Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.05.2018, Az. 3 C 25/16

3. Senat | REWIS RS 2018, 8721

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Gegenstand

Kostenpflichtige Abschleppmaßnahme bei kurzfristig aufgestellten Haltverbotsschildern erst nach Vorlaufzeit von drei vollen Tagen


Leitsatz

Ist ein ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Haltverbotszone abgeschleppt worden, muss der Verantwortliche die Kosten nur tragen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde. Eine stundenscharfe Berechnung des Vorlaufs findet nicht statt.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Länge der Vorlaufzeit, die Voraussetzung der kostenrechtlichen Inanspruchnahme des Fahrzeugverantwortlichen für eine Abschleppmaßnahme bei nachträglich angeordneten Haltverboten ist.

2

Die Klägerin stellte ihren Personenkraftwagen nach eigenen Angaben am 19. August 2013 auf einer öffentlichen Straße in [X.] vor dem Nachbarhaus ihrer Wohnung ab und flog anschließend in den Urlaub. Am Vormittag des 20. August 2013 stellten Mitarbeiter eines privaten Umzugsunternehmens - auf der Grundlage einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung der beklagten [X.] vom 15. August 2013 - in dem betreffenden Straßenabschnitt zur Vorbereitung eines Umzugs zwei mobile [X.] für den Zeitraum vom 23. bis zum 24. August, jeweils von 7:00 bis 18:00 Uhr, auf. Das Fahrzeug der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits im Bereich der eingerichteten Haltverbotszone geparkt. Am 23. August 2013 um 13:43 Uhr veranlasste ein Mitarbeiter der beklagten [X.], nachdem er mehrfach erfolglos an der Wohnung der Klägerin geklingelt hatte, dass das Fahrzeug von einem Abschleppunternehmen auf dessen Betriebshof geschleppt wurde. Dort holte es die Klägerin am 5. September 2013 gegen Zahlung von 176,98 € für Abschlepp- und Verwahrungskosten ab. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2013 setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 62 € fest.

3

Die auf Erstattung der an den [X.] gezahlten Kosten und Aufhebung des [X.] gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Verkehrsschilder seien gut erkennbar aufgestellt und das Haltverbot damit wirksam bekanntgegeben worden. Die Abschleppmaßnahme sei erforderlich gewesen, um die blockierte Fläche für die mit der temporären Verkehrsregelung bezweckte Durchführung der Umzugsarbeiten freizugeben und die eingetretene Behinderung der Umzugsarbeiten zu beenden. [X.] Mittel zur Störungsbeseitigung hätten nicht bestanden, weil die in unmittelbarer Nähe wohnende Klägerin nicht erreichbar gewesen sei. Auch die Kostenbelastung der Klägerin sei nicht unangemessen. Der Umstand, dass [X.] erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs aufgestellt worden seien, stehe der Verhältnismäßigkeit der Belastung des Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs aus dem Haltverbot im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der [X.] und der Abschleppmaßnahme - wie hier - eine Frist von 48 Stunden verstrichen sei. Aus der Rechtsprechung des [X.] folge nichts anderes. Dieser lasse sich nicht entnehmen, dass die gebilligte Vorlaufzeit von drei vollen Tagen als zwingend einzuhaltende Mindestvorlauffrist verstanden werden müsse. Eine Frist von 48 Stunden sei grundsätzlich ausreichend, um den Fahrzeughalter vor einer überraschenden Abschleppmaßnahme zu bewahren. Nur so könne auch eine hinreichend flexible Reaktionsmöglichkeit der Straßenverkehrsbehörden gewährleistet werden.

4

Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

5

Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des [X.] verletzt [X.]recht (1.). Zutreffend und in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Straßenverkehrs-Ordnung hat das [X.]erufungsgericht zwar entschieden, dass mit der ordnungsgemäßen Aufstellung der Verkehrszeichen das Haltverbot auch gegenüber der abwesenden Klägerin wirksam geworden ist und die Abschleppmaßnahme auch im Übrigen rechtmäßig war (2.). Die Auffassung, der Verantwortliche müsse die Kosten des [X.] bereits dann tragen, wenn das Haltverbotsschild mit einem Vorlauf von 48 Stunden aufgestellt wurde, verstößt aber gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (3.).

7

1. Das [X.]erufungsurteil unterliegt sowohl hinsichtlich der Abschleppmaßnahme als auch in [X.]ezug auf die Kostenerstattung im nachfolgend dargelegten Umfang revisionsgerichtlicher Überprüfung.

