Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. 5 StR 448/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 425

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5 [X.][X.] vom 24. November 2009 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 24. November 2009 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. April 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben, a) soweit der Angeklagte wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (II.2.2. der Urteils-gründe) verurteilt worden ist, b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. 2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen. [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen (besonders) schweren räuberischen Diebstahls und wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Eine Unterbringung des Angeklagten gemäß § 64 StGB hat das [X.] abgelehnt. Die Revision des Angeklagten hat mit der 1 - 3 - Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen: 2 a) Der vielfach vorbestrafte 31 Jahre alte Angeklagte wohnte seit sei-nem 19. Lebensjahr in [X.]en für Obdachlose oder Drogenab-hängige in mehreren westdeutschen Großstädten. Am 29. September 2005 und am 6. November 2008 wurde er jeweils wegen Diebstahls zum Nachteil eines Mitbewohners zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. 3 4 b) Der Angeklagte besuchte am 3. November 2007 in einer Hambur-ger Männerunterkunft den dortigen Mitbewohner [X.], der dem Angeklagten 25 Euro schuldete. [X.] konnte nicht zahlen. Aus Verärgerung darüber nahm der Angeklagte den Personalausweis des [X.] und einen diesem zu-stehenden Verrechnungsscheck über 300 Euro an sich. Der Angeklagte [X.] den Besitz dieser Gegenstände gegenüber [X.] unter drohendem Einsatz eines mitgeführten Messers. Die Überzeugung des [X.]s von der Täterschaft des Angeklag-ten gründet sich auf übereinstimmende Angaben des [X.] gegenüber einer Wohnheimmitarbeiterin und der sofort verständigten Polizei, den Inhalt der für [X.] ausgegebenen Lohnsteuerbescheinigung und das in einem Brief des Angeklagten enthaltene Bekenntnis, M.

besucht und dessen Scheck gesehen zu haben. Das [X.] hat den Angeklagten danach wegen (besonders) schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. 5 c) Der Angeklagte bewohnte vorübergehend mit [X.]. [X.] in einer anderen [X.] Männerunterkunft. [X.]. zeigte um Mitternacht des 14. Mai 2008 in alkoholisiertem Zustand einen [X.] - 4 - versuch durch Aufbrechen des an seinem Schrank befindlichen Vorhänge-schlosses bei der Polizei an und wies darauf hin, dass [X.] außer der Einrich-tungsleitung [X.] lediglich der Angeklagte über einen weiteren Zimmerschlüssel verfüge. Der gegen den Angeklagten hierdurch begründete Tatverdacht [X.] sich indes nicht. Der Angeklagte befand sich seit 13. Mai 2008 in einer Entzugsklinik weit außerhalb [X.].

[X.]. zeigte am 25. Mai 2008 gegen 8.30 Uhr einen mittels Gewalt [X.] Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht und ein nur oberflächlich treffender Fußtritt ins Gesicht [X.] von drei Männern und einer Frau um 1.00 Uhr nachts in dem [X.] ausgeführten Raubüberfall an. Die Frau und zwei männliche Täter konnte [X.].

nicht beschreiben. [X.] sei der Angeklagte gewesen, der mit einem Schlüssel in [X.] eingedrungen sei, ihn körperlich durchsucht und dabei aus seinen [X.]senta-schen und einer Hemdtasche Gegenstände entnommen habe. Die von [X.].

gegenüber der Polizei abgegebene Tatschilderung hat das [X.] zur Grundlage seiner Verurteilung wegen Raubes in Tateinheit mit gefährli-cher Körperverletzung genommen und auf eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. 7 2. Die Beweiswürdigung des [X.]s hält hinsichtlich des ausge-urteilten Verbrechens vom 25. Mai 2008 der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand. 8 a) Zwar standen dem [X.] für beide ausgeurteilte Taten die Geschädigten als die einzigen unmittelbaren Zeugen nicht zur Verfügung. Die hinsichtlich der ersten Tat wegen der [X.] wenn auch von der Justiz [X.] verschuldeten [X.] nicht möglich gewesenen konfrontativen Befragung des einzigen Belastungszeugen gebotene besonders sorgfältige und kriti-sche Beweiswürdigung (vgl. [X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2007, 204, 206; [X.]St 51, 150, 157 [X.]. 26; 47, 220, 223 f.; 45, 203, 208) hat das [X.] zwar nicht ausdrücklich mit Blick auf das fehlende Konfrontationsrecht 9 - 5 - vorgenommen. Indes sind die Voraussetzungen für dessen Kompensation (vgl. [X.] aaO) namentlich angesichts der von dem Angeklagten bekunde-ten selbstbelastenden Umstände inhaltlich ohne weiteres erfüllt, so dass der Senat eine unzureichende Beweiswürdigung insoweit ausschließen kann. b) Anders liegt es bei der vom [X.] vorgenommenen Beweis-würdigung für die zweite Tat. Insoweit hat das [X.] [X.] jenseits der nicht möglichen konfrontativen Befragung des einzigen Belastungszeugen [X.] bereits nicht alle festgestellten Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, in seine Erwägungen einbezogen (vgl. [X.]St 44, 153, 158 f.; [X.], 176, 177; [X.], Beschluss vom 16. Juli 2009 [X.] 5 StR 84/09). 10 11 aa) Das [X.] hat es unterlassen, den den Angaben des [X.] innewohnenden Mangel zu bedenken, dass [X.]. nicht in der Lage war, drei Täter näher zu beschreiben, obwohl er ihren [X.] indes nicht etwa mit Waffen geführten (vgl. [X.] NStZ-RR 2006, 212; 2008, 148, 150) [X.] körperlichen [X.]en ausgesetzt war und zusätzlich Möglichkeiten zur Beobachtung bestanden, als die Täter die Schranktür aufgebrochen und aus dem Schrank und von dem Kühlschrank Diebesgut an sich genommen hatten. Gleiches gilt für die lediglich im Ergebnis beschriebenen [X.] selbst. So bleibt offen, in welcher Situation des Tatgeschehens

