Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.10.2023, Az. X B 35/23 (AdV)

10. Senat | REWIS RS 2023, 7741

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Gegenstand

Keine Fertigung einer Daten-CD im Rahmen der Akteneinsicht


Leitsatz

NV: Das Finanzgericht (FG) ist nicht verpflichtet, Behördenakten, die in Papierform vorliegen, zu digitalisieren und deren Inhalt auf einer Daten-CD einem Beteiligten zu übergeben. Dies gilt auch, wenn das FG am ersetzenden Scannen im Sinne des § 52b Abs. 6 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung teilnimmt.

Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 01.03.2023 - 7 V 2927/22 E, [X.], U wird im Rubrum insoweit berichtigt, als ausschließlich [X.] als Antragsteller aufgeführt wird.

Ferner wird der Beschluss im Tenor dahingehend berichtigt, dass "Der Antrag der Antragsteller" durch "Der Antrag des Antragstellers" ersetzt wird.

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 01.03.2023 - 7 V 2927/22 E, [X.], U wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sowie dessen [X.]hefrau ([X.]) erhoben Klage (7 K 2924/22 [X.], [X.], U ([X.])) gegen [X.], die aufgrund einer Außenprüfung erlassen worden waren, und beantragten außerdem beim Finanzgericht (F[X.]) die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nachdem das F[X.] sie aufgefordert hatte darzulegen, inwieweit der Antrag auf AdV zulässig sei, teilten sie mit, der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) habe ihren im [X.]inspruchsverfahren gegen die [X.] gestellten [X.]Anträgen nicht entsprochen und dies damit begründet, dass er nicht habe erkennen können, inwieweit die angefochtenen Steuerbescheide fehlerhaft seien. [X.]ine Begründung der [X.]insprüche innerhalb der gesetzten Frist sei jedoch nicht möglich gewesen, da das [X.] Unterlagen zurückgehalten habe, die sie zur Begründung benötigt hätten. Auch drohe die Vollstreckung aufgrund der [X.]. Dies bestätigte das [X.] im Schreiben vom 10.01.2023 und verwies auf bereits ergangene Vollstreckungsankündigungen. Nach Abhilfe durch das [X.] erklärte [X.] in Bezug auf ihren [X.] am 19.01.2023 die Hauptsache für erledigt. Das [X.] schloss sich der [X.]rledigungserklärung am 02.02.2023 an.

2

Nachdem das [X.] am 05.01.2023 die vom F[X.] angeforderten Akten übersandt und am 10.01.2023 im [X.]Verfahren Stellung genommen hatte, bat der Antragsteller zur [X.]rwiderung auf diesen Schriftsatz um [X.]insichtnahme in seine Steuerakten, die Betriebsprüfungsakte, die zwischen dem [X.] und seinem Steuerberater sowie einem [X.] geführte Korrespondenz sowie die vom Antragsteller für die Außenprüfung eingereichten schriftlichen Unterlagen und Belege. Nachdem er beim F[X.] Düsseldorf einen Termin zur Akteneinsicht für den 03.03.2023 vereinbart hatte, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers am 07.02.2023 beim F[X.], aus den vom Antragsteller eingereichten Unterlagen und der Betriebsprüfungsakte eine [X.] (Daten-[X.]) zu fertigen und ihm eine Kopie zu überlassen. Als Betreff nannte er in diesem Schriftsatz das [X.]Verfahren (nur) des Antragstellers gegen das [X.].

3

Durch Beschluss vom [X.] - 7 V 2927/22 [X.], [X.], U lehnte das F[X.] diesen Antrag ab. Sowohl der Antragsteller als auch [X.] waren im Rubrum des Beschlusses aufgeführt. Auch bezog sich der Tenor ausdrücklich auf einen Antrag "der Antragsteller".

