Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.03.2022, Az. V R 46/19

5. Senat | REWIS RS 2022, 3480

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Gegenstand

Zweckbetrieb bei der Organisation des Zivildienstes


Leitsatz

Die von einem gemeinnützigen Verein erbrachten Leistungen im Rahmen der Verwaltung des Zivildienstes nach § 5a Abs. 2 ZDG begründen --entgegen BMF-Schreiben vom 18.08.2015 (BStBl I 2015, 659)-- einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO (Anschluss an BFH-Urteil vom 23.07.2009 - V R 93/07, BFHE 226, 435, BStBl II 2015, 735).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19.06.2019 - 9 K 2483/19 K, [X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob die in 2007 bis 2010 (Streitjahre) erzielten Überschüsse aus Leistungen im Rahmen der Zivildienstverwaltung dem steuerfreien Zweckbetrieb des [X.] und Revisionsbeklagten (Kläger) zuzuordnen sind.

2

Kläger ist ein eingetragener Verein (e.V.). Er kooperiert mit anderen Spitzenverbänden der [X.] auf Landes- und auf Bundesebene. Nach seiner Satzung vom ... (in der Fassung vom ...) widmet sich der Kläger allen Aufgaben [X.] und [X.] Hilfe. § 2 Abs. 2 der Satzung regelt hierzu u.a.:

...

3

Diese Satzungszwecke (Aufgaben) erfüllt der Kläger (§ 2 Abs. 3 der Satzung) insbesondere durch

"(a) Hilfeangebote für hilfebedürftige Menschen, im Bedarfsfall auch durch den Betrieb eigener Einrichtungen
(b) Vorbeugung gegen individuelle und [X.] Not (...)
(e) Unterstützung der Abstimmung und Zusammenarbeit angeschlossener Träger, Dienste und Einrichtungen in der Diözese [Y] sowie deren Begleitung und Unterstützung (...)".

4

Laut § 3 seiner Satzung verfolgt der Kläger ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke.

5

Mit [X.] vom 27.11.2013 stellte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) gemäß § 60a der Abgabenordnung ([X.]) fest, dass die Satzung des [X.] den Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 [X.] entspricht (Förderung mildtätiger Zwecke nach § 53 [X.]; Förderung des [X.] nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 [X.]).

6

Zur Durchführung von Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Zivildienstleistenden schlossen der [X.] und das --nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz --[X.]--)-- für die [X.] zuständige [X.] zum 01.01.2006 einen [X.] (sog. [X.]). Dabei vertrat der [X.] den Kläger und verpflichtete diesen, die nach § 1 [X.] vertraglich übernommenen Verwaltungsaufgaben in seinem Bereich durchzuführen (§ 5 Abs. 1 [X.] i.V.m. Anhang Nr. 2013/00 [X.]). Auf dieser Grundlage übernahm der Kläger im Namen des [X.] folgende Verwaltungsaufgaben:
...

7

In den Streitjahren betreute der Kläger insgesamt 1 464 (2007), 1 516 (2008), 1 504 (2009) und 1 522 (2010) Zivildienstleistende, die für amtliche [X.] ganz überwiegend im Bereich der Sozialfürsorge und der [X.]n Sicherheit tätig waren. Hieraus erzielte der Kläger Überschüsse in Höhe von ... € (2007), ... € (2008), ... € (2009) und ... € (2010).

8

Das [X.] berücksichtigte diese Überschüsse im Rahmen des für alle wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb und setzte mit dem (geänderten) [X.] vom 11.05.2009 die Körperschaftsteuer 2007, mit [X.] vom 12.10.2009 die Körperschaftsteuer 2008, mit [X.] vom 15.10.2010 die Körperschaftsteuer 2009 sowie mit dem Änderungsbescheid vom 13.12.2013 die Körperschaftsteuer 2010 fest. Ebenso berücksichtigte es die Überschüsse in den [X.]en über den [X.] 2007 bis 2010.

9

Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das [X.] als unbegründet zurück, während die Klage vor dem [X.] ([X.]) Erfolg hatte. Nach dem in Entscheidungen der [X.]e ([X.]) 2020, 607 veröffentlichten Urteil begründet die entgeltliche Übernahme von Verwaltungsaufgaben auf der Grundlage eines nach § 5a Abs. 2 [X.] geschlossenen Vertrags einen Zweckbetrieb nach § 65 [X.].

