Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.04.2023, Az. V R 5/22

5. Senat | REWIS RS 2023, 2571

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Gegenstand

Zur Beweisaufnahme im finanzgerichtlichen Verfahren


Leitsatz

NV: Es ist grundsätzlich zulässig, die in strafrechtlichen Ermittlungen oder in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren zu verwerten, es sei denn, die Beteiligten erheben gegen die Feststellungen substantiierte Einwendungen und stellen entsprechende Beweisanträge, die das FG nicht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen unbeachtet lassen kann.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23.02.2022 - 5 K 977/19 U,[X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Jahren 2011 bis 2014 als Einzelunternehmer tätig und zeitweise in den Jahren 2014 bis 2016 Organträger der [X.] als Organgesellschaft.

2

Im November 2016 begann eine Betriebsprüfung bei dem Kläger, u.a. für die Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2014. Parallel wurde gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren u.a. wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung für den Zeitraum 2011 bis 2016 eingeleitet. In diesem Zusammenhang wurden im November 2016 das Wohnhaus des [X.] und die Geschäftsräume der [X.] durchsucht. Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der [X.] wurde u.a. die im dortigen [X.] befindliche Festplatte gespiegelt. Auf dieser befanden sich [X.], die Daten über Fahrzeugankäufe und Fahrzeugverkäufe der Jahre 2011 bis 2016 enthielten, wobei nicht bekannt war, wer tatsächlich die [X.] geführt hatte.

3

Die Prüfer der Steuerfahndung und Betriebsprüfung glichen die Daten der [X.] mit den Daten der Buchführung und den [X.] und [X.] ab. Dabei gelangten sie zu der Auffassung, dass die [X.] auf Grundlage der verbuchten Eingangs- und Ausgangsrechnungen erstellt worden seien. Ausweislich der [X.] waren für die gebuchten Fahrzeugankäufe auf den jeweiligen Eingangsrechnungen handschriftlich laufende Vorgangsnummern vergeben worden. Bei dem Verkauf des entsprechenden Fahrzeugs wurde dieselbe Vorgangsnummer, die für jedes Kalenderjahr neu vergeben wurde, auf der gebuchten Ausgangsrechnung handschriftlich ergänzt. Die Vorgangsnummern entsprachen denen, die in den [X.] in der ersten Spalte "lfd. Nr." angegeben waren. Gab es zu einer verbuchten Eingangsrechnung keine passende Ausgangsrechnung, glichen die Prüfer die Eingangsrechnung mit den Warenbeständen zum jeweiligen Jahresende ab. Sie prüften auch, ob eingekaufte Fahrzeuge am [X.] auf den Grundstücken der [X.] standen. Im Ergebnis konnten die Prüfer weder allen Eingangsrechnungen [X.] noch allen gebuchten Warenausgangsrechnungen Eingangsrechnungen zuordnen. Die Prüfer gingen danach --neben einer Vielzahl weiterer Feststellungen-- u.a. davon aus, der Kläger und die [X.] hätten zwar [X.] gebucht, aber die entsprechenden Warenverkäufe nicht erfasst. Diesen --nach Meinung der Prüfer nicht gebuchten-- Warenverkäufen legten sie sowohl für den Kläger als auch für die [X.] den mittleren Aufschlagsatz gemäß der Richtsatzsammlung für den Kfz-Einzelhandel zu Grunde und berechneten so weitere Umsätze. Im Juli 2017 ergingen zunächst Zwischenberichte der Prüfer.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) übernahm die Auffassung der Prüfer aus deren Zwischenprüfungsberichten und erließ im Jahr 2017 (geänderte) Umsatzsteuerbescheide für 2011 bis 2016. Zugleich setzte das [X.] Zinsen zur Umsatzsteuer für die jeweiligen Jahre fest und erließ des Weiteren für die Umsatzsteuer 2014 einen Abrechnungsbescheid. Hiergegen legte der Kläger jeweils Einsprüche ein. Nach Abschluss der Außen- und Fahndungsprüfung erließ das [X.] noch während des [X.] geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2011 bis 2016. Die Einsprüche waren erfolglos. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht ([X.]) mit Urteil vom 23.02.2022 teilweise statt.

