Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. III ZR 351/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8113

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:070618UIIIZR351.17.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 351/17

Verkündet am:

7. Juni 2018

A n k e r

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Ges[X.]häftsstelle
in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] § 307 Bd [X.]i, § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.], § 611

a)
Vom Klauselverbot des § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] sind nur sol[X.]he Kündi-gungsfristen erfasst, die eingehalten werden müssen, damit es ni[X.]ht zu einer (stills[X.]hweigenden) Verlängerung des Vertrags kommt.

b)
Eine formularvertragli[X.]he Regelung, wel[X.]he die Mögli[X.]hkeit, einen Kinder-krippenbetreuungsvertrag mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende zu kündigen, für die Monate Juni und Juli (also: eine Kündigung zum 30. Juni und 31. Juli) auss[X.]hließt, hält einer Kontrolle na[X.]h § 307 [X.] stand.

[X.], Urteil vom 7. Juni 2018 -
III ZR 351/17 -
LG Mün[X.]hen I

AG Mün[X.]hen
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des Bundesgeri[X.]htshofs hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom
7. Juni 2018 dur[X.]h [X.] [X.] und [X.], [X.] und [X.] sowie die Ri[X.]hterin Pohl

für Re[X.]ht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgeri[X.]hts Mün-[X.]hen I -
13. Zivilkammer -
vom
7. November 2017 wird zurü[X.]kge-wiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsre[X.]htszugs zu tragen.

Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rü[X.]kgewähr einer Entgelt-zahlung für Kinderbetreuung.

Im Oktober 2012 s[X.]hloss die Klägerin mit der Beklagten einen Vertrag über die Betreuung ihres am 28. August 2012 geborenen [X.] in der Kinder-krippe "M.

"
in M.

. Unter Nummer 2 des Vertrags ("Vertrags-dauer") wurde vereinbart, dass das Kind am 7. Januar 2013 in die Betreuungs-einri[X.]htung aufgenommen wird und das Vertragsverhältnis zum 31. August na[X.]h Vollendung des vierten Lebensjahres endet. Nummer 6 des Vertrags ("Kündigung des Platzes") lautet unter anderem wie folgt:
1
2
-

3

-

"

6.2 Na[X.]h Ablauf der Probezeit kann der [X.] beiden Seiten mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.

6.3 Im laufenden Betreuungsjahr (September -
August) kann letzt-malig zum 31. Mai gekündigt werden (Vertragsende 31.05.).

6.4 Eine fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wi[X.]htigen Grundes zulässig. "

Am 19. April 2016 kündigte die Klägerin den Betreuungsvertrag zum 31.
Juli 2016. Na[X.]h diesem Datum
besu[X.]hte ihr [X.] die Kinderkrippe der [X.] ni[X.]ht mehr. Glei[X.]hwohl zog diese für August 2016 das vereinbarte mo-natli[X.]he En-Lasts[X.]hrift vom Konto der Klägerin ein.

Diesen Betrag verlangt die Klägerin -
nebst Anwaltskosten und Zinsen -
von der Beklagten zurü[X.]k. Sie hat die Ansi[X.]ht
vertreten, die Regelung in [X.] 6.3 des [X.] sei gemäß
§ 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.], § 307 Abs. 1 und 2 [X.] unwirksam, so dass der Vertrag gemäß Nummer 6.2
entspre[X.]hend ihrer Kündigungserklärung zum 31.
Juli 2016 beendet
worden sei.

Die Beklagte ist dieser Auffassung entgegengetreten.

Das Amtsgeri[X.]ht hat die
Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgeri[X.]ht zurü[X.]kgewiesen. Mit ihrer vom Beru-fungsgeri[X.]ht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Rü[X.]kzahlungsbe-gehren weiter.