8

a) Der Rechtsstreit betrifft eine auf landesrechtliche Gebühren- und Verwaltungsvollstreckungsvorschriften gestützte Zahlungspflicht für eine auf Grundlage des Landespolizeirechts durchgeführte Abschleppmaßnahme. Der Prüfungsmaßstab revisionsgerichtlicher Kontrolle ist daher eingeschränkt.

9

Neben den auf [X.]recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) beruhenden Fragen zur Aufstellung des mobilen [X.] (Nr. 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 St[X.]) kann die Revision auch auf die Verletzung der Vorschriften zu [X.]ekanntgabe und Wirksamkeit von Verwaltungsakten nach §§ 41, 43 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das [X.] - VwVfG NW gestützt werden, weil diese mit dem Wortlaut des Verwaltungsverfahrensgesetzes des [X.] übereinstimmen (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Ebenfalls [X.] ist der bundesverfassungsrechtliche Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der im Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG verankert ist und als "unübersteigbare bundesrechtliche Grenze" auch das auf Landesrecht beruhende Verwaltungshandeln bindet (Eichberger/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier , VwGO, [X.]and 2, Stand: Juni 2017, § 137 Rn. 70; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 18. Februar 2002 - 3 [X.] 149.01 - [X.]uchholz 442.151 § 12 St[X.] Nr. 10 S. 1 für die Kostenerstattung nach einer Abschleppmaßnahme).

b) Nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zum maßgeblichen Landesrecht sieht § 77 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das [X.] - VwVG NW i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 7 Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - [X.] VwVG NW) eine Ermächtigung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für das Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeugs vor. Entsprechendes gilt nach § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 des Polizeigesetzes des [X.] - [X.] NW i.V.m. § 77 Abs. 1 VwVG NW, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 bzw. 8 [X.] VwVG NW für den Anspruch auf Auslagenerstattung der an den [X.] gezahlten Kosten.

Als Fortführung der materiellen Polizeipflicht setzt die Kostentragungspflicht ein rechtmäßiges Polizeihandeln voraus. Hiervon ist auch das [X.]erufungsurteil zutreffend ausgegangen. Sofern die der Kostenerstattung oder Gebührenerhebung zugrunde liegende Maßnahme nicht auf einem bestandskräftigen [X.]escheid oder auf einem rechtskräftigen Urteil beruht, muss bei der gegen die Kostentragung gerichteten Klage gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG daher auch die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung überprüft werden.

2. [X.]rechtliche [X.]edenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme bestehen nicht.

a) Voraussetzung für das Abschleppen des Fahrzeugs aus einer Haltverbotszone und der daran anknüpfenden Gebührenerhebung und Kostenerstattung ist zunächst, dass das durch die Abschleppmaßnahme vollstreckte Haltverbot wirksam bekannt gemacht worden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 [X.] 10.15 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:060416U3[X.]10.15.0] - [X.]VerwGE 154, 365 Rn. 10).

Nach der Rechtsprechung des [X.]verwaltungsgerichts ist das mobile Haltverbotsschild nach Zeichen 283 (Nr. 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 St[X.]) wie jedes andere Verkehrszeichen ein Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG. Es enthält nicht nur das Verbot, an der gekennzeichneten Stelle zu halten, sondern zugleich ein - entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO sofort [X.] - [X.] ([X.]VerwG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 11 [X.] 32.92 - [X.]uchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 255 S. 87 f.).

Die [X.]ekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung durch Aufstellung des Verkehrszeichens (vgl. § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 4 St[X.]); dies ist eine besondere Form der öffentlichen [X.]ekanntgabe ([X.]VerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 [X.] 10.15 - [X.]VerwGE 154, 365 Rn. 16). Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 St[X.] erforderlichen Sorgfalt schon "mit einem raschen und beiläufigen [X.]lick" erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Sie entfalten ihre Rechtswirkungen für den Halter deshalb auch dann, wenn die Verkehrsregelung in dem Zeitpunkt noch nicht bestand, als das Fahrzeug abgestellt wurde (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 [X.] 15.95 - [X.]VerwGE 102, 316 <318 f.>). [X.]ei Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr regeln, gehört zu der nach § 1 St[X.] erforderlichen Sorgfalt des Fahrers eine einfache Umschau nach dem Verlassen seines Fahrzeugs ([X.]VerwG, Urteil vom 6. April 2016 - 3 [X.] 10.15 - [X.]VerwGE 154, 365 Rn. 19).

