Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2013, Az. 3 StR 205/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3920

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 205/13
vom
23. Juli 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren Raubes
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 23.
Juli 2013 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1.
Februar 2013,
soweit es den Ange-klagten R.

betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Strafausspruch,
b) soweit das [X.] keine Entscheidung über die [X.] in einer Entziehungsanstalt getrof-fen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten R.

-
unter Freisprechung im Übrigen -
wegen schweren Raubes, schwerer räuberischen Erpressung und versuchter schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zur Jugendstrafe 1
-
3
-
von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sach-lichen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig (§
344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.

1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des [X.] erbracht. Auch die Annahme des [X.]s, der Angeklagte sei
in den Fällen [X.] und 5. der Urteilsgründe, in denen er jeweils wegen versuch-ter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden ist, nicht gemäß §
24 StGB strafbefreiend von der versuchten Tat zurückgetreten, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Das [X.] hat insoweit festgestellt:

Im Fall [X.] der Urteilsgründe überfielen der Angeklagte und die drei Mitangeklagten ein Imbisslokal. Einer der Täter bedrohte die anwesende Reini-gungskraft mit einer ungeladenen Selbstladepistole, ein
anderer forderte sie auf, die Kasse zu öffnen und schob sie in deren Richtung. Noch bevor dieser Täter mit der Reinigungskraft die Kasse erreicht hatte, betrat der kurz abwe-sende [X.] das Lokal, worauf nun der Täter mit der Waffe diesen [X.] und sein Tatgenosse äußerte: "Geld raus". Der [X.] antworte-die Angeklagten zügig aus dem Lokal, verschwanden in eine seitlich [X.] und fuhren mit einem Auto davon.

2
3
4
-
4
-
Im Fall [X.] 5. der Urteilsgründe überfielen der Angeklagte und zwei [X.] einen Imbiss. Nachdem der Angeklagte zwei Gäste des Lokals ver-geblich mit einer ungeladenen Selbstladepistole bedroht hatte, einer der beiden auf seine Forderung:
"Geld her" nicht wie gewollt reagiert und der [X.] die drei Täter mit den Worten "raus" und "ihr habt wohl ne Macke" [X.] hatte, verließen die Täter das Lokal und rannten davon.

b) In beiden Fällen hat das [X.] einen fehlgeschlagenen Versuch angenommen. Dies lässt bei einer Gesamtschau der Urteilsgründe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.

Ein Versuch ist fehlgeschlagen und damit ein strafbefreiender Rücktritt nicht mehr möglich, wenn der Täter nach der letzten Ausführungshandlung entweder erkennt, dass der erstrebte [X.] im unmittelbaren Handlungsfort-gang unter Einsatz der zur Hand liegenden Tatmittel objektiv nicht mehr er-reicht werden kann, oder wenn er dies zumindest subjektiv nicht mehr für mög-lich hält. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dagegen nicht vor, wenn der Täter nach anfänglichem [X.] des vorgestellten Tatablaufes unmittelbar zu der Annahme gelangt, er könne ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat noch vollenden (s. nur [X.], [X.] vom 19.
Mai 1993 -
GSSt 1/93, [X.]St 39, 221, 228 mwN). [X.] ist danach nicht, ob der Angeklagte seinen ursprünglichen [X.] nicht verwirklichen konnte, sondern ob ihm -
infolge einer Veränderung der Hand-lungssituation oder aufkommender innerer Hemmungen -
das Erreichen seines Zieles nicht mehr möglich erschien (vgl. [X.], aaO). War der Angeklagte aber noch "Herr seiner Entschlüsse", hielt er die Ausführung der Tat -
wenn auch mit anderen Mitteln -
noch für möglich, dann ist der Verzicht auf ein [X.] als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (vgl. [X.], Be-5
6
7
-
5
-
schluss vom 26.
September 2006 -
4 StR 347/06, [X.], 91). Der [X.] kann daher nur insoweit eine Rolle spielen, als eine vom Täter nach dem Scheitern seiner bisherigen Bemühungen erkannte Notwendigkeit, Tathandlung und -ablauf grundlegend zu ändern oder ein ganz anderes als das bisher ver-wendete Tatmittel einzusetzen, die Annahme eines Fehlschlags nahe legt (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
November 2007 -
2 StR 336/07, [X.], 393).

Diesen Maßstäben wird das [X.] letztlich gerecht. Zwar hat es seine Feststellung, der Angeklagte und seine jeweiligen Mittäter hätten ihr [X.] in beiden Fällen als fehlgeschlagen erachtet, wesentlich damit unterlegt, dass die als Drohmittel verwendeten ungeladenen Pistolen ihre beabsichtigte Wirkung verfehlt hätten, es der [X.]ung entsprochen habe, die Beute nur durch Drohung mit den Pistolen zu erlangen, und zur Überwindung etwaigen Widerstands deren anderweitiger Einsatz, etwa als Schlaginstrument, genauso wenig vorgesehen gewesen sei wie die Anwendung sonstiger Gewalt oder an-derweitiger Drohung. Indes wird aus der rechtlichen Würdigung des [X.]s hinreichend deutlich, dass es damit keinen falschen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt und den Fehlschlag der beiden Versuchstaten allein aus dem [X.] des jeweiligen ursprünglichen [X.]s abgeleitet hat; denn es hat sich ausdrücklich auf das Urteil des 2. Strafsenats des [X.] vom 19.
Mai 2010 (2 [X.], [X.], 690, 691) bezogen, dem die oben zi-tierte (neuere) Rechtsprechung des [X.] zugrunde liegt. Daraus erhellt hinreichend, dass die Darlegungen des [X.]s zum [X.] des jeweiligen [X.]s nicht das allein tragende Element für die Annahme fehlgeschlagener Versuche benennen, sondern lediglich die nähere [X.] dafür liefern, warum den [X.] das Scheitern des Vorhabens klar war ([X.]) bzw. sie sofort erkannten, dass es "hier nichts zu holen gab" (UA S.
24), nämlich weil ihnen -
zumindest nach ihrer Vorstellung und subjektiven 8
-
6
-
Handlungsmöglichkeiten -
keine anderen Tatmittel zur Verfügung standen, die die Erlangung der erstrebten Beute noch
ermöglicht hätten.

