Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.2011, Az. 3 C 40/10

3. Senat | REWIS RS 2011, 375

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Gegenstand

Verhältnismäßigkeit der Anordnung eines Durchfahrverbots; erhebliche Auswirkungen durch Mautausweichverkehr


Leitsatz

Die Verhältnismäßigkeit eines auf § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO gestützten Durchfahrverbots kann nicht allein anhand des abstrakten Verhältnisses des Mautausweichverkehrs zu dem sonstigen von der Sperrung betroffenen Durchgangsverkehr beurteilt werden. Eine sachgerechte Bewertung setzt auch voraus, dass die wirtschaftlichen Nachteile der vom Durchfahrverbot betroffenen Unternehmen der sich durch den Mautfluchtverkehr ergebenden Zusatzbelastung für die Anwohner gegenübergestellt werden. Dabei ist eine bestehende Lärmvorbelastung ebenso zu berücksichtigen wie das Ausmaß der durch das Durchfahrverbot zu erwartenden Verbesserung der Immissionssituation.

Tatbestand

1

Die klagenden Speditions- und Logistikunternehmen wenden sich dagegen, dass der Beklagte auf einem bei [X.] gelegenen Abschnitt der [X.] ([X.] zur Unterbindung von Mautausweichverkehr die Durchfahrt mit schweren Nutzfahrzeugen verboten hat.

2

Mit zwei verkehrsrechtlichen Anordnungen vom 27. April 2007 sperrte das Landratsamt [X.], gestützt auf § 45 Abs. 9 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung - [X.] -, die [X.] ab der Anschlussstelle [X.] bis [X.], Ortsteil [X.], für den Durchgangsverkehr von Nutzfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen. Die Sperrung erfolge aus Gründen der Ordnung des Verkehrs und zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen. Eine Verkehrszählung und -befragung im November 2006 habe zusätzlichen mautfluchtbedingten Schwerlastverkehr im Umfang von 200 Lastkraftwagen pro Werktag ergeben. Die damit verbundene Verschlechterung der Lärmsituation sei der Wohnbevölkerung nicht länger zumutbar. Die Gesichtspunkte der Ordnung des Verkehrs und des Lärmschutzes überwögen das Interesse der Transportunternehmen am Befahren der [X.] zur Vermeidung von Autobahnmaut. Diese Ermessenserwägungen hat der Beklagte im Berufungsverfahren ergänzt. Die entsprechenden Verkehrszeichen (Zeichen 253 mit Zusatzzeichen "Durchgangsverkehr" und "12 t") wurden am 7. August 2007 aufgestellt.

3

Auf die am 9. November 2007 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht [X.] die verkehrsrechtlichen Anordnungen mit Urteil vom 25. Februar 2008 aufgehoben. Erhebliche mautfluchtbedingte Veränderungen im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] seien nicht dargetan. Maßstab dafür, ob sich die Verkehrslärmsituation erheblich verändert habe, sei die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) genannte Erhöhung des Beurteilungspegels um 3 dB(A). Nach den Grundregeln der Lärmphysik sei erst eine solche Erhöhung hörbar; sie entspreche einer Verdoppelung des Verkehrsaufkommens. Hier habe sich nach der Verkehrsuntersuchung das werktägliche Aufkommen an schweren Lastkraftwagen aber nur um 9,41 % erhöht. § 1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV, wonach bei einer hohen Grundbelastung von 60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tags jede weitere auch nur geringe Zusatzbelastung zu einer wesentlichen Veränderung führe, könne für die Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle in § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] nicht herangezogen werden. Eine erhebliche Zusatzbelastung durch Abgase habe der Beklagte ebenfalls nicht nachgewiesen, ebenso wenig erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs.