In Übereinstimmung mit diesen Rechtsgrundsätzen ist das [X.]erufungsgericht davon ausgegangen, dass das Haltverbot mit der ordnungsgemäßen Aufstellung der Verkehrszeichen auch gegenüber der im Urlaub befindlichen Klägerin wirksam bekanntgegeben worden ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen im [X.]erufungsurteil - die den bei den Akten befindlichen Lichtbildern entsprechen und nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind - waren die Haltverbotsschilder so aufgestellt, dass sie in beide Fahrtrichtungen auf den ersten [X.]lick erkennbar waren.

b) Sonstige [X.]edenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme sind weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar.

Insbesondere ist die Abschleppmaßnahme mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Nach den tatsächlichen Feststellungen im [X.]erufungsurteil war eine konkrete [X.]ehinderung der Umzugsarbeiten bereits eingetreten, sodass die Entfernung des Fahrzeugs zur Erreichung des mit der Einrichtung der temporären Haltverbotszone angestrebten Zwecks erforderlich war (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 18. Februar 2002 - 3 [X.] 149.01 - [X.]uchholz 442.151 § 12 St[X.] Nr. 10 S. 2). Mildere Mittel als die angeordnete Abschleppmaßnahme standen nicht zur Verfügung, nachdem die [X.] zu der Klägerin nicht erfolgreich waren (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 9. April 2014 - 3 [X.] 5.13 - [X.]VerwGE 149, 254 Rn. 16 f.).

3. Eine kostenrechtliche Inanspruchnahme des [X.]n ist aber erst am vierten Tage nach der Aufstellung des Haltverbotszeichens möglich.

a) Aus der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme folgt grundsätzlich die Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen. Dies gilt auch für die unmittelbar an den [X.] geleistete Zahlung, die ihren Rechtsgrund in den landesrechtlichen Vorschriften zur Kostenerstattung findet ([X.]GH, Urteil vom 26. Januar 2006 - [X.]/03 - NVwZ 2006, 964 Rn. 16 f.).

Ausnahmen hiervon sind aber geboten, wenn ein Fahrzeug ursprünglich ordnungsgemäß und erlaubt geparkt wurde und sich die Verkehrslage durch das Aufstellen neuer Verkehrszeichen erst nachträglich ändert. Die Rechtsordnung gewährt zwar grundsätzlich keinen Schutz der allgemeinen Erwartung, die geltende Rechtslage werde zukünftig unverändert fortbestehen. Knüpfen künftige Rechtsfolgen aber an zurückliegende Sachverhalte an, muss das betätigte Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden (stRspr, vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 [X.]vL 6/07 - [X.]VerfGE 132, 302 Rn. 46 m.w.N.).

Diese Abwägung hat einerseits die berechtigten Interessen des [X.]n in den [X.]lick zu nehmen. Grundsätzlich ist das Parken von zugelassenen und betriebsbereiten Fahrzeugen auch dauerhaft und auf öffentlichem Straßengrund erlaubt ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 9. Oktober 1984 - 2 [X.]vL 10/82 - [X.]VerfGE 67, 299 <326>). Hierauf sind insbesondere diejenigen Fahrzeughalter angewiesen, die nicht über eine eigene Garage oder einen privaten Stellplatz verfügen (vgl. [X.], Urteil vom 17. April 2008 - 10 [X.] 08.449 - [X.]ayV[X.]l 2009, 21 Rn. 18). Auch der ruhende Verkehr ist vom Gemeingebrauch erfasst und straßenverkehrsrechtlich zugelassen ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 [X.] 15.95 - [X.]VerwGE 102, 316 <320>). Andererseits muss ein Verkehrsteilnehmer stets mit Situationen rechnen, die eine kurzfristige Änderung der bestehenden Verkehrsregelungen erforderlich machen. Das Vertrauen in die Möglichkeit des dauerhaften Parkens eines Fahrzeugs an einer konkreten Stelle im öffentlichen Verkehrsraum ist wegen der im Straßenverkehr erforderlichen gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 1 St[X.]) von vornherein beschränkt. Der [X.] ist als Inhaber der Sachherrschaft über das an der betreffenden Stelle geparkte Fahrzeug verpflichtet, angemessene Vorsorge für den Fall einer Änderung der Verkehrslage zu treffen.

b) Das [X.]verwaltungsgericht hat eine Vorlaufzeit von drei vollen Tagen gebilligt und eine Kostenbelastung für Abschleppmaßnahmen am vierten Tag nach der Aufstellung des Verkehrszeichens als verhältnismäßig erachtet ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 [X.] 15.95 - [X.]VerwGE 102, 316 <320>).