4

Das F[X.] ging zwar davon aus, dass der Antragsteller und [X.] gemäß § 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (F[X.]O) das Recht hätten, die [X.]erichtsakte und die dem [X.]ericht vorgelegten Beiakten einzusehen. Auch könnten sie sich gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 F[X.]O auf ihre Kosten durch die [X.]eschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. [X.]in Anspruch auf Digitalisierung der [X.] ergebe sich hieraus aber nicht. Der unter bestimmten Voraussetzungen bestehende Anspruch auf Übermittlung eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akten aus § 78 Abs. 2 Satz 3 F[X.]O beziehe sich nur auf elektronisch geführte Prozessakten, nicht auf [X.] in Papierform. Der Anspruch auf Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg aus § 78 Abs. 3 Satz 2 F[X.]O begründe keine Pflicht, sondern nur eine Befugnis der Finanzgerichte zur Digitalisierung der [X.]. Davon machten die Finanzgerichte in [X.] grundsätzlich keinen [X.]ebrauch. Der damit verbundene Personal- und Kostenaufwand sei unverhältnismäßig. Personalkapazitäten, die Akten freiwillig zu digitalisieren, stünden den Finanzgerichten nicht zur Verfügung.

5

Der F[X.]-Beschluss ist dem Antragsteller und [X.] am [X.] zugestellt worden.

6

Der Antragsteller hat am 02.03.2023 gegen den Beschluss des F[X.] Beschwerde eingelegt. [X.]benfalls am 02.03.2023 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht beim F[X.] genommen.

7

Mit Beschluss vom 12.03.2023 hat das [X.] das Verfahren der [X.] abgetrennt und eingestellt. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom [X.] hat das F[X.] am 13.03.2023 dem [X.] ([X.]) zur [X.]ntscheidung vorgelegt. Am 17.03.2023 erging der F[X.]-Beschluss über die Nichtabhilfe und wurde nachgereicht.

8

Der Antragsteller ist der Ansicht, er habe dem [X.]runde nach einen Anspruch auf Herausgabe der drei Ordner mit den [X.]. Auch wende das F[X.] das in § 52b Abs. 6 F[X.]O geregelte ersetzende Scannen an. Da die vom Antragsteller eingereichten [X.] keine [X.] seien, müsse das F[X.] sie scannen. [X.]s gebe folglich keinen Hinderungsgrund, von den gescannten [X.]n eine Daten-[X.] zu erstellen und ihm diese zu übergeben. Ohne die eingereichten Belege könne er sich nicht wirksam gegen den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung wehren und insbesondere keine [X.]eldverkehrsrechnung erstellen. Im Hinblick auf die vom F[X.] geltend gemachte fehlende Verhältnismäßigkeit sei zu beachten, dass die Akteneinsicht und die vom Antragsteller noch zu beantragende Fertigung von Fotokopien einen erheblich größeren Zeitaufwand für das F[X.] mit sich brächten als die Fertigung der Daten-[X.].

9

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
das Rubrum und den Tenor des F[X.]-Beschlusses vom [X.] - 7 V 2927/22 [X.], [X.], U dahin zu berichtigen, dass [X.] nicht als Antragstellerin genannt wird

und

unter Aufhebung des F[X.]-Beschlusses vom [X.] - 7 V 2927/22 [X.], [X.], U dem Antragsteller die beim [X.] eingereichten Unterlagen sowie die gesamte Betriebsprüfungsakte als Daten-[X.] zur Verfügung zu stellen.

Das [X.] beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller habe kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 78 Abs. 2 Satz 3 F[X.]O an der Überlassung eines Datenträgers mit dem gewünschten Inhalt. Die [X.]insicht in die Papierakten habe ihm eine ausreichende [X.]elegenheit gegeben, sich einen vollständigen Überblick über den Akteninhalt und den Verfahrensgang zu verschaffen. Auch bestehe kein Anspruch auf Rückgabe der vom Antragsteller dem Prüfer übergebenen Buchführungsbelege, solange diese zur Überprüfung der angefochtenen Verwaltungsakte im [X.] und im Klageverfahren benötigt würden. Für die Verteidigung im Strafverfahren habe der Antragsteller die Möglichkeit gehabt, sich Kopien der benötigten Belege anfertigen zu lassen. [X.]s liege zudem kein umfangreicher Akteninhalt vor. Relevant sei nur ein dünner Ordner mit Kopien zu auffälligen Belegen aus den drei Originalordnern.

Der Prüfer des [X.] hatte dem Antragsteller am 05.12.2022 eine Kopie des [X.] übersandt. Dem F[X.] hat das [X.] insgesamt zehn Bände Akten, darunter drei Ordner betreffend den Antragsteller --augenscheinlich mit seinen [X.] sowie einen dünnen Ordner mit Kopien von auffälligen Belegen, übersandt.

Gründe

II.

