Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2021, Az. XII ZB 221/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 7795

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Gegenstand

Unterhaltsabänderung beim Ehegattenunterhalt: Anpassung nachehelichen Unterhalts an veränderte Verhältnisse; Neubewertung eines Ehevertrags im Rahmen der Ausübungskontrolle; wesentliche Veränderungen der der Ausgangsentscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse


Leitsatz

1. Die Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG besteht in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 369/14, FamRZ 2015, 1694).

2. Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden.

3. Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG erfüllt sein, um eine abweichende Bewertung der Ausübungskontrolle aus der abzuändernden Entscheidung zu erreichen. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 13. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 12. April 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil entschieden wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Unterhalt für die [X.] ab April 2014.

2

Sie heirateten im Jahr 1978. Aus der Ehe gingen zwei in den Jahren 1982 und 1983 geborene Kinder hervor. Die Beteiligten schlossen am 3. Februar 1981 einen notariellen Ehevertrag, mit dem sie für den Fall der Trennung oder Scheidung wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichteten und die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausschlossen. Nach ihrer Trennung im Mai 2006 schlossen sie am 14. Juni 2006 einen weiteren notariellen Ehevertrag. In diesem erklärten sie in den Vorbemerkungen, dass die von ihnen in der notariellen Urkunde vom 3. Februar 1981 getroffenen Vereinbarungen aufrechterhalten bleiben sollten und auch gegenwärtig ihrem ausdrücklichen Willen entsprächen. Ferner vereinbarten die Beteiligten Gütertrennung, regelten den Zugewinnausgleich und nahmen eine Vermögensaufteilung vor.

3

Die Ehe der Beteiligten wurde mit Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2009, rechtskräftig seit dem 7. April 2010, geschieden. Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) wurde in der [X.] Ehegattenunterhalt verurteilt, an die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) nach Rechtskraft der Scheidung zunächst monatlich 622 € Elementarunterhalt und 157 € [X.] zu zahlen. Nach einer durch das Amtsgericht über einen [X.]raum von vier Jahren vorgenommenen stufenweisen Herabsetzung war der Ehemann ab dem 1. Januar 2014 noch verpflichtet, einen monatlichen Ehegattenunterhalt von 102 € Elementarunterhalt sowie 26 € [X.] zu zahlen. Der Versorgungsausgleich ist auf die Beschwerden der Beteiligten durch das [X.] mit Beschluss vom 30. Juni 2016 dahingehend rechtskräftig geregelt worden, dass ein Teilausgleich der in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften in Höhe des ehebedingten Nachteils vorzunehmen sei.

4

Die im März 1956 geborene Ehefrau verfügt über keine Berufsausbildung. Sie war zum [X.]punkt der Heirat als Verwaltungsangestellte im öffentlichen Dienst in Vollzeit erwerbstätig. Nach der Geburt des 1982 geborenen [X.] kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis. Seit 1992 war sie halbschichtig wieder im öffentlichen Dienst erwerbstätig und stockte ihre Tätigkeit im Jahr 1999 auf eine Vollzeittätigkeit auf. Nach diversen Operationen stellte sie zum 1. Oktober 2013 einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, dem entsprochen wurde. Die Ehefrau bezieht von der [X.] im hier noch streitigen [X.]raum eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs für den [X.]raum seit September 2016 erhöht hat. Sie bezieht weiter eine Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung von der [X.] ([X.]).

5

Der im Jahr 1955 geborene Ehemann bezieht Einkünfte als Angestellter und begehrt eine Herabsetzung seiner Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt auf „Null“ für die [X.] ab August 2014, da infolge des [X.] durch die Ehefrau eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei. Im Rahmen einer Abänderung seien aufgrund des neuen [X.] auch die Wirksamkeit der Eheverträge und deren Anwendbarkeit auf den nachehelichen Unterhalt neu zu überprüfen.

