Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.02.2023, Az. VII R 27/20

7. Senat | REWIS RS 2023, 3776

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Gegenstand

Ausgleich von Wärmeverlusten in einem Fernwärmenetz


Leitsatz

1. Energieerzeugnisse, die zum Ausgleich von Wärmeverlusten in einem Fernwärmenetz verheizt werden, sind auch dann nach § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG begünstigungsfähig, wenn der Betreiber des Fernwärmenetzes Wärme von anderen Unternehmen abnimmt und er für den Ausgleich der nach dem Übergabepunkt eintretenden Wärmeverluste verantwortlich ist.

2. Die Höhe der Entlastung ist durch die vom Betreiber des Fernwärmenetzes selbst verheizte Menge an Energieerzeugnissen begrenzt.

3. Die für Übertragungsverluste begünstigungsfähigen Mengen an Energieerzeugnissen können nicht im Wege einer bilanziellen Zuordnung einer bestimmten Anlage zugerechnet werden, sondern sind --bezogen auf das betreffende Fernwärmenetz-- anteilig nach den jeweils erzeugten Wärmemengen auf die einzelnen Anlagen des Steuerpflichtigen aufzuteilen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.], [X.] vom 19.05.2020 - 11 K 1272/18 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.], [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, das u.a. Wärme erzeugt, fortleitet und verkauft. Die Klägerin erzeugt Wärme in eigenen Anlagen und bezieht auch Wärme von anderen Anlagenbetreibern (sog. [X.]). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen des Produzierenden [X.]ewerbes i.S. des § 54 Abs. 1 Satz 1 des Energiesteuergesetzes der im Streitjahr geltenden Fassung (EnergieSt[X.]) i.[X.]. § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromSt[X.]) und Abschnitt E (Energie- und Wasserversorgung) der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 ([X.] 2003) handelt.

2

Die Klägerin erzeugt Wärme in mehreren Blockheizkraftwerken (BHKW) im Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und in mehreren Heizungsanlagen (Heizkessel). Das dort erzeugte Heißwasser verbraucht sie zum Teil selbst, um den Wärmebedarf in ihren eigenen Immobilien abzudecken. Im Übrigen speist sie es in [X.] ein, die ebenfalls von ihr betrieben werden. Dabei handelt es sich um [X.], die jeweils als Kreislauf (Wasserkreislauf) konzipiert und technisch nicht miteinander verbunden sind. Die Klägerin speist hierzu thermische Energie in den jeweiligen Wasserkreislauf ein und die verschiedenen Kunden entnehmen an der jeweiligen Übergabestelle des [X.]s die thermische Energie durch Wärmetauscher.

3

Im Streitjahr 2014 betrieb die Klägerin die [X.], [X.] und [X.] An jedes Rohrleitungsnetz waren jeweils mehrere Heizkessel und BHKW angeschlossen. In die [X.] N1 und [X.] speisten neben der Klägerin auch andere KWK-Anlagenbetreiber Wärme ein, sodass diese beiden Netze aus drei Wärmequellen (von der Klägerin selbst erzeugte "[X.]" und "Kesselwärme" sowie von anderen Anlagenbetreibern erzeugte "[X.]") gespeist wurden. In das Netz [X.] speiste (nur) die Klägerin "Kesselwärme" und "[X.]" ein.

4

Zur Wärmeerzeugung verwendete die Klägerin leichtes Heizöl (d.h. [X.]asöl i.S. von § 2 Abs. 3 Nr. 1 EnergieSt[X.]) sowie Erdgas. Das leichte Heizöl wurde bereits durch die Lieferanten der Klägerin versteuert. Das Erdgas bezog sie unversteuert und meldete hierfür selbst jährlich die Energiesteuer an.

5

In den Heizkesseln wurden beide Energieerzeugnisse verheizt. In den BHKW verwendete die Klägerin ausschließlich Erdgas. Während des Transports der Wärme vom Einspeisepunkt des jeweiligen [X.]s bis zum Entnahmepunkt kam es aus physikalischen [X.]ründen zu unvermeidbaren Wärmeverlusten. Im [X.] betrugen diese unstreitig 20 722,138 MWh, im Netz [X.] 4 328,925 MWh und im Netz [X.] 151,458 MWh.