Das Rubrum und der Tenor des Beschlusses des [X.] sind dahingehend zu berichtigen, dass lediglich der Antragsteller zu benennen ist.

1. Nach § 107 Abs. 1 [X.]O sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Die Berichtigung ist nicht antrags- oder fristgebunden. Für die Berichtigung eines Beschlusses gilt § 107 Abs. 1 [X.]O entsprechend (vgl. nur [X.] in Tipke/[X.], § 107 [X.]O Rz 1, m.w.[X.]). Ist --wie im [X.] das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz anhängig, ist der [X.] für die Berichtigung zuständig (u.a. Senatsbeschluss vom [X.], [X.]/NV 2021, 1201, Rz 7, m.w.[X.]).

2. Die Voraussetzungen für eine solche Berichtigung liegen vor, da der Beschluss der Vorinstanz im Rubrum nicht nur den Antragsteller, sondern auch [X.] als Antragstellerin ausweist, obwohl [X.] den Antrag, eine [X.] zu fertigen, nicht gestellt hat. Dementsprechend lehnt der Beschluss im Tenor fehlerhaft den Antrag beider [X.]heleute ab.

Der Senat ist überzeugt, dass der Fehler im Rubrum wie auch im Tenor allein auf einem rein mechanischen Versehen beruht. Der Antragsschriftsatz nennt ausdrücklich nur den Antragsteller, was auch insofern schlüssig ist, als [X.] bereits ihre [X.]rledigungserklärung abgegeben hatte. Wenn der Beschluss vom [X.] gleichwohl beide [X.]heleute als Antragsteller führt, ohne die Frage der Antragstellung zu thematisieren, ist dies nur so zu erklären, dass sich das [X.] bei [X.]rstellen des Beschlusses dessen Rubrum automatisiert durch die elektronische Datenverarbeitung hat ausgeben lassen. Ursprünglich hatten die [X.]heleute gemeinsam AdV beantragt. Das AdV-Verfahren der [X.] war am [X.], dem Datum des angefochtenen Beschlusses, zwar beidseitig für erledigt erklärt, aber noch nicht abgetrennt und eingestellt worden. Demnach müssen zu jenem Zeitpunkt in der Verfahrensverwaltung des [X.] beide [X.]heleute weiterhin als Antragsteller des [X.] geführt worden sein. Vor diesem Hintergrund ist es ohne Weiteres plausibel, dass beide aufgrund eines [X.] seitens des [X.] in dem angefochtenen Beschluss aufgeführt werden. Die unzutreffende Bezeichnung beruht somit auf einem rein mechanischen Versehen und kann als offenbare Unrichtigkeit gemäß § 107 Abs. 1 [X.]O jederzeit berichtigt werden (vgl. zur Urteilsberichtigung wegen offensichtlich versehentlicher Benennung des [X.]hegatten als Kläger gegen einen Gewerbesteuermessbescheid Senatsbeschluss vom [X.], [X.]/NV 2021, 1201, Rz 5).

III.

Die statthafte Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Beschwerde ist nach § 128 Abs. 1 [X.]O statthaft. Die [X.]ntscheidung über den Antrag, die vom [X.] eingereichten Unterlagen, einschließlich der Betriebsprüfungsakte, nicht in Form einer [X.] dem Bevollmächtigten des Antragstellers zu überlassen, stellt dem Grunde nach, auch soweit sie die Art und Weise der Akteneinsicht betrifft, keine prozessleitende Verfügung dar. Folglich ist die Beschwerde nicht gemäß § 128 Abs. 2 [X.]O ausgeschlossen (vgl. insoweit zur Art und Weise einer Akteneinsicht Senatsbeschlüsse vom [X.]132/19, [X.]/NV 2020, 377, Rz 6 und vom 15.07.2008 - X B 5/08, [X.]/NV 2008, 1695, unter [X.], m.w.[X.]). § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 [X.]O findet auf den streitigen Anspruch keine Anwendung.

