Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.08.2013, Az. 4 BN 9/13

4. Senat | REWIS RS 2013, 3646

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gründe

1

Die [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO lässt sich dem [X.]eschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche [X.]edeutung.

2

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>; siehe auch [X.]eschluss vom 1. Februar 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.

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1. Die [X.]eschwerde hält zunächst folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Welchen Konkretisierungsgrad muss die Sicherung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erreichen, um einen Ausschluss des gesamten (innenstadtrelevanten und nicht innenstadtrelevanten) Einzelhandels nach § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] zu rechtfertigen?

Ist es für eine wirksame [X.]ebauungsplanfestsetzung nach § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] ausreichend auf eine gesamtstädtische, in sich geschlossene [X.] zu verweisen, deren Ziel auch der Erhalt und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ist, oder muss für eine wirksame Festsetzung nach § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] der konkrete Nachweis des Erhalts und der Entwicklung konkreter zentraler Versorgungsbereiche erbracht sein?

4

Soweit sich diese Fragen überhaupt in verallgemeinerungsfähiger Form beantworten lassen, rechtfertigen sie nicht die Zulassung der Revision.

5

Die erste Frage würde sich in einem Revisionsverfahren schon nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof beanstandet nicht, dass die Antragsgegnerin die Gründe für den Ausschluss nicht hinreichend konkretisiert habe, sondern dass die [X.]egründung des [X.]ebauungsplans und die ihm zugrunde liegende [X.] den (vollständigen) Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, vor allem solchen mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten oder handwerksbezogene Einzelhandelsbetriebe, im [X.]ebauungsplangebiet nicht trügen. Das ist etwas anderes.

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Auf die zweite Frage lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. In der Rechtsprechung des [X.] zu § 1 Abs. 5 [X.] ist geklärt, dass es für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in allen Fällen einer städtebaulichen [X.]egründung bedarf, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben muss und die den Ausschluss rechtfertigt. Der Ausschluss muss mithin durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise gerechtfertigt sein ([X.]eschluss vom 3. Mai 1993 - [X.]VerwG 4 N[X.] 13.93 - [X.] 406.12 § 1 [X.] Nr. 16; siehe auch Urteil vom 26. März 2009 - [X.]VerwG 4 C 21.07 - [X.]VerwGE 133, 310 <314 f.>). Diese Rechtsprechung gilt in gleicher Weise für den Einzelhandelsausschluss durch einen [X.]ebauungsplan, der - wie hier - nur Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] enthält ([X.]eschluss vom 15. Mai 2013 - [X.]VerwG 4 [X.] 1.13 - Rn. 11; siehe auch [X.]egründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte, [X.]TDrucks 16/2496 S. 11). Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. In Wahrheit nimmt sie die Grundsatzrüge lediglich zum Anlass, das Einzelhandelskonzept der Antragsgegnerin darzustellen und zu belegen, dass die tatrichterliche Annahme, das Konzept rechtfertige den Ausschluss sämtlichen Einzelhandels im Plangebiet nicht, aus ihrer Sicht unzutreffend ist. Die grundsätzliche [X.]edeutung einer Rechtssache lässt sich aber nicht damit aufzeigen, dass der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung eine eigene, davon abweichende Würdigung gegenübergestellt wird.

7

2. Die weitere Frage,

ob eine Festsetzung, die bei nichtinnenstadtrelevanten Hauptsortimenten jegliche Nebensortimente ausschließt, den marktüblichen Gegebenheiten entspricht oder ob es sich dabei um eine Einzelhandelsform handelt, die in der [X.] und ökonomischen Realität regelmäßig nicht mehr existiert,

führt nicht zur Zulassung der Revision, denn hierbei handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatsachenfrage.

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3. Wegen der Frage,

ob es uneingeschränkt fehlerhaft ist, in die Abwägung einzustellen, dass zentrenrelevante Randsortimente bei nicht zentrenrelevanten Einzelhandelsbetrieben ohne Abwägungsfehler nicht rechtssicher auszuschließen sind,

kommt eine Zulassung der Revision nicht in [X.]etracht, weil der Verwaltungsgerichtshof den inmitten stehenden [X.]ebauungsplan nicht wegen eines Abwägungsfehlers für unwirksam erklärt hat, sondern weil er davon ausgegangen ist, dass die speziellen Voraussetzungen nach § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] nicht gegeben sind. Die von der [X.]eschwerde formulierte Frage ist daher nicht klärungsbedürftig.

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4. Schließlich führt die Frage,

ob § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] auch jenseits des Zwecks der Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche Anwendung findet,

nicht zur Zulassung der Revision. Insofern genügt die [X.]eschwerde nicht den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Weder ist dargetan, warum es sich hierbei um eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage handeln soll, noch, warum deren Klärung in einem nachfolgenden Revisionsverfahren zu erwarten wäre.

Unabhängig hiervon ist nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, zu der eine höchstrichterliche Entscheidung bislang noch nicht ergangen ist, allein deshalb von grundsätzlicher [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und erst in einem Revisionsverfahren zu klären. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass die im Rechtsstreit aufgeworfene Frage aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller [X.]e des [X.] dann nicht der Fall, wenn sich die umstrittene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und/oder des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (z.[X.]. [X.]eschlüsse vom 13. März 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 11 und vom 12. Juli 2012 - [X.]VerwG 4 [X.] 13.12 - juris Rn. 3). So liegt es hier. Der [X.] hat bereits entschieden, dass § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] den Gemeinden das Planungsinstrument nicht nur an die Hand gibt, um zentrale Versorgungsbereiche davor zu schützen, dass sie ihren Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner [X.]ranchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen können, sondern - wie namentlich in der [X.]etonung der Innenentwicklung in Satz 1 zum Ausdruck kommt - auch als Mittel, um im Rahmen ihres planerischen Gestaltungsspielraums die Attraktivität der Zentren zu steigern oder im Status quo zu erhalten ([X.]eschluss vom 15. Mai 2013 - [X.]VerwG 4 [X.] 1.13 - Rn. 11). Hieraus und aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.] folgt, dass Festsetzungen auf der Grundlage dieser Norm nur zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zulässig sind und nicht ausschließlich im Interesse der Innenentwicklung. Die [X.]estimmung "auch im Interesse der Innenentwicklung" stellt nur heraus, dass der Zweck des § 9 Abs. 2a [X.]auG[X.], zentrale Versorgungsbereiche zu erhalten und zu entwickeln, auch dieses Interesse einschließt (ebenso [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Januar 2013, § 9 Rn. 242b S. 247; ähnlich [X.], in: [X.]erliner Kommentar zum [X.]auG[X.], Stand April 2013, § 9 Rn. 73j). Der von der [X.]eschwerde angeführten [X.] (in: [X.]rügelmann, Stand Mai 2013, § 9 Rn. 515b) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. In ihr wird die Frage, ob die [X.]egriffe Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche einerseits und Innenentwicklung andererseits zwei selbständige Ziele kennzeichnen, nicht thematisiert.

Meta

4 BN 9/13

06.08.2013

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 16. Oktober 2012, Az: 3 S 1014/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.08.2013, Az. 4 BN 9/13 (REWIS RS 2013, 3646)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3646

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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