Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. I ZR 177/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5823

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 11. Januar 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja HGB § 421 Abs. 2 Satz 1 Die bloße Übernahme des [X.] stellt keine die Zahlungspflicht des [X.] gemäß § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB begründende konkludente Geltend-machung des Rechts auf Ablieferung nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB dar.
[X.], Urt. v. 11. Januar 2007 - [X.]/04 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 11. Januar 2007 durch [X.] [X.] und [X.] Büscher, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 17. November 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen. Sie stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu der mittlerweile insolventen [X.], für die sie Warensendungen zu fixen Kosten beförderte. 1 Die Beklagte, die ein Handelsunternehmen betreibt, bezog von der K.

AG im November und Dezember 2001 über 170 Warensendungen. Die Auslieferung der Sendungen, für die keine Frachtbriefe ausgestellt waren, er-folgte durch die Klägerin. 2 - 3 - 3 Die Klägerin behauptet, die [X.] habe ihre [X.] für die ausgelieferten Warensendungen in Höhe von 40.133,58 • nicht begli-chen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei, da sie die Warensendungen ent-gegengenommen habe, verpflichtet, die [X.] zu erfüllen. Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 40.133,58 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. 4 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. 5 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. 6 Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ([X.] [X.] 2005, 209). 7 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 8 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 9 Die Voraussetzungen des § 421 Abs. 2 HGB seien nicht schon dann er-füllt, wenn der Empfänger eine Warensendung annehme. Die Bestimmung knüpfe die Frachtzahlungspflicht des Empfängers nicht mehr wie § 436 HGB a.F. an die Entgegennahme der Warensendung (und des Frachtbriefes), [X.] - 4 - dern daran an, dass der Empfänger sein Recht nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB geltend mache. Der Empfänger erwerbe einen Anspruch auf Ablieferung des an der Ablieferungsstelle angekommenen [X.] erst dann, wenn er sich bereit erkläre, die Ansprüche des Frachtführers aus dem [X.] zu erfüllen. Auch wenn er die insoweit erforderliche Willenserklärung nicht abgebe, sei der Frachtführer dem Absender gegenüber zur Ablieferung der Sendung an den Empfänger verpflichtet. Die tatsächliche Entgegennahme der Sendung bedeute aus der Sicht des Frachtführers mithin zunächst einmal nur, dass der [X.] seiner Aufforderung zur Mitwirkung tatsächlich nachkomme. Das gelte auch für den Regelfall, dass der Empfänger die Warensendung beim Absender ge-kauft habe. Dabei werde in Bezug auf die Frachtkosten häufig vereinbart sein, dass der Verkäufer diese verauslage und der Käufer sie ihm erstatten müsse; in Betracht komme aber auch, dass der Verkäufer die Fracht in den Kaufpreis mit einkalkuliere und dem Käufer daher eine frachtfreie Lieferung verspreche. Biete der Verkäufer die [X.] in einem solchen Fall unter der Bedingung an, dass sich der Käufer zur Begleichung der Frachtkosten bereit erkläre, gerate dieser im Hinblick auf die vertragliche Abrede über die Frachtkosten nicht in Annahmeverzug. Zum Zeitpunkt des Übergabeangebots könne der Käufer nicht beurteilen, ob er bei Verweigerung der Annahme in Annahmeverzug gerate, da er nicht wisse, ob die Fracht bereits bezahlt sei oder der Absender mit dem Frachtführer vereinbart habe, dass dieser die Fracht vom Käufer nicht fordern dürfe. Ein Käufer, dem eine [X.] ausgehändigt werde, sei danach aus der Sicht eines objektiven Frachtführers zwar regelmäßig