Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.02.2022, Az. 4 StR 398/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2022, 1560

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafzumessung bei strafbefreiendem Rücktritt vom Tötungsversuch und Verurteilung u.a. wegen vollendeter Körperverletzung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. April 2021 im Strafausspruch zu Fall II.2.2 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten und die Revision des [X.] werden verworfen.

4. [X.] hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „vorsätzlicher“ Körperverletzung und wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, eine Maßregel nach § 69, § 69a StGB gegen ihn angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Revision des [X.], die mit der Sachrüge die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten wegen eines versuchten Tötungsdelikts beanstandet, bleibt insgesamt erfolglos.

2

1. Zur Revision des Angeklagten

3

a) Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

4

b) [X.] im Fall II.2.2 der Urteilsgründe und der [X.] haben auf die Sachrüge keinen Bestand.

5

Das [X.] hat angenommen, dass der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte, als er den Nebenkläger mit seinem Pkw anfuhr und verletzte. Es ist dann aber davon ausgegangen, dass der Angeklagte von diesem [X.] strafbefreiend zurückgetreten ist. Gleichwohl hat es bei der Strafzumessung aus dem Strafrahmen des § 315b Abs. 3 StGB zulasten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser „zunächst (bis zum Rücktrittsentschluss) mit bedingtem Tötungsvorsatz“ gehandelt habe. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft. Das [X.] bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 1996 – 3 [X.], [X.]St 42, 43, 44 f.; Beschluss vom 7. April 2010 – 2 StR 51/10, [X.], 202 mwN). Der [X.] vermag nicht auszuschließen, dass sich der Rechtsfehler auf die Höhe der im Fall II.2.2 der Urteilsgründe verhängten [X.] ausgewirkt hat.

6

Die Aufhebung der [X.] zieht die Aufhebung des [X.]s nach sich. Hingegen werden die zum Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen durch den bloßen Wertungsfehler des [X.]s nicht berührt und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

7

c) Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

8

d) Für die neue Hauptverhandlung weist der [X.] auf Folgendes hin: Das Vorliegen von vertypten [X.] kann zur Annahme eines minderschweren Falls führen. Bei einer Verurteilung wegen eines im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangenen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr – wie hier im Fall II.2.2 der Urteilsgründe – ist daher bei der Erörterung der Frage, ob ein minderschwerer Fall im Sinne des § 315b Abs. 3 2. Fall StGB vorliegt – neben den allgemeinen [X.] – auch der [X.] des § 21 StGB in die Erwägungen einzubeziehen (vgl. zur Prüfungsreihenfolge [X.], Beschluss vom 14. September 2021 – 4 StR 21/21, [X.], 24, 26; Beschluss vom 4. April 2017 – 3 [X.], [X.], 524 mwN).

9

2. Zur Revision des [X.]

Die Revision des [X.] bleibt erfolglos. Die Erwägungen, mit denen das [X.] unter Anwendung des [X.] angenommen hat, der Angeklagte sei von einem unbeendeten [X.] zum Nachteil des [X.] strafbefreiend zurückgetreten, halten rechtlicher Nachprüfung stand. Insoweit nimmt der [X.] auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] vom 19. Oktober 2021 Bezug.

Quentin     

        

Bartel     

        

Ri[X.] [X.] ist wegen
Urlaubs an der Unterschriftsleistung
gehindert.

                                   

Quentin

        

Maatsch     

        

Messing     

        

Meta

4 StR 398/21

02.02.2022

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 14. April 2021, Az: 601 Ks 11/20

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 24 Abs 1 S 1 StGB, § 46 Abs 1 S 1 StGB, § 52 StGB, § 212 StGB, § 223 StGB, § 224 StGB, § 315b Abs 1 Nr 3 StGB, § 315b Abs 2 StGB, § 315b Abs 3 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.02.2022, Az. 4 StR 398/21 (REWIS RS 2022, 1560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1560

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 13/13 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Versuch: Erfordernis von Feststellungen zum Rücktrittshorizont beim Versuch eines Tötungsdelikts


1 StR 330/22 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Totschlag: Freiwilligkeit des Rücktritts


3 StR 298/11 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Totschlag: Rücktritt vom zweifachen Tötungsversuch


4 StR 418/18 (Bundesgerichtshof)

Inaussichtstellen eines noch bevorstehenden Verbrechens beim Tatbestand der Bedrohung


4 StR 21/21 (Bundesgerichtshof)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Schlag auf den Kopf eines auf einer Hauptverkehrsstraße vorbeifahrenden Rennradfahrers


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 51/10

4 StR 21/21

3 StR 516/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.