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-

Ents[X.]heidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgeri[X.]ht hat -
ebenso wie das Amtsgeri[X.]ht -
einen Klagean-spru[X.]h aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] verneint und hierzu im Wesentli[X.]hen ausgeführt:

Die Kündigung der Klägerin habe das Vertragsverhältnis erst zum 31.
August 2016 beendet. [X.] in Nummer 6.3 verstoße weder gegen §
309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] no[X.]h gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die Parteien hätten einen bis zum 31. August 2016 befristeten Vertrag ge-s[X.]hlossen. Nummer 6.3 s[X.]hließe Kündigungen zum 30. Juni und 31. Juli eines jeden Jahres aus. Na[X.]h Nummer 6.2 sei es dem Kunden jedo[X.]h unbenommen, den Vertrag mit einer Frist von zwei Monaten zum 31. August zu kündigen. §
309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] verbiete ledigli[X.]h eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunä[X.]hst vorgesehenen oder stills[X.]hweigend [X.] Vertragsdauer. Eine Absi[X.]ht des Gesetzgebers, über den Wortlaut dieser Vors[X.]hrift hinaus den Verwender zu zwingen, seinem Kunden im [X.] Kündigungstermine im Abstand von hö[X.]hstens drei Monaten einzuräu-men, sei ni[X.]ht erkennbar. Das Gegenteil folge aus § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.], wona[X.]h eine stills[X.]hweigende Vertragsverlängerung um ein Jahr zulässig sei. Aus § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] ergebe si[X.]h kein generelles Verbot einer Kündi-gungsbes[X.]hränkung während der letzten Monate eines laufenden Betreuungs-jahres. [X.] in Nummer 6.3. führe au[X.]h ni[X.]ht zu einer unangemessenen 7
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Bena[X.]hteiligung des Kunden im Sinne von § 307 [X.]. § 621 [X.] könne als Leitbild ni[X.]ht herangezogen werden, weil diese Regelung nur auf [X.] unter den Voraussetzungen des § 620 Abs. 2 [X.] anwendbar sei. Der vorliegende Betreuungsvertrag sei jedo[X.]h für die [X.] bis zum 31. August na[X.]h Vollendung des vierten Lebensjahres des
Kindes eingegangen, die Dauer des Dienstverhältnisses also bestimmt und au[X.]h aus dem Zwe[X.]k der vereinbarten Dienste zu entnehmen. Die Mögli[X.]hkeit zur außerordentli[X.]hen Kündigung aus wi[X.]htigem Grund werde von Nummer 6.3 ni[X.]ht einges[X.]hränkt. [X.] stelle si[X.]h ni[X.]ht als eine missbräu[X.]hli[X.]he Dur[X.]hsetzung der eigenen Belange des Verwenders auf Kosten seiner Vertragspartner, sondern als ein angemessener Interessenausglei[X.]h dar. Sie berü[X.]ksi[X.]htige einerseits das Interesse der Eltern, das Vertragsverhältnis aus beliebigen Gründen in einem übers[X.]haubaren und für sie zumutbaren [X.]raum zu beenden. Andererseits trage sie dem bere[X.]htig-ten Bedürfnis des Kinderkrippenbetreibers Re[X.]hnung, eine gewisse Planungs-si[X.]herheit und ausrei[X.]hend [X.] dafür zu erhalten, eine mögli[X.]hst zeitnahe Na[X.]hbesetzung der Krippenstelle herbeizuführen. In den Sommermonaten kön-ne es wegen der übli[X.]hen Urlaubs-
und Ferienzeit und des We[X.]hsels in andere Einri[X.]htungen vermehrt zu Kündigungen der Eltern kommen, wohingegen die Na[X.]hfrage na[X.]h neuen Krippenplätzen reduziert sei. Denno[X.]h müsse der [X.] au[X.]h in der Sommerzeit Sa[X.]hmittel und Personal vorhalten, um die [X.] Betreuung der Kinder si[X.]herstellen und staatli[X.]he Förderungen in Anspru[X.]h nehmen zu können. Diese
fänden Nieders[X.]hlag in den zu zahlen-den Entgelten und kämen damit au[X.]h den Vertragspartnern zu [X.]. Es sei [X.] ni[X.]ht zu beanstanden, wenn aus organisatoris[X.]hen Gründen die Kündi-gungstermine 30. Juni und 31. Juli ausgenommen würden, um au[X.]h über die Sommermonate bis Ende des [X.] zur Aufre[X.]hterhaltung des [X.] und Ablaufs eine verlässli[X.]he Kalkulationsgrundlage zu haben.