daran interessiert, die Warensendung tatsächlich in Empfang zu nehmen; ihm liege aber häufig nichts daran, einen eigenen Übergabeanspruch gegen den Frachtführer dadurch zu begründen, dass er diesem die Zahlung der Fracht verspreche. Ein Frachtführer könne die Bereitschaft des Empfängers, die Sendung entgegenzunehmen, [X.] nicht als eine entsprechende Willenserklärung verstehen. Dieses Ergebnis sei [X.], weil der Frachtführer, dem daran gelegen sei, dass auch - 5 - der Empfänger Schuldner der Fracht werde, bei der Ablieferung erklären könne, dass die Fracht noch nicht beglichen sei und daher vom Empfänger übernom-men werden müsse. I[X.] Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht an-genommen, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB auf Begleichung der streitgegenständlichen Frachtlohnan-sprüche erworben hat. 11 1. Die im transportrechtlichen Schrifttum herrschende Auffassung geht allerdings davon aus, dass die vom Gesetzgeber beim Erlass des [X.] im Blick auf die Bezahlung der Fracht bezweckte Stär-kung der Stellung des Frachtführers gegenüber dem früheren Rechtszustand, wonach gemäß § 436 HGB a.F. auch die Annahme des Frachtbriefs durch den Empfänger erforderlich war, nur dann erreicht wird, wenn das Einverständnis des Empfängers mit der Übernahme der Sachherrschaft über das Frachtgut als konkludente Geltendmachung seines Rechts auf Ablieferung nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB verstanden wird (vgl. [X.], Transportrecht, 5. Aufl., § 421 HGB [X.]. 23; [X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 421 [X.]. 9; [X.]/[X.]/ [X.], HGB, 32. Aufl., § 421 [X.]. 2; [X.], [X.] 2005, 211, 212). Die Entgegennahme des [X.] braucht danach nicht von einem entsprechen-den [X.] getragen zu sein und soll auch nicht gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums über den Eintritt der Haftungsfolgen nach § 421 Abs. 2 und 3 HGB angefochten werden können ([X.] aaO § 421 HGB [X.]. 23; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], § 421 HGB [X.]. 48; das [X.] als rechtsgeschäftsähnliche Handlung qualifizierend, aber im Ergebnis nicht abweichend: [X.], Handelsrecht, 24. Aufl., § 31 [X.]. 63; a.[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.]. 3/05, § 421 HGB [X.]. 20). 12 - 6 -
13 2. Entgegen der Auffassung der Revision liegt allein in dem Umstand, dass der Empfänger das Frachtgut entgegennimmt, keine die Verpflichtung zur Zahlung des Frachtlohns auslösende Geltendmachung des Rechts auf Abliefe-rung des [X.]. Die entgegenstehende Auffassung des Schrifttums steht mit dem Wort-laut des im Zuge des [X.] von 1998 geänderten § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht in Einklang. Die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung des Frachtlohns setzt danach - an[X.] als unter Geltung des § 436 HGB a.F. - nicht mehr die Annahme des [X.] und des Frachtbriefs, sondern allein die Geltendmachung des Ablieferungsanspruchs durch den Empfänger voraus. Auf der einen Seite kommt die Gesetzesänderung damit dem Interesse des Frachtführers entgegen: Denn die Eintrittspflicht kann nunmehr auch aus-gelöst werden, wenn kein Frachtbrief ausgestellt ist; außerdem reicht zur [X.] - die Fälligkeit des [X.] vorausge-setzt - bereits die Geltendmachung des Anspruchs auf Ablieferung aus, auch wenn der Empfänger das Frachtgut noch nicht entgegengenommen hat. Auf der anderen Seite genügt nach neuem Recht die bloße Annahme des [X.] nicht mehr, wenn der Empfänger den Anspruch auf Ablieferung des [X.] nicht geltend macht. Für eine Auslegung der Norm gegen ihren eindeutigen Wortlaut ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision (vgl. auch [X.]