Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2011, Az. 3 StR 129/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5161

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 129/11
vom
4.
Juli 2011
in der Strafsa[X.]he
gegen

1.

2.

3.

wegen
Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat na[X.]h Anhörung des [X.] und der Bes[X.]hwerdeführer am 4.
Juli 2011 gemäß §
349 Abs.
4 StPO einstimmig bes[X.]hlossen:

Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]

, E.

und W.

wird das Urteil des [X.] vom 10.
Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Ange-klagten betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zu neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten der Re[X.]htsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurü[X.]kverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten [X.]

und E.

wegen "ban-denmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht gerin-ger Menge in se[X.]hs
Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und se[X.]hs Monaten verurteilt sowie ihre Unterbringung in einer
Entziehungsan-stalt und den Verfall von [X.] in Höhe von jeweils 38.750

Den Angeklagten W.

hat es s[X.]huldig gespro[X.]hen des "bandenmäßigen uner-laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge in se[X.]hs
Fällen sowie des
Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei
Fällen", gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und se[X.]hs Monaten verhängt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Verfall von [X.] in 1
-
3
-
Höhe von 46.500

rfrist von zwei Jahren für die Er-teilung einer Fahrerlaubnis ausgespro[X.]hen. Hiergegen wenden si[X.]h die Ange-klagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Re[X.]hts rügen. Die Re[X.]htsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.
1.
Na[X.]h den Feststellungen handelten die Angeklagten [X.]

und
E.

mit Heroin. Na[X.]hdem der Angeklagte W.

davon erfahren hatte, bat er die Angeklagten [X.]

und E.

eindringli[X.]h, ihn an ihren [X.]ges[X.]häften zu beteiligen. Diese waren damit einverstanden, weil ihnen ein sol[X.]her Zusammens[X.]hluss zur Arbeitsteilung, zur eigenen Risikominimierung und zur Gewinnmaximierung vorteilhaft ers[X.]hien. Anfang 2010 s[X.]hlossen si[X.]h daher die drei Angeklagten zusammen, um fortan in [X.] und Umgebung in arbeitsteiliger Weise einen auf Dauer angelegten s[X.]hwunghaften Handel mit Heroin zu betreiben. Die Angeklagten [X.]

und E.

hatten die Aufgabe, das Heroin zu bes[X.]haffen und teilweise zu portionieren, während der Angeklag-te W.

für den Straßenverkauf zuständig war.
Im Zeitraum März 2010 bis 21.
April 2010 kauften die Angeklagten [X.]

und E.

von einem Drogenhändler aus den [X.] in vier Fällen 350
Gramm und in zwei Fällen 400
Gramm Heroin guter Qualität (Wirkstoffge-halt mindestens 34,1 % [X.]), wovon jeweils 50
Gramm der jeweiligen Liefe-rung dem Eigenkonsum dienten. Den überwiegenden Teil des [X.] veräu-ßerte der Angeklagte W.

in Kleinstmengen an feste Abnehmer (Fälle
II.A.
1.
-
5. der Urteilsgründe) bzw. sollte er
abspra[X.]hegemäß veräußern (Fall
II.A.6.).
Die Angeklagten [X.]

und E.

kauften das Heroin zu einem Preis von 15

.

, der die Betäubungsmittel auf [X.] erhielt, musste an sie 25

2
3
4
-
4
-
seinen Abnehmern 30

.

und E.

getroffenen Übereinkunft in seiner Preisgestaltung jedo[X.]h frei und konnte über seine Gewinne selbst verfügen. Die Angeklagte E.

führte zur Kontrolle Bu[X.]h über die an W.

abgegebenen [X.] und die von diesem geleisteten Zahlungen. Der Angeklagte [X.]

unterstützte den Angeklagten W.

beim Absatz des [X.] dadur[X.]h, dass er ihm Kunden vermittelte und bei Bedarf dafür sorgte, dass die Abnehmer ihre S[X.]hulden begli[X.]hen.
Der Angeklagte W.

fuhr im Tatzeitraum an drei Tagen zur Abwi[X.]klung von [X.] mit einem Personenkraftwagen im Stadtgebiet von [X.]