5

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger ausschließlich Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Das [X.] habe gegen den [X.] der Beweisaufnahme nach § 81 Abs. 1 Satz 1 [X.]O verstoßen. Es stütze seine Feststellungen auf eine beschlagnahmte Excel-Liste und mache sie zur entscheidungserheblichen Grundlage seines Urteils, obwohl es diese Excel-Liste niemals in Augenschein genommen habe. So habe der Kläger mit Schriftsatz vom 17.02.2022 das [X.] gebeten, die maßgebliche Excel-Liste in ausgedruckter, unbearbeiteter Form vorzulegen, da er nicht im Besitz dieser unbearbeiteten Excel-Liste sei. Das [X.] habe hierauf zunächst am 17.02.2022 mitgeteilt, dass sich die angeforderte Excel-Datei nicht in den Akten befinde, und am 21.02.2022 abschließend erklärt, dass weder ihm noch dem [X.] die Excel-Datei in der geforderten Form vorliege. Das [X.] stütze demnach seine entscheidungserheblichen Feststellungen zu den [X.]. 6.2.1.5 und 6.2.1.7.3 des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsberichts auf ein angebliches Beweismittel, ohne dass es dieses einer Prüfung unterzogen habe. Es habe nicht den entscheidungserheblichen Sachverhalt ermittelt, wobei es um die in der Excel-Liste angeblich aufgeführten nicht erfassten Verkäufe gehe. Er, der Kläger, habe wiederholt unter Beweisantritt vorgetragen, dass es keine in der Buchhaltung fehlenden Ankäufe oder Verkäufe gebe. In der Beweisaufnahme seien weder der Zeuge A noch der Kläger selbst zu einer Position der Excel-Liste befragt worden. Der Kläger habe in einem anderen Verfahren, in dem ihm Zugang gewährt worden sei, nachweisen können, dass die Angaben, die angeblich auf der Excel-Liste beruhten, unzutreffend seien.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das [X.]-Urteil und die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung sowie die geänderten Bescheide über Zinsen zur Umsatzsteuer 2011 bis 2016 und den Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2014 aufzuheben.

7

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Ein Verfahrensmangel liege nicht vor, da das [X.] den [X.] ausführlich zu dem Inhalt der beschlagnahmten [X.] befragt habe.

Gründe

[X.]

9

[X.]ie Entscheidung ergeht gemäß § 126a [X.]O. [X.]er [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. [X.]ie Beteiligten sind davon unter Hinweis auf die maßgeblichen Gründe unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. [X.]er Wechsel in der Richterbank bei der Beschlussfassung gegenüber der Beratung steht der Anwendung des § 126a [X.]O nicht entgegen (vgl. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 15.09.2021 - XI R 12/21 ([X.]), [X.], 317, [X.] 2022, 417). [X.]ie Revision des [X.], die er nach § 118 Abs. 3 Satz 1 [X.]O nur auf Verfahrensmängel stützt, ist unbegründet.

1. [X.]ie Rüge des [X.], das [X.] habe gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nach § 81 Abs. 1 Satz 1 [X.]O verstoßen, hat keinen Erfolg.

a) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 [X.]O hat das Gericht den Beweis in der mündlichen Verhandlung zu erheben. [X.]ies bedeutet neben dem (formellen) Erfordernis eigener Anschauung durch [X.] des erkennenden Spruchkörpers, dass diese die für die Entscheidung notwendigen Tatsachen im weitestmöglichen Umfang aus der Quelle selbst schöpfen müssen, d.h. bei mehreren in Betracht kommenden Beweismitteln die Beweisaufnahme mit demjenigen durchzuführen haben, das ihnen den "unmittelbarsten" Eindruck von dem streitigen Sachverhalt vermittelt ([X.] vom 05.08.2022 - VI B 65/21, [X.], 1185, Rz 4). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es jedoch auch grundsätzlich zulässig, die in strafrechtlichen Ermittlungen oder in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren zu verwerten, es sei denn, die Beteiligten erheben gegen die Feststellungen substantiierte Einwendungen und stellen entsprechende Beweisanträge, die das [X.] nicht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen unbeachtet lassen kann ([X.] vom 19.01.2012 - VII B 88/11, [X.]/NV 2012, 761, Rz 8).