6

Das Amtsgericht hat den Abänderungsantrag des Ehemanns zurückgewiesen. Auf den [X.] der Ehefrau, mit dem sie für die [X.] ab April 2014 aufgrund ihrer Erwerbsunfähigkeit erhöhte Unterhaltszahlungen begehrt, hat es das Urteil des [X.] dahin abgeändert, dass es den Ehemann verpflichtet hat, an die Ehefrau für den [X.]raum von April 2014 bis Juni 2015 einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 524 € und für den [X.]raum von Juli 2015 bis August 2016 einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 421 € jeweils als Elementarunterhalt nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es den [X.] zurückgewiesen. Das [X.] hat auf die Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin die Entscheidung des Amtsgerichts teilweise dahin abgeändert, dass es den Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts für den [X.]raum vom 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 in Höhe von 213 € zuzüglich 26 € [X.], vom 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2015 von 217 € zuzüglich 26 € [X.] für den Monat Juli 2014, vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 von 221 € und vom 1. Juli 2016 bis 31. August 2016 von 230 € nebst Zinsen verpflichtet hat. Ferner hat das [X.] festgestellt, dass der Ehemann ab 1. September 2016 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er für die [X.] von April bis Juli 2014 die vollständige Abweisung des [X.]s und bereits für die [X.] ab August 2014 den vollständigen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung erreichen will.

B.

7

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.], soweit der Ehemann die Entscheidung angefochten hat.

I.

8

Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

9

Der Abänderungswiderantrag der Ehefrau sei für den [X.]raum vom 1. April 2014 bis 31. August 2016 teilweise, der Abänderungsantrag des Ehemanns für die [X.] ab dem 1. August 2014 hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung von [X.] und ab dem 1. September 2016 umfänglich begründet.

Dem Unterhaltsanspruch der Ehefrau stehe nicht entgegen, dass die Beteiligten in der notariellen Vereinbarung vom 3. Februar 1981 auf den nachehelichen Unterhalt verzichtet hätten. Das Gericht sei an die rechtskräftige Entscheidung des [X.] gebunden, wonach die Vereinbarung zwar wirksam sei, der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts der [X.] aber nicht standhalte. Dabei habe das Amtsgericht in der abzuändernden Entscheidung auch den Ehevertrag vom 14. Juni 2006 mit einbezogen und entschieden, dass diesem auch hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts kein eigenständiger Regelungscharakter zukomme und der nacheheliche Unterhalt auch nicht durch die darin vereinbarte Ausgleichszahlung von 25.000 € (teilweise) wirksam abgefunden worden sei. Es sei deshalb auch nicht möglich, dessen Wirksamkeit zu prüfen. Daher sei auch für den sich nunmehr ergebenden [X.] gemäß § 1572 Nr. 4 BGB nicht erneut zu prüfen, ob dieser Anspruch dem Grunde nach gegeben sei.

Der Unterhalt wegen Krankheit sei lediglich an die Stelle des im Vorverfahren zugesprochenen Aufstockungsunterhalts gemäß § 1573 BGB getreten. Dies eröffne auch im Rahmen der [X.] keine vollständige, von der Erstentscheidung losgelöste Prüfung. Im Abänderungsverfahren sei lediglich die Folge der [X.], nämlich die Vertragsanpassung an die veränderten Umstände, anzugleichen. Dies bedeute konkret, dass Gegenstand des Verfahrens nur sei, ob der nacheheliche Unterhalt in dieser Höhe und möglicherweise hinsichtlich dieses [X.]raums abzuändern sei.

Der ehebedingte Nachteil von 102 € monatlich sei grundsätzlich auch im Abänderungsverfahren zugrunde zu legen. Soweit die Ehefrau mittlerweile allerdings eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, fehle ein Bezug zur Ehe. Grundlage der Entscheidung des [X.], der Ehefrau 8,5463 Entgeltpunkte zum Ende der Ehezeit zu übertragen, sei gewesen, dass der notariell vereinbarte Ausschluss vom 3. Februar 1981 für wirksam erachtet worden sei, aber der Ehevertrag auch hinsichtlich des Versorgungsausgleichs einer [X.] nicht standhalte. Das Gericht sei an die Bewertung des [X.] im rechtskräftig abgeschlossenen Beschwerdeverfahren zum Versorgungsausgleich gebunden, die auch auf die Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente Einfluss habe.

