Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2000, Az. III ZR 258/99

III. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2289

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/99Verkündet [X.] Mai 2000F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] § 839 A; GG Art. 34Für Amtspflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden haftet ohne [X.], ob Träger der Beschäftigungsstelle ein Privatrechtssubjekt odereine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, die [X.].[X.], Urteil vom 11. Mai 2000 - [X.]/99 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.], [X.], Dr. [X.], [X.] [X.] Recht erkannt:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilse-nats des Oberlandesgerichts [X.] vom 4. August 1999wird zurückgewiesen.Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zutragen.Von Rechts wegen- 3 -TatbestandDie Klägerin parkte am 28. August 1996 ihren Pkw auf dem leicht ab-schüssigen Gelände des [X.], einer anerkannten [X.] für Zivildienstleistende in der Trägerschaft der [X.] In unmittelbarer Nähe des Kraftfahrzeugs der Klägerin stellte der im [X.] beschäftigte Zivildienstleistende [X.] ein Elektrofahrzeug des Heims ab.Nachdem er das Fahrzeug verlassen hatte, rollte es rückwärts und prallte ge-gen den Pkw der Klägerin. Wegen ihres Fahrzeugschadens hat die Klägerinihre Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen. Von der beklagten Bun-desrepublik [X.] begehrt sie Ersatz ihrer Selbstbeteiligung [X.] sowie eine Kostenpauschale von 50 DM, ferner die Feststellung, daßdie Beklagte ihr auch zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet sei. [X.] hat der Klage stattgeben. Die Berufung der Beklagten ist im [X.] erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.[X.] Revision hat keinen Erfolg.- 4 -I.Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Zivildienstlei-stende [X.] die Handbremse des Elektrofahrzeugs nicht vollständig angezogenund dadurch den Unfall fahrlässig verursacht. Das nimmt die Revision ebensohin wie die Berechnung des geltend gemachten Schadens. Rechtsfehler sindinsoweit auch nicht erkennbar.[X.] Berufungsgericht beurteilt im Anschluß an das Senatsurteil [X.]Z118, 304 den Schadensersatzanspruch der Klägerin nach [X.] (§ 839 BGB, Art. 34 GG) und hält die beklagte [X.] ohne Rücksicht darauf, daß sich die Beschäftigungsstelle des Zivildienst-leistenden [X.] in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befindet, für ersatzpflichtig.Das trifft zu und wird von der Revision nur in bezug auf die Passivlegitimationder Beklagten - erfolglos - [X.] Ersatzpflicht für Schäden, die ein Zivildienstleistender in [X.] zugefügt hat, bestimmt sich nach gefestigter Recht-sprechung des Senats auch dann nach den Regeln über die Amtshaftung,wenn die anerkannte Beschäftigungsstelle (§ 4 [X.]), in deren Dienst [X.] tätig geworden ist, privatrechtlich organisiert ist und - von ihrerRechtsstellung als hoheitlich beliehener Einrichtung abgesehen - privatrechtli-che Aufgaben wahrnimmt ([X.]Z 118, 304, 306 ff.; Beschluß vom 26. [X.] 5 -1997 - [X.] - NJW 1997, 2109 f.; ebenso [X.]/[X.], [X.],4. Aufl., § 34 [X.]. 7 a; a.[X.], Kriegsdienstverweigerung und [X.] Aufl., § 34 [X.]. 2; Weller, Besondere Probleme der Haftung für Amtspflicht-verletzungen im Zivildienst, Diss. 1993, [X.] ff., 42 f.). Für [X.] in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, bei denen der Bezug zur [X.] öffentlichen Amts noch enger ist, muß dies um so mehr gelten.2.Für Amtspflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden haftet ohne [X.], ob Rechtsträger der Beschäftigungsstelle ein Privatrechtssubjektoder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, nicht der Träger der [X.], sondern die [X.].a) Nach Art. 34 GG trifft die Haftung