, obwohl ihm bewusst war, dass er ni[X.]ht im Besitz der dafür erfor-derli[X.]hen Fahrerlaubnis war.
2.
Der S[X.]huldspru[X.]h hält re[X.]htli[X.]her Überprüfung ni[X.]ht stand.
a)
Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen hat das [X.] die Angeklagten re[X.]htsfehlerhaft wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge in se[X.]hs Fällen (§
30 Abs.
1 Nr.
1, §
30a Abs.
1 BtMG) verurteilt.
An einem Bandenhandel fehlt es, wenn si[X.]h die Beteiligten eines Betäu-bungsmittelges[X.]häfts auf der Verkäufer-
und der [X.] selbständig ge-genüber stehen, au[X.]h wenn sie in einem eingespielten Bezugs-
und Absatzsys-tem im Rahmen einer andauernden Ges[X.]häftsbeziehung handeln ([X.], Urteil vom 9.
Oktober 1996 -
3 StR 220/96, [X.]St 42, 255, 259 f.; Bes[X.]hluss vom 5.
Oktober 2007 -
2 [X.], [X.], 55; Bes[X.]hluss vom 6.
Februar 2007 -
4 [X.], [X.], 533; [X.], BtMG, 3. Aufl., §
30 Rn. 58 ff.). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäu-bungsmittel zum Zwe[X.]ke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in die [X.] als deren verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf 5
6
7
8
-
5
-
der [X.] als selbständiger Ges[X.]häftspartner gegenüber steht, beur-teilt si[X.]h
wesentli[X.]h na[X.]h der getroffenen Risikoverteilung. Der Abnehmer in einem eingespielten Bezugs-
und Absatzsystem, der die Betäubungsmittel zum vereinbarten Preis erwirbt und diese ans[X.]hließend auss[X.]hließli[X.]h auf eigenes Risiko verkauft, insbesondere die Verkaufspreise selbst festsetzt und über die von ihm erzielten Gewinne allein disponiert, ist regelmäßig als selbständiger Käufer anzusehen, der ni[X.]ht Teil der Verkäuferseite ist. Von einer Einbindung in die [X.] als deren verlängerter Arm ist demgegenüber in der [X.] auszugehen, wenn die Verkäuferseite dem Abnehmer die Höhe des [X.] vorgibt, Zeitpunkt und Umfang der Lieferungen der [X.] bestimmt sowie am Gewinn und Risiko des Weiterverkaufs beteiligt ist ([X.], Bes[X.]hluss vom 20.
August 1997 -
3 [X.], [X.]R BtMG §
30a Bande 7; Urteil vom 22.
April 2004 -
3 StR 28/04, [X.], 696; [X.], BtMG, 3. Aufl., §
30 Rn. 58 ff.). Diese Abgrenzungskriterien gelten au[X.]h für den Fall, dass der Abnehmer die Betäubungsmittel auf [X.] bezieht ([X.], Urteil vom 9.
Oktober 1996 -
3 StR 220/96, [X.]St 42, 255, 260; [X.], BtMG, 3.
Aufl., §
30 Rn. 63).
Die in den Urteilsgründen dargestellte Risikoverteilung spri[X.]ht gegen das Vorliegen einer Bande. Dana[X.]h verkauften die Angeklagten [X.]

und E.

das von ihnen für 15

von 25

Gramm an den Angeklagten W.

weiter. Dieser konnte frei darüber ents[X.]hei-den, zu wel[X.]hem Preis er die Betäubungsmittel an seine Abnehmer weiterver-äußerte. Ihm allein standen die von ihm aus seinem Betäubungsmittelhandel erzielten Gewinne zu, ohne dass die Angeklagten [X.]

und E.

von sei-nen Ges[X.]häftserfolgen über die ihnen zugeflossenen Verkaufspreise hinaus no[X.]h weitere Vorteile hatten. Au[X.]h der Umstand, dass die Angeklagte E.

über die an W.

gelieferten Betäubungsmittel und die von diesem geleisteten Zahlungen Bu[X.]h führte, deutet eher auf eine selbständige Ges[X.]häftsbeziehung 9
-
6
-
zwis[X.]hen den Angeklagten [X.]

und E.

einerseits und dem Angeklagten W.

andererseits hin. Aus den Urteilsgründen ergibt si[X.]h insbesondere ni[X.]ht, dass die Angeklagten [X.]

und E.

mögli[X.]he Verluste aus dem Betäu-bungsmittelhandel des Angeklagten W.

anteilig tragen sollten. Unter diesen Umständen genügt es für die Annahme einer Bande ni[X.]ht, dass der Angeklagte [X.]

dem Angeklagten W.