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II.

Diese Beurteilung hält der
re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung stand.

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspru[X.]h aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
[X.] auf Rü[X.]kzahlung des [X.] zu. Die Klägerin war zur Zahlung dieses Betrags verpfli[X.]htet, weil der zwis[X.]hen den Parteien bestehende Betreuungsvertrag erst zum 31. August 2016 beendet worden ist. Eine Kündigung zum 31. Juli 2016 war gemäß Nummer 6.3 des Vertrags ni[X.]ht zulässig.

1.
Das Berufungsgeri[X.]ht hat die Bestimmung in Nummer 6.3 zutreffend da-hin ausgelegt, dass eine -
na[X.]h Nummer 6.2 grundsätzli[X.]h jederzeit mögli[X.]he -
Kündigung des [X.] ledigli[X.]h zum Ende der Monate Juni und Juli (also zum 30. Juni und 31. Juli) ausges[X.]hlossen wird. Diese Auslegung wird von der Revision au[X.]h ni[X.]ht beanstandet.

2.
Mit diesem Inhalt erweist si[X.]h die Regelung in Nummer 6.3 als wirksam vereinbart.

a) Bei den Bestimmungen in Nummer 6 des [X.] handelt es si[X.]h, wie zwis[X.]hen den Parteien ni[X.]ht streitig ist, um von der Beklagten ge-stellte Allgemeine Ges[X.]häftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 und 2 [X.]).

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b) Eine Unwirksamkeit von Nummer 6.3 ergibt si[X.]h ni[X.]ht aus § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.].

aa) Zwar ist § 309 Nr. 9 [X.] auf das vorliegende Vertragsverhältnis an-wendbar, weil es die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen zum [X.] hat.
Zu Re[X.]ht ist das Berufungsgeri[X.]ht davon ausgegangen, dass die Parteien einen bis zum 31. August 2016 (nämli[X.]h: bis zum 31. August na[X.]h Vollendung des vierten Lebensjahres des betreuten Kindes) befristeten Vertrag ges[X.]hlossen haben (Nr. 2.2 des [X.]). Diese Befristung korres-pondiert mit dem Zwe[X.]k einer Kinderkrippenbetreuung, bis zur Vollendung ei-nes bestimmten Lebensjahres und dem damit verbundenen Übergang in eine weiterführende Einri[X.]htung eine fortdauernde Betreuung des Kindes zu [X.] (vgl. zur Festlegung der Dauer des Vertragsverhältnisses na[X.]h dem Zwe[X.]k der vereinbarten Dienste beim Internat-
bzw. Privats[X.]hulvertrag: [X.], Urteil vom 28. Februar 1985 -
IX [X.], NJW 1985, 2585, 2586 und Senats-urteil vom 17. Januar 2008 -
III ZR 74/07, [X.]Z 175, 102,
105 Rn. 11 mwN). Die vereinbarte Laufzeit
ist im Hinbli[X.]k auf
§ 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. a [X.] unbe-denkli[X.]h, weil dem Kunden in Nummer 6.2 des
Vertrags (na[X.]h Ablauf der -
ge-mäß Nummer 6.1 mit einer Frist von zwei Wo[X.]hen zum Monatsende kündba-ren
-
Probezeit von zwei Monaten) eine Kündigungsmögli[X.]hkeit mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende (mit Ausnahme einer Kündigung zum 30.
Juni oder 31. Juli eines Jahres, Nummer 6.3) eingeräumt wird, so dass er ni[X.]ht länger als zwei Jahre gebunden ist.

bb) § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] verbietet jedo[X.]h ledigli[X.]h eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunä[X.]hst vorgesehenen oder stills[X.]hweigend verlängerten Vertragsdauer. Erfasst von § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] sind somit nur sol[X.]he Kündigungsfristen,
die eingehalten werden müssen, 15
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damit es ni[X.]ht zu einer (stills[X.]hweigenden) Verlängerung des Vertrags kommt (so au[X.]h [X.], [X.] 1984, 404; Be[X.]kOGK/[X.], [X.] § 309 Nr. 9
Rn. 97 [Stand: 1. Mai
2018]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Re[X.]ht, 12. Aufl., § 309 Nr. 9 [X.] Rn. 18; s. au[X.]h [X.] in [X.], [X.], 15.
Aufl., §
309 Rn. 130).

