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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Strafverfahren wegen räuberischen Diebstahls: Vollendung der Wegnahme bei Verbergen eines Notebooks in einem Jute-Beutel; Kriterien für eine mittäterschaftliche Beteiligung
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]vom 26. März 2014, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]zurückverwiesen.
Das [X.]hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.]lernten der Angeklagte und die Nichtrevidentin in den frühen Morgenstunden des 14. April 2012 den später geschädigten J. kennen und konsumierten gemeinsam in dessen Wohnung Alkohol, möglicherweise auch Amphetamin. Während einer kurzen Abwesenheit des Gastgebers fassten sie aufgrund einer entsprechenden Idee der Nichtrevidentin gemeinsam den Entschluss, diesem dessen Notebook zu entwenden. Die Nichtrevidentin wollte das Gerät als Ersatz für ihren eigenen, defekten Computer nutzen. Sie nahm das Notebook an sich und steckte es samt Ladekabeln in einen Jute-Beutel. Als sie und der Angeklagte die Wohnung des Geschädigten verlassen wollten, stellte dieser sie im [X.]und näherte sich der Nichtrevidentin, um dieser den Computer wieder abzunehmen. Um "den einmal erlangten Gewahrsam" an dem Notebook nicht wieder zu verlieren, entschloss sich der Angeklagte, die erstrebte Rückerlangung des Notebooks durch Anwendung körperlicher Gewalt zu verhindern. Hierzu versetzte der Angeklagte dem Geschädigten in der Folgezeit mehrere Faustschläge und brachte ihn wiederholt zu Boden, wobei sich der Ort des Geschehens verlagerte, da der Geschädigte der Nichtrevidentin, die ihrerseits mehrfach auf ihn einschlug, und dem Angeklagten immer wieder nacheilte. Zuletzt versetzte dieser dem Geschädigten ohne Wissen der Nichtrevidentin mehrere Schläge mit einem Ast gegen Körper und Kopf.
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass sich der Angeklagte als Mittäter des besonders schweren räuberischen Diebstahls (§§ 252, 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht hat.
a) Allerdings hat das [X.]zu Recht auf § 252 StGB und nicht auf § 249 StGB abgestellt. Denn der Diebstahl war zum Zeitpunkt der ersten Gewaltanwendung bereits vollendet (hierzu BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 3 StR 180/10, NStZ 2011, 36, 37). Die Wegnahme in [X.]ist dann vollendet, wenn fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist entscheidend, dass der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des [X.]zu brechen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens. Einen bereits gesicherten Gewahrsam setzt die Tatvollendung nicht voraus (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624, 625 mwN). Hiervon ausgehend genügt es bei handlichen und leicht beweglichen Sachen, wenn der Täter diese in seiner Kleidung oder in einem seinerseits leicht zu transportierenden Behältnis verbirgt. Das Verlassen des grundsätzlichen [X.]des Geschädigten ist keine Voraussetzung für die Vollendung der Wegnahme (BGH, Urteil vom 6. November 1974 - 3 StR 200/74, BGHSt 26, 24, 25 f.). Danach war vorliegend - wovon auch das [X.]ausgegangen ist - der Diebstahl durch das Einstecken des Notebooks in den mitgeführten Jute-Beutel vollendet.
b) Indes kann nach allgemeiner Ansicht - bei Unterschieden im Einzelnen (umfassend Weigend, GA 2007, 274) - Täter des § 252 StGB nicht derjenige sein, der weder selbst im Besitz der entwendeten Sache ist (vgl. zum Gehilfen BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - 4 StR 350/54, BGHSt 6, 248, 250; hiergegen LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 252 Rn. 14 ff.), noch am Diebstahl mittäterschaftlich beteiligt war. Dies folgt aus der von § 252 StGB verlangten Besitzerhaltungsabsicht. Der Angeklagte erfüllte indes keine der die Täterschaft begründenden Voraussetzungen. Besitz am Notebook hatte die Nichtrevidentin. Dieser kann dem Angeklagten nicht gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Denn die Annahme des [X.]von Mittäterschaft bei Begehung des Diebstahls wird von den Feststellungen nicht getragen. Die Einfügung der [X.]durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 ([X.]I S. 164) hat zwar den Anwendungsbereich der Mittäterschaft ausgedehnt, die allgemeinen Abgrenzungskriterien zwischen Täterschaft und Teilnahme in diesem Bereich jedoch nicht außer [X.]gesetzt. Voraussetzung ist weiterhin die gemeinsame Beherrschung des Tatgeschehens aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses (Weigend aaO, 281). Nach den Feststellungen fehlte es jedoch an jeglichem Einfluss des Angeklagten auf das Geschehen der Wegnahme: diese war eine Idee der Nichtrevidentin, die allein handelte und die allein Nutzen aus der Tat ziehen sollte. Auch der festgestellte, allerdings nicht weiter erläuterte gemeinsame [X.]vermag vor diesem Hintergrund Mittäterschaft nicht zu begründen.
3. Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch die in Tateinheit zum räuberischen Diebstahl stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte gefährliche Körperverletzung (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Eine Schuldspruchberichtigung kommt nicht in Betracht. Der Senat schließt nicht aus, dass in einer weiteren Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen täterschaftlicher Beteiligung des Angeklagten an einem räuberischen Diebstahl zu tragen vermögen.
Becker |
Pfister |
Ri[X.]Dr. Schäfer befindet |
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Becker |
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Mayer |
Gericke |
Meta
16.09.2014
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Wuppertal, 26. März 2014, Az: 23 KLs 63/13
§ 25 Abs 2 StGB, § 249 Abs 1 StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB, § 252 StGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.09.2014, Az. 3 StR 373/14 (REWIS RS 2014, 2940)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 2940
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 StR 373/14 (Bundesgerichtshof)
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