a) § 78 Abs. 2 [X.]O regelt die Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten, § 78 Abs. 2 Satz 3 [X.]O die Voraussetzungen der Übermittlung eines Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akten. Nach § 78 Abs. 2 Satz 5, 6 [X.]O entscheidet (Halbsatz 1) über einen Antrag nach Satz 3 der Vorsitzende oder gemäß § 78 Abs. 2 Satz 6 [X.]. § 79a Abs. 4 [X.]O der Berichterstatter; die [X.]ntscheidung ist unanfechtbar (Halbsatz 2). In § 78 Abs. 3 [X.]O, der sich mit der Akteneinsicht in Prozessakten in Papierform befasst, fehlt eine den § 78 Abs. 2 Satz 3, 5 und 6 [X.]O entsprechende Regelung, so dass es bei einem Streit um die Akteneinsicht in Prozessakten, die in Papierform geführt werden, bei der Zuständigkeit des für die [X.]ntscheidung über die Hauptsache zuständigen Spruchkörpers sowie der Beschwerdemöglichkeit nach § 128 Abs. 1 [X.]O bleibt. [X.]ine analoge Anwendung von § 78 Abs. 2 Satz 5 und 6 [X.]O im Rahmen dieser Vorschrift käme einer [X.]inschränkung prozessualer Rechte gleich, für die keine gesetzliche Grundlage erkennbar ist (vgl. für § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 1 und Satz 6 [X.]O [X.]-Beschluss vom 07.06.2021 - VIII B 123/20, [X.][X.] 272, 345, [X.] 2021, 915, Rz 13).

b) Da die Beiakten zur Prozessakte, um die es geht, tatsächlich nicht elektronisch geführt wurden und werden, richtet sich der Akteneinsichtsanspruch des Antragstellers, auch soweit er als Art der Akteneinsicht die Fertigung und Aushändigung einer [X.] --und zu diesem Zwecke die [X.] begehrt, insgesamt nach § 78 Abs. 3 [X.]O. Dann ist die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 1 [X.]O statthaft. [X.]in [X.] besteht nicht. Soweit der geltend gemachte Anspruch nicht auf das Akteneinsichtsrecht, sondern auf den Anspruch auf Rückgabe der zu Prüfungszwecken ausgehändigten Unterlagen gestützt wird, ist § 78 [X.]O nicht einschlägig und bleibt es ohnehin bei § 128 Abs. 1 [X.]O.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Fertigung und Aushändigung der begehrten [X.], weder als eine Form von Akteneinsicht (dazu a) noch aufgrund eines etwaigen Anspruchs auf Herausgabe der betreffenden Ordner (dazu b).

a) [X.]s besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht in der begehrten Art und Weise. [X.]ine [X.] hat das [X.] zum Zwecke der Akteneinsicht nicht zu fertigen und folglich auch nicht dem Antragsteller zu überlassen.

aa) Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen eine vom [X.] getroffene, die Fertigung einer [X.] ablehnende [X.]ntscheidung ist der [X.] nicht auf eine Überprüfung der [X.]rmessensentscheidung des [X.] beschränkt. § 102 [X.]O gilt nur für die gerichtliche Überprüfung von [X.]rmessensentscheidungen von Behörden, nicht dagegen für eine solche gerichtlicher [X.]ntscheidungen. Demzufolge ist der [X.] als Beschwerdegericht selbst Tatsachengericht und somit gehalten, eigenes [X.]rmessen auszuüben. [X.] Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der Beschwerde ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (vgl. nur [X.]-Beschluss vom [X.], [X.]/NV 2022, 1074, Rz 29, m.w.[X.]).

bb) Der Anspruch auf Akteneinsicht nach § 78 Abs. 3 [X.]O vermittelt keinen zusätzlichen Anspruch darauf, dass das [X.] die tatsächlich in Papierform vorgelegten Akten digitalisiert und dem Antragsteller in Form einer [X.] übergibt.

(1) Der Anspruch auf Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren ergibt sich aus § 78 [X.]O. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]O können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. Das Verfahren zur [X.]insichtnahme in diese Akten regeln § 78 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]O. [X.]in Anspruch darauf, dass das [X.] eine tatsächlich in Papierform vorliegende Akte digitalisiert und als [X.] übersendet, ergibt sich aus Wortlaut und Systematik der § 78 Abs. 2, 3 [X.]O nicht.

(a) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt (§ 78 Abs. 2 Satz 1 [X.]O). Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch [X.]insichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt (Satz 2). [X.]in Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt (Satz 3). Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden (Satz 4).

(b) Werden die Prozessakten dagegen in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch [X.]insichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt (§ 78 Abs. 3 Satz 1 [X.]O). Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden (Satz 2). [X.]ine [X.]ntsprechung zu § 78 Abs. 2 Satz 3 [X.]O fehlt.

