Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2014, Az. 4 StR 36/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7227

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Besonders schwerer Raub: Ausschluss eines fehlgeschlagenen Versuchs bei zuvorigem Rücktritt


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Oktober 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Beanstandungen des Verfahrens und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat weitgehend Erfolg.

2

1. Der Schuldspruch hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

3

a) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen überfiel der Angeklagte ein [X.], wobei er dessen Inhaberin ein Messer vorhielt. Diese schlug ihm mit einem Kleiderbügel aus Metall auf die Hand und rannte in Richtung Ladentür, um zu flüchten. "Der Angeklagte lief hinter ihr her, entweder um sie an der Flucht zu hindern oder, um selbst zu flüchten." Vor Erreichen der Tür schlug die Ladeninhaberin nochmals mit dem Kleiderbügel gegen die Hand des Angeklagten, der daraufhin das Messer fallen ließ. Sodann lief die Zeugin aus dem Laden und rief um Hilfe. "Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte der Angeklagte, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr an das in der geschlossenen Kasse befindliche Geld gelangen konnte, ... weshalb er ebenfalls das [X.] verließ und flüchtete."

4

Einen strafbefreienden Rücktritt hat die [X.] abgelehnt, weil der Versuch spätestens in dem Moment fehlgeschlagen gewesen sei, als die Inhaberin des [X.]s durch die Eingangstür auf die Straße gelaufen sei und um Hilfe gerufen habe.

5

b) Diese Wertung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

6

Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach [X.] des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält (Senat, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 [X.], [X.], 156, 157 mwN). Jedoch liegt ein fehlgeschlagener Versuch nicht vor, wenn der Angeklagte bereits zuvor von dem - in diesem Zeitpunkt noch nicht fehlgeschlagenen - Versuch zurückgetreten war (vgl. [X.], Beschluss vom 29. September 2011 - 3 [X.], [X.], 263). Dies ist gegebenenfalls unter Anwendung des [X.] festzustellen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - 4 StR 25/03 [juris Rn. 4], und vom 13. Juni 2006 - 4 StR 67/06, [X.], 685).

7

Auf dieser Grundlage belegen die Feststellungen die Annahme eines den Rücktritt ausschließenden fehlgeschlagenen Versuchs nicht hinreichend. Denn danach ist möglich, dass der Angeklagte seinen [X.] bereits aufgegeben hatte, als er hinter der in Richtung Eingangstür flüchtenden Ladeninhaberin herlief. Dass er - worauf die [X.] ebenfalls abstellt ([X.] - dabei erkennen "musste", dass er die Tat mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln nicht mehr vollenden konnte, und er nicht davon ausgehen "konnte", ohne die Mithilfe der Zeugin an das Geld gelangen zu können, belegt nicht, dass die Voraussetzungen eines Fehlschlags tatsächlich gegeben waren, er also erkannt hat, dass die Tat objektiv nicht mehr vollendet werden kann, oder er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hielt.

8

2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils, jedoch können die zum äußeren Tathergang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben (vgl. [X.], [X.], 56. Aufl., § 353 Rn. 15).

9

Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

- Die beim Angeklagten festgestellte, die Prüfung von Schwachsinn nahe legende "mittelschwere Intelligenzminderung" - er verfügt über einen Intelligenzquotienten von 48 - kann für Rückschlüsse aus dem äußeren Tathergang auf die Vorstellungen des lediglich seine Anwesenheit am Tatort einräumenden Angeklagten insbesondere zur Aufgabe der Tatvollendung Bedeutung erlangen, selbst wenn die [X.] erneut zu einem uneingeschränkt erhalten gebliebenen [X.] und [X.] gelangen sollte.

- Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt kommt - unabhängig von den vom [X.] in der Antragsschrift vom 30. Januar 2014 aufgeworfenen Fragen - nur in Betracht, wenn die Therapie voraussichtlich innerhalb der Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB, mithin innerhalb von zwei Jahren, erfolgreich abgeschlossen werden kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12, NJW 2012, 2292; vom 17. Juli 2012 - 4 StR 223/12, [X.], 413 mwN). Die Feststellung des [X.]s zur erwarteten Therapiedauer von "mindestens" zwei Jahren belegt dies nicht.

Mutzbauer                       Roggenbuck                          Cierniak

                    Bender                               [X.]

Meta

4 StR 36/14

11.03.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Halle (Saale), 15. Oktober 2013, Az: 3 KLs 271 Js 5475/12 - 18/13

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 24 StGB, § 249 StGB, § 250 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2014, Az. 4 StR 36/14 (REWIS RS 2014, 7227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7227

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 36/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 233/08 (Bundesgerichtshof)


3 StR 120/22 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Mordversuch: Freiwilligkeit bei Ablassen von der "außertatbestandlichen Zielerreichung" zum Zwecke der Erreichung eines …


2 StR 353/17 (Bundesgerichtshof)

Versuchte gefährliche Körperverletzung: Strafbefreiender Rücktritt bei Erreichen eines außertatbestandlichen Ziels; Voraussetzungen der Annahme eines fehlgeschlagenen …


3 StR 338/10 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.