2. Der Ausspruch über die Rechtsfolgen hält hingegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hat die Prüfung der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unter-lassen, obwohl
sich diese nach den Urteilsfeststellungen zum Konsum des [X.] von Alkohol und illegalen Drogen und dessen Auswirkungen auf-drängte. Dies führt hier auch zur Aufhebung der gegen den Angeklagten ver-hängten Jugendstrafe.

Das [X.] hat festgestellt, dass der zu den [X.] (22. bis 29.
April 2012) 17 Jahre alte Angeklagte etwa ab [X.] 2010 begann, Canna-bis zu rauchen, anfangs wöchentlich ein-
bis zweimal. Ab Anfang des Jahres 2011 konsumierte er regelmäßig Marihuana, wenn er Geld hatte täglich und bis zu zwei Gramm; er trank jetzt häufiger Alkohol, auch "schon mal" im Übermaß, aber nicht täglich. Bis zu zweimal wöchentlich nahm er neben dem Cannabis oder dem Alkohol auch Amphetamine ([X.]) und alle paar Tage auch Subutex zu sich und zwar nach
Zerreiben der Tabletten jeweils nasal. Zur Schuldfähig-keit des Angeklagten zu den [X.] hat die sachverständig beratene Ju-gendkammer festgestellt, dass sich die Rauschmittelkonsumgewohnheiten des Angeklagten zu einem Abhängigkeitssyndrom von multiplen
Substanzen ([X.] 10: [X.]) entwickelt habe. Im Rahmen der Strafzumessung hat das [X.] das Vorliegen schädlicher Neigungen des Angeklagten im Sinne von §
17 Abs. 2 JGG bejaht und dabei auch berücksichtigt, dass "er nach früh begonne-nem schädlichen Gebrauch in ein Rauschmittelkonsumverhalten abgeglitten" sei, das "bereits als Abhängigkeitssyndrom zu betrachten" sei.

9
10
-
7
-
Diese
Feststellungen und Wertungen legen es nahe, dass bei dem [X.] der Hang im Sinne von §
64 StGB gegeben ist, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Daher hätte das [X.] prüfen und [X.] müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des
Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind, zumal den Gründen des an-gefochtenen Urteils insgesamt nicht zu entnehmen ist, dass die weiteren Vo-raussetzungen der Unterbringung gemäß §
64 StGB nicht erfüllt sind.

Die Nachholung der Unterbringungsanordnung ist nicht deshalb ausge-schlossen, weil allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§
358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Umstand, dass die [X.] der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt den Angeklagten nicht beschwert, hindert das Revisionsge-richt nicht, auf eine zulässig erhobene -
und die Nichtanwendung des §
64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1992 -
2 StR 374/92, [X.]St 38, 362)
-
Revision des Angeklagten das Urteil insoweit aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 7.
Januar 2009 -
3 [X.], [X.]R
StGB §
64 Ablehnung 11 mwN).
Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklag-ten in einer Entziehungsanstalt nach §
64 StGB bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen

246a StPO).

Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt hier den Strafausspruch nicht unbe-rührt. Der [X.] kann unter den gegebenen Umständen nicht ausschließen, dass das [X.] bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungs-anstalt in Anwendung von §
5 Abs. 3 JGG davon abgesehen hätte, gegen den Angeklagten eine Jugendstrafe zu verhängen. Der neue Tatrichter wird daher 11
12
13
-
8
-
über den Strafausspruch und die Anordnung der Unterbringung des Angeklag-ten in einer Entziehungsanstalt erneut zu befinden haben.

[X.]Hubert Schäfer

Mayer Spaniol

Meta

3 StR 205/13

23.07.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2013, Az. 3 StR 205/13 (REWIS RS 2013, 3920)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3920

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 345/21 (Bundesgerichtshof)

Versuchter besonders schwerer Raub: Abgrenzung eines fehlgeschlagenen Versuchs vom freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch


4 StR 92/15 (Bundesgerichtshof)

Strafurteilurteilsinhalt: Notwendige Feststellungen zu einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in Anknüpfung an ein bewaffnetes Handeltreiben …


3 StR 257/09 (Bundesgerichtshof)


4 StR 92/15 (Bundesgerichtshof)


4 StR 36/14 (Bundesgerichtshof)

Besonders schwerer Raub: Ausschluss eines fehlgeschlagenen Versuchs bei zuvorigem Rücktritt


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 278/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.