4

Die Berufung des Beklagten hat der [X.] mit Urteil vom 18. Januar 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Die angegriffenen verkehrsrechtlichen Anordnungen seien ermessensfehlerhaft und deshalb rechtswidrig. Zwar sei es auf der betroffenen Strecke zu einer Veränderung der Verkehrsverhältnisse durch Mautausweichverkehr gekommen. Nach der Verkehrsuntersuchung seien in Fahrtrichtung [X.] dem Mautausweichverkehr rund 100 Lkw-Fahrten pro Werktag zuzuordnen. Diese Veränderung führe zu erheblichen Auswirkungen im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.]. Orientierungspunkte dafür könnten § 1 Abs. 2 16. BImSchV entnommen werden, und zwar sowohl dessen Satz 1 Nr. 2, der auf eine Erhöhung des Beurteilungspegels um mindestens 3 dB(A) abstelle, als auch dem Satz 2, der die Fälle erfasse, in denen es zur weiteren Erhöhung eines Beurteilungspegels von schon mindestens 70 dB(A) am Tag oder 60 dB(A) in der Nacht komme. Hier übersteige die Vorbelastung die genannten [X.] teils deutlich. Entlang der [X.] seien tagsüber 9 und nachts 17 überwiegend oder ausschließlich zu Wohnzwecken genutzte Gebäude in dieser Weise betroffen. Nach der vorliegenden Isophonenkarte erhöhe sich der Beurteilungspegel bei einigen der betroffenen Gebäude um 1 dB(A), bei anderen Wohngebäuden führe die [X.] nicht zu einer Erhöhung des Dezibelwertes. Jedoch seien die Ermessenserwägungen des Beklagten, auch soweit sie im Berufungsverfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt worden seien, fehlerhaft. Zwar sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte nicht ermittelt habe, inwieweit die betroffenen Gebäude bereits passive Schallschutzmaßnahmen aufwiesen. § 1 Abs. 2 16. BImSchV stelle für die Ermittlung der Beurteilungspegel auf die Lärmeinwirkung außerhalb der betroffenen Wohngebäude ab. Abgesehen davon sei es dem Beklagten nicht zumutbar gewesen, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Auch was die wirtschaftliche Belastung der [X.] durch das [X.] angehe, sei kein Ermessensmangel festzustellen. Der Beklagte sei von einer jährlichen mautbedingten Mehrbelastung für das Transportgewerbe in einer Größenordnung von 705 000 € pro Jahr ausgegangen; diese Summe ergebe sich aus der Multiplikation der Zahl der vom [X.] betroffenen Lastkraftwagen mit der für die Autobahnbenutzung anfallenden Maut. Weitere kostenbildende Faktoren wie Zeitverlust, Treibstoffverbrauch und Fahrzeugabnutzung habe der Beklagte zwar gesehen, aber nicht näher untersucht. Eine in dieser Weise typisierende Betrachtung sei zulässig. Auch hier sei zu berücksichtigen, dass Maßnahmen zur Unterbindung des Mautausweichverkehrs ausweislich der Begründung der Änderungsverordnung mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand verbunden sein sollten. Ebenso wenig könne den [X.] in der Annahme gefolgt werden, es sei ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte statt der Sperrung keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 oder 50 km/h angeordnet habe. Doch verletze das [X.] den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz deshalb, weil die [X.], wie der weit überwiegende Teil der sonst betroffenen Transportunternehmer, den in Rede stehenden Streckenabschnitt bereits vor der Einführung der Autobahnmaut genutzt hätten, da er die für sie günstigere Route darstelle. Von den 330 Lastkraftwagen, die nach Gesamtgewicht und zurückzulegender Entfernung als potenzieller Mautausweichverkehr in Richtung [X.] in Betracht kämen, seien nur rund 100 Fahrzeuge dem tatsächlichen Mautausweichverkehr zuzurechnen. [X.] aber der tatsächliche Mautausweichverkehr nur knapp ein Drittel der insgesamt von der Sperrung für den Durchgangsverkehr betroffenen Lastkraftwagen aus, sei die Anforderung nicht mehr erfüllt, die verkehrsrechtliche Maßnahme nach Möglichkeit auf den Mautausweichverkehr zu beschränken. Das gelte umso mehr, als die jährliche Gesamtbelastung des [X.] durch mautbedingte Kosten wegen der angegriffenen Sperrung immerhin rund 705 000 € betrage und durch das [X.] nur eine sehr geringe Verbesserung der Lärmsituation von maximal 1 dB(A) an einzelnen Anwesen zu erzielen sei.

5

Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Das Berufungsgericht fordere zu Unrecht schon für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] ("soweit"), dass die Straßenverkehrsbehörde zusätzliche Maßnahmen ergreife, um das [X.] auf den tatsächlichen Mautausweichverkehr zu beschränken. Das Urteil des Berufungsgerichts erweise sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Es liege kein Ermessensfehler vor. Es sei kein notwendiges Element der Ermessensausübung, ob neben dem tatsächlichen Mautausweichverkehr auch sonstiger Durchgangsverkehr vom Verbot erfasst werde. Das Ausblenden des Anteils des Mautausweichverkehrs am vom [X.] insgesamt erfassten Verkehr entspreche dem Willen des Verordnungsgebers; er habe den Vorteil der mit § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] eingefügten Regelung gerade in der Verringerung des Verwaltungsaufwands gesehen. Vor diesem Hintergrund müsse es genügen, wenn Verkehrsbelastung und Verkehrsstruktur anhand von [X.] ermittelt würden; weitergehende Verkehrsbefragungen seien entbehrlich. Sollte es gleichwohl auf das genannte Verhältnis ankommen, seien ausreichende Ermessenserwägungen angestellt worden. Die verkehrsrechtliche Anordnung habe der Umsetzung des Normzwecks von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gedient, sachfremde Erwägungen - und nur darauf beziehe sich die gerichtliche Kontrolle nach § 114 VwGO - habe es nicht gegeben.

6

Die [X.] treten der Revision entgegen.