§ 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] entspri[X.]ht
Nummer 1 Bu[X.]hst. h des Anhangs zur Ri[X.]htlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April
1993 über missbräu[X.]hli[X.]he Klauseln in Verbrau[X.]herverträgen ([X.]. EG Nr. L 95/29 vom 21. April 1993), wo-na[X.]h Klauseln für missbräu[X.]hli[X.]h erklärt werden können, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass ein befristeter Vertrag automatis[X.]h verlängert wird, wenn der Verbrau[X.]her si[X.]h ni[X.]ht gegenteilig geäußert hat und als Termin für diese Äußerung des Willens des Verbrau[X.]hers, den Vertrag ni[X.]ht zu verlängern, ein vom Ablaufzeitpunkt des Vertrags ungebührli[X.]h weit entferntes Datum fest-gelegt wurde (vgl. [X.] aaO Rn. 133; [X.]/[X.], [X.], 77. Aufl., §
309 Rn. 93; s. au[X.]h MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 309 Nr. 9 Rn. 4, 19). Damit soll vermieden werden, dass der Kunde bereits zu einem [X.]punkt über die Fortführung des Vertrags ents[X.]heiden muss, der weit vor der Vertragsver-längerung liegt und in dem er no[X.]h ni[X.]ht sa[X.]hgere[X.]ht beurteilen kann, ob diese für ihn sinnvoll ist oder ni[X.]ht (s. [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 130).

Eine Absi[X.]ht des Gesetzgebers, über den Wortlaut von § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] hinaus den Verwender zu zwingen, seinem
Kunden im [X.] Kündigungstermine im Abstand von hö[X.]hstens drei Monaten einzuräu-men, ist demgegenüber, worauf das Berufungsgeri[X.]ht mit Re[X.]ht hingewiesen hat, ni[X.]ht erkennbar, zumal § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] eine stills[X.]hweigende Vertragsverlängerung um bis zu ein Jahr zulässt (s. [X.] aaO; [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 108). § 309 Nr.
9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] kann ni[X.]ht ent-18
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nommen werden, dass dem Kunden ein laufendes Kündigungsre[X.]ht mit einer Frist von maximal drei Monaten eingeräumt werden muss (so aber -
jedenfalls für unbefristete Verträge -
wohl [X.], NJW-RR 2009, 1212, 1213; [X.], NJW-RR 1998, 1593, 1594; LG Saarbrü[X.]ken, [X.] 2015, 1235, 1236; [X.]/
[X.] aaO; [X.]/[X.]oester-Waltjen, [X.] [2013], § 309 Nr. 9 Rn. 21; s. au[X.]h [X.] aaO; dagegen: [X.], [X.] 2012, 1022; [X.], Be-s[X.]hluss vom 17. Mai 2010 -
1 U 1436/09, Be[X.]kRS 2011, 21307).

Es ist au[X.]h im Interesse eines wirksamen Verbrau[X.]hers[X.]hutzes ni[X.]ht geboten, den Anwendungsberei[X.]h von § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] über
seinen Wortlaut hinaus auszudehnen, weil Regelungen über Kündigungen und [X.]laufzeiten, die einer Prüfung na[X.]h § 309 Nr. 9 [X.] standhalten, einer [X.] na[X.]h § 307 [X.] unterworfen sind (s. dazu etwa [X.] aaO Rn. 110; [X.] aaO Rn. 124, 130; [X.]oester-Waltjen aaO Rn. 11; [X.] aaO Rn. 19; [X.] aaO Rn. 4, 11). Dementspre[X.]hend hat der Bundes-geri[X.]htshof formularvertragli[X.]he Regelungen über die Kündigung von S[X.]hulver-trägen während des laufenden S[X.]huljahres ni[X.]ht an § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] (bzw. § 11 Nr. 12 Bu[X.]hst. [X.] [X.]), sondern an § 307 [X.] (bzw. §
9 [X.]) gemessen ([X.], Urteil vom 28. Februar 1985 aaO S. 2586
f und Senatsurteil vom 17. Januar 2008 aaO [X.] ff Rn. 14 ff; in seinem Urteil vom 18. Februar 2016 [III ZR 126/15, [X.]Z 209, 52] hat der erkennende Senat die Frage der Unwirksamkeit einer dem vorliegenden Fall verglei[X.]hbaren Kün-digungsregelung na[X.]h § 309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.] ausdrü[X.]kli[X.]h -
als für die dor-tige Ents[X.]heidung ni[X.]ht erhebli[X.]h -
offengelassen [aaO S. 65 Rn.
37]).