(c) Der Begriff der "Prozessakten" im Sinne von § 78 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]O umfasst dabei nicht nur die Gerichtsakte, sondern auch die dem Gericht von der beteiligten Finanzbehörde nach § 71 Abs. 2 [X.]O vorgelegten Behördenakten (vgl. nur [X.]-Beschluss vom [X.], [X.]/NV 2022, 1074, Rz 21, m.w.[X.]). Dazu gehören auch die bei den Akten der Finanzbehörde befindlichen Urkunden und Beweismittel, die im Klageverfahren von Bedeutung sein können (vgl. bereits Urteil des [X.] Rheinland-Pfalz vom 16.09.1991 - 5 K 2156/90, [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 1992, 175, Leitsatz 1; [X.], [X.]O § 71 Rz 37; [X.] in Tipke/[X.], § 71 [X.]O Rz 5). Damit sind Teil der Behördenakten und folglich auch der Prozessakten im Sinne des § 78 [X.]O vorliegend auch die [X.], die der Antragsteller selbst ursprünglich dem Prüfer des [X.] übergeben hatte.

(d) Form und Ort der Akteneinsicht werden dabei durch § 78 Abs. 2 und 3 [X.]O in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung ausdrücklich geregelt. Sie hängen also davon ab, ob die Prozessakten elektronisch oder in Papierform geführt werden (vgl. nur [X.]-Beschluss vom 06.09.2019 - III B 38/19, [X.]/NV 2020, 91, Rz 8). Werden sie teilweise elektronisch, teilweise in Papierform geführt, ist auch für die Art der Akteneinsicht danach zu differenzieren, auf welchen Aktenteil das Begehren sich bezieht. Werden Behördenakten als Teil der Prozessakten, wie hier, in Papierform geführt, ist somit die Akteneinsicht nach § 78 Abs. 3 Satz 1 [X.]O durch [X.]insichtnahme in die Akten in Diensträumen zu gewähren. [X.]ine Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts auf einem sicheren Übermittlungsweg liegt nach § 78 Abs. 3 Satz 2 [X.]O allein im [X.]rmessen des Gerichts, soweit nicht gewichtige Gründe entgegenstehen. Anders als im Fall elektronisch geführter Akten gemäß § 78 Abs. 2 Satz 3 [X.]O sieht das Gesetz in § 78 Abs. 3 [X.]O die Übermittlung eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akten allerdings gerade nicht vor. Schon aus diesem Grunde ist ein [X.] jedenfalls nicht verpflichtet, eine [X.] zu erstellen (vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom [X.]132/19, [X.]/NV 2020, 377, Rz 26 und [X.]-Beschluss vom 04.07.2019 - VIII B 51/19, [X.]/NV 2019, 1235, Rz 16, m.w.[X.]). [X.]ine generelle Pflicht hierzu ergibt sich auch aus § [X.] Abs. 1a [X.]O schon deshalb nicht, weil danach die Finanzgerichte erst ab dem 01.01.2026 verpflichtet sind, die Prozessakten elektronisch zu führen (so zutreffend auch schon [X.]-Beschluss vom 06.09.2019 - III B 38/19, [X.]/NV 2020, 91, Rz 10).

(e) Ob im [X.]inzelfall bei einem berechtigten Interesse des Antragstellers dennoch eine Bereitstellung des Inhalts der Akte als [X.] geboten erscheinen kann oder wenigstens das [X.] eine [X.]rmessensentscheidung über eine solche Form der Akteneinsicht zu treffen hat, ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