Im [X.] hieran ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung für die Auferlegung einer Kostentragungspflicht überwiegend eine Mindestvorlaufzeit von drei vollen Tagen verlangt worden (vgl. OVG [X.]autzen, Urteil vom 23. März 2009 - 3 [X.] 891/06 - NJW 2009, 2551 <2552>; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2008 - 3 [X.]f 116/08 - [X.] 2009, 156 <157>; [X.], Urteil vom 17. Dezember 1996 - 11 UE 2403/96 - juris Rn. 25; [X.], Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 S 822/05 - NJW 2007, 2058 <2059>; [X.], Urteil vom 17. April 2008 - 10 [X.] 08.449 - [X.]ayV[X.]l 2009, 21 Rn. 19).

c) Den hiergegen vom [X.]erufungsgericht vorgetragenen Einwänden folgt der erkennende Senat nicht.

Entgegen der im [X.]erufungsurteil vertretenen Auffassung ist ein kurzfristig angeordnetes Haltverbot nicht regelmäßig der Risikosphäre des [X.]n zuzuordnen. Die Notwendigkeit, Haltverbote anzuordnen, kann sich durchaus kurzfristig ergeben, etwa wenn die Verkehrsfläche wegen eines Rohrbruchs oder für Straßenarbeiten in Anspruch genommen werden muss. Derartige Gründe stammen aber nicht aus der Verantwortungs- oder Risikosphäre des Fahrzeughalters. Dies gilt erst recht bei einer für eine private Sondernutzung angeordneten Haltverbotszone, wie etwa zur Durchführung eines Straßenfestes oder - wie hier - zur Erleichterung von Umzügen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Verkürzung der [X.] auf 48 Stunden zur Gewährleistung einer hinreichend flexiblen Handlungsmöglichkeit der Straßenverkehrsbehörden erforderlich sein könnte. Zum Einen ist die Möglichkeit, erforderliche Gefahrenabwehrmaßnahmen (auf der Primärebene) tatsächlich durchführen zu können, nicht von der Frage abhängig, von wem (auf der [X.]) die Kosten hierfür getragen werden müssen. Zum Anderen ist nicht ersichtlich, dass die seit vielen Jahren in den meisten [X.]ländern praktizierte [X.] von drei vollen Tagen zu [X.] geführt hätte. Die Erforderlichkeit von [X.] - etwa aus Anlass von [X.]auarbeiten, Straßenfesten oder Umzügen - ist regelmäßig auch im großstädtischen Raum deutlich vorher bekannt ([X.], Urteil vom 17. April 2008 - 10 [X.] 08.449 - [X.]ayV[X.]l 2009, 21 Rn. 18). Im vorliegenden Fall datiert die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung der Haltverbotszone vom 15. August 2013, der Antrag dürfte noch deutlich vorher bei der [X.]eklagten eingegangen sein.

Ausreichende Gründe, den [X.]n mit einer Obliegenheit zu belasten, alle 48 Stunden nach dem abgestellten Fahrzeug zu sehen und ggf. Vorsorge durch die [X.]eauftragung anderer Personen zu treffen, bestehen damit nicht. Angemessen ist vielmehr ein Mindestvorlauf von drei vollen Tagen. Nur ein solcher Vorlauf deckt auch eine typische Wochenendabwesenheit ab.

d) [X.]ei der [X.]erechnung der Vorlaufzeit hat im Interesse der Rechtsklarheit und einer praktikablen Handhabung, eine Differenzierung nach Wochentagen oder Ferienzeiten grundsätzlich zu unterbleiben. Auch an Sonn-, Feier- oder Ferientagen kommt der Straßenverkehr nicht zum Erliegen; teilweise gestaltet sich die Parkplatzsituation in diesen Zeiten vielmehr als besonders problematisch.

Aus denselben Gründen findet auch eine stundenscharfe [X.]erechnung (vgl. hierzu OVG [X.]erlin-[X.]randenburg, [X.]eschluss vom 7. Februar 2018 - 1 [X.] 12.16 - juris Rn. 21) mit den hieraus folgenden [X.] nicht statt. Ein derart kleinteiliger Maßstab erscheint für die [X.]ewältigung solcher Vorgänge des täglichen Lebens nicht angemessen.

e) Eine Kostenpflicht der Klägerin entspricht danach erst für eine Abschleppmaßnahme am vierten Tage nach der Aufstellung der Haltverbotsschilder den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Hier waren die Verkehrszeichen nur mit einem Vorlauf von 72 Stunden, nicht aber von drei vollen Tagen aufgestellt worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

3 C 25/16

24.05.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. September 2016, Az: 5 A 470/14, Urteil

Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 12 StVO, § 41 Abs 1 Anl 2 Nr 62 StVO, § 45 Abs 4 StVO, § 35 S 2 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.05.2018, Az. 3 C 25/16 (REWIS RS 2018, 8721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8721

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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