Kunden vermittelte und ihn beim Eintreiben von [X.] unterstützte.
b)
Weiterhin hat das [X.] beim Angeklagten W.

re[X.]htsfehler-haft Tatmehrheit zwis[X.]hen den drei Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und den von ihm begangenen se[X.]hs Fällen des [X.] ange-nommen.
Da der Angeklagte W.

na[X.]h den Feststellungen in diesen drei Fällen jeweils ein Kraftfahrzeug im öffentli[X.]hen Straßenverkehr ohne die erforderli[X.]he Fahrerlaubnis führte, um seine Betäubungsmittelges[X.]häfte abzuwi[X.]keln, de[X.]ken si[X.]h die Ausführungshandlungen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils mit einem Teilakt des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln, nämli[X.]h dem Trans-port des [X.], sodass Tateinheit (§
52 StGB) zwis[X.]hen diesen Delikten ge-geben ist ([X.], Bes[X.]hluss von 6.
April 2006 -
3 [X.], [X.], 342; [X.], BtMG, 3.
Aufl., vor §§
29 ff., Rn. 472 f. mwN).
[X.])
Die Sa[X.]he bedarf daher neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung. Da ni[X.]ht ausges[X.]hlossen ist, dass die Voraussetzungen für einen Bandenhandel mit Betäubungsmitteln no[X.]h festgestellt werden können, kommt eine Änderung des S[X.]huldspru[X.]hs dur[X.]h den Senat ni[X.]ht in Betra[X.]ht.
3.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
10
11
12
13
-
7
-
Na[X.]h Einstellung der weiteren in Betra[X.]ht kommenden [X.] gemäß §
154a Abs.
1 Nr.
1 StPO dur[X.]h die Staatsanwalts[X.]haft hat das [X.] zu Re[X.]ht davon abgesehen, die Angeklagten [X.]

und
E.

wegen tateinheitli[X.]h begangenen Erwerbs von Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge zu verurteilen. Bei der Bere[X.]hnung der ni[X.]ht geringen Menge, mit der die Angeklagten Handel trieben, ist das Heroin, wel[X.]hes sie selbst konsumierten oder konsumieren wollten, ni[X.]ht zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Soweit sie [X.] verkauften, ist die Wirkstoffmenge mit dem Faktor 1,1 zu multi-plizieren ([X.], BtMG, 3.
Aufl., §
29a Rn. 104).
Die Anordnung des Verfalls von [X.] ist auf die Vermögenswerte zu bes[X.]hränken, wel[X.]he jeder der Angeklagten selbst tatsä[X.]hli[X.]h erlangte, [X.] eine wirts[X.]haftli[X.]he Mitverfügungsgewalt ausrei[X.]ht. Sollten die Angeklagten [X.]

und E.

über das gesamte von dem Mitangeklagten W.

erhaltene Geld gemeinsam Mitverfügungsgewalt erlangt haben, wäre eine Haftung als Gesamts[X.]huldner auszuspre[X.]hen ([X.], Bes[X.]hluss vom 14.
Juni 2004
-
2 BvR 1136/03, StV
2004, 409; [X.], Urteil vom 12.
August 2003 -
1 [X.], [X.], 440; Bes[X.]hluss vom 10.
September 2002 -
1
StR 281/02, [X.], 198; [X.], StGB, 58.
Aufl., §
73 Rn.
16 mwN). Bei der [X.] im Rahmen der Härtevors[X.]hrift des §
73[X.] Abs.
1 Satz 2 StGB ist
14
15
-
8
-
insbesondere in den Bli[X.]k zu nehmen, wofür die Angeklagten das ihnen
zuge-flossene Geld verbrau[X.]hten und inwieweit die Abs[X.]höpfung des dur[X.]h die [X.] ihre Resozialisierung dur[X.]h hohe finanzielle Belastungen ge-fährden könnte ([X.], aaO, §
73[X.] Rn.
5).

[X.]

[X.]

von Lienen

S[X.]häfer
[X.]

Meta

3 StR 129/11

04.07.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2011, Az. 3 StR 129/11 (REWIS RS 2011, 5161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5161

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