Hingegen sei dem Amtsgericht nicht darin zu folgen, dass für den [X.]raum bis zum 1. September 2016 ein Unterhaltsanspruch in Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich erzielten Rente der Ehefrau und ihrem fiktiven Nettoeinkommen bestehe. Denn die Ehefrau hätte auch ohne Ehe eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen. Sie habe vom 1. August 2014 bis zum 31. August 2016 nur über Einkünfte aus ihrer Rente wegen voller Erwerbsminderung verfügt, die auf ausschließlich von ihr aufgrund Erwerbstätigkeit oder Kindererziehungszeiten erworbenen Anrechten beruht habe. Weil sich aus den Vorsorgeleistungen für das Alter auch der Anspruch auf Versorgung wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 [X.] berechne, habe die Ehefrau bis zur Durchführung des Versorgungsausgleichs am 1. September 2016 weiterhin ehebedingte Nachteile gehabt. Denn ohne Ehe hätte sie nach den Feststellungen des [X.] weitere Anrechte von 8,5463 Entgeltpunkte erworben und ihre Erwerbsunfähigkeitsrente wäre daher auch um diese Entgeltpunkte höher gewesen. Unter Berücksichtigung der von der Ehefrau zu leistenden Versicherungsbeiträge (Kranken- und Pflegeversicherung) ergebe sich für den [X.]raum vom 1. August 2014 bis zum 31. August 2016 folgende monatliche Differenz zwischen der fiktiven Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzüglich weiterer 8,5463 Entgeltpunkte und der tatsächlich erhaltenen Rente wegen voller Erwerbsminderung: 1. August 2014 bis 30. Juni 2015: 219,44 €; 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016: 223,30 € und 1. Juli 2016 bis 31. August 2016: 232,78 €.

Der ehebedingte Nachteil in der Altersvorsorge sei allerdings um ehebedingte Vorteile zu reduzieren. Denn nach der Entscheidung des [X.] habe die Ehefrau nicht nur einen Ausgleich für ehebedingte Nachteile erhalten, sondern im [X.]raum ab Rechtskraft der Scheidung bis Dezember 2013 habe sie einen weitaus höheren Elementarunterhalt als die vom Amtsgericht rechnerisch als Nachteil ermittelten 102 € und damit auch einen weitaus höheren [X.] als denjenigen, der sich unmittelbar von den als Nachteil ermittelten 102 € an Elementarunterhalt ableite, erhalten. Der überzahlte [X.] hätte bei Einzahlung in die Rentenversicherung zu einem zusätzlichen Erwerb von 0,1064 Entgeltpunkten geführt. Bis zur Umsetzung des Versorgungsausgleichs zum 1. September 2016 sei der Ehefrau jedoch ein Nachteil durch die Gestaltung der Ehe geblieben, der im Wege der [X.] auszugleichen sei.

Die Ehefrau habe allerdings ab dem 1. August 2014 bis zum 31. August 2016 nur noch einen Anspruch auf Elementarunterhalt und nicht auf einen weiteren [X.]. Die ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zunächst entstandene Versorgungslücke aufgrund des ehebedingten geringeren Einkommens gegenüber einem Einkommen ohne Ehe habe nur so lange bestanden, wie auch die Ehefrau berufstätig gewesen wäre. Mithin habe die Ehefrau ab Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente keinen Anspruch mehr auf einen [X.] gehabt.

Der Ehemann schulde der Ehefrau mithin für die [X.] vom 1. April 2014 bis zum 31. August 2016 nur noch einen Unterhalt von insgesamt 6.355 € (213 € × 3 Monate; 217 € × 12 Monate; 221 € × 12 Monate und 230 € × 2 Monate) zuzüglich monatlich 26 € [X.] für die [X.] vom 1. April 2014 bis zum 31. Juli 2014.

II.

Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Unrecht hat sich das [X.] mit Blick auf die abzuändernde Entscheidung des [X.] an einer erneuten [X.] hinsichtlich des [X.] vom 3. Februar 1981 gemäß § 242 BGB gehindert gesehen.

1. Nach § 238 Abs. 1 FamFG kann jeder Teil die Abänderung einer in der Hauptsache ergangenen Endentscheidung des Gerichts beantragen, die eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen enthält. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Gemäß § 238 Abs. 2 FamFG kann der Antrag nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war (Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2015 - [X.] 369/14 - FamRZ 2015, 1694 Rn. 14 und [X.], 213 = FamRZ 2018, 914 Rn. 10).

Ist das Abänderungsverfahren eröffnet, so ermöglicht es weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits in der Erstentscheidung eine Bewertung erfahren haben. Darüber hinaus bleiben im Abänderungsverfahren auch solche im Ausgangsverfahren schon entscheidungserheblichen Umstände unberücksichtigt, die seinerzeit von den Beteiligten nicht vorgetragen oder vom Gericht übersehen wurden. Denn auch eine Korrektur von Fehlern der rechtskräftigen Entscheidung ist im Abänderungsverfahren nicht zulässig. Einer Fehlerkorrektur steht vielmehr die Rechtskraft der Vorentscheidung entgegen, deren Durchbrechung nur insoweit gerechtfertigt ist, als sich die maßgeblichen Verhältnisse nachträglich verändert haben (Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2015 - [X.] 369/14 - FamRZ 2015, 1694 Rn. 19 mwN und [X.], 213 = FamRZ 2018, 914 Rn. 12).