7

Der Vertreter des [X.] beim [X.] ist - im Einvernehmen mit dem [X.], Bau und Stadtentwicklung - der Auffassung, dass nach § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] Verkehrsbeschränkungen und -verbote möglich seien, solange sich diese Maßnahmen auch im Hinblick auf den nicht mautbedingten Durchgangsverkehr als verhältnismäßig erwiesen. Die zuständige Behörde müsse eine Einzelfallprüfung vornehmen, bei der zwischen den für die Verkehrsbeschränkung sprechenden Belangen der Anwohner und den Belangen des Durchgangsverkehrs abzuwägen sei. Im äußersten Fall könne die Unterbindung auch nicht mautfluchtbedingten Durchgangsverkehrs zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme führen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.]n ist begründet. [X.] steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Annahme, die angegriffenen verkehrsrechtlichen Anordnungen seien insbesondere deshalb unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft, weil rund zwei Drittel der vom [X.] betroffenen Transportunternehmer den Streckenabschnitt bereits vor der Einführung der [X.] benutzt hätten, ist unzutreffend. Der [X.] hat diesen Umstand bei seinen Ermessenserwägungen berücksichtigt und konnte ohne Ermessensfehler (§ 114 VwGO) zum Ergebnis kommen, dass gleichwohl dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm der Vorrang gebührt und die Strecke deshalb für den Durchgangsverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen gesperrt werden darf. Die angeordneten [X.]e sind auch ansonsten rechtmäßig und verletzen die [X.] nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.], der nach dem Beginn der Erhebung von [X.] zum 1. Januar 2005 mit der [X.] zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung vom 22. Dezember 2005 ([X.]) in die Norm eingefügt wurde, dürfen abweichend von [X.] zum Zwecke des Absatzes 1 Satz 1 - aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs - oder des Absatzes 1 [X.] Nr. 3 - zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen - Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs auch angeordnet werden, soweit dadurch erhebliche Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem [X.]gesetz für schwere Nutzfahrzeuge hervorgerufen worden sind, beseitigt oder abgemildert werden können.

1. Ausgehend von den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) gab es in dem von der Sperrung betroffenen Abschnitt der [X.] erhebliche Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse wegen der durch den [X.] hervorgerufenen erhöhten Verkehrslärmbelastung.

a) In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass, soweit es um den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm im Sinne von § 45 Abs. 1 [X.] Nr. 3 [X.] geht, Orientierungspunkte für eine nähere Bestimmung, wann eine Lärmzunahme "erheblich" ist, der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV - vom 12. Juni 1990 ([X.]) entnommen werden können. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV ist eine Lärmzunahme "wesentlich", wenn der Beurteilungspegel des Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird. Nach § 1 Abs. 2 [X.] 16. BImSchV gilt dasselbe, wenn der Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht weiter erhöht wird; dies gilt nicht in Gewerbegebieten. Dem liegt eine Wertung des Verordnungsgebers zugrunde, die sich - entgegen der Annahme des [X.] - für beide Teilregelungen gleichermaßen auf § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] übertragen lässt. Die § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 und Abs. 2 [X.] 16. BImSchV zugrunde liegende Annahme, dass auch eine 3 dB(A) unterschreitende Lärmzunahme dann erheblich ist, wenn ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht erreicht oder überschritten wird, beruht darauf, dass ansonsten eine ohnehin bereits unzumutbare Lärmsituation noch verschlechtert oder jedenfalls verfestigt würde. Ließe man auch hier erst einen Zuwachs von 3 dB(A) genügen, liefe § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gerade bei einer derart hohen Vorbelastung vielfach leer. Eine solche Erhöhung des [X.] um 3 dB(A) setzt nämlich etwa eine Verdoppelung des vorhandenen Verkehrsaufkommens voraus. Ein solches Ausmaß wird der [X.] gerade bei einer ohnehin hohen Ausgangsbelastung der Ausweichstrecke schon im Hinblick auf deren beschränkte Aufnahmefähigkeit nur selten erreichen (Urteil vom 13. März 2008 - BVerwG 3 [X.] 18.07 - BVerwGE 130, 383 <392 f.> Rn. 33 ff.). Auch die Annahme der [X.], selbst bei einer so hohen Vorbelastung müsse die Zunahme mindestens 1 dB(A) betragen, um "erheblich" im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] zu sein, entbehrt einer rechtlichen Grundlage.

Danach ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der Lärmwerte, die es dem vom [X.]n in Auftrag gegebenen Verkehrslärmgutachten und einer Isophonenkarte entnommen hat, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der [X.] hier zu erheblichen Auswirkungen im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] auf die Lärmbelastung der Anwohner geführt hat. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen werden, erreicht der Verkehrslärm entlang des in Rede stehenden Streckenabschnitts tags an 9 und nachts an 17 überwiegend oder ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden Beurteilungspegel von über 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts.

b) Daraus, dass diese Regelung die Straßenverkehrsbehörde zu Beschränkungen oder Verboten des fließenden Verkehrs nur ermächtigt, "soweit dadurch erhebliche Auswirkungen durch [X.] veränderter Verkehrsverhältnisse beseitigt oder abgemildert werden können", ergibt sich auf [X.] der tatbestandlichen Voraussetzungen keine Beschränkung dahingehend, dass ein Eingreifen der Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] immer schon dann ausscheidet, wenn von einem [X.] noch anderer als nur [X.] betroffen ist. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 13. März 2008 ausgeführt hat, ist die Behörde nicht darauf beschränkt, lediglich den mautfluchtbedingten Verkehr herauszufiltern, da sie derart selektive Maßnahmen praktisch nicht treffen könnte. Sie darf derartige Maßnahmen daher auch dann treffen, wenn diese im Ergebnis über eine bloße [X.]bekämpfung hinausgehen, sie hat sie aber nach Möglichkeit auf die [X.]bekämpfung zu beschränken (a.a.[X.] Rn. 38). Der mit dem Wort "soweit" eingeleitete Halbsatz des § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] eröffnet also schon dann eine Ermessensentscheidung, wenn durch ein [X.] die Auswirkungen des [X.]s auf die in § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] genannten Schutzgüter beseitigt oder abgemildert werden können. Bei anderer Auslegung wären Maßnahmen auf der Grundlage von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] faktisch unmöglich; die vom Verordnungsgeber mit der Einfügung dieser Regelung beabsichtigte Absenkung der [X.] würde verfehlt.