Der Antragsteller hat ein solches berechtigtes Interesse nicht dargelegt. [X.]r geht allein darauf ein, dass er sich ansonsten nicht gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung wehren könne. Warum dies --sofern es im Besteuerungsverfahren relevant ist-- nur durch Übergabe einer [X.] möglich sein soll, legt er nicht dar. Vielmehr verweist er vor allem darauf, dass nach seiner Ansicht aufgrund der Beendigung der Außenprüfung die von ihm dem Prüfer übergebenen Belege zumindest in elektronischer Form zu übergeben seien. Unklar bleibt auch sein weiterer Vortrag, warum er die von ihm für notwendig erachtete Geldverkehrsrechnung nur mit Hilfe der [X.] und nicht mit Hilfe von Fotokopien aus den Akten erstellen könne. Im Übrigen besteht auch im Fall von Prozessakten in Papierform gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 [X.]O die Möglichkeit für die Beteiligten, sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen zu lassen. Dabei ist, soweit etwa aufgrund eines Beraterwechsels ein Interesse an einer "Gesamtkopie" besteht, der Bedarf für eine sachgerechte Prozessführung vom Antragsteller substantiiert und nachvollziehbar darzulegen (vgl. zu den Voraussetzungen im [X.]inzelnen Senatsbeschluss vom 05.05.2017 - X B 36/17, [X.]/NV 2017, 1183, Rz 15). Nichts anderes kann gelten, wenn es um eine elektronische "Gesamtkopie" geht. Allein auf die beschränkte [X.] im Strafverfahren zu verweisen, ist nicht ausreichend. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unkonkret ist, ist der für die Verteidigung im Strafverfahren notwendige Rechtsschutz dort zu suchen. Die Akteneinsicht beim [X.] dient lediglich dazu, das rechtliche Gehör im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu wahren.

Unerheblich ist, ob und inwieweit die Fertigung von Kopien das Gericht zeitlich mehr bindet als die Fertigung einer [X.]. Denn dies ist eine Abwägung, die, sollte § 78 Abs. 3 Satz 2 [X.]O dem [X.] überhaupt ein entsprechendes [X.]rmessen eröffnen, das [X.] allein vorzunehmen hat.

(2) Aus dem Gesetzgebungsverfahren und dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 78 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]O lässt sich kein abweichendes [X.]rgebnis herleiten.

(a) Das Gesetzgebungsverfahren macht klar erkennbar, dass zwischen elektronisch geführten Prozessakten (§ 78 Abs. 2 [X.]O) und Papierakten (§ 78 Abs. 3 [X.]O) zu unterscheiden ist. Diese Trennung der Verfahrensabläufe ist in dieser Form aufgrund des Gesetzes zur [X.]inführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 ([X.], 2208) nicht nur in § 78 [X.]O neu in das Recht der Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren eingefügt worden. Auch die übrigen Verfahrensordnungen unterscheiden klar zwischen der Akteneinsicht in elektronische Akten und Papierakten. Die Verfahrensregelungen für die Akteneinsicht sind als Folge der Verpflichtung zur Führung elektronischer Akten auf Vorschlag des [X.] des [X.] erweitert (Bericht und Beschlussempfehlung vom 28.04.2017, BTDrucks 18/12203, S. 1 f., 47 ff., 51 ff., 55 ff.) in die Finanzgerichtsordnung eingefügt worden. Dabei wurde auf die Begründungen der entsprechenden Regelungsentwürfe zu § 299 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 32f der Strafprozessordnung ([X.]) verwiesen, ohne auf Besonderheiten der [X.] einzugehen (BTDrucks 18/12203, S. 90 zu § 78 [X.]O). § 32f [X.] sieht in Absatz 1 die Akteneinsicht im Fall einer elektronischen Akte und in Absatz 2 die Akteneinsicht in eine Papierakte vor, wobei § 32f Abs. 2 Satz 2 a.[X.]. [X.] anders als § 78 Abs. 3 Satz 2 [X.]O auch die Gewährung einer Aktenkopie zur Mitnahme zulässt. [X.]ine solche Mitnahme sieht § 299 ZPO nicht vor, der nunmehr in Absatz 3 den Fall der elektronisch geführten Prozessakte gesondert regelt.

(b) Die in § 78 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]O eingeführten unterschiedlichen Verfahrensregeln machen deutlich, dass eine der jeweiligen Aktenführung angepasste Art der Akteneinsicht gewollt ist, die bei angemessenem Aufwand für das Gericht wie für die Beteiligten eine Akteneinsicht leicht und einfach gewährleistet. Auch danach ist es sachgerecht, dass der Inhalt von Prozessakten in Papierform nicht zwingend elektronisch zur Verfügung gestellt werden muss. Dies wäre erheblicher Mehraufwand für das [X.].