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Bundesrechts (§ 65 Nr. 1 und 2 [X.]) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:

Die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 und 2 [X.] könnten zwar auch durch arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer steuerbegünstigter Körperschaften erfüllt werden, eine einfache Zusammenarbeit reiche hierfür aber nicht aus. Ein Zweckbetrieb liege daher nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) nicht vor, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstütze. Der Kläger unterstütze mit den übernommenen Verwaltungsaufgaben lediglich die Umsetzung der steuerbegünstigten Zwecke durch die jeweiligen [X.], dessen Tätigkeit sei aber für sich gesehen nicht geeignet, seine eigenen steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen. Anders als in dem vom [X.] angeführten [X.]-Urteil vom 18.03.2004 - V R 101/01 ([X.]E 205, 342, [X.], 798) dienten die Handlungen des [X.] nur dazu, den Dienst der Zivildienstleistenden administrativ zu begleiten und umzusetzen. Es handele sich um eine reine Dienstleistung gegenüber den [X.], aber nicht um die unmittelbare Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke.

Darüber hinaus seien die vom Kläger erbrachten Leistungen weder erforderlich noch zwingend gewesen, um die Zweckverwirklichung der [X.] sicherzustellen. Mit seinen Leistungen seien lediglich günstigere Rahmenbedingungen geschaffen worden, was für § 65 Nr. 2 [X.] ("Erforderlichkeit") nicht ausreiche. Bestätigt werde dies durch § 5a Abs. 2 [X.], wonach die Übernahme von Verwaltungsaufgaben nur zulässig, aber nicht verpflichtend sei. Da die Wahrnehmung der übernommenen Verwaltungsaufgaben auch durch das [X.] hätte erfolgen können, sei die Übernahme durch den Kläger nicht unentbehrliches und einziges Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks.

Schließlich sei fraglich, ob der Kläger mit der Übernahme von Verwaltungsaufgaben stets seine satzungsmäßigen caritativen Zwecke verfolgt habe. Bei den [X.] handele es sich auch um Jugend(aus)[X.]. An der Erforderlichkeit fehle es jedenfalls insoweit, als diese [X.] mit der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 [X.]) einen anderen Zweck umsetzten als den in der Satzung des [X.] verankerten caritativen Zweck.

Das [X.] beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] [X.] vom 19.06.2019 - 9 K 2483/19 K, G in Gestalt des urteilsergänzenden Berichtigungsbeschlusses vom 17.10.2019 aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Er habe keine einfachen, sondern fachspezifische Verwaltungsleistungen für eine Vielzahl von Einrichtungen (wie z.B. Krankenhäuser, Altenwohnheime, Jugendheime, Kindergärten, Sozialstationen) durchgeführt. Hierzu habe er die operativ tätigen Hilfseinrichtungen bei der Schaffung der amtlichen [X.] unterstützt und dazu beigetragen, dass diese ihren gemeinnützigen Auftrag erfüllen konnten. Die eigenen steuerbegünstigten Zwecke seien dadurch verwirklicht worden, dass er sich für die Entwicklung, Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfsstrukturen eingesetzt habe; darüber hinaus habe er den Zivildienstleistenden als zentraler und kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung gestanden.

Soweit das [X.] vorbringe, dass es sich bei den [X.] auch um Familien- bzw. Jugend(aus)[X.] gehandelt habe und daher keine Förderung der satzungsmäßigen caritativen Zwecke vorliege, berücksichtige es nicht, dass [X.] die Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen umfasse, sich diese Sorge auf das gesundheitliche, sittliche oder erzieherische Wohl erstrecke und sowohl auf Abhilfe als auch auf Vorbeugung gerichtet sei.

