Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2010, Az. 2 StR 497/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1252

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 497/10 vom 18. November 2010 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 18. November 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. März 2010 mit den zugehörigen [X.] aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigespro-chen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Ange-klagten hat Erfolg. 1 1. Die Beweiswürdigung, auf der die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen [X.] beruht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 2 Die Kammer hat sich in diesen Fällen im Wesentlichen auf die Angaben des Zeugen [X.]gestützt, der in der Hauptverhandlung zunächst [X.] hat, nach Bestellung über den Zeugen Sa. vom Angeklagten ca. ein 3 - 3 - Jahr lang, zuletzt Ende 2007, mit Haschisch beliefert worden zu sein. Er habe einmal im Monat 1 kg erworben, in zwei Fällen auch wesentlich mehr, ohne die Menge angeben zu können ([X.]. Auf Vorhalt seiner polizeilichen Beschul-digtenvernehmung vom 27. Oktober 2008 hat er die Angaben korrigiert und ein-geräumt, es könne sein, dass die Lieferungen des Angeklagten erst im Juni 2007 begonnen hätten. Unter Zugrundelegung der Angaben der Vernehmungs-beamten aus den Beschuldigtenvernehmungen vom 27. Oktober bzw. 21. November 2008, bei denen der Angeklagte von mindestens fünf Geschäften über 1 kg Haschisch gesprochen und detailliert über zwei weitere Geschäfte mit je 7 kg berichtet habe ([X.]), hat die Kammer den Angeklagten in sieben Fällen wegen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge schuldig ge-sprochen ([X.]) und ihn hinsichtlich dreier weiterer angeklagter Taten zwi-schen August 2006 und April 2007 freigesprochen ([X.]). Den Angaben des Zeugen [X.]ist das [X.] gefolgt, obwohl dieser sowohl in [X.] polizeilichen wie auch in einer richterlichen Beschuldigtenvernehmung vom 1. Juli 2008 den Zeugen Sa. als Lieferanten benannt hatte ([X.]) und auch in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil vom 4. Dezember 2008 der Zeuge Sa. und nicht der Angeklagte [X.]als Lieferant genannt ist ([X.]). Dies begegnet - auch wenn die Kammer in den Urteilsgründen auf die Korrektur der Angaben durch die Vernehmungen vom 27. Oktober und 21. November 2008 eingeht und zudem erörtert, warum der Zeuge Sa. und nicht der Ange-klagte in dem gegen den Zeugen [X.]ergangenen Urteil als Veräußerer der von jenem erworbenen Betäubungsmittel aufgeführt sei ([X.]) - durch-greifenden rechtlichen Bedenken. Der Zeuge [X.] hat ersichtlich mehrfach, beginnend von der [X.] Einlassung als Beschuldigter am 1. Juli 2008 bis hin zu seiner Vernehmung in der gegen den Angeklagten gerichteten Hauptverhandlung, seine Aussage geändert und abwechselnd den Zeugen Sa. oder den Angeklagten als [X.] - 4 - lichen Betäubungsmittellieferanten belastet. Diese unkonstanten Angaben, die offenbar auch den Tatzeitraum betreffen, hätten für das [X.] Anlass für eine besonders sorgfältige Würdigung der Aussage des Zeugen [X.] sein müssen. Dabei hätte die Kammer die Entstehung der einzelnen Angaben des Zeugen sowie ihre jeweiligen Inhalte im Einzelnen darlegen und vor allem - unter besonderer Berücksichtigung der von dem Zeugen für den jeweiligen [X.] gegebenen Erklärungen - erörtern müssen, aus welchem Grunde sie sich welcher Tatversion anschließt. Diesen Anforderungen ist die Kammer nur zum Teil gerecht geworden. So hat sie zwar in (noch) genügender Weise erläutert, dass aus ihrer Sicht die Korrektur der ursprünglichen Angaben durch die polizeilichen Vernehmungen