[X.][X.]) Hierna[X.]h verstößt Nummer 6.3 des [X.] ni[X.]ht gegen §
309 Nr. 9 Bu[X.]hst. [X.] [X.]. Dies ergibt si[X.]h bereits daraus, dass der Vertrag keine Verlängerungsklausel enthält, sondern von vornherein -
ohne Verlänge-20
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rungsmögli[X.]hkeit -
auf eine Laufzeit bis zum 31. August 2016 (nämli[X.]h bis zum 31. August na[X.]h Vollendung des vierten Lebensjahres des [X.] der Kläge-rin) angelegt ist.

[X.]) [X.] ist au[X.]h ni[X.]ht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam.

aa) Eine unangemessene Bena[X.]hteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Sinne von § 307 [X.] ist gegeben, wenn der Verwender dur[X.]h eine einseitige Vertragsgestaltung missbräu[X.]hli[X.]h eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners dur[X.]hzusetzen versu[X.]ht, ohne von vornherein au[X.]h dessen Belange hinrei[X.]hend zu berü[X.]ksi[X.]htigen und ihm einen angemessenen Ausglei[X.]h zuzugestehen (st. Rspr.; s. nur Senatsurteil vom 18. Februar 2016
-
III ZR 126/15, [X.]Z 209, 52, 58 Rn. 17 mwN). So liegt es hier ni[X.]ht.

bb) Die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum [X.] in [X.] (hier: Nummer 6.2 des [X.]) enthält einen angemessenen Ausglei[X.]h der Interessen beider Vertrags-partner. Sie berü[X.]ksi[X.]htigt einerseits das Interesse der Eltern, das Vertragsver-hältnis aus beliebigen Gründen, etwa Ni[X.]htgefallen, in einem übers[X.]haubaren und für sie zumutbaren [X.]raum zu beenden. Andererseits trägt sie dem be-re[X.]htigten Bedürfnis des Betreibers der Kinderkrippe Re[X.]hnung, eine gewisse Planungssi[X.]herheit und ausrei[X.]hend [X.] dafür zu erhalten, eine mögli[X.]hst zeit-nahe Na[X.]hbesetzung der Krippenstelle herbeizuführen (Senatsurteil vom 18.
Februar 2016 aaO [X.] Rn. 34).

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[X.][X.]) Das Glei[X.]hgewi[X.]ht der Re[X.]hte und Pfli[X.]hten der Vertragsparteien wird ni[X.]ht dadur[X.]h in treuwidriger Weise zu Lasten der Klägerin vers[X.]hoben, dass ihr eine Kündigung zum 30. Juni und 31. Juli verwehrt wird.

(1) Wie das Berufungsgeri[X.]ht zutreffend
dargelegt hat und von der Revi-sion au[X.]h ni[X.]ht angegriffen wird, lässt die Klausel in Nummer 6.3 des Vertrags die Mögli[X.]hkeit zur außerordentli[X.]hen Kündigung aus wi[X.]htigem Grund ([X.] 6.4 des Vertrags) unberührt und kann für ihre Kontrolle als gesetzli[X.]hes Leitbild ni[X.]ht auf § 621 [X.] abgestellt werden, weil die Dauer des Betreuungs-vertrags bestimmt ist und si[X.]h zudem au[X.]h aus dem Zwe[X.]k der vereinbarten Dienste ergibt, so dass die §§ 621 bis 623 [X.] ni[X.]ht anwendbar sind (§ 620 Abs. 1 und 2 [X.]; s. oben, unter b aa).