Allein der Umstand, dass mit einem auf § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gestützten [X.] [X.]verkehr verringert oder vollständig ausgeschlossen werden kann, führt wegen der spezifischen Zielrichtung der Regelung und ihrer zweigliedrigen Normstruktur freilich noch nicht zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Die Regelung soll ausweislich der Begründung der Änderungsverordnung ermöglichen, den überörtlichen Durchgangsverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen aus Gründen der Ordnung des Verkehrs - insbesondere auch zum Schutz der Wohnbevölkerung an Ortsdurchfahrten - und zur Verbesserung des Verkehrsablaufs und des [X.] im nachgeordneten Straßennetz - zumindest an herausragenden Stellen - zur Vermeidung von [X.] nicht ausweichen zu lassen und wenn nötig wieder auf die Autobahn zu leiten (vgl. [X.] 824/05 S. 4 f.). Es handelt sich - zusammenfassend ausgedrückt - um eine Ermächtigungsgrundlage speziell zur Unterbindung von [X.]. Daraus ergibt sich, wie im Urteil vom 13. März 2008 ausgeführt, im Gegenschluss, dass der sonstige Verkehr nach Möglichkeit unberührt bleiben soll. Je nach den Umständen des Einzelfalls ist das allein damit, dass die Verordnung selbst schon bei einem [X.] die Zusatzzeichen "Durchgangsverkehr" und "12 t" vorsieht und damit eine Beschränkung des [X.] erreicht, noch nicht in ausreichendem Umfang gewährleistet. Vielmehr hat die Straßenverkehrsbehörde, die von dieser Ermächtigung Gebrauch machen will, zu prüfen, ob weitere Beschränkungen möglich sind und ob, falls das aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, gleichwohl ein [X.] erlassen werden darf. Das setzt wie auch sonst bei Fragen des Lärmschutzes (vgl. etwa Beschluss vom 19. Februar 1992 - BVerwG 4 NB 11.91 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 63 Rn. 13 ff. m.w.N.) voraus, dass in einer Gesamtschau den konkreten Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls umfassend Rechnung getragen wird. Ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die Mitbetroffenheit sonstigen Verkehrs in der gebotenen Weise berücksichtigt hat, ist Teil der Prüfung, ob sie ihr Ermessen fehlerfrei, insbesondere unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, ausgeübt hat.

c) Von dieser systematischen Einordnung ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Der Einwand des [X.]n, es habe die Frage, inwieweit das verhängte [X.] über den tatsächlichen [X.] hinausgeht, der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] zugeordnet, ist unzutreffend. Der [X.]hof geht im Hinblick auf die festgestellten Lärmpegel ausdrücklich davon aus, dass die (tatbestandlichen) Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] vorliegen.

2. Auf der Rechtsfolgenseite hat das Berufungsgericht einen Ermessensfehler des [X.]n wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angenommen, den es vorrangig darauf gestützt hat, dass der tatsächliche [X.] nur ein Drittel der insgesamt von der Sperrung betroffenen Lastkraftwagen ausmache. Mit diesen Erwägungen verletzt das Berufungsurteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); der vom [X.]hof angenommene Verstoß des [X.]n gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt nicht vor.

a) Die gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Ermessensentscheidung ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO auf die Überprüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Zu prüfen ist dabei auch die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. zu Geschwindigkeitsbeschränkungen Urteil vom 5. April 2001 - BVerwG 3 [X.] 23.00 - [X.] 442.151 § 45 [X.] Nr. 41 S. 21). Der revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt, ob die Vorinstanz diese Grenzen beachtet hat. Dabei ist das Revisionsgericht zwar an die im Berufungsurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Doch ist es in dem so vorgegebenen Rahmen eine rechtliche und damit revisible Wertung, ob eine in Betracht kommende Handlungsalternative als milderes Mittel zu bewerten ist und ob sich die behördliche Maßnahme bei der gebotenen Abwägung der mit ihr verbundenen Vor- und Nachteile als verhältnismäßig i.e.S. - als angemessen - erweist (in diesem Sinne zu [X.] in einer Fußgängerzone Urteil vom 8. September 1993 - BVerwG 11 [X.] 38.92 - BVerwGE 94, 136 <140 ff.>).