grundsätzlich diejenige Körper-schaft, in deren Diensten der pflichtwidrig handelnde Amtsträger steht. [X.] nach dem haftenden Dienstherrn beantwortet der Senat in ständigerRechtsprechung danach, welche Körperschaft dem Amtsträger das Amt, [X.] Ausübung er fehlsam gehandelt hat, anvertraut hat, wer - mit anderenWorten - dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amts-pflichtverletzung vorgekommen ist, übertragen hat. Es haftet im Regelfall [X.], die diesen Amtsträger angestellt und ihm damit die [X.] Amtsausübung eröffnet hat. Ob auch die konkrete Aufgabe, bei deren Er-füllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, in den Aufgabenkreis [X.] fällt, bleibt dagegen grundsätzlich unbeachtlich. [X.] dann, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt, weil der [X.] keinen Dienstherrn hat oder aber mehrere Dienstherren vorhanden sind,ist in der Regel darauf abzustellen, wer ihm die Aufgabe, bei deren Erfüllung ergefehlt hat, anvertraut hat. So hat der Senat etwa hinsichtlich der einem Träger- 6 -des Rettungsdienstes in [X.] von einer freiwilligen Hilfsorgani-sation zur Verfügung gestellten Rettungssanitäter oder -fahrer, bei denen einöffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis als Grundlage der [X.], als haftende Körperschaft den Träger des Rettungsdienstes angesehen(Beschluß vom 26. März 1997 aaO). Ähnliches kommt bei Beamten mit [X.], abgeordneten Beamten oder für die Ausübung eines Nebenamts [X.]. In diesen Fällen trifft die Haftung denjenigen der beiden Diensther-ren, der dem Beamten die konkrete Aufgabe, bei der es zu der Amtspflichtver-letzung kam, anvertraut hat ([X.]Z 87, 202, 204 f.; 99, 326, 330 f.; Senatsur-teile vom 31. Januar 1991 - [X.]/89 - NVwZ 1992, 298 und vom 27. Ja-nuar 1994 - [X.] - NVwZ 1994, 823).b) Auf dieser Grundlage hat der Senat bei Amtspflichtverletzungen [X.] in privatrechtlich organisierten [X.] alshaftende Körperschaft nicht die anerkannte Beschäftigungsstelle, sondern die[X.] angesehen ([X.]Z 118, 304, 311; Beschluß vom26. März 1997 aaO). Das folgt in derartigen Fallgestaltungen ohne weiteresdaraus, daß der Zivildienstleistende hier nur einen einzigen Dienstherrn - die[X.] - hat, weil sich Art. 34 GG lediglich auf Körper-schaften des öffentlichen Rechts bezieht ([X.]Z 49, 108, 115 f.; [X.] 5. Juli 1990 - [X.] - [X.], 324, 325; ebenso Ossenbühl,Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., 2. Teil [X.]) Bei [X.] in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft [X.] nicht entscheidend anders. Der Rechtsträger kommt dann zwar gleichfallsals Haftungssubjekt in Betracht. Letztlich hat aber nicht dieser, sondern die[X.] dem Zivildienstleistenden den Aufgabenbereich,- 7 -innerhalb dessen die Pflichtverletzung erfolgt ist, anvertraut (vgl. bereits Senatin [X.]Z 118, 304, 309; Senatsbeschluß vom 26. März 1997 aaO), weil deröffentlich-rechtliche Träger aufgrund der Anerkennung seiner Einrichtung ge-mäß § 4 [X.] den Zivildienst als staatliche Verwaltungsaufgabe durchführt under insofern - ähnlich einer nachgeordneten Behörde - selbst in die Zivildienst-verwaltung des [X.] eingegliedert ist (vgl. hierzu [X.]Z 87, 253, 255 ff.;[X.], § 4 [X.]. 10; [X.]/[X.], § 3 [X.]. 3).aa) Durch die in § 4 [X.] geregelte Anerkennung wird der (öffentlich-rechtlichen) Beschäftigungsstelle die Berechtigung zuerkannt, Zivildienstpflich-tige zu beschäftigen und im Falle ihrer Zuweisung die erforderlichen Verwal-tungsaufgaben des [X.] für diesen nach Weisung des [X.]amts für denZivildienst und unter dessen Rechts- und Fachaufsicht wahrzunehmen ([X.]