Das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 der [X.]sordnung ([X.]O) beigetretene [X.] ([X.]) trägt --ohne einen Antrag zu stellen-- ergänzend vor: Das [X.] habe entgegen dem [X.]-Urteil vom 17.02.2010 - I R 2/08 ([X.]E 228, 388, [X.], 1006, Rz 26) entschieden, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die steuerbegünstigten Zwecke nicht unmittelbar erfüllen müsse. Bei arbeitsteiligem Zusammenwirken steuerbegünstigter Körperschaften müsse jede Körperschaft eine Leistung erbringen, die auch isoliert gesehen dazu geeignet und erforderlich sei, steuerbegünstigte Zwecke zu verwirklichen. Bereits die Anzahl der direkt betreuten Zivildienstleistenden (pro Jahr zwischen 560 und 640 Zivildienstleistenden) spreche gegen die Verfolgung eigener gemeinnütziger Zwecke. Der weitaus überwiegende Anteil seiner Betätigung habe in allgemeinen Verwaltungsaufgaben (Beratung von Verbandseinrichtungen, Pflege der Zivildienstbörse auf der Internetseite, Pflege von Vorgängen zu [X.]) bestanden. Diese Tätigkeiten stellten reine Dienstleistungen gegenüber den [X.] dar, aber keine unmittelbare Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke.

Darüber hinaus sei auch § 65 Nr. 2 [X.] nicht erfüllt. Ebenso wie die Verwaltungsdienstleistungen im [X.]-Urteil vom [X.] ([X.]E 224, 176, [X.], 560) hätten auch im Streitfall die rein administrativen Aufgaben deutlich im Vordergrund gestanden. Zudem könnten die Verbände nach § 5a Abs. 2 [X.] zwar mit der Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben beauftragt werden, eine Verpflichtung hierzu bestehe aber nicht. Die Übertragung der Verwaltungsaufgaben an den Kläger sei somit nicht das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks gewesen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a [X.]O. Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Revisionszulassung durch das [X.], auf die das [X.] hinweist, steht dem nicht entgegen. Dasselbe gilt für den Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf mündliche Verhandlung nach der "Anhörungsmitteilung" ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 126a [X.]O Rz 7). Einer Entscheidung nach § 126a [X.]O steht auch der Wechsel in der Person des [X.]svorsitzenden nicht entgegen (vgl. hierzu [X.] vom 15.09.2021 - XI R 12/21 ([X.]), [X.], 291, Rz 21).

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Kläger mit der Übernahme von Verwaltungsaufgaben für das [X.] bei der Betreuung des Einsatzes von Zivildienstleistenden bei amtlichen [X.] im Rahmen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 [X.] tätig war.

1. Die entgeltliche Tätigkeit des [X.] im Rahmen der Zivildienstverwaltung steht einer Befreiung von der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- i.V.m. § 64 Abs. [X.]) sowie von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 des [X.]. § 64 Abs. [X.]) nicht entgegen. Der mit dieser selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit begründete wirtschaftliche Geschäftsbetrieb (§ [X.]) erfüllt --wie das [X.] zu Recht entschieden hat-- die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 [X.]. Dieser Zweckbetrieb liegt vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. [X.]), diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 [X.]) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 [X.]). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein ([X.]surteile vom 26.06.2019 - V R 70/17, [X.], 417, [X.] 2019, 654; vom 30.11.2016 - V R 53/15, [X.], 513, [X.], 1224, sowie BFH-Urteil vom 13.06.2012 - I R 71/11, [X.], 89, Rz 11).

2. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des [X.] diente in seiner Gesamtrichtung dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. [X.]).

a) Erforderlich ist hierfür, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen unmittelbar der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks dient (BFH-Urteile in [X.], 388, [X.], 1006, Rz 26; vom 06.04.2005 - I R 85/04, [X.], 345, [X.], 545, unter [X.], sowie vom 26.04.1995 - I R 35/93, [X.], 339, [X.] 1995, 767, unter [X.]). Die Feststellung dieser Voraussetzung bedarf einer Gesamtwürdigung anhand des objektiven Charakters der Betätigung (BFH-Urteil vom [X.] - I R 15/07, [X.], 405, [X.] 2011, 475, sowie [X.]surteil vom [X.] - V R 54/09, [X.], 289, [X.] 2011, 191, Rz 31).