b) [X.]anach konnte das [X.] von der richtigen Übertragung der [X.]aten der [X.], die als Beweismittel im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht der [X.] des Finanzamtes für [X.] und Steuerfahndung [X.] vom 30.04.2018 aufgeführt waren ([X.]. 5.3 Nr. 1, [X.]. 670 und 671 der Strafakten), in die --den Beteiligten bekannten-- Berichte der Betriebsprüfung und Steuerfahndung ausgehen. Nach den Feststellungen des [X.] befanden sich im November 2016 auf der Festplatte des [X.] der [X.], die im strafrechtlichen Verfahren gegen den Kläger bei der [X.]urchsuchung der Geschäftsräume der [X.] gespiegelt wurde, [X.]aten über Fahrzeugankäufe und Fahrzeugverkäufe der Jahre 2011 bis 2016. [X.]ass die [X.]aten als solche jedenfalls in elektronischer Form auf dem [X.] der [X.] vorhanden und für das steuerrechtliche und steuerstrafrechtliche Verfahren gespiegelt und übertragungsfehlerfrei in die Berichte der Betriebsprüfung und Steuerfahndung übernommen worden waren, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Sein Prozessbevollmächtigter hat insofern mit Schriftsatz vom 17.02.2022 auch lediglich die Übersendung eines Ausdrucks der ursprünglichen Excel-[X.]atei in unbearbeiteter Form verlangt, was nach dem Schreiben des [X.] vom 21.02.2022 mangels Ausdrucks der [X.]ateien, die dem [X.] in elektronischer Form vorlagen, nicht erfolgte.

c) Im Übrigen hat der Kläger sein Recht auf Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nach § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) verloren. Ausweislich des insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokolls (§ 94 [X.]O i.V.m. §§ 160 Abs. 4, 164 ZPO) hat der rechtskundig vertretene Kläger eine Verletzung dieses Grundsatzes in der mündlichen Verhandlung nicht konkret gerügt, sondern einen Klageantrag gestellt (vgl. [X.] vom 23.10.2019 - IX [X.]/19, [X.]/NV 2020, 219, Rz 16).

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] beantragte, "zur Frage der Excel-Tabelle" den [X.] zu hören, und für den Fall der Nichterhebung einen Verfahrensfehler rügte, kann dies insoweit nicht als Rüge des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstanden werden. Ein solcher Antrag betraf jedenfalls nicht die Existenz und fehlerfreie Übertragung der [X.]aten der [X.] in die Berichte der Prüfer. Mit seiner Rüge wendete sich der Kläger vielmehr gegen die Schlussfolgerungen des [X.], die es aus den [X.]aten im Rahmen seiner Gesamtwürdigung gezogen hat. [X.]amit macht er aber keinen Verfahrensfehler geltend, sondern rügt im [X.] eine fehlerhafte Rechtsanwendung, also die Unrichtigkeit des [X.]-Urteils, was in einem Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 3 Satz 1 [X.]O unberücksichtigt bleibt.

2. Sofern das Vorbringen des [X.] die Rüge enthalten sollte, das [X.] habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verletzt, weil es um die in den [X.] angeblich aufgeführten nicht erfassten Verkäufe gegangen sei und die von ihm, dem Kläger, benannten Zeugen hätten bestätigen können, dass die vorzulegenden [X.] keine nicht versteuerten Verkäufe und keine nicht angegebenen Wareneinkäufe enthielten, liegt eine solche Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht vor.

a) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O hat das [X.] den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 [X.]O die erforderlichen Beweise zu erheben. [X.]abei hat es den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d.h. unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel aufzuklären. Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das [X.] grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel unerreichbar, unzulässig oder absolut untauglich ist. Ferner ist das [X.] nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen ([X.] vom 06.08.2014 - VI B 38/14, [X.]/NV 2014, 1904, Rz 9).

b) [X.]ie Voraussetzungen, unter denen von der Erhebung eines angebotenen Beweises abgesehen werden kann, liegen im Streitfall vor. [X.]anach war der von dem Kläger benannte Zeuge L, der nach Angaben des [X.] bei seinem Steuerberater als Buchhalter beschäftigt war, "zur Frage der Excel-Tabelle" (ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]) oder "für die Funktion der Excel-Tabelle" (ausweislich des Urteils) nicht zu vernehmen.