(3) [X.]twas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das [X.] vorliegend bereits am ersetzenden Scannen im Sinne des § [X.] Abs. 6 Satz 1 [X.]O teilnimmt. Dieses umfasst zwar die vom [X.] eingereichten Schriftsätze, nicht jedoch die Behördenakten, denn Prozessakten im Sinne des § [X.] [X.]O sind --anders als im Sinne des § 78 [X.]O-- nur die Gerichtsakten selbst.

cc) [X.]in Anspruch des Antragstellers, eine [X.] zu erhalten, lässt sich schließlich auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sowie aus Art. 103 Abs. 1 GG herleiten.

(1) Grundsätzlich kann der Anspruch des Prozessbeteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie aus der zu beachtenden Waffengleichheit der Beteiligten und dem damit umfassenden Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG es rechtfertigen, über den Wortlaut hinaus die Möglichkeit anzubieten, eine [X.] zu erstellen. Dies wird sich aber, ähnlich wie im Fall der Akteneinsicht in die Akten außerhalb von Diensträumen (§ 78 Abs. 3 Satz 1 [X.]O, vgl. dazu nur Senatsbeschuss vom [X.]132/19, [X.]/NV 2020, 377, Rz 15, m.w.[X.]), auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränken.

(2) Nach diesem Maßstab kommt die Fertigung einer [X.] nicht in Betracht. Denn dem Antragsteller ist es nicht gelungen, eine Ausnahmesituation aufzuzeigen. Weder hat er dargelegt, warum er sich nicht durch die bereits erfolgte [X.]insichtnahme in den Diensträumen des [X.] Düsseldorf einen Überblick über den Steuerfall verschaffen konnte, noch hat er nachvollziehbar erläutert, warum nicht Kopien, insbesondere solche aus dem dünnen Ordner mit den aus Sicht des Prüfers auffälligen Belegen, ausgereicht hätten, den [X.] zu begründen. Die Behauptung des Antragstellers, nur im Fall der Übergabe einer [X.] sachgerecht vortragen zu können, reicht allein jedenfalls nicht aus, um eine über den Wortlaut hinausgehende Ausnahme von den Regelungen in § 78 Abs. 3 [X.]. § 78 Abs. 1 [X.]O zu rechtfertigen.

b) Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er habe einen Anspruch auf Rückgabe der Unterlagen, lässt sich auch hieraus kein Anspruch auf Fertigung und Aushändigung einer [X.] herleiten. Das [X.] ist grundsätzlich nur verpflichtet, die Akteneinsicht in die ihm übermittelten Behördenakten nach Maßgabe des § 78 [X.]O zu gewährleisten und diese Akten dem [X.] nach [X.]nde der Gerichtsverfahren zurückzugeben. [X.]s kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, wie vorzugehen ist, wenn das [X.] während der Außenprüfung die vorgelegten Unterlagen gegen die eigentlich vorgesehene Verfahrensweise nicht für die Handakte des Prüfers fotokopiert und herausgegeben (vgl. zur Belegvorlagepflicht während der Außenprüfung nach § 200 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung --AO-- [X.]. § 97 Abs. 1 Satz 1 AO Schallmoser in [X.]/[X.]/[X.], § 200 AO Rz 47, m.w.[X.]), sondern einbehalten und dem [X.] vorgelegt hat. Selbst wenn der Antragsteller aus diesem Vorgang Rechte gegenüber dem [X.] sollte geltend machen können, wären diese allenfalls darauf gerichtet, gerade diese einbehaltenen Unterlagen --gegebenenfalls über das [X.]-- herauszugeben oder an der Herausgabe mitzuwirken. Die Fertigung und Aushändigung einer [X.] ist nicht als Weniger in etwaigen auf Herausgabe zielenden Ansprüchen enthalten, sondern etwas anderes. Das zeigt sich gerade daran, dass das [X.] für die Digitalisierung der Unterlagen Aufwand betreiben müsste, den es für die Herausgabe nicht betreiben muss.

3. [X.] ergibt sich aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X B 35/23 (AdV)

30.10.2023

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 1. März 2023, Az: 7 V 2927/22 E, G, U, Beschluss

§ 52b FGO vom 05.07.2017, § 78 FGO, § 200 Abs 1 S 1 AO, § 78 Abs 3 FGO, § 78 Abs 2 S 3 FGO, § 78 Abs 2 S 5 FGO, § 78 Abs 2 S 6 FGO, § 128 Abs 1 FGO, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 5 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.10.2023, Az. X B 35/23 (AdV) (REWIS RS 2023, 7741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7741

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