Die Abänderungsentscheidung besteht dementsprechend in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (§ 238 Abs. 4 FamFG). Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser durch Auslegung zu ermittelnden Grundlage hat [X.] im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - [X.] 369/14 - FamRZ 2015, 1694 Rn. 20 mwN).

2. Auf dieser Grundlage hat das [X.] die Voraussetzungen für eine zulässige Abänderung nach § 238 FamFG zutreffend bejaht.

Die zugrunde liegenden Tatsachen haben sich wesentlich geändert. Dem [X.] lag der Antrag auf Zahlung nachehelichen Aufstockungsunterhalts zugrunde. Demgegenüber macht die Ehefrau nunmehr einen Anspruch auf Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 4 BGB geltend. Das beruht auf ihrer erst später eingetretenen Erwerbsunfähigkeit, weshalb sie statt ihres früheren Erwerbseinkommens nunmehr eine Erwerbsminderungsrente bezieht.

3. Hinsichtlich der Begründetheit des [X.] kann dem [X.] allerdings nur teilweise gefolgt werden.

a) Zutreffend hat es sich allerdings im Rahmen des § 238 FamFG an die Bewertungen des [X.]s des [X.] vom 16. Dezember 2009 bezüglich der Sittenwidrigkeit des [X.] vom 3. Februar 1981 und zur Bedeutung des weiteren [X.] vom 14. Juni 2006 gebunden gesehen.

aa) Die Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung darf nicht weitergehen, als es aus Gründen der Anpassung an die veränderten Verhältnisse notwendig ist. Damit unterliegt die Abänderung einer Begrenzung, die sich durch das Merkmal der „Anpassung“ an die veränderten Umstände treffend ausdrücken lässt. Die Vorschrift soll weder eine Möglichkeit zur neuerlichen Bewertung des alten Sachverhalts noch einen Weg eröffnen, diesen bei Gelegenheit einer – gerechtfertigter Weise erfolgenden – Abänderung abweichend zu beurteilen. Erst recht kann sie nicht die Gelegenheit bieten, gegen den Grund des Anspruchs Einwendungen zu erheben oder diesen sonst neu zur Nachprüfung zu stellen ([X.] Urteil vom 16. Mai 1979 - [X.] - FamRZ 1979, 694, 695 mwN und Senatsbeschluss [X.], 213 = FamRZ 2018, 914 Rn. 12 ff.).

bb) Gemessen hieran dürfen die in der Vergangenheit liegenden Grundlagen der Ausgangsentscheidung nicht auf etwaige Fehler hin überprüft werden, obgleich vieles dafür spricht, dass der zweite Ehevertrag aus dem [X.] die Regelungen des ersten [X.] nach der Geburt der beiden Kinder, der Trennung der Ehegatten und auf der Grundlage der neueren Senatsrechtsprechung zur Wirksamkeit von Eheverträgen – konstitutiv – bestätigen sollte (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 - [X.] 447/19 - FamRZ 2020, 1347 Rn. 40 f.).

b) Soweit sich das [X.] indes auch an die [X.] nach § 242 BGB des [X.] vom 3. Februar 1981 gebunden gesehen hat, hat es verkannt, dass diese einer Neubewertung im Rahmen der Abänderung nach § 238 FamFG zugänglich ist.

aa) Mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle (§ 242 BGB) sollen allein ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche [X.] nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich entgangene ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehenden Dispositionen über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben. Maßgeblich ist insoweit, ob sich im [X.]punkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die beiden Eheleute von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht und dadurch bei dem belasteten Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden sind, die durch den Ehevertrag nicht angemessen kompensiert werden (Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 - [X.] 84/17 - FamRZ 2018, 1415 Rn. 20, 31 mwN).

Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines solchen möglichen Rechtsmissbrauchs der [X.]punkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich für einen künftig geschuldeten Unterhalt durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Gleiches gilt bei der Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage, wenn sich die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die Ehegatten von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend unterscheidet (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2018 - [X.] 84/17 - FamRZ 2018, 1415 Rn. 20 und vom 27. Februar 2013 - [X.] 90/11 - FamRZ 2013, 770 Rn. 19). Gründe hierfür können beispielsweise – wie im Falle des § 1578 b BGB – die Dauer der erbrachten Unterhaltszahlungen sein, dass der vom Vertrag benachteiligte Ehegatte auf den Unterhalt wegen anderweitiger Vermögenszuwendungen nicht mehr angewiesen ist und dass der verbleibende Unterhaltsbetrag als vergleichsweise gering erscheint. Ferner können auch andere Umstände in die Abwägung mit einbezogen werden, wie etwa eine neue Partnerschaft des Unterhaltsberechtigten oder auch die nicht zweckentsprechende Verwendung des [X.]s. Ebenso kann Anlass für eine Neubewertung im Rahmen der [X.] sein, dass sich der Unterhaltsberechtigte – wie hier – nunmehr auf einen anderen [X.] beruft.

Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG erfüllt sein, um die [X.] nach § 242 BGB bzw. eine entsprechende Vertragsanpassung nach § 313 BGB nunmehr anders zu beurteilen, als dies in der abzuändernden Entscheidung mit Bewilligung eines Unterhalts in Höhe der ehebedingten Nachteile geschehen ist. Das heißt, es müssen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - [X.] 369/14 - FamRZ 2015, 1694 Rn. 14 ff.).

bb) Gemessen hieran hätte das [X.] – hätte es sich nicht an die frühere Bewertung des [X.] vom 3. Februar 1981 im [X.] gebunden gesehen – prüfen müssen, ob der vereinbarte Unterhaltsverzicht nach wie vor wegen einer evident einseitigen, unzumutbaren Lastenverteilung nach [X.] (§ 242 BGB) einer [X.] nicht standhält.

Anhaltspunkte dafür, einen Rechtsmissbrauch seitens des Ehemanns, soweit er sich auf den [X.] beruft, nunmehr zu verneinen, könnten hier vorliegen. Der Ehemann zahlt bereits seit 2009 Ehegattenunterhalt; dabei erhielt die Ehefrau nach dem Verbundurteil vom 16. Dezember 2009 zunächst sogar einen höheren Unterhalt, als ihr nach der Rechtsprechung des Senats zugestanden hätte. Geschuldet war nur der ehebedingte Nachteil, und nicht ein über den angemessenen Lebensbedarf (vgl. insoweit Senatsurteile vom 18. Februar 2015 - [X.]/13 - FamRZ 2015, 824 Rn. 26 ff.) hinausgehender Unterhalt. Auch wenn diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist und den Senat somit bindet, kann der Umfang des vom Antragsteller geleisteten Unterhalts im Rahmen der [X.] berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass sich der Elementarunterhalt seit April 2014 auf einen relativ geringen Betrag zwischen 213 € und 230 € beläuft. Zudem hat die Ehefrau einen neuen Partner. Auch wenn die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1579 Nr. 2 BGB nach den Feststellungen des [X.]s zunächst nicht erfüllt waren, kann das Vorliegen einer neuen Partnerschaft im Rahmen der [X.] eine andere Bewertung erfahren. Ebenso kann im Rahmen der Prüfung des § 242 BGB berücksichtigt werden, dass die Ehefrau den [X.] dem [X.] zufolge nicht verwendungsgemäß angelegt hat. Ferner erhielt die Ehefrau nach den Feststellungen des [X.]s von der [X.] für den [X.]raum vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. Mai 2014 eine Rentennachzahlung von 5.816,06 € und von der [X.] für den [X.]raum vom 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014 eine solche in Höhe von 2.320,17 €, insgesamt also einen Betrag, der die Höhe des vom [X.] noch zugesprochenen Unterhalts von 6.355 € sogar übersteigt. Schließlich stützt sich die Ehefrau nunmehr auf einen anderen [X.], nämlich Unterhalt wegen – einer als solcher nicht ehebedingten – Krankheit.

4. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil das [X.] noch weitere Feststellungen zu treffen und diese zu würdigen haben wird. Deshalb ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG.

Dose     

      

Schilling     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 221/19

17.03.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 12. April 2019, Az: 13 UF 124/17, Beschluss

§ 138 BGB, § 242 BGB, § 1572 BGB, § 1573 BGB, § 113 Abs 1 S 2 FamFG, § 238 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2021, Az. XII ZB 221/19 (REWIS RS 2021, 7795)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 944-946 REWIS RS 2021, 7795

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 80/13

XII ZB 369/14

XII ZB 447/19

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