[X.]. den bedrohlichsten [X.], den Tritt ins Gesicht, hat hinneh-men müssen. Schließlich hätte das [X.] die weitere Ungenauigkeit der [X.] hinsichtlich des bekundeten Aufbrechens der Schranktür beden-ken müssen. Die Aussage des [X.] hatte sich insoweit nicht bestätigt. Polizeibeamte hatten gerade keine Aufbruchspuren an der Schranktür festgestellt ([X.]). Die Wertung des [X.]s, der [X.] habe ersichtlich ein Aufbrechen des Vorhängeschlosses gemeint, hätte indes zum Bedenken einer weiteren Schwäche der Tatbeschreibung Anlass gegeben, weil eine genaue Schilderung des [X.] naheliegend nur unter 12 - 6 - Zuhilfenahme eines Werkzeugs möglichen [X.] Aufbrechens des Schlosses unterblieben ist. [X.]) Das [X.] hat maßgeblich zugrunde gelegt, dass nur der Angeklagte [X.] abgesehen von der [X.] [X.] über einen weiteren Schlüssel für [X.] von [X.]. verfügt habe. Dabei hat es [X.] nicht erkennbar bedacht, dass bei dem elf Tage zuvor erfolgten ersten Aufbrechen des Vorhängeschlosses des [X.] [X.] ohne dass Auf-bruchspuren an der verschlossenen Zimmertür festgestellt worden waren [X.]der Angeklagte wegen Ortsabwesenheit als Täter ausgeschlossen worden ist. Dieser Umstand entwertet das Indiz des Schlüsselbesitzes entscheidend. Nach dem Gebot der vollständigen Beweiswürdigung hätte das [X.] danach die Möglichkeit mitbedenken müssen, dass auch ein unbekannter Dritter über einen Zimmerschlüssel oder eine Zutrittsmöglichkeit zu [X.] des Geschädigten verfügt haben könnte. 13 14 Zudem offenbart der allein belastend bewertete Umstand, dass der Angeklagte einen Tag nach der Tat in einer Anzeige angegeben hatte, in dem [X.] zu wohnen ([X.]), eine bedenklich [X.] Auswertung der getroffenen Feststellungen (vgl. [X.]St 29, 18, 20; [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung unzureichende 20). Das [X.] unter-lässt die Würdigung dessen, dass der Angeklagte als Mittäter des Raubes vom Vortage allen Anlass gehabt hätte, eine solche Verbindung zum Tatort nicht zu offenbaren (vgl. [X.]R aaO). 3. Die angelastete zweite Tat bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Dabei wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass bei einer Häu-fung von [X.] wenn auch jeweils für sich erklärbaren [X.] Fragwürdigkeiten in der gebotenen Gesamtschau Zweifel an der Richtigkeit eines [X.] können (vgl. [X.]R StPO § 261 Zeuge 3; Indizien 1 und 7). 15 - 7 - 4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der Einsatzstrafe von der [X.] beeinflusst worden ist. Deshalb war auch diese Strafe aufzuheben. 16 5. Der Senat weist darauf hin, dass [X.] wie es die Revision vorgetragen hat [X.] der Bewertung der Voraussetzungen möglicher eingeschränkter Schuldfähigkeit nicht allein der durch vom Angeklagten naheliegenderweise bagatellisierte Drogenkonsum zugrunde zu legen sein wird. Vielmehr werden auch der Bedeutungsgehalt der Verurteilungen wegen Drogendelikten vom 7. Oktober 2007, 19. Dezember 2007 und 19. Februar 2008 und ferner die Therapiebemühungen des Angeklagten zu erwägen sein ([X.] NStZ-RR 2009, 184 f.). 17 18 Dies gilt auch hinsichtlich der vom [X.] verneinten Vorausset-zungen des § 64 StGB (vgl. [X.] aaO). Die Nichtanwendung dieser Maßre-gel ist hierdurch unzureichend begründet. Über ihre Verhängung ist neben der erneuten Prüfung der Voraussetzungen des § 21 StGB ebenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) neu zu entscheiden. [X.] [X.]

Meta

5 StR 448/09

24.11.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. 5 StR 448/09 (REWIS RS 2009, 425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 425

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