(2) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgeri[X.]ht bei der erforderli[X.]hen Interessenabwägung die Belange der Klägerin ni[X.]ht außer A[X.]ht gelassen. Es hat in den Bli[X.]k genommen, dass Eltern ein bere[X.]htigtes Interesse daran haben, einen Kinderkrippenvertrag, der für sie mit erhebli[X.]hen Kosten verbunden ist, in einem übers[X.]haubaren und für sie zumutbaren [X.]raum zu beenden. Dieses Interesse kann in den Sommermonaten besondere Bedeutung erlangen, wenn viele Familien die allgemeine Ferienzeit gemeinsam verbringen und eine Fremdbetreuung der Kinder deshalb weniger benötigt wird als sonst. Auf der anderen Seite sind die Kinderbetreuungseinri[X.]htungen vor diesem [X.] dem Risiko ausgesetzt, dass es in dieser [X.] vermehrt zu [X.] der Eltern kommt, ohne dass die frei werdenden Krippenplätze zeitli[X.]h an-s[X.]hließend na[X.]hbesetzt werden können. Da sie au[X.]h in den Sommermonaten Sa[X.]hmittel und Personal vorhalten müssen, um die ordnungsgemäße Betreu-ung der Kinder si[X.]herstellen zu können, droht si[X.]h das Verhältnis zwis[X.]hen Aufwand und Einnahmen in diesem [X.]raum gravierend zu vers[X.]hle[X.]htern. 25
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Dies ließe si[X.]h nur -
soweit zulässig -
dur[X.]h eine entspre[X.]hende Erhöhung der Entgelte ausglei[X.]hen, was die Eltern (als Kunden) freili[X.]h finanziell zusätzli[X.]h belasten würde. Die Behauptung, dass es in den Monaten Juli und [X.] zu berufsbedingten Umzügen -
und zu einem deshalb nötig werdenden We[X.]hsel der Kinderbetreuungseinri[X.]htung -
komme, wird von der Klägerin erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen, ni[X.]ht näher dargetan und von der Beklagten bestritten, so dass sie im Revisionsverfahren keine Berü[X.]ksi[X.]htigung mehr finden kann, § 559 Abs. 1 ZPO. Der Gesi[X.]htspunkt des Übergangs zur S[X.]hule spielt bei Kindern, die -
bis zur Vollendung ihres vierten Lebensjahres -
die Kinderkrippe besu[X.]hen, regelmäßig keine Rolle.

(3) Im Einklang mit der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts ist es sona[X.]h ni[X.]ht zu beanstanden, wenn aus organisatoris[X.]hen Gründen die Kündigungstermine 30. Juni und 31. Juli ausgenommen werden, um für die Betreuungseinri[X.]htun-gen au[X.]h über die Sommermonate hinweg bis zum Ende des [X.] (31. August) zur Aufre[X.]hterhaltung des Betriebs und Ablaufs eine verlässli[X.]he Kalkulationsgrundlage zu gewährleisten.

3.
Na[X.]h Nummer 6.2 und 6.3 des Vertrags ist die Kündigung der Klägerin erst zum 31. August 2016 wirksam geworden, als das Vertragsverhältnis ge-mäß Nummer 2.2 ohnehin dur[X.]h [X.]ablauf endete. Somit hatte sie für den Mo-nat August 2016 no[X.]h die vereinbarte Betreuungsvergütung zu entri[X.]hten (§
611 Abs.
1, § 615 Satz 1, §§ 293, 296 [X.]; vgl. hierzu Senatsurteil vom

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-

18.
Februar 2016 aaO [X.] Rn. 39 mwN),
und dementspre[X.]hend ges[X.]hah ihre Leistung an die Beklagte ni[X.]ht ohne re[X.]htli[X.]hen Grund.

[X.]
[X.]

Remmert

[X.]

Pohl
Vorinstanzen:
AG Mün[X.]hen, Ents[X.]heidung vom 23.05.2017 -
274 [X.] 5516/17 -

LG Mün[X.]hen I, Ents[X.]heidung vom 07.11.2017 -
13 S 8263/17 -

Meta

III ZR 351/17

07.06.2018

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. III ZR 351/17 (REWIS RS 2018, 8113)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8113

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 351/17

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