6

Am 11.12.2015 stellte die Klägerin für das Kalenderjahr 2014 einen Antrag auf Entlastung von der Energiesteuer nach § 54 EnergieSt[X.] --abzüglich des Selbstbehalts nach § 54 Abs. 3 EnergieSt[X.]-- in Höhe von …€ für insgesamt … MWh Erdgas und … l leichtes Heizöl. Die Klägerin ermittelte die entlastungsfähigen Mengen, indem sie die in den Anlagen [X.], [X.] und [X.] eingesetzten [X.] von 68,802 MWh, 65,805 MWh und 2 598,136 MWh (insgesamt 2 732,743 MWh) in vollem Umfang dem Ausgleich von Wärmeverlusten im [X.] zuordnete. In der gleichen Weise verfuhr sie bei den in den Anlagen [X.] und E eingesetzten Mengen von 272,990 MWh und 4 408,466 MWh (insgesamt 4 681,456 MWh), die sie in das Netz [X.] eingespeist hatte. Von den in den [X.] und [X.] eingesetzten 1 664,526 MWh Erdgas sollen 180,545 MWh auf Wärmeverluste im Netz [X.] entfallen sein. In rechtlicher Hinsicht ging die Klägerin davon aus, dass es sich bei dem Ausgleich von Wärmeverlusten im Netz um eine Nutzung der Wärme zu ihren eigenen betrieblichen Zwecken handelte. Neben dem Ausgleich dieser [X.] ermittelte die Klägerin einen Eigenverbrauch in Höhe von unstreitig 204,666 MWh. Eine Entlastung für die Nutzung von Wärme durch andere Unternehmen des Produzierenden [X.]ewerbes machte sie nicht geltend und legte auch keine entsprechenden Selbsterklärungen solcher Kunden vor.

7

Mit Bescheid vom 22.01.2016 gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt --[X.]--) für das Kalenderjahr 2014 eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieSt[X.] in Höhe von 32,44 €. Abweichend vom [X.] ging das [X.] davon aus, dass die Klägerin lediglich die in ihren Aufstellungen als Eigenverbrauch ausgewiesene Menge von 204,666 MWh Erdgas zur Erzeugung von Wärme eingesetzt hatte.

8

Im Rahmen des [X.] half das [X.] dem Einspruch der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 26.07.2017 teilweise ab, indem es den [X.] auf 2.321,76 € festsetzte. Das [X.] berücksichtigte hierbei neben dem Eigenverbrauch der Klägerin (204,666 MWh) nunmehr --getrennt für jedes Fernwärmenetz-- auch Wärmeverluste im Verhältnis der von den Anlagen der Klägerin abgegebenen zur insgesamt in das jeweilige Netz eingespeisten Wärmeenergie und entlastete somit insgesamt 1 862,720 MWh Erdgas und 78,67 l leichtes Heizöl von der Energiesteuer. Im Übrigen wies es den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06.04.2018 als unbegründet zurück.

9

Das Finanzgericht (F[X.]) urteilte, das [X.] habe zu Recht eine über den Betrag von 2.321,76 € hinausgehende Steuerentlastung für das [X.] abgelehnt. Der Klägerin stehe zwar als Unternehmen des Produzierenden [X.]ewerbes eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieSt[X.] für ihren Eigenverbrauch sowie für das Verheizen von Erdgas und leichtem Heizöl zum Ausgleich von Wärmeverlusten in den von ihr betriebenen örtlichen Fernwärmenetzen zu, allerdings nur in der vom [X.] gewährten Höhe. Im Fall der Wärmeeinspeisung aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz sei es aufgrund der im Netz stattfindenden Vermengung physikalisch unmöglich, die Herkunft der transportierten Wärme zu ermitteln. Entsprechend unmöglich sei es in solchen Fällen auch, die im Netz auftretenden Übertragungsverluste auf eine bestimmte Wärmequelle zurückzuführen. Die Klägerin habe abgesehen davon keinen Nachweis dafür erbracht, dass die [X.] überproportional von ihren Heizkesseln ausgeglichen worden seien.