b) Die Berücksichtigung des Verhältnisses von tatsächlichem [X.] und sonstigem mitbetroffenen Durchgangsverkehr erübrigt sich hier nicht deshalb, weil - wie der [X.] geltend macht - die dazu im Verkehrsgutachten aufgeführten Erkenntnisse "überobligationsgemäß" ermittelt worden seien. Zwar wird in der Begründung der Änderungsverordnung der Vorteil der Eingriffsbefugnis, die der Straßenverkehrsbehörde mit § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] eröffnet wird, insbesondere in dem geringeren Verwaltungsaufwand gesehen, der mit einer solchen Anordnung im Vergleich zu den sonst in Betracht zu ziehenden Befugnisnormen der Straßenverkehrs-Ordnung verbunden ist; so würden keine Lärmberechnung und keine Abgasmessung vorausgesetzt. Gleichwohl sieht es auch der Verordnungsgeber als selbstverständlich an, dass vorher auf der Ausweichstrecke insbesondere die Verkehrsbelastung und die Verkehrsstrukturen erhoben werden und auf dieser Grundlage die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Anlieger abgeschätzt, der Verkehrsablauf und das Verkehrsverhalten betrachtet sowie die wirtschaftlichen Belange abgeklärt werden ([X.] 824/05 S. 8). Es liegt angesichts der § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] zugrunde liegenden Zielrichtung auf der Hand, dass zu den danach abzuklärenden Verkehrsstrukturen und wirtschaftlichen Belangen auch die Auswirkungen eines [X.]es auf den Verkehr mit schweren Nutzfahrzeugen zählen, der auf dieser Strecke bereits vor der Einführung der [X.] stattgefunden hat, und der deshalb nicht dem [X.] zuzurechnen ist. Selbst wenn diese Zahlen nicht immer im Wege eines Verkehrsgutachtens auf der Grundlage einer Verkehrszählung und -befragung erhoben werden müssen, so darf die Straßenverkehrsbehörde bei der Ermessensausübung die so gewonnenen Erkenntnisse nicht einfach ausklammern. Gibt sie ein solches Gutachten in Auftrag, um ihre Entscheidung abzusichern, müssen - im Gegenzug - die dadurch gewonnenen Erkenntnisse auch umfassend berücksichtigt werden. Ebenso wenig trifft der Einwand des [X.]n zu, der Berücksichtigung des genannten Verhältnisses stehe entgegen, dass der Tatbestand des § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] keine feste Mindestrelation des tatsächlichen [X.]s nenne; denn die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche die Ausübung des Ermessens eröffnen, beschreiben die bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Umstände keineswegs abschließend.

c) Das Berufungsgericht misst allerdings dem abstrakten Verhältnis von [X.] und sonstigem mitbetroffenen Durchgangsverkehr ein zu hohes Gewicht bei. Dieses Verhältnis erlangt Aussagekraft stets nur unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände, die nach dem Zweck der Ermächtigung im konkreten Fall von Bedeutung sind. In die Bewertung der Angemessenheit eines [X.]es einzustellen sind daher auch das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung der vom [X.] betroffenen Unternehmen einerseits und die sich durch die [X.] gegenüber der Vorbelastung ergebende Zusatzbelastung für die Anwohner sowie die durch ein [X.] erzielbare Verbesserung der Immissionssituation andererseits.

Der Senat hatte sich deshalb in seinem Urteil vom 13. März 2008 auf die Aussage beschränkt, dass eine auf § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gestützte Maßnahme nach Möglichkeit auf die [X.] zu beschränken sei, und dort nicht etwa eine feste Grenze gezogen, ab welchem Anteil von einem [X.] mitbetroffener [X.] sich eine solche Maßnahme als nicht mehr angemessen im Sinne des Übermaßverbotes erweist. Eine ausschließlich oder schwerpunktmäßig auf diese Relation beschränkte Betrachtung verbietet sich deshalb, weil sich die jeweilige Belastung der Anwohner, die Grund für die Anordnung eines [X.]es gibt, vornehmlich danach unterscheidet, welchen absoluten Umfang der zusätzliche [X.] - bei gleichem prozentualem Verhältnis zum auf der Strecke ohnehin verkehrenden Schwerlastverkehr - annimmt. Ebenso wenig bildet das vom Berufungsgericht hervorgehobene Zahlenverhältnis auf der Seite der Adressaten eines [X.]s die Erschwernisse und Belastungen hinreichend ab, die sich durch eine solche Sperrung sowohl für den tatsächlichen [X.] als auch für die bisherigen Nutzer der Strecke ergeben. Die Nachteile werden - neben den [X.] als solchen - vor allem dadurch bestimmt, in welchem Umfang es zu Umwegen und Zeitverlusten kommt. Führt die Benutzung der Autobahn dagegen zu einer Verkürzung der Wegstrecke oder durch die dort möglichen höheren Geschwindigkeiten zu einer Zeitersparnis, ist die Situation trotz gleicher Relation von tatsächlichem [X.]verkehr und sonstigem ebenfalls "ausgesperrtem" Verkehr anders zu beurteilen. Diesen im Einzelfall zu berücksichtigenden Umständen wird auch die Auffassung der [X.], ein [X.] sei jedenfalls immer dann unverhältnismäßig, wenn der tatsächliche [X.]verkehr zahlenmäßig hinter dem mitbetroffenen Schwerverkehr [X.], nicht gerecht. Eine solche Betrachtung verkürzt - noch weitgehender als der vom Berufungsgericht gewählte Ansatz - die bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit maßgebliche Gesamtschau in unzulässiger Weise. Sie kann insbesondere nicht auf das Gegensatzpaar von Haupt- und Nebenfolge reduziert werden, zumal diese Begriffe schon selbst, je nachdem, welchen Bezugspunkt man wählt, eine erhebliche Unschärfe aufweisen.