/ [X.], [X.] 2005, 438, 442) auch aus der Entstehungsgeschichte des § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB keine [X.]altspunkte. § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB orien-tiert sich insoweit - ungeachtet bestehender Unterschiede - an der Vorschrift des Art. 13 Abs. 2 CMR. Diese Bestimmung geht zwar - wie das frühere deut-sche Recht - davon aus, dass ein Frachtbrief ausgestellt worden ist. Sie knüpft die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung "der aus dem [X.]" aber daran an, dass der Empfänger "die ihm nach [X.] - 7 - satz 1 zustehenden Rechte" - diese sind die Rechte auf Aushändigung des Frachtbriefs und Ablieferung des [X.] - "geltend macht" (vgl. [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 1; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 421 HGB [X.]. 1; An-dresen in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO § 421 HGB [X.]. 17). Bei Art. 13 Abs. 2 CMR besteht Einigkeit darüber, dass die Zahlungspflicht des [X.]s nicht durch die bloße Annahme des [X.] entsteht (vgl. [X.] aaO Art. 13 CMR [X.]. 11; [X.]., [X.] 1993, 41; MünchKomm.HGB/[X.], Art. 13 CMR [X.]. 25; Großkomm.HGB/[X.], 4. Aufl., [X.]. VI nach § 452: CMR Art. 13 [X.]. 19; [X.]/Seltmann in Thume, Kommentar zur CMR, Art. 13 [X.]. 31 u. 37; [X.]/Piper, CMR, Art. 13 [X.]. 20). Der Revision ist allerdings einzuräumen, dass die Begründung des [X.] eines [X.] teilweise die Geltendmachung des Ablieferungsverlangens mit der Annahme des [X.] gleichsetzt (BT-Drucks. 13/8445, [X.]), so dass der Eindruck entstehen kann, die vorgeschlagene und später Gesetz gewordene Änderung des Wortlauts (§ 436 HGB a.F.: "Durch Annahme des [X.] – wird der Empfänger verpflichtet, dem Frachtführer – Zahlung zu leisten"; § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB: "Der Empfänger, der sein Recht nach Absatz 1 Satz 1 geltend macht, hat die noch geschuldete Fracht – zu zahlen –") sei lediglich redaktioneller Natur. Falls darin ein entsprechender Wil-le des Gesetzgebers zum Ausdruck kommen sollte, kann er zur Auslegung des Gesetzes nicht herangezogen werden, weil er in dessen insoweit eindeutigen Wortlaut keinen Eingang gefunden hat. 15 Auch wenn die Verpflichtung zur Zahlung des Frachtlohns nicht rechts-geschäftlich, sondern - als ein Fall des gesetzlichen Schuldbeitritts - gesetzlich begründet wird, erscheint es im Übrigen nicht [X.], die ([X.] zur Zahlung der Frachtkosten lediglich an ein tatsäch-liches Verhalten zu knüpfen, bei dem sich der Empfänger häufig der [X.] - 8 - heblichkeit seines Handelns nicht bewusst sein wird. Die gesetzliche Regelung erfasst nicht nur Fälle, in denen Absender und Empfänger vereinbart haben, dass der Empfänger die Frachtkosten zu tragen hat. Sie gilt auch dann, wenn sich der Absender zur Tragung dieser Kosten verpflichtet oder wenn er dem Empfänger die Versandkosten bereits in Rechnung gestellt hat. Dem Frachtfüh-rer, der seinen Frachtlohn noch nicht erhalten hat, steht es demgegenüber frei, die Ablieferung des [X.] im Hinblick auf die noch offenen Frachtkosten abzu-lehnen und den Empfänger zur Geltendmachung des Ablieferungsanspruchs mit den im Gesetz vorgesehenen Folgen herauszufordern. Damit ist der [X.], der mit der Ablieferung des [X.] sein gesetzliches Pfandrecht lockert und dessen Durchsetzung gefährdet (vgl. § 441 Abs. 2 und 3 HGB), [X.] gesichert. Hat der Empfänger den Ablieferungsanspruch geltend [X.], steht dem Frachtführer unter den weiteren Voraussetzungen des § 421 Abs. 2 HGB ein eigener Anspruch auf Zahlung des restlichen Frachtlohns zu, sodass er auf einer Zug-um-Zug-Zahlung der restlichen Frachtkosten gegen Ablieferung des [X.] bestehen kann. - 9 - 17 II[X.] Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
[X.]Büscher Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.04.2004 - 11 O 14/04 - [X.], Entscheidung vom 17.11.2004 - [X.]/04 -

Meta

I ZR 177/04

11.01.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. I ZR 177/04 (REWIS RS 2007, 5823)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5823

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.