Die in den Netzen N1, [X.] und [X.] entstandenen Verluste seien deshalb --getrennt für jedes Fernwärmenetz-- den jeweils angeschlossenen Anlagen der Klägerin im Verhältnis der von diesen eingespeisten Wärmeenergie zuzuordnen. Eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieSt[X.] sei nur insoweit zu gewähren, als sie Erdgas oder leichtes Heizöl gerade für den Ausgleich der auf die Heizkessel der Anlagen [X.], [X.], [X.], [X.], BHKW [X.], [X.] sowie [X.] entfallenden Verlustmengen eingesetzt habe. Es sei nicht möglich, über die so ermittelten entlastungsfähigen Mengen hinaus im Wege einer bilanziellen Zuordnung weitere Wärmenetzverluste der in ihren Anlagen erzeugten Kesselwärme zuzuordnen. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Senatsurteil vom 08.11.2016 - VII R 6/16 ([X.]NV 2017, 304, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2017, 51) noch aus den Erlassen des [X.] ([X.]) vom 19.10.2011 ([X.] 6 - V 8105/11/10001:004) und vom 18.10.2004 (III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484). Denn im Streitfall sei die Energiesteuer bereits entstanden, bevor die Klägerin die von ihr erzeugte Wärme in ihr Versorgungsnetz eingespeist habe. Daher seien das [X.] und das [X.] nur eingeschränkt vergleichbar. Auch dem Senatsurteil vom 24.09.2014 - VII R 39/13 ([X.], 176, [X.], 310) lasse sich die Möglichkeit einer bilanziellen Zuordnung von [X.]n nicht entnehmen.

Ihre Revision begründet die Klägerin mit einer Verletzung von § 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieSt[X.]. Das F[X.] habe sich mit dem Tatbestandsmerkmal "nutzen" nicht oder allenfalls sehr unzureichend auseinandergesetzt. Dieses sei einheitlich wie in § 9b Abs. 1 Satz 2 StromSt[X.] auszulegen. Da sich die Frage, wer Licht und mechanische Energie genutzt habe, nicht im Wege einer rein physikalischen Betrachtung beantworten lasse, sei auch ein wertendes Kriterium erforderlich, um die Nutzenergie bzw. das Nutzen einem Unternehmen zuzuordnen. Auch in der Senatsentscheidung in [X.], 176, [X.], 310 sei der Nutzer nach wertenden Kriterien ermittelt worden. Darüber hinaus zeige auch § 100a Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes ([X.]), dass Raum für eine freie Zuordnung der Wärme bzw. der verwendeten Energieerzeugnisse bestehe. Denn diese Regelung fordere gerade keine physikalische Schlüsselung der Mengen. Eine starre physikalische Betrachtung der Frage, wer in welchem Umfang die Wärme genutzt habe, sei rechtlich unzutreffend und unzulässig. Wie in [X.] üblich, sei auch vorliegend kein physikalischer Nachweis möglich, wo und in welcher Weise --naturwissenschaftlich betrachtet-- die Wärme im Netz verloren gegangen sei. Die Annahme des F[X.], dass Verluste proportional zur eingespeisten Wärme entstünden, könne nicht nachvollzogen werden.

Die Klägerin weist ferner auf den [X.]-Erlass in [X.] 6 - V 8105/11/10001:004 hin. Da die Verluste beim Transport der Wärme entstünden, habe der erkennende Senat mit Urteil in [X.]NV 2017, 304, [X.], 51 entschieden, dass die Deckung der [X.] Aufgabe des Netzbetreibers sei. Durch die bilanzielle Zuordnung der Wärmemengen sei eine eindeutige Aufteilung und nachvollziehbare Berechnung möglich und eine Doppelentlastung nicht zu befürchten. Im Übrigen sehe die von der Klägerin gewählte bilanzielle Methode vor, dass von ihr erzeugte Kesselwärme zur Deckung der [X.] genutzt werde.