Ausgehend davon sind - unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässigerweise nachgeschobenen Gründe (§ 114 [X.] VwGO) - die vom [X.]n in Bezug auf die Angemessenheit des [X.]s vorgenommene Abwägung und das von ihm gefundene Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach den Zahlen des Verkehrsgutachtens, von denen alle Beteiligten ausgehen, sind die Anwohner der gesperrten Strecke zusätzlichem mautfluchtbedingtem Schwerverkehr im Umfang von rund 200 schweren Nutzfahrzeugen werktäglich ausgesetzt; darin liegt bei einem werktäglichen Gesamtaufkommen von 2 352 Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 12 Tonnen und mehr eine Zunahme des [X.] um 9,41 %. Dadurch durfte sich der [X.] im Hinblick auf die bereits bestehende hohe Vorbelastung veranlasst sehen, zum Schutz der Wohnbevölkerung einzuschreiten und die von ihm gesehenen und in die Abwägung eingestellten wirtschaftlichen Belange der [X.]. Er verweist zu Recht darauf, dass der [X.] die Lärmsituation an der Ausweichstrecke, die nach den dort festgestellten [X.] bereits bisher an sich unzumutbar gewesen sei, ohne den Erlass des [X.]s noch weiter verschärft und verfestigt habe. Dabei hat er berücksichtigt, dass vom [X.] auch Schwerlastverkehr betroffen wird, der die in Rede stehende Strecke schon bisher genutzt hat. Doch trifft zum einen der Einwand der [X.] nicht zu, es handele sich insoweit um unbeteiligte Dritte, die schon deshalb völlig zu Unrecht unter das [X.] fielen. Denn auch dieser Verkehr hat dazu beigetragen, dass es auf der nun zusätzlich von [X.] genutzten Strecke zu der dort festzustellenden massiven Vorbelastung durch Verkehrslärm gekommen ist, die - aus den dargestellten Gründen - wiederum dazu führt, dass auch bei einer unter 3 dB(A) liegenden Steigerung des [X.] von einer im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] erheblichen Zusatzbelastung für die Wohnbevölkerung auszugehen ist. Zum anderen trifft auch die Erwägung des [X.]n zu, dass die aus dem [X.] resultierende Belastung der Fuhrunternehmen der Konkretisierung bedarf, wenn sie mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden soll. Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass die [X.] zwar etwas länger ist, dass das aber zumindest zum Teil wieder durch die dort erlaubte höhere Geschwindigkeit und die damit einhergehende Fahrweise kompensiert werden kann. Auf der anderen Seite führt das [X.] nach den Erkenntnissen des Verkehrsgutachtens zu einer Reduzierung des Durchgangsverkehrs um werktäglich rund 660 schwere Nutzfahrzeuge und damit - wie noch im Einzelnen auszuführen sein wird - zu einer erheblichen Verringerung der Verkehrslärmbelastung.

d) Die beiden vom Berufungsgericht ergänzend angeführten Gesichtspunkte können die Annahme der Unverhältnismäßigkeit des [X.]s ebenfalls nicht tragen.

Der finanziellen Belastung des [X.] in Höhe von rund 705 000 € pro Jahr, die wegen des streitigen [X.]s zusätzlich an [X.] zu zahlen sind, musste der [X.] kein Gewicht beimessen, das die Anordnung des [X.]s hindert. Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die Mauterhebung auf Autobahnen (und nunmehr auch auf [X.]) als solche rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. zu § 3 des [X.]gesetzes - ABMG - Urteil vom 4. August 2010 - BVerwG 9 [X.] 6.09 - BVerwGE 137, 325 <333 ff.>); denn ebenso ist es jedenfalls im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass die betroffenen Transportunternehmen dann zulässige alternative Routen wählen und damit die Mautzahlung vermeiden. Doch muss die Summe zu zahlender Maut zu den von den Transportunternehmen erzielten Umsätzen und Gewinnen ins Verhältnis gesetzt werden. Außerdem stellt der [X.] zu Recht darauf ab, dass die Maut grundsätzlich jedes Transportunternehmen trifft, das die betreffende Strecke zum Durchgangsverkehr nutzt, und sich deshalb aus der Zahlung von [X.] jedenfalls keine Wettbewerbsnachteile einzelner Unternehmen ergeben.