/[X.], aaO). So erhalten gemäß § 30 Abs. 1 [X.] - neben dem Präsiden-ten des [X.]amts - der Leiter der Beschäftigungsstelle und andere Perso-nen, die mit Aufgaben der Leitung und Aufsicht betraut sind, die Befugnis alsVorgesetzte, dienstliche Anordnungen gegenüber dem Zivildienstleistenden zuerlassen. Den Leitern und ihren Vertretern kann der Präsident des [X.]amtsferner beschränkte [X.] übertragen (§ 61 Abs. 2 [X.]). Geldbe-züge werden dem Dienstleistenden nach § 6 Abs. 2 [X.] von der [X.] für den [X.] gezahlt und ihr nachträglich erstattet. Zur Entlastungvon Aufwand für Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung können den Be-schäftigungsstellen darüber hinaus Zuschüsse gewährt werden (§ 6 Abs. 3[X.]). Die Personalakten für den Zivildienst (§ 36 [X.]) werden beim [X.]-amt geführt; die Dienststellen haben lediglich eine [X.]. Für Anträge und Beschwerden steht dem Dienstpflichtigen der Dienstwegbis zum [X.]ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend offen- 8 -(§ 41 Abs. 1 [X.]). Über Widersprüche gegen Verwaltungsakte aufgrund desZivildienstgesetzes entscheidet auch dann das [X.]amt für den Zivildienst,wenn der Verwaltungsakt von dem Leiter der Dienststelle erlassen worden ist(§ 72 Abs. 1 [X.]). In der Literatur wird deswegen bei öffentlich-rechtlichen[X.] die Anerkennung gemäß § 4 [X.] als organisations-rechtliches Mandat gewertet ([X.], aaO; [X.]/[X.], aaO; [X.], Zen-tralblatt für Sozialversicherung 1998, 233; a.[X.], aaO S. 31 f.: Delegati-on). Inwieweit dem - auch wegen der umstrittenen Bedeutung dieses Be-griffs (vgl. hierzu etwa [X.], Delegation und Mandat im öffentlichen [X.], [X.] ff.; [X.]/Bachof, [X.], 4. Aufl., § [X.] [X.], 5;Schenke, [X.] [1977], 118 ff.) - zu folgen ist, kann offenbleiben. Aus dergesamten Ausgestaltung des Zivildienstes ergibt sich jedenfalls, daß - andersals bei abgeordneten Beamten - auch der konkrete Einsatz eines Zivildienstlei-stenden trotz der vorhandenen eigenen Entscheidungskompetenz und Wei-sungsbefugnis der Beschäftigungsstelle letzten Endes in den Aufgaben- undVerantwortungsbereich des [X.] fällt.bb) Entgegen der Ansicht der Revision (ähnlich auch [X.]/[X.],Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst, 8. Aufl., S. 177 f.; [X.], [X.], 320, 321; Weller, aaO S. 53 ff.) gebieten weder Gesichtspunkte sachge-rechter Risikoverteilung noch [X.], die Haftung für Pflichtverlet-zungen eines Zivildienstleistenden gleichwohl auf die (öffentlich-rechtliche)Beschäftigungsstelle zu verlagern. Die Revision verweist zwar für sich gesehennicht unzutreffend auf die besseren Möglichkeiten der Beschäftigungsstelle,das Haftungsrisiko durch Weisungen, Ausbildung und Beaufsichtigung [X.] zu vermindern, sowie auf die ihr aus dem Einsatz von Zivil-dienstleistenden zufließenden wirtschaftlichen Vorteile, denen auch die Lasten- 9 -entsprechen müßten (vgl. zu den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Ar-beitskleidung sowie zu den Verwaltungskosten § 6 Abs. 1 [X.]). Sie vernach-lässigt dabei jedoch, daß, wie ausgeführt, die [X.]republik sich ihrerseitsder [X.] zur Erfüllung ihrer eigenen, im Allgemeininteresseliegenden Aufgaben bedient, diese insoweit in die [X.]verwaltung einglie-dert und durch allgemeine oder Einzelweisungen deren Tätigkeit zu steuernvermag. Die Zivildienstleistenden werden den [X.] [X.], auf deren Auswahl können die Einrichtungen nur in begrenztem [X.] mit Zustimmung des [X.]amts - Einfluß nehmen (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3[X.]; s. ferner [X.]/[X.], [X.], 117 f.). Angesichts dessen erscheint esnicht unangemessen, daß die hinter den [X.] stehende Bun-desrepublik auch die Folgen der Schädigungen Dritter durch ihre Zivildienstlei-stenden trägt.[X.][X.][X.][X.]Galke

Meta

III ZR 258/99

11.05.2000

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2000, Az. III ZR 258/99 (REWIS RS 2000, 2289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2289

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