b) Im Streitfall hat das [X.] ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Übernahme der Verwaltungsaufgaben für das [X.] bei der Betreuung des Einsatzes von Zivildienstleistenden bei amtlichen [X.] der Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des [X.] diente. Zu diesen gehörte insbesondere, dass er sich zugunsten von Menschen in Not "für die Entwicklung, Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen" einsetzte (§ 2 Abs. 2 Buchst. d der Satzung). Die Übernahme dieser speziellen Verwaltungsaufgaben erfolgte auch insoweit im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke des [X.], als Zivildienstleistende in [X.] tätig wurden, die Familien- oder Jugend(aus)[X.] unterhalten. Die satzungsmäßigen Zwecke des [X.] umfassen alle Aufgaben [X.] und [X.] Hilfe. Wie der Kläger zu Recht ausführt, gehört nach § 66 Abs. 2 [X.] zur Wohlfahrtspflege die Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen, wobei sich die Sorge u.a. auf das erzieherische Wohl erstrecken und sowohl Vorbeugung als auch Abhilfe bezwecken kann. Dieses weite Begriffsverständnis beinhaltet auch die Unterstützung von Familien- oder Jugend(aus)[X.].

Dabei diente die Tätigkeit des [X.] seinen [X.]n, indem er den Zivildienst von Zivildienstleistenden im [X.] Bereich (Krankenhäusern, Altenwohnheimen, Jugendheimen, Kindergärten, Sozialstationen, Familien[X.], ambulanten Pflegediensten, Kirchengemeinden, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sowie in Jugend[X.] und Jugendaus[X.]) organisierte und betreute. Er war insoweit in die Zivildienstverwaltung als "unerlässliches Bindeglied" zwischen den Zivildienstleistenden und den Beschäftigungsdienststellen eingebunden. Der Kläger trug mit seinen Leistungen wesentlich dazu bei, dass ein funktionierender Zivildienst gewährleistet war und damit die infolge Krankheit, Armut oder Alters hilfebedürftige Menschen durch die Arbeit von Zivildienstleistenden unterstützt werden konnten.

Es handelte sich nicht um eine nur mittelbare Förderung steuerbegünstigter Zwecke (BFH-Urteil in [X.], 388, [X.], 1006, Rz 26). Denn diese liegt --wie das [X.] zu Recht entschieden hat-- dann nicht vor, wenn der Satzungszweck arbeitsteilig in Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften (hier: Zusammenwirken mit den jeweiligen [X.]) erreicht wird. Im Streitfall ermöglichten die Leistungen des [X.] im Zusammenwirken mit den Hilfseinrichtungen erst, dass Zivildienstleistende den in Not befindlichen Menschen halfen und sie unterstützen. Hierzu organisierte der Kläger den Zivildienst und betreute sowohl die Zivildienstleistenden als auch die Hilfseinrichtungen. Weiterhin war er für die Erledigung der Rahmenhandlungen zuständig, damit die Zivildienstleistenden bei ihren Dienststellen die Hilfeleistungen im [X.] Bereich überhaupt erst erbringen konnten. Damit förderte der Kläger nicht nur fremde gemeinnützige Zwecke, sondern erfüllte gleichzeitig seine eigenen steuerbegünstigten Zwecke, zu denen die Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen gehört.

c) Die hiergegen gerichteten Einwendungen greifen nicht durch.

aa) Entgegen der Auffassung von [X.] und [X.] erfüllte der Kläger durch die Zivildienstverwaltung nicht nur rein administrative Aufgaben. Wie der [X.] in seinem Urteil vom 23.07.2009 - V R 93/07 ([X.], 435, [X.] 2015, 735; zur Abgrenzung allgemeiner Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen zu Leistungen der Sozialfürsorge oder [X.] Sicherheit) entschieden hat, beziehen sich die auf der Grundlage von § 5a Abs. 2 Nr. 1 [X.] übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht auf bloß allgemeine Verwaltungstätigkeiten. Bei der Unterstützung der [X.] und bei der Betreuung der Zivildienstleistenden während ihrer Dienstzeit handelt es sich vielmehr um Leistungen, die ausschließlich und unmittelbar darauf gerichtet sind, den Einsatz von Zivildienstleistenden im [X.] Bereich zu ermöglichen und durchzuführen, sodass eine besondere Nähe zum [X.] Bereich besteht ([X.]surteil in [X.], 435, [X.] 2015, 735, unter [X.], Rz 35).