Der Einwand des Berufungsgerichts, dass durch die Sperrung nur sehr geringe Verbesserungen der Lärmsituation von maximal 1 dB(A) an einzelnen Anwesen erzielbar seien, erweist sich ebenfalls als nicht tragfähig. Das vom [X.]n angeordnete [X.] hindert nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Fahrtrichtung [X.] etwa 330 Lastkraftwagen pro Werktag am Befahren der Strecke. Das bedeutet gemessen an den etwa 1 170 Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht von mindestens 12 Tonnen, die dort in Fahrtrichtung [X.] werktäglich unterwegs sind, eine Reduzierung des [X.] um rund 28 %. Selbst wenn der Beurteilungspegel dadurch höchstens um 1 dB(A) gesenkt wird, bedeutet das - entgegen der Wertung des Berufungsgerichts - keine nur sehr geringe Verbesserung der Lärmsituation für die Anwohner, soweit es um die Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme geht. Nachdem nach den Gesetzen der Lärmphysik erst eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens zu einer Steigerung des [X.] um 3 dB(A) führt und umgekehrt eine Senkung um 3 dB(A) eine Halbierung des Verkehrsaufkommens voraussetzt (vgl. dazu die Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm vom 23. November 2007, [X.] 2007, 767 ff. <770>), kann nicht erst bei einer Verringerung um 3 dB(A) ein im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung relevanter Entlastungseffekt angenommen werden. Eine Halbierung des Verkehrsaufkommens an schweren Nutzfahrzeugen wird durch ein auf § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gestütztes und durch das Verkehrszeichen 253 mit den Zusatzzeichen "Durchgangsverkehr" und "12 t" umgesetztes [X.] kaum zu erzielen sein, insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - der sog. regionale Wirtschaftsverkehr, der von einem solchen [X.] von vornherein nicht erfasst wird, einen hohen Anteil am Verkehrsaufkommen hat. Vielmehr gelten, was die mit einem [X.] erzielbare Verbesserung der Lärmbelastung betrifft, unter geänderten Vorzeichen dieselben Erwägungen, die den Senat dazu veranlasst haben, bei einer hohen Vorbelastung auch in einer unter 3 dB(A) liegenden Erhöhung des [X.] eine erhebliche Veränderung im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] zu sehen. Dabei muss entgegen der Auffassung der [X.] die durch ein [X.] zu erzielende Lärmreduzierung auch nicht aufgeteilt werden in den Teil, der auf den Ausschluss des tatsächlichen [X.]s zurückgeht, und in den Teil, der auf den mitbetroffenen Verkehr entfällt. Vielmehr handelt sich um eine einheitliche Maßnahme, die wegen fehlender Trennbarkeit auch nicht mautfluchtbedingten Verkehr erfasst, so dass auch ihre Auswirkungen auf die Verkehrslärmbelastung im Ganzen zu berücksichtigen sind.

e) Schließlich lässt das Berufungsgericht bei seiner Bewertung unberücksichtigt, dass den Belangen von Unternehmen, die in besonderer Weise durch ein [X.] nach § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] getroffen werden, in geeigneten Fällen durch die Gewährung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 [X.] Rechnung getragen werden kann; danach können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen u.a. von den Verboten oder Beschränkungen gewähren, die durch [X.] (Anlage 2) erlassen sind. Dabei kann freilich nicht jede Zusatzbelastung durch ein auf § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] gestütztes [X.] als ein hinreichender Grund für die Gewährung einer solchen Ausnahme angesehen werden, soll die mit einem [X.] nach § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] beabsichtigte Entlastungswirkung nicht wieder weitgehend aufgehoben werden. Das würde zugleich die Eignung dieses Mittels zur Belastungsminderung in Frage stellen.

3. [X.] stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr ist die Ermessensentscheidung des [X.]n auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

a) Darin, dass der [X.] nicht ermittelt hat, inwieweit an den betroffenen Gebäuden bereits Schallschutzeinrichtungen vorhanden waren, liegt kein Ermessensdefizit. Zutreffend stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass für die in § 1 Abs. 2 16. BImSchV i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] genannten Lärmwerte die Messung an außerhalb des Gebäudes liegenden Messpunkten maßgeblich ist (vgl. Anlage 1 zu § 3 16. BImSchV). Diese Vorgabe ist zwingend; denn Geräuschpegel erlangen ihre Aussagekraft ausschließlich im Zusammenspiel mit dem Mess- oder Berechnungsverfahren, in dem sie ermittelt worden sind (stRspr, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 [X.] 9.95 - BVerwGE 101, 1 <4> = NVwZ 1996, 1003).

b) Der [X.] hat seine Ermessensentscheidung auch nicht deshalb auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen, weil er die für die Transportwirtschaft entstehenden Zusatzkosten nur typisierend in Höhe der durch das [X.] zusätzlich entstehenden [X.] berücksichtigt hat. Zu Recht verweist das Berufungsgericht darauf, dass der Kreis der vom [X.] Betroffenen nur schwer eingrenzbar ist, da Speditionen aus ganz [X.] in Betracht kommen können und sich der Kreis der Betroffenen zudem täglich ändern kann; auch können die weiteren potentiell kostenbildenden Faktoren wie Zeitverlust, Treibstoffverbrauch und Fahrzeugabnutzung anders als die zu zahlende [X.], kaum verlässlich abgeschätzt werden.

