X.], Entscheidung vom 03.02.2016 -
6 [X.]/15 -

42

Meta

I ZR 41/16

02.03.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2017, Az. I ZR 41/16 (REWIS RS 2017, 14751)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14751

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 41/16

I ZR 26/15

6 U 55/15

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