[X.]) Soweit [X.] und [X.] vorbringen, schon die Anzahl der betreuten Zivildienstleistenden spreche gegen die Verfolgung eigener Zwecke, weil ein Mitarbeiter des [X.] nach dem [X.] "pro Jahr lediglich zwischen 560 bis 640 Zivildienstleistende direkt zu betreuen" habe und der weitaus überwiegende Anteil der Betätigung in allgemeinen Verwaltungsaufgaben bestehe, verkennen sie, dass gerade die große Anzahl von betreuten Zivildienstleistenden dazu führt, dass diese ihre [X.] Dienste in zahlreichen Krankenhäusern, Altenwohnheimen, Kindergärten, Sozialstationen ausüben können.

cc) Entgegen dem Vorbringen des [X.] hat das [X.] nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil in [X.], 388, [X.], 1006, Rz 26 entschieden, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die steuerbegünstigten Zwecke nicht unmittelbar erfüllen müsse, sondern lediglich, dass der Zweckbetrieb nicht zwingend "selbst unmittelbar" die steuerbegünstigten [X.] verwirklichen muss ([X.]-Urteil in E[X.] 2020, 607, Rz 61). Diese Auffassung steht im Einklang mit den Ausführungen im BFH-Urteil in [X.], 338, [X.], 1006, wonach das Handeln als Hilfsperson allein zwar keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet, weil sie damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke fördert. Dies gilt jedoch nicht, "wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern --wie im [X.] zugleich eigene steuerbegünstigte [X.] verfolgt".

3. Die steuerbegünstigten Zwecke konnten auch nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ([X.]) erreicht werden (§ 65 Nr. 2 [X.]).

a) Für die Frage, ob die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können, kommt es darauf an, dass sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist. Dabei kann der Satzungszweck auch in Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften erreicht werden ([X.]surteile vom 26.08.2021 - V R 5/19, [X.], 166, Rz 32; in [X.], 513, [X.], 1224, Rz 18; in [X.], 435, [X.] 2015, 735, m.w.N., sowie in [X.], 176, [X.] 2009, 560, unter [X.] (1)).

b) Das [X.] hat dies ohne Rechtsverstoß damit begründet, dass die Erbringung der Verwaltungsdienstleistungen des [X.] untrennbar mit seiner steuerbegünstigten Tätigkeit verknüpft sei. Der Kläger habe sowohl gegenüber den Zivildienstleistenden als auch gegenüber den Hilfseinrichtungen substantielle Leistungen im Hinblick auf den Zivildienst erbracht. Durch seine Betätigung als Beratungs-, Betreuungs- und Fürsorgeeinrichtung für die Zivildienstleistenden und auch für die Einrichtungen der ihm angeschlossenen Vereine sei er weit über eine bloß formal verwaltende Geschäftsstelle hinausgegangen und habe Einfluss auf den tatsächlichen Verlauf des Zivildienstes der anvertrauten Personen genommen. Der Kläger habe damit Dienste erbracht, die für eine effektive Durchführung des Zivildienstes unerlässlich waren, aber durch die Hilfseinrichtungen selbst nicht erbracht werden konnten. Hierdurch hätten sich die Leistungen der Zivildienstleistenden, der Hilfseinrichtungen und des [X.] ergänzt und gemeinsam zur Erreichung des satzungsmäßigen Zwecks geführt.

Diese Würdigung des [X.] zur untrennbaren Verbindung der Verwaltungsleistungen des [X.] mit seiner gemeinnützigen Tätigkeit ist verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von [X.] beeinflusst, sodass sie revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist (§ 118 Abs. 2 [X.]O). Sie steht im Einklang mit der bisherigen [X.]srechtsprechung im Urteil in [X.] 205, 342, [X.] 2004, 798. Danach lagen die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 [X.] vor, weil die Tätigkeit des [X.], der die Werbung für freiwillige Blutspenden, die Vorbereitung und Durchführung von Blutspendeaktionen sowie die Betreuung der Spender zur Gewinnung von Blutspenden zur medizinisch-technischen Verarbeitung durch die ebenfalls gemeinnützige gGmbH übernommen hatte, notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Satzungszwecks (Blutspendedienst) war. Dies folgte daraus, dass seine Tätigkeit selbst eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Versorgung mit Blut und Blutbestandteilen durch die ebenfalls gemeinnützige gGmbH war ([X.]surteil in [X.] 205, 342, [X.] 2004, 798, unter [X.] [X.]). Ebenso wie dort --und entgegen der Auffassung des [X.] im Schreiben vom 18.08.2015 (BStBl I 2015, 659) zum [X.]surteil in [X.], 435, [X.] 2015, 735-- ist auch die Tätigkeit des [X.] eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für den Einsatz der Zivildienstleistenden durch die [X.] (Krankenhäuser, Altenwohnheime, Kindergärten, Sozialstationen, ambulante Pflegedienste, Behindertenwerkstätten) und damit für die satzungsmäßige Tätigkeit des [X.] (Aufgaben [X.] und [X.] Hilfe durch Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen).

