Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZR 201/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1246

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 201/04 Verkündet am: 20. Oktober 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

HGB § 421 Abs. 3

Dem Unterfrachtführer steht gegenüber dem Empfänger, der sein Ablieferungs-recht gemäß § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB geltend macht, kein eigener Anspruch auf Zahlung eines [X.] zu.

[X.], [X.]. v. 20. Oktober 2005 - [X.][X.]
[X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren, in dem den Parteien Schriftsätze bis zum 1. September 2005 nachgelassen waren, am 20. Oktober 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 3. Dezember 2004 wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Transportunternehmen, begehrt von der [X.] [X.] eines Standgeldes sowie Ersatz von Umdispositionskosten. Die Beklagte hatte bei der [X.] (im Weiteren: Absenderin) Lebensmittel zur Anlieferung am 30. Dezember 2002 bestellt. Die von der Absenderin mit der Beförderung der Waren zur Niederlassung der [X.] beauftragte R.

Transport GmbH (im Weiteren: Hauptfrachtführerin) beauftragte ihrerseits die Klägerin mit der Ausführung des Transports. 1 - 3 -
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr Fahrer sei am 30. Dezember 2002 be-reits um 7.30 Uhr auf dem Gelände der Niederlassung der [X.] erschie-nen. Er habe aber erst gegen 12.00 Uhr eine Rampe anfahren dürfen und habe ohne vertragliche Verpflichtung sein Fahrzeug selbst entladen. Für die Über-schreitung der Entladezeit verlangt sie ein Standgeld i.H. von 196 • zuzüglich Mehrwertsteuer. Da wegen der Wartezeit keine Rückfracht mehr habe geladen werden können, macht sie außerdem als Ersatz für die Kosten der [X.] einen Pauschalbetrag von 128 • zuzüglich Mehrwertsteuer geltend.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 375,83 • zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, ein An-spruch der Klägerin auf Standgeld scheitere bereits daran, dass zwischen der Klägerin und dem Absender des Frachtgutes keine vertraglichen Beziehungen bestünden. Sie hat ferner bestritten, dass der Fahrer der Klägerin so lange ha-be warten müssen, und hat geltend gemacht, im Übrigen hätte die behauptete Wartezeit durch eine Terminsvereinbarung vermieden werden können.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. 2 3 4 5 6 7 - 4 - Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Standgeld und auf Schadensersatz. Zur [X.] hat es ausgeführt:
Für eine deliktische Haftung der [X.] bestünden keine [X.]. Vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte schieden ebenfalls aus, weil die Klägerin ihre Frachtleistung allein aufgrund eines ihr von der [X.]in erteilten Auftrages erbracht habe, die ihrerseits von der Absende-rin mit der Beförderung des Frachtgutes zur [X.] betraut worden sei. An dieser Konstellation scheitere schließlich auch ein Anspruch aus § 421 Abs. 3 HGB gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Empfängerin des Frachtgutes. Nach Sinn und Zweck dieser Regelung und deren systematischer Stellung im Transportrecht setze eine Verpflichtung des Empfängers zur Leistung von Standgeld und sonstiger Vergütungen einen entsprechenden Anspruch des Frachtführers gegen den Absender voraus.
I[X.] Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat vertragliche oder deliktische Ansprüche der Klägerin rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rü-gen.
2. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, auch nicht nach § 421 Abs. 3 HGB zu. Nach dieser Vorschrift ist der Empfänger, der sein [X.] 9 10 11 12 - 5 - [X.] nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB geltend macht, bei Überschreitung der Ladezeit, auch der Entladezeit (vgl. [X.], Transportrecht, 5. Aufl., § 421 HGB [X.]. 30; Ruß in: [X.], 6. Aufl., § 421 [X.]. 8), zur Zahlung von [X.] verpflichtet. Der Anspruch auf Standgeld gemäß § 421 Abs. 3 HGB richtet sich auf Zahlung einer angemessenen Vergütung (vgl. § 412 Abs. 3 HGB); ei-nen Anspruch auf Ersatz durch Entladeverzögerungen entstandener Schäden begründet diese Vorschrift nicht (vgl. dazu [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 60). Zahlung eines [X.] gemäß § 421 Abs. 3 HGB kann die Klägerin, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, schon deshalb nicht verlangen, weil sie nicht von der Absenderin, sondern von der Hauptfrachtführerin [X.] worden ist, also lediglich als Unterfrachtführerin tätig geworden ist. Es kann daher dahinstehen, ob es sich bei der von ihr geltend gemachten "Pau-schale für Umdisposition" um ein auf Schadensersatz gerichtetes Verlangen handelt oder ob damit nur ein zur Bestimmung der Angemessenheit der [X.]vergütung dienender Umstand (vgl. dazu [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 58) dargelegt werden sollte.