c) Ein Ermessensfehler ergibt sich - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - ferner nicht daraus, dass der [X.] zum Mittel des [X.]s gegriffen hat, statt eine Geschwindigkeitsbeschränkung anzuordnen. In einer Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann im hier maßgeblichen Zusammenhang kein im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes milderes Mittel gesehen werden. Die nach § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] möglichen Verkehrsbeschränkungen und -verbote sind auch im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit daran zu messen, inwieweit sie dem Ziel dienen können, den Durchgangsverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen aus Gründen der Ordnung des Verkehrs und insbesondere auch zum Schutz der Wohnbevölkerung auf der Autobahn zu halten bzw. dorthin zurückzuleiten (vgl. [X.] 824/05 S. 4 f.). Danach geht es zwar darum, die infolge von [X.] erhöhte Belastung der Wohnbevölkerung wieder zu mindern oder zu beseitigen, doch ist die Maßnahme zunächst und vorrangig gegen diejenigen zu richten, die durch [X.] eine erhebliche Verschlechterung der [X.] verursacht haben. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften auf der [X.] könnte dazu indes keinen Beitrag leisten, weil für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t dort gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b [X.] die zulässige Höchstgeschwindigkeit ohnehin 60 km/h beträgt. Eine solche Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit würde danach nur Fahrzeuge treffen, die von vornherein nicht dem [X.] zugerechnet werden können. Ebenso wenig verhältnismäßig wäre eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h. Sie beträfe zwar auch den [X.], aber in weiterem Umfang und außerdem erheblich einschneidender den sonstigen Kraftverkehr. Vor allem aber ist eine geringfügige Reduzierung der Geschwindigkeit des [X.] nicht in gleicher Weise zur Lärmreduzierung geeignet wie ein [X.].

d) Die angegriffenen [X.]e verletzen die [X.] schließlich nicht in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Auch insoweit ist kein Ermessensfehler bei der Entscheidung des [X.]n festzustellen.

Zwar ist bei einem [X.] auf der Grundlage von § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.] anders als bei [X.] auf Autobahnen (vgl. dazu Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 3 [X.] 37.09 - BVerwGE 138, 21 <35> Rn. 48) der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt. Die berufsregelnde Tendenz des [X.]es (vgl. zu diesem Erfordernis u.a. [X.], Beschluss vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 - [X.]E 113, 29 <48>) ist unter anderem darin zu sehen, dass damit in die Dispositionsfreiheit des [X.] eingegriffen wird, die für ihn wirtschaftlich günstigste Fahrtroute auszuwählen; dazu gehört grundsätzlich auch die Möglichkeit, durch Nutzung einer zulässigen [X.] die Zahlung von [X.] zu vermeiden. Doch handelt es sich bei dem mit einem [X.] verbundenen Eingriff allenfalls um eine Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit, die sich dann als verfassungsgemäß erweist, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Im Schutz der Wohnbevölkerung vor einer erheblichen Zunahme des Verkehrslärms im oben dargestellten Sinne ist ohne Weiteres ein solcher vernünftiger Grund des Gemeinwohls zu sehen.

Ebenso wenig liegt ein unzulässiger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der [X.] (Art. 2 Abs. 1 GG) vor. Selbst wenn man davon ausgeht, dass für Art. 2 Abs. 1 GG im hier in Rede stehenden Zusammenhang neben Art. 12 Abs. 1 GG überhaupt noch ein eigener Anwendungsbereich verbleibt, so ist doch die allgemeine Handlungsfreiheit von vornherein nur in den in Art. 2 Abs. 1 GG genannten Schranken gewährleistet. Zur Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung gehört auch § 45 Abs. 9 Satz 3 [X.]; der damit verbundene Eingriff ist im Hinblick auf den damit bezweckten Schutz der Wohnbevölkerung vor einer erheblichen Verschlechterung der Lärmsituation auch angemessen (vgl. zum Lkw-Überholverbot Urteil vom 23. September 2010 a.a.[X.] Rn. 48).

Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG bleibt von den angegriffenen [X.]en unberührt. Hier stehen allenfalls künftige Gewinn- und Erwerbsaussichten der [X.] in Rede. Solche künftigen Erwerbschancen werden vom Schutz der Eigentumsfreiheit nicht umfasst. Der Anliegergebrauch, der in [X.] unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fällt (vgl. dazu Urteil vom 8. September 1993 - BVerwG 11 [X.] 38.92 - BVerwGE 94, 136 <138 f.>), ist aufgrund der sich aus der Definition des Begriffs "Durchgangsverkehr" ergebenden Ausnahmen vom [X.] (vgl. dazu die Erläuterungen in Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 [X.] zu Zeichen 30.1 "regionaler Wirtschaftsverkehr") nicht betroffen.

Meta

3 C 40/10

15.12.2011

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 18. Januar 2010, Az: 11 BV 08.791, Urteil

§ 45 Abs 1 S 2 Nr 3 StVO, § 45 Abs 9 S 3 StVO, Anl 2 Nr 30 StVO, Anl 2 Nr 30.1 StVO, § 1 Abs 2 BImSchV 16

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.2011, Az. 3 C 40/10 (REWIS RS 2011, 375)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 375

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Immissionsgrenzwerte, Ermessensausübung, Verwaltungsgerichte, Zumutbarkeitsschwelle


Referenzen
Wird zitiert von

RN 5 K 17.1540

Zitiert

2 BvR 1027/02

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