[X.]as [X.] hat --auf S. 57 seines [X.] von der Vernehmung des [X.] abgesehen. Es sah diesen zum einen bezogen auf den Inhalt der [X.] als untaugliches Beweismittel an, weil der Zeuge L weder nach dem Vorbringen des [X.] oder nach der Aussage des [X.] mit den [X.] gearbeitet noch aus eigener Anschauung den Inhalt der [X.] zur Kenntnis genommen hatte. Zum anderen hat das [X.] die Vernehmung des [X.] abgelehnt, weil der Antrag allein darauf abgezielt habe, auszuforschen, ob der Zeuge L überhaupt etwas zu den [X.] sagen könne. [X.]ies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Zeuge L als absolut untaugliches Beweismittel anzusehen ist. Als Zeuge vom [X.] könnte er ggf. Indizien bezeugen, denen nicht von vornherein jede Bedeutung für die Beweiswürdigung abgesprochen werden kann ([X.] vom 13.07.2004 - II B 42/03, [X.]/NV 2004, 1543, unter [X.]). [X.]as Absehen von der Ladung eines Zeugen vom [X.] würde jedoch nur dann gegen die Pflicht zur Sachaufklärung verstoßen, wenn der Kläger einen substantiierten Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen gestellt hätte ([X.] in [X.]/NV 2004, 1543, unter [X.]). [X.]er Beweisantrag des [X.] war jedoch unsubstantiiert.

Ein Beweisantrag ist insbesondere dann unsubstantiiert, wenn er lediglich auf eine weitere Ermittlung oder Ausforschung abzielt und nicht erkennen lässt, welche entscheidungserheblichen Tatsachen bezeugt werden sollen, oder die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann. Ein substantiierter Beweisantrag setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden ([X.] vom 20.09.2022 - VIII B 82/21, [X.], 1295, Rz 13 f.).

Aus dem Antrag, den [X.] "zur Frage der Excel-Tabelle" oder "für die Funktion der Excel-Tabelle" zu vernehmen, lassen sich keine Tatsachen entnehmen, zu denen das [X.] den [X.] vernehmen sollte. Es ergeben sich daraus keinerlei Anhaltspunkte, ob der Zeuge L überhaupt jemals die Möglichkeit hatte, von der Existenz oder gar dem Inhalt der [X.] Kenntnis zu nehmen. Zudem lässt sich aus dem Antrag auch auf kein konkretes Beweisthema schließen.

3. [X.]ie Revision ist auch nicht deshalb begründet, weil das [X.] die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen hat, ob die nationale Regelung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes unionsrechtskonform ist. Zwar kann nach § 118 Abs. 3 Satz 1 [X.]O im Falle einer Revision, die auf Verfahrensmängel gestützt wird, eine Überprüfung des [X.]-Urteils auf seine materielle Richtigkeit ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 [X.]O vorliegen. Indes hat der [X.] in seinen Urteilen Norddeutsche Gesellschaft für [X.]iakonie vom [X.]/20 ([X.]:C:2022:943) und Finanzamt T vom 01.12.2022 - [X.]/20 ([X.]:C:2022:944) festgestellt, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der durch die Richtlinie 2000/65/[X.] geänderten Fassung (entspricht Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, zum einzigen Steuerpflichtigen einer Gruppe von Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, den Organträger dieser Gruppe zu bestimmen, wenn dieser in der Lage ist, seinen Willen bei den anderen Mitgliedern dieser Gruppe durchzusetzen, und unter der Voraussetzung, dass diese Bestimmung nicht zur Gefahr von [X.] führt. Im Streitfall bestehen danach keine Bedenken, für Verkäufe von Nutzfahrzeugen an [X.]ritte durch die [X.] als Organgesellschaft die Steuerschuldnerschaft des [X.] als Organträger anzunehmen.

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 5/22

05.04.2023

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 23. Februar 2022, Az: 5 K 977/19 U,AO, Urteil

§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 81 Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.04.2023, Az. V R 5/22 (REWIS RS 2023, 2571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2571

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