Die Klägerin beantragt,
die ihr für das [X.] zu gewährende Steuerentlastung nach § 54 EnergieSt[X.] unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie des Bescheids vom 22.01.2016 in [X.]estalt des Änderungsbescheids vom 26.07.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 06.04.2018 auf insgesamt … € festzusetzen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es schließt sich der Begründung des F[X.] an und ergänzt, bei jeder der drei verschiedenen Wärmequellen entstünden Verluste, sodass eine eindeutige Zuordnung zur Wärmemenge nicht möglich sei. Die Verluste müssten vielmehr den Anlagen proportional zur produzierten Wärme zugeordnet werden. Der Klägerin könne für bestimmte Wärmeverluste keine Entlastung gewährt werden, da sie die Energieerzeugnisse nicht für die nämliche Wärme verwendet habe. Das Senatsurteil in [X.], 176, [X.], 310 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, weil dort nicht über etwaige Verluste von Licht entschieden worden sei. Ferner habe die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises keine Selbsterklärungen und Bestätigungen der Nutzung der Nutzenergie nach § 100a Abs. 3 [X.] vorgelegt. Die Intention des [X.]-Erlasses in [X.] 6 - V 8105/11/10001:004 sei es gewesen, tatsächlich an einer Abnahmestelle entnommene Wärmemengen frei zuordnen zu können. Verlustmengen seien aber von diesem Erlass nicht umfasst gewesen, da diese aufgrund der [X.] (z.B. Isolierung des Netzes) beim Transport entstünden und somit an keine Abnahmestelle gelangten. Erst durch eine proportionale Zuordnung zur produzierten Wärme sei gewährleistet, dass niemand durch [X.] belastet werde. Wäre eine freie Zuordnung für Verlustmengen möglich, führte dies dazu, dass man dem Netzbetreiber eine Steuerentlastung gewährte, obwohl er für die Verlustwärme keine Energieerzeugnisse eingesetzt habe.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet und die Vorentscheidung daher aufzuheben. Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 [X.]O), weil das [X.] --aus seiner rechtlichen Sicht zu [X.] bislang keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, wie die zum Ausgleich von Wärmeverlusten verheizten [X.]nergieerzeugnisse den einzelnen Anlagen der Klägerin zuzuordnen sind.

1. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für [X.]nergieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 5 versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG oder von einem Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 2 Nr. 5 StromStG zu betrieblichen Zwecken verheizt oder in begünstigten Anlagen nach § 3 [X.]nergieStG verwendet worden sind. Nach § 1a Satz 1 Nr. 12 [X.]nergieStG ist Verheizen das Verbrennen von [X.] zur [X.]rzeugung von Wärme. [X.] ist derjenige, der die [X.]nergieerzeugnisse verwendet hat (§ 54 Abs. 4 [X.]nergieStG).

a) Nach den gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] hat die Klägerin das [X.]rdgas und das leichte Heizöl selbst versteuert bzw. bereits versteuert bezogen, weshalb dem [X.] der Klägerin nachweislich versteuerte [X.]nergieerzeugnisse zugrunde liegen.

Die Klägerin ist weiterhin dem Abschnitt [X.] ([X.]nergie- und Wasserversorgung) der [X.] 2003 zuzuordnen und daher ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG i.V.m. § 2 Nr. 3 [X.] Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Senat sieht daher insofern von weiteren Ausführungen ab.

b) Die Klägerin hat die [X.]nergieerzeugnisse zumindest zum Teil zu betrieblichen Zwecken verheizt.

aa) Der betriebliche Zweck der Klägerin besteht in der [X.]rzeugung, der Fortleitung und dem Verkauf von Wärme. Zu diesem Zweck betreibt sie die [X.], [X.] und [X.] Durch das Verheizen der [X.]nergieerzeugnisse erzeugt sie Wärme, die sie in die von ihr betriebenen Wärmenetze einspeist und über den Wasserkreislauf an ihre Abnehmer weiterleitet, die an der jeweiligen Übergabestelle des [X.] die thermische [X.]nergie durch Wärmetauscher entnehmen.

Auch soweit die Klägerin [X.]nergieerzeugnisse verheizt, um aus physikalischen Gründen unvermeidbare Wärmeverluste in ihren Wärmenetzen auszugleichen, dient dies ihren betrieblichen Zwecken i.S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG, weil sie als Netzbetreiberin und Lieferantin der Wärme dafür zu sorgen hat, dass ihren Abnehmern Wärme in der vertraglich vereinbarten Menge zur Verfügung steht. Mit Urteil in [X.], 304, [X.], 51 hat der Senat dazu bereits entschieden, dass Leitungsverluste als untrennbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit eines [X.]nergieversorgungsunternehmens anzusehen sind, das sich zur Belieferung seiner Kunden eines [X.] bedient. Der [X.] nach § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG erfasst somit nach der Senatsrechtsprechung auch die [X.]nergieerzeugnisse, die zum Ausgleich unvermeidbarer Wärmeverluste eingesetzt wurden (dem folgend auch Urteil des [X.] Düsseldorf vom 27.11.2019 - 4 K 2921/18 V[X.], juris).