a) Die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung eines [X.] ent-steht gemäß § 421 Abs. 3 HGB nur, wenn er sein Recht nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB geltend macht. Gemäß § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Empfänger nach Ankunft des Frachtgutes an der Ablieferungsstelle berechtigt, vom [X.] zu verlangen, ihm [X.] gegen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem [X.] abzuliefern. Der durch § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB begründete ei-genständige Anspruch des Empfängers entspricht dem Ablieferungsanspruch des Absenders (§ 407 Abs. 1 HGB). Dieser hat seine Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Fracht (§ 407 Abs. 2 HGB) gleichfalls bei Ablieferung des [X.] zu erfüllen (§ 420 Abs. 1 Satz 1 HGB). § 421 Abs. 1 HGB begründet somit eine Doppellegitimation von Empfänger und Absender für frachtvertragliche 13 - 6 - Ansprüche gegenüber dem Frachtführer (vgl. [X.]/[X.]/[X.], HGB, 31. Aufl., § 421 [X.]. 2; MünchKomm.HGB/[X.], [X.] zum Transportrecht, § 422 HGB [X.]. 1). Dem Empfänger sollen als Drittbegünstig-tem Rechte aus dem [X.] zustehen, die er im eigenen Namen geltend machen kann. Die Zug-um-Zug-Verknüpfung in § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB ist folglich dahin zu verstehen, dass dem Empfänger nur Ansprüche aus dem zwi-schen dem Absender und dem Hauptfrachtführer geschlossenen [X.] entgegengehalten werden können (vgl. [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 8).
b) In welchem Umfang der Empfänger dem Frachtführer gegenüber [X.] aus dem [X.] zu erfüllen hat, wenn er sein Abliefe[X.] geltend macht, ist in § 421 Abs. 2 und 3 HGB geregelt. In § 421 Abs. 4 HGB ist bestimmt, dass der Absender zur Zahlung der nach dem Vertrag geschuldeten Beträge verpflichtet bleibt. Das Ablieferungsverlangen nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB führt danach zu einem Schuldbeitritt des Empfängers, der Absender und Empfänger zu Gesamtschuldnern hinsichtlich der Verpflichtungen aus dem [X.] macht (vgl. [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 25; [X.]/Boujong/ [X.]/[X.], HGB, § 421 [X.]. 38; Ruß in: [X.] aaO § 421 [X.]. 11; MünchKomm.HGB/[X.] aaO § 422 [X.]. 6; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 421 [X.]. 3). Die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung von Standgeld gemäß § 421 Abs. 3 HGB knüpft demnach, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, gleichfalls an die entsprechende Verpflichtung des Absen-ders aus dem von diesem geschlossenen [X.] an (vgl. § 412 Abs. 3 HGB). Auch insoweit besteht eine vertragliche Verpflichtung des Absenders nur gegenüber dem Hauptfrachtführer, nicht dagegen im Verhältnis zu Unterfracht-führern, deren sich der Hauptfrachtführer zur Erfüllung seiner frachtvertragli-chen Verpflichtungen dem Absender gegenüber bedient. Erklärt der Empfänger sein Ablieferungsverlangen dem vom Hauptfrachtführer eingesetzten [X.] - 7 - frachtführer gegenüber, so erlangt dieser daher keine Ansprüche gemäß § 421 Abs. 2 und 3 HGB gegenüber dem Empfänger (vgl. [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 25). Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Zweck von § 421 Abs. 3 HGB entnehmen, dass durch diese Vor-schrift eigene Ansprüche des Unterfrachtführers dem Empfänger gegenüber begründet werden sollen. Der Unterfrachtführer, dem im Verhältnis zum [X.] ein Anspruch auf Standgeld gemäß § 412 Abs. 3 HGB zusteht, bleibt es unbenommen, sich dessen Anspruch auf Standgeld (§ 412 Abs. 3, § 421 Abs. 3 HGB) abtreten zu lassen. Im Streitfall geht die Klägerin aber nicht aus abgetretenem Recht vor. - 8 - II[X.] Danach ist die Revision der Klägerin als unbegründet [X.]. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.05.2004 - 2 C 2339/03 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 7 S 20/04 - 15

Meta

I ZR 201/04

20.10.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZR 201/04 (REWIS RS 2005, 1246)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1246

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