vom 27. Oktober und 21. November 2008 der Glaubhaftigkeit der dabei gemachten, jetzt der Entscheidung [X.] gelegten Angaben nicht entgegenstehe (vgl. [X.]). Sie hat sich aber nicht hinreichend mit dem zweiten [X.] des Zeugen unmittelbar nach der ersten Korrektur in den polizeilichen Vernehmungen in seiner eigenen Haupt-verhandlung am 4. Dezember 2008 auseinander gesetzt. Es wird schon nicht klar, ob sich der Zeuge hierzu in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten geäußert hat; ebenso wenig erhellt sich, warum dieser nochmalige Aussage-wechsel aus Sicht der Kammer für die Glaubwürdigkeit des Zeugen keine Rolle spielt. Die Ausführungen der Kammer in diesem Zusammenhang, die sich ledig-lich mit dem Umstand befassen, warum das Urteil gegen den Zeugen [X.] als Lieferanten den Zeuge Sa. nennt, greifen zu kurz, wenn sie sich mit den Aussagen von Prozessbeteiligten an dem damaligen Verfahren auseinandersetzen, anstatt die Frage zu stellen, aus welchem Grund der Zeuge [X.]entsprechende Angaben in seinem Verfahren gemacht hat und ob dies für deren Glaubhaftigkeit von Bedeutung ist. Die Auseinandersetzung mit dieser Frage war umso mehr geboten, als nichts dafür ersichtlich ist, dass der von dem Zeugen für den ersten [X.] angegebene Grund, er habe sich von dem Angeklagten zunächst be-droht gefühlt und sei schließlich erst infolge der veränderten [X.] in der Untersuchungshaft zu wahren Angaben hinsichtlich des Lieferanten bereit gewesen (vgl. [X.]), in dem bis zu seiner Hauptverhandlung dauern-den kurzem Zeitraum entfallen sein könnte. Mit dem Umstand, dass der Zeuge in der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung gleichwohl zu seiner ursprüngli-chen Aussageversion zurückgekehrt ist, hätte sich das [X.] deshalb - insbesondere vor dem Hintergrund der Feststellung, dass er ausdrücklich [X.] haben soll, keine vorsätzlich falschen Angaben in den polizeilichen [X.] vom 27. Oktober und 21. November 2008 gemacht zu haben - ein-gehend auseinandersetzen müssen. Dies war im Übrigen nicht deshalb ent-behrlich, weil das [X.] mögliche Falschbelastungsmotive des Zeugen ([X.]: Absprache mit dem Zeugen Sa. ; § 31 BtMG) erörtert und deren Vorliegen verneint hat, weil auch das Fehlen solcher Motive den zweimaligen [X.] nicht erklären kann. 2. Der aufgezeigte Mangel in der Beweiswürdigung hinsichtlich der Fälle [X.] erfasst auch die Verurteilung im Fall II. 8. Denn auch insoweit stützt sich die Kammer auf die Angaben des Zeugen [X.](vgl. [X.], 14). Dass sich eine Änderung in der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen [X.]

nach der in den Fällen [X.] gebotenen besonderen Würdigung seiner Angaben auch Auswirkungen auf die Beweislage im Fall II. 8 haben könnte, versteht sich von selbst. Dies ist im Übrigen nicht deshalb auszuschließen, weil die Angaben insoweit von dem Zeugen Sa.
bestätigt worden sind (vgl. [X.] f., 14). Auch dessen Angaben bedürfen - sowohl vor dem Hintergrund, dass die Kammer selbst seine Angaben teilweise für wenig überzeugend hält, als auch im Hinblick auf die auf den ersten Blick wenig einleuchtende Einlas-sung, die bei ihm aufgefundenen Betäubungsmittel habe der Angeklagte offen-6 - 6 - sichtlich in seiner Wohnung zurückgelassen ([X.] - einer über die bisherige Prüfung hinausgehenden sorgfältigeren Würdigung. Rissing-van Saan Fischer Schmitt
Krehl [X.]

Meta

2 StR 497/10

18.11.2010

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2010, Az. 2 StR 497/10 (REWIS RS 2010, 1252)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1252

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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