[X.]ine betriebliche Verwendung i.S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG liegt im Streitfall grundsätzlich auch insofern vor, als die Klägerin [X.]nergieerzeugnisse verheizt hat, um --rein rechnerisch betrachtet-- von Dritten bezogene Wärmemengen auf einer bestimmten Temperatur zu halten und Wärmeverluste auszugleichen. Sofern die Klägerin an bestimmten Übergabepunkten Wärmemengen von ihren Lieferanten übernommen hat --wovon der erkennende Senat vorbehaltlich anderer Feststellungen im zweiten Rechtsgang ausgeht--, ist die Klägerin als Betreiberin ihrer Fernwärmenetze allein für die weitere Verteilung der Wärme und dementsprechend auch für den Ausgleich der unvermeidbaren Wärmeverluste verantwortlich. Damit dient der Ausgleich von Wärmeverlusten in den Netzen [X.] und [X.] auch insofern den eigenen betrieblichen Zwecken der Klägerin.

[X.]inschränkende Vorgaben enthält § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG diesbezüglich nicht. Im Übrigen hat der Gesetzgeber gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG i.V.m. § 2 Nr. 3 StromStG alle Unternehmen in die Begünstigung einbezogen, die dem Abschnitt [X.] ([X.]nergie- und Wasserversorgung) der [X.] 2003 zuzuordnen sind. Aus der Tatsache, dass demnach auch solche Unternehmen in den Genuss des [X.] kommen, deren Tätigkeit auf die Verteilung von Dampf und Warmwasser beschränkt ist (vgl. Unterklasse [X.]A 40.30.5 "Wärmeverteilung ohne [X.]rzeugung" der [X.] 2003), folgt, dass auch der Betrieb eines zur Verteilung von Wärme notwendigen Fernwärmenetzes für sich gesehen grundsätzlich eine begünstigte Tätigkeit darstellt (vgl. Senatsurteil in [X.], 304, [X.], 51, Rz 12).

bb) [X.]ine [X.]inschränkung besteht allerdings insoweit, als die Klägerin maximal nur die von ihr selbst verheizten Mengen an [X.] zur [X.]ntlastung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG anmelden kann, weil es andernfalls an einem Verheizen von [X.] fehlte.

cc) [X.]ine Zuordnung von [X.], die verheizt werden, um Wärmeverluste innerhalb eines Fernwärmenetzes auszugleichen, kann jedoch nicht in der Weise erfolgen, dass der Ausgleich der Wärmeverluste vollständig den Heizkesseln zugerechnet wird. Vielmehr hat die Klägerin eine Aufteilung nach den jeweils von ihr betriebenen Anlagen vorzunehmen und die Verluste anteilig nach den durch die KWK-Anlagen und die Heizkessel jeweils erzeugten Wärmemengen im Verhältnis zu der von der Klägerin insgesamt erzeugten Wärmemenge aufzuteilen.

Bei einer bilanziellen Zurechnung von Verlusten ohne Bezug zu den vom Antragsteller jeweils betriebenen Anlagen könnte eine nach der Gesetzessystematik ungewollte Doppelbegünstigung letztlich nicht ausgeschlossen werden. Hatte ein Unternehmen im Streitjahr bereits eine Steuerentlastung nach § 53 (Steuerentlastung für die Stromerzeugung in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt), § 53a (Vollständige Steuerentlastung für die gekoppelte [X.]rzeugung von [X.] und Wärme) oder § 53b (Teilweise Steuerentlastung für die gekoppelte [X.]rzeugung von [X.] und Wärme) in Anspruch genommen, hätte insofern keine weitere Steuerentlastung gewährt werden können (§ 53 Abs. 3 Satz 2 [X.]nergieStG, § 53a Abs. 3 Satz 2 [X.]nergieStG, § 53b Abs. 2 Satz 2 [X.]nergieStG). Damit verblieben als Anwendungsbereich für den § 54 [X.]nergieStG nur Anlagen, die die Voraussetzungen nach §§ 53, 53a und 53b [X.]nergieStG nicht erfüllten ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]nergiesteuer, Stromsteuer, § 54 Rz 26). [X.]s ist somit sicherzustellen, dass nicht im Wege einer bilanziellen Zurechnung Verluste begünstigt werden, die eigentlich Anlagen zuzuordnen sind, die bereits nach anderen Vorschriften begünstigt wurden.

Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf den [X.]-[X.]rlass in III B 6 - V 8105/11/10001:004 berufen, weil dort unter Ziffer 5 nicht die Zuordnung von Verlusten angesprochen wird, sondern die Zuordnung von Wärmemengen und die dazu verwendeten [X.]nergieerzeugnisse zu [X.]ntnahmestellen oder Abnehmern von Wärme.

Auch aus dem [X.]-[X.]rlass in [X.] - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484 kann die Klägerin kein für sie günstigeres [X.]rgebnis ableiten, weil unter Abs. 25 dieses [X.]rlasses die Zuordnung steuerfreier Mengen im Zusammenhang mit der [X.]ntnahme aus einem Versorgungsnetz geregelt wird. Abgesehen davon, dass sich das [X.] an dieser Stelle nicht zur Zuordnung von Verlusten verhält, liegt im Streitfall auch nicht nur ein einziges Versorgungsnetz vor.

2. Die einschränkende Regelung des § 54 Abs. 1 Satz 2 [X.]nergieStG, wonach eine Steuerentlastung für [X.]nergieerzeugnisse, die zur [X.]rzeugung von Wärme verwendet worden sind, jedoch nur gewährt wird, soweit die erzeugte Wärme nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden ist, steht im Streitfall einer [X.]ntlastung nicht entgegen.

§ 54 Abs. 1 Satz 2 [X.]nergieStG wurde eingefügt durch Art. 7 Nr. 1 Buchst. a des [X.] 2011 vom [X.] ([X.], 1885, 1893). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber die Fälle des sog. Schein-Contractings einschränken und eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Steuervorteilen verhindern (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 54 Rz 21). Ausweislich der Gesetzesbegründung trägt die Regelung dem Umstand Rechnung, dass die Begünstigung der Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft für nicht begünstigte Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen einen Anreiz geschaffen hat, insbesondere die energieintensive [X.]rzeugung von Kälte, Wärme, Licht, Druckluft und mechanischer [X.]nergie auf begünstigte Unternehmen auszulagern. Um die faktische Inanspruchnahme der Steuerentlastung durch nicht begünstigte Unternehmen weitgehend auszuschließen, wurde die Regelung getroffen, dass u.a. der Verbrauch von [X.] für diese Zwecke nur begünstigt ist, soweit die genannten [X.]rzeugnisse auch durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft tatsächlich genutzt werden (BTDrucks 17/3030, S. 44). Daraus ergibt sich, dass § 54 Abs. 1 Satz 2 [X.]nergieStG den Fall regelt, dass Wärme an ein anderes Unternehmen weitergeleitet und durch dieses genutzt wird.

[X.]ine solche Konstellation liegt im Streitfall jedoch nicht vor, weil die Klägerin die [X.]nergieerzeugnisse zu eigenen betrieblichen Zwecken verheizt hat, indem sie die durch das Verheizen von [X.] erzeugte Wärme selbst genutzt hat, um Wärmeverluste in ihren Netzen auszugleichen. Diese Nutzung findet räumlich betrachtet vor den Übergabestellen zu den Kunden der Klägerin statt.

Dementsprechend kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob die Klägerin dem [X.] gemäß § 100a Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStV zusätzlich zu ihrem Antrag auf Steuerentlastung eine Selbsterklärung für jedes andere Unternehmen (Nr. 1) und eine Aufstellung, in der die für die Wärmeerzeugung verwendeten [X.]nergieerzeugnisse diesen anderen Unternehmen jeweils zugeordnet werden (Nr. 2), vorgelegt hat.

3. Im zweiten Rechtsgang wird das [X.] die Mengen an [X.] zu ermitteln haben, die nach den oben dargelegten Grundsätzen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.]nergieStG entlastungsfähig sind. Ausgehend von den insgesamt ausgeglichenen Wärmeverlusten ist dabei festzustellen, welche [X.]nergieerzeugnisse anteilig auf bereits nach anderen Vorschriften begünstigte KWK-Anlagen und welche auf andere Anlagen bzw. die Heizkessel entfallen.

4. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.][X.]

Meta

VII R 27/20

28.02.2023

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 19. Mai 2020, Az: 11 K 1272/18, Urteil

§ 54 Abs 1 S 1 EnergieStG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.02.2023, Az. VII R 27/20 (REWIS RS 2023, 3776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3776


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 11 K 1272/18

Finanzgericht Baden-Württemberg, 11 K 1272/18, 19.05.2020.


Az. VII R 27/20

Bundesfinanzhof, VII R 27/20, 28.02.2023.


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