Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2019, Az. 1 StR 636/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 9426

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Gegenstand

Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen: Steuerrechtliche Erklärungspflicht als besonderes persönliches Merkmal


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2018 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt sowie die in dieser Sache in [X.] erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die [X.] hat die Strafe für den Angeklagten dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 [X.] entnommen, ohne die weitere in § 28 Abs. 1 StGB zwingend vorgesehene Strafrahmenverschiebung in Betracht zu ziehen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.

3

a) Gemäß § 28 Abs. 1 StGB ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, wenn bei dem Teilnehmer besondere persönliche Merkmale fehlen, welche die Strafbarkeit des [X.] begründen. Die steuerrechtliche Erklärungspflicht ist bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nach der neuen Rechtsprechung des [X.]s ein [X.] besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB ([X.], Urteil vom 23. Oktober 2018 - 1 [X.], juris Rn. 18 ff.). Bei einem Gehilfen, der im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst zur Aufklärung der Finanzbehörde verpflichtet ist, ist daher eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen Fehlens der Erklärungspflicht Beihilfe statt [X.]chaft angenommen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 2018 - 1 [X.], juris Rn. 21 mwN).

4

b) Eine solche Pflicht zur Aufklärung der Finanzbehörden bestand nach den Feststellungen des [X.]s beim Angeklagten nicht. Dieser hatte im Januar 2016 zu keinem Zeitpunkt Sachherrschaft am Container mit den unverzollten und unversteuerten Zigaretten und war damit nicht gestellungspflichtig (Art. 40 Zollkodex). Er unterstützte den Haupttäter lediglich im Vorfeld durch die Mitfahrt und durch die Zahlung von vom beauftragten Speditionsunternehmen geforderten Versandgebühren. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen, weil das [X.] den Tatbeitrag des Angeklagten ausdrücklich als Beihilfe bewertet hat. Der [X.] kann ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.

5

2. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es im Hinblick auf den bloßen [X.] nicht. Die neu zur Entscheidung berufene [X.] kann aber ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

Raum     

        

Bär     

        

Hohoff

        

Leplow     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 636/18

13.03.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 16. Mai 2018, Az: 630 KLs 7/17

§ 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 27 Abs 2 StGB, § 28 Abs 1 StGB, § 49 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2019, Az. 1 StR 636/18 (REWIS RS 2019, 9426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9426

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 345/19

Zitiert

1 StR 454/17

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x

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