c) Ohne Erfolg machen das [X.] und das [X.] geltend, die Übernahme der Verwaltungsaufgaben stelle nicht das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks dar, weil die Beauftragung von Verbänden nach § 5a Abs. 2 [X.] lediglich zulässig sei; daraus folge, dass das [X.] die Verwaltungsaufgaben auch selbst hätte durchführen oder andere Verbände beauftragen können.

Für die Erfüllung des § 65 Nr. 2 [X.] kommt es darauf an, ob der gemeinnützige Zweck auch ohne diesen Geschäftsbetrieb durch die jeweilige Körperschaft und nicht durch einen [X.] erreicht werden kann; ob ein Dritter (hier: [X.]) diese Leistungen auch erbringt oder erbringen kann, ist für die Beurteilung aus der maßgeblichen Perspektive der jeweiligen Körperschaft dagegen irrelevant (vgl. [X.]surteil in [X.] 205, 342, [X.] 2004, 798; [X.], Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl., Rz 6.192; Hummel in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Rz 246; von Holt, [X.], 1791, 1792). Nach der Gesetzessystematik betrifft nicht § 65 Nr. 2 [X.], sondern § 65 Nr. 3 [X.] das Verhältnis zu [X.] (aktuellen oder potentiellen Konkurrenten). Wäre das Vorliegen eines Zweckbetriebs bereits dann ausgeschlossen, wenn ein Dritter die gleichen oder vergleichbare Leistungen ausführt oder ausführen kann, bedürfte es keines § 65 Nr. 3 [X.], wonach es bei Wettbewerbern mit dem Angebot zur Ausführung gleicher/gleichartiger Leistungen gerade darauf ankommt, ob der Wettbewerb zu diesen mehr als unvermeidbar eingeschränkt wird.

d) Die Anerkennung der Organisationsleistungen des [X.] als Zweckbetrieb steht nicht im Widerspruch zum [X.]surteil in [X.], 176, [X.] 2009, 560. Danach fehlte es an der [X.], weil die satzungsmäßigen Zwecke des [X.] nicht nur durch den Geschäftsbetrieb seiner Verwaltungs- und Geschäftsstelle erreicht werden konnten (§ 65 Nr. 2 [X.]). Dabei ging es jedoch um die lediglich aus Kostengründen erfolgte Erbringung von "einfachen" Verwaltungsdienstleistungen, wie z.B. Kostenabrechnungen, Gehaltsabrechnungen, Führung von Personalakten, Buchhaltung und Jahresabschlussarbeiten für angeschlossene Vereine und Kindergärten (BFH-Urteil in [X.], 176, [X.] 2009, 560, unter [X.] (1)). Im Unterschied dazu handelt es sich vorliegend um spezielle Verwaltungsleistungen, die sachlich auf das Engste mit dem [X.] Einsatz von [X.] verbunden waren und darüber durch eine übergeordnete Stelle im [X.] ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. [X.]/Schauhoff, [X.] 2011, 319, 321).

4. Schließlich sind Wettbewerbsverzerrungen i.S. von § 65 Nr. 3 [X.] zu nicht begünstigten Personen im Streitfall ausgeschlossen. Der [X.] hat bereits im Urteil in [X.], 435, [X.] 2015, 735, unter [X.], Rz 42) darauf hingewiesen, dass ein Wettbewerb zu anderen Konkurrenten nicht in Betracht kommt, da nur Verbände für die ihnen angehörenden [X.] als Beliehene vom [X.] mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben beauftragt werden können.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 46/19

15.03.2022

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 19. Juni 2019, Az: 9 K 2483/19 K, G, Urteil

§ 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002, § 3 Nr 6 GewStG 2002, § 14 AO, § 64 AO, § 65 AO, KStG VZ 2007, KStG VZ 2008, KStG VZ 2009, KStG VZ 2010, GewStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.03.2022, Az. V R 46/19